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Heustreu
SuedLink-Stromtrasse in Mainfranken: TransnetBW macht erneut Nägel mit Köpfen
Die umstrittene SuedLink-Stromtrasse quer durch Mainfranken kommt weiter voran. Was Grundstückseigentümer jetzt wissen müssen.
Zum Auftakt der SuedLink-Bürgertreffen in Heustreu konnten die Besucher sehen, welchen Durchmesser die Gleichstromleitungen haben - hier präsentiert von TransnetBW-Mitarbeiterin Kinga Chojnowski.
Foto: René Ruprecht | Zum Auftakt der SuedLink-Bürgertreffen in Heustreu konnten die Besucher sehen, welchen Durchmesser die Gleichstromleitungen haben - hier präsentiert von TransnetBW-Mitarbeiterin Kinga Chojnowski.
Jürgen Haug-Peichl
 |  aktualisiert: 08.02.2024 10:18 Uhr

Aus Plänen wird allmählich Realität: Das Mammutprojekt SuedLink ist in Mainfranken in die nächste entscheidende Phase gekommen. Am Montag begann im Landkreis Rhön-Grabfeld eine Reihe von Infoveranstaltungen für Eigentümerinnen und Eigentümer, in deren Grundstücken die Gleichstromleitungen einmal liegen sollen.

Damit nimmt der Übertragungsnetzbetreiber TransnetBW eine weitere Hürde, um das Milliardenprojekt voranzubringen. Baustart in der Region soll Anfang April 2025 sein. Bundesweiter Auftakt war Mitte September in Hamburg, als die Spezialmaschinen für die SuedLink-Unterquerung der Elbe ihre Arbeit aufnahmen.

Hatte die Stromtrasse in den vergangenen Jahren unter anderem in Thüringen und vor allem im Kreis Schweinfurt für Proteste in der Bevölkerung gesorgt, verlief der Auftakt der Infoveranstaltungen am Montag in Heustreu ruhig. Dabei wurde klar: SuedLink ist nicht mehr aufzuhalten, jetzt machen die Verantwortlichen Nägel mit Köpfen.

Informationen aus erster Hand: Karl Wieland (vorne links) von TransnetBW  erklärte betroffenen Grundstücksbesitzern in Heustreu, was es mit den Entschädigungen in Folge der SuedLink-Bauarbeiten auf sich hat.
Foto: René Ruprecht | Informationen aus erster Hand: Karl Wieland (vorne links) von TransnetBW  erklärte betroffenen Grundstücksbesitzern in Heustreu, was es mit den Entschädigungen in Folge der SuedLink-Bauarbeiten auf sich hat.

So jedenfalls war am Montag die Stimmung von Karin Wallrab. "SuedLink sehe ich als unvermeidlich an, da ist nichts mehr dran zu ändern", sagte sie bei der Infoveranstaltung in Heustreu. Sie hat mit ihrem Mann Hans einen Acker zwischen Oberstreu und Bahra, den sie seit 40 Jahren an Bauern verpachtet.

Als das Ehepaar von etwa drei Jahren zum ersten Mal erfuhr, dass SuedLink auch über ihr Grundstück verlaufen soll, fühlten sich die Wallrabs von TransnetBW zunächst schlecht informiert. Doch das habe sich gebessert. Die fünfstündige Infoveranstaltung in Heustreu sei gut gewesen.

Ähnlich waren auch die Reaktionen der zeitweise 30 Interessierten in der Festhalle zu interpretieren. An den Schautafeln und Monitoren gab es keine Grundsatzdiskussionen mehr. Vielmehr wollten die meisten Gäste Details zu den Bauarbeiten auf ihrem Grund und Boden oder zu individuellen Besonderheiten wissen.

Allein in Mainfranken geht es um ungefähr 2000 Grundstücke

TransnetBW betreibt dafür einen enormen Aufwand. Nach den Worten von Bürgerreferent Chris Göpfert geht es allein in Mainfranken um ungefähr 2000 Grundstücke, deren Eigentümerinnen und Eigentümer allesamt eingebunden werden müssen. Entlang der gesamten SuedLink-Strecke quer durch Deutschland seien es rund 20.000 Grundstücke.

Bei den Infotreffen geht es neben den Basisfakten zur Stromtrasse auch darum, wie die vielen Baustellen eingerichtet und welche Dimension sie haben werden. Außerdem steht im Mittelpunkt, wie viel Geld sowohl Eigentümer als auch Pächter dafür bekommen, dass ihre Grundstücke in Anspruch genommen werden.

Noch bis Ende Oktober wird Tennet für den mainfränkischen SuedLink-Abschnitt alle betroffenen Grundstückseigentümer zu Infoveranstaltungen wie in Heustreu einladen. Mitschreiben müsse dort niemand, so Göpfert. Denn im Anschluss und noch bis ins nächste Jahr hinein bekämen alle Betroffenen noch einmal Post mit Hinweisen, wie man zum Beispiel an die Entschädigung kommt.

Grundlage für diese Entschädigungen ist eine Rahmenvereinbarung, die TransnetBW und Tennet als SuedLink-Verantwortliche mit dem Bayerischen Bauernverband Ende 2022 abschlossen. Darin steht unter anderem, wie viel Geld es für die im Erdreich verlegten Kabel, für angelegte Schutzstreifen oder für die Inanspruchnahme von Grundstücken im Rahmen der Bauarbeiten gibt.

Das ist nicht nicht von Pappe: TransnetBW zufolge werden für die vier SuedLink-Kabel bis zu 20 Meter breite Gräben angelegt. Hinzu kommen an der Seite noch Behelfswege für die Lastwagen und Arbeitsgeräte, so dass sich alles in allem ein mindestens 40 Meter breiter Streifen durch die Landschaft ziehen wird. Hinzu kommen Flächen für Sonderbauten wie die sogenannten Linkboxen, wo die Kabel abschnittsweise geerdet werden. 

Wie auf der Infoveranstaltung in Heustreu klar wurde, müssen teilweise Feldwege umgebaut oder neu angelegt werden, damit die Baufahrzeuge ausreichend Platz haben. Nach den Worten Göpferts wird TransnetBW nach den Kabelarbeiten alles wieder in seinen ursprünglichen Zustand zurückversetzen. So werde zum Beispiel der Erdaushub gesondert gelagert und nach Abschluss der Arbeiten wieder an der gleichen Stelle verfüllt.

Außerdem seien die Äcker später wieder uneingeschränkt landwirtschaftlich nutzbar, betonte Agraringenieur Karl Wieland in Heustreu. Lediglich die Pflanzung von tief wurzelnden Bäumen oder die Errichtung von Gebäuden auf der Kabeltrasse sei nicht zulässig oder zumindest mit TransnetBW abzustimmen.

Wieland war für den Stromnetzbetreiber bei den Verhandlungen der Rahmenvereinbarung mit den Landwirten dabei. Außerdem laufen in Güntersleben (Kreis Würzburg) bei ihm die Fäden zusammen, wo TransnetBW ein Versuchsfeld hat. Dort wird über Jahre hinweg getestet, welche Folgen es für Fauna und Flora hat, dass die SuedLink-Kabel unter Betrieb warm werden.

SuedLink-Gegner kritisieren erneut TransnetBW

Indes haben SuedLink-Gegner erneut Kritik an TransnetBW geübt. Die als "Eigentümerdialog" betitelten Infoveranstaltungen wie die am Montag in Heustreu seien allein dazu da, der Bevölkerung den "finalen Stand" der Dinge vorzugaukeln. Außerdem sollten Betroffene dazu gebracht werden, den mit dem Bauernverband ausgehandelten Entschädigungen vorbehaltlos zuzustimmen, teilte die Bürgerinitiative Bergrheinfeld (Kreis Schweinfurt) am Montag mit.

Sie betont dabei, dass es für SuedLink in Mainfranken noch keinen Planfeststellungsbeschluss der Bundesnetzagentur gebe, der TransnetBW zum Bau der Leitungen berechtige. Der Stromnetzbetreiber "drängt die Betroffenen zu Entscheidungen, die nicht notwendig sind", schreibt die Bürgerinitiative.

Weitere Termine der TransnetBW-Infoveranstaltungen in Mainfranken (jeweils 15 bis 20 Uhr): Mellrichstadt (10. Oktober, Oskar-Herbig-Halle), Oerlenbach (11. Oktober, Wilhelm-Hegler-Halle), Grafenrheinfeld (12. Oktober, Kulturhalle), Sulzthal (23. Oktober, Mehrzweckhalle), Arnstein (24. Oktober, Stadthalle), Thüngersheim (25. Oktober, Sporthalle) und Greußenheim (26. Oktober, Geisberghalle).

Wissenswertes über SuedLink

Um Strom von den Windkraftanlagen im Norden Deutschlands in die Ballungsräume im eher windarmen Süden zu bringen, soll die ungefähr 700 Kilometer lange Gleichstrom-Verbindung SuedLink 2028 in Betrieb gehen. Gebaut wurde im süddeutschen Abschnitt bislang noch nichts, dort stehen noch die Planfeststellungsbeschlüsse an. Sie werden für nächstes Jahr erwartet. Erst danach können Bagger anrücken. SuedLink wird nach offiziellen Angaben 10 Milliarden Euro kosten und soll 2028 in Betrieb gehen.
Zu SuedLink gehören zwei weitgehend parallel verlaufende Trassen: eine endet in Bergrheinfeld bei Schweinfurt, die andere in Großgartach bei Heilbronn. Sie verlaufen von der thüringischen Grenze bis Bergrheinfeld weitgehend entlang der Autobahn Erfurt-Schweinfurt (A71). Die Übertragungsnetzbetreiber Tennet und TransnetBW haben sich die Planung und Ausführung von SuedLink etwa zur Hälfte aufgeteilt. In Bergrheinfeld wird Tennet eine Konverter-Station bauen, die den Gleichstrom in haushaltsüblichen Wechselstrom umwandelt.
aug
 
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