Es gab Zeiten, in denen es Unternehmen leichter hatten als im zu Ende gehenden Jahr. Und so hat 2023 der mainfränkischen Wirtschaft manch negative Schlagzeile eingebracht. Aber nicht nur.
Ein Rückblick zeigt, welche Gesichter hinter diesen Schlagzeilen stehen. Oder wer gar Symbolfigur für ein herausragendes Thema geworden ist.
Peter König: Der Mann hinter monatelangen Streiks und leeren Supermarktregalen
Seit gut sieben Monaten streikt der Einzelhandel in Bayern. In Mainfranken ist Peter König von der Gewerkschaft Verdi das Gesicht in der vorderen Reihe.
Vor allem die mehrfache Arbeitsniederlegung in den Zentrallagern von Edeka in Gochsheim und Kaufland in Donnersdorf (beide Landkreis Schweinfurt) sorgt für Aufsehen und Kritik. Schon deshalb, weil deswegen zeitweise Supermarktregale in der Region leer bleiben und Marktleiter in Bedrängnis geraten.
So etwas wie der Gegenpart zu Verdi-Mann König ist Vorstandssprecher Sebastian Kohrmann von Edeka Nordbayern-Sachsen-Thüringen mit Sitz in Rottendorf bei Würzburg. Kohrmann kritisiert die seiner Ansicht nach starre Haltung der Gewerkschaft bei den Tarifverhandlungen, die weitergehen.
Moritz Bauer: Mit 28 schon Brauerei-Chef in Distelhausen
Neben dem Fachkräftemangel gilt die Unternehmensnachfolge als eines der sensibelsten Wirtschaftsthemen in der Region. Wie es weitergeht, wenn der Chef nicht mehr da ist, das war viele Jahre lang Thema auch in der Distelhäuser Brauerei (Main-Tauber-Kreis).
Im Juni dann die Lösung: Im Alter von erst 28 Jahren übernimmt Moritz Bauer das Ruder in dem Unternehmen, das auch im Süden Mainfrankens stark vertreten ist. Bauer führt die Brauerei nach Jahren mit externen Managern wieder in Familienhand zurück. Und das mit ausgeprägter Liebe zu seiner Heimat, wie er sagt.
Caroline Trips: Zum ersten Mal eine IHK-Präsidentin für Würzburg-Schweinfurt
180 Jahre lang standen Männer an der ehrenamtlichen Spitze der Industrie- und Handelskammer (IHK) Würzburg-Schweinfurt. Im Januar 2023 beginnt eine neue Ära: Die Unternehmerin Caroline Trips aus Grafenrheinfeld bei Schweinfurt wird erwartungsgemäß zur ersten IHK-Präsidentin gewählt.
Die damals 56-Jährige nennt gleich nach ihrer Wahl durch die IHK-Vollversammlung die Transformation der mainfränkischen Wirtschaft als ihre wichtigste Aufgabe. Trips löst turnusgemäß Klaus D. Mapara an der Spitze der Kammer ab.
Dort hatte es zuvor einen weiteren hochrangigen Wechsel gegeben: Sascha Genders wurde IHK-Hauptgeschäftsführer als Nachfolger von Ralf Jahn.
Jan Wiesner: Der neue Mann in der berühmten Bratwurst-Bude in Würzburg
Der vielleicht berühmteste Bratwurststand Mainfrankens sorgt Anfang Oktober für hohe Wellen: Die Betreiberfamilie Knüpfing zieht sich nach gut 50 Jahren vom Würzburger Markt zurück. Vor allem der Verkauf der sogenannten Geknickten im Brötchen hat die Verkaufsbude über die Stadt hinaus bekannt gemacht.
Kurz darauf das vorläufige Happyend: Der Würzburger Gründungsberater Jan Wiesner übernimmt den Stand und will die Tradition mit den Geknickten weiterführen. Er steht damit für Mut zur Tradition.
Jessica Reichert: Gegen den Stellenabbau bei Valeo in Bad Neustadt - und anderswo
Es bahnte sich an, dennoch war es ein Schock: Der Automobilzulieferer Valeo kündigt im September 2023 an, Mitte 2024 in Bad Neustadt etwa 300 Arbeitsplätze in der Fertigung von Elektromotoren abzubauen.
Vorsitzende Jessica Reichert und ihre Mitstreiter im Valeo-Betriebsrat stemmen sich dagegen und organisieren eine Demonstration in Bad Neustadt mit rund 1000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern, darunter auch Vertreterinnen und Vertreter benachbarter Industrieunternehmen.
Wie es im Detail bei Valeo weitergeht, ist auch am Jahresende unklar. Im November gibt es in Bad Neustadt einen Runden Tisch unter anderem mit Gewerkschaft, Geschäftsleitung und Betriebsrat. Das französische Unternehmen hatte bereits in den Vorjahren durch einen Stellenabbau im Werk in Ebern (Lkr. Haßberge) für Aufsehen gesorgt.
Indes sorgt auch in Karlstadt ein geplanter Stellenabbau für Sorgenfalten in der Belegschaft: Düker will in seiner Eisengießerei 100 Jobs streichen. Auch dort kommt es zu Protesten. Und nicht zu vergessen die Kaufhauskette Galeria Karstadt Kaufhof, die 2024 ihr Haus in Schweinfurt schließen und dort 60 Arbeitsplätze streichen wird.
Joachim Kuhn: Sein "Baby", die va-Q-tec AG in Würzburg, geht in neue Hände
Ein Überflieger in neuen Händen: So kann übersetzt werden, was im Februar 2023 in Würzburg geschieht. Der stark wachsende Isolierspezialist va-Q-tec wird vom schwedischen Investor EQT gekauft, in zwei Sparten aufgeteilt und von der Börse genommen. 22 Jahre nach seiner Firmengründung ist das für va-Q-tec-Chef Joachim Kuhn ein nächster Schritt in die Zukunft.
Der Übernahme war ein wochenlanger Poker vorausgegangen: Ein Großteil der Aktionärinnen und Aktionäre musste bereit sein, ihre Papiere für 26 Euro pro Stück abzugeben, so dass EQT am Ende 62,5 Prozent an va-Q-tec erwerben konnte. Lange stand das auf der Kippe, doch Mitte Februar war der Durchbruch für eine der spektakulärsten Firmenübernahmen der vergangenen Jahre in Mainfranken geschafft.
Axel Kochinki: Der Brauereichef aus Ostheim steht für eine Branche im Wechselbad
Die Brauereien im Land erleben schwere Zeiten, weil der Absatz sinkt und die Kosten steigen. Zwar haben im vom Wein geprägten Unterfranken die oft Jahrhunderte alten Braustätten eine erstaunliche Standfestigkeit, doch so manche Adresse gerät 2023 ins Wanken.
Die Streck-Bräu in Ostheim/Rhön zum Beispiel: Firmenchef Axel Kochinki freute sich 2022 noch über die Auszeichnung "Brauerei des Jahres", doch schon im Juni 2023 kündigte er das Ende des gut 300 Jahre alten Unternehmens an. Kurz darauf die Kehrtwende: Der hessische Anlagenbauer Lauer übernimmt die Streck-Bräu.
Weniger glücklich ist das Schicksal der Stox-Bräu in Stockheim (Lkr. Rhön-Grabfeld). Sie schließt zum Jahreswechsel, hieß es vor wenigen Tagen. Grund: Die massiv gestiegenen Einkaufspreise drehen dem Unternehmen den Hahn zu.
Eugen Münch: 50 Jahre Rhön-Klinikum in Bad Neustadt
In Bad Neustadt sitzt einer der größten Krankenhausbetreiber Deutschlands: das Rhön-Klinikum. Im Dezember 2023 feiert der heute börsennötierte Konzern seine Gründung vor 50 Jahren. Dabei steht ein Mann im Mittelpunkt, der sich eigentlich längst aus dem operativen Geschäft verabschiedet hat: Eugen Münch.
Der 78-Jährige hatte das einst marode Unternehmen saniert. Heute arbeiten an den fünf Klinikstandorten insgesamt 18.000 Menschen. Münchs Einfluss auf das zum Asklepios-Konzern gehörende Rhön-Klinikum sei nach wie vor groß, betont Vorstandsvorsitzender Tobias Kaltenbach.
Christopher Göpfert: Der Mann für Fragen rund um das Megaprojekt SuedLink
Die Energiewende in Deutschland bringt es mit sich, dass das Stromnetz im Land zügig ausgebaut werden muss. Unter den Dutzenden von Vorhaben zählt die 700 Kilometer lange SuedLink-Trasse zu den vorrangigen Vorhaben. Sie wird quer durch Mainfranken führen.
Doch SuedLink sorgt seit Jahren für Protest. Und so geben sich Betreiber TransnetBW und Tennet 2023 besonders bemüht, die Bevölkerung in Unterfranken unter anderem durch Infoveranstaltungen auf dem Laufenden zu halten.
Einer steht dabei stets im Mittelpunkt: Christopher Göpfert. Der Mann aus dem Kreis Schweinfurt ist für TransnetBW Bürgerreferent und damit in Mainfranken so etwas wie das Gesicht von SuedLink.
Die Trasse kommt im Übrigen 2023 einen wichtigen Schritt voran: Im Dezember reichen die Betreiber TransnetBW und Tennet die Unterlagen für das Planfeststellungsverfahren bei der Bundesnetzagentur ein. Damit könnte es 2025 zum Baubeginn kommen.
Roboter "Lutzi": Gastronomie wird in Würzburg und ganz Unterfranken digital
Kaum eine Branche hat in Mainfranken 2023 für so viel Wirbel gesorgt wie die Gastronomie. Vor allem Schließungen von Restaurants und Kneipen machen Schlagzeilen. Abgesehen von den gestiegenen Kosten steht oft Personalmangel dahinter.
Die Digitalisierung kommt hier als Weg in die Zukunft ins Spiel. Im Restaurant des Möbelhauses XXXLutz in Würzburg dreht im Februar der Servierroboter "Lutzi" zum ersten Mal seine Runden und soll so den Personalmangel lindern.
Auch der Landgasthof zum Hirschen in Sulzfeld (Lkr. Rhön-Grabfeld) setzt auf digitale Belegschaft. Dort ist seit Juni Roboter "Resi" zwischen den Gästen unterwegs. Sieht so die Gastronomie von morgen aus?