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Würzburg
Würzburger Firma va-Q-tec AG vor der Übernahme: Wie geht es mit dem neuen Investor weiter, Herr Kuhn?
Übernahme, Aufspaltung, Finanzspritze: va-Q-tec-Gründer Joachim Kuhn und EQT-Investor Matthias Wittkowski sprechen über die Zukunft des Isolierspezialisten.
Unterfränkisch-schwedische-Partnerschaft:  va-Q-tec-Geschäftsführer Joachim Kuhn (links) und Matthias Wittkowski von EQT besichtigen die Produktionshallen in Würzburg. Die  schwedische Investorengruppe EQT plant die Übernahme des Hightech-Unternehmens.
Foto: Thomas Obermeier | Unterfränkisch-schwedische-Partnerschaft:  va-Q-tec-Geschäftsführer Joachim Kuhn (links) und Matthias Wittkowski von EQT besichtigen die Produktionshallen in Würzburg.
Henrik Rampe
Henrik Rampe
 |  aktualisiert: 08.02.2023 02:37 Uhr

Mitte Dezember überraschte die Meldung: Der schwedische Investor EQT will die va-Q-tec AG übernehmen. Geplant ist, das Würzburger Unternehmen aufzuspalten und Teile des Geschäfts mit dem schwedischen Containerspezialisten Envirotainer zu fusionieren.

Firmengründer Joachim Kuhn hat mit speziellen Dämmplatten, sogenannten Vakuum-Isolationspaneelen, einen Hightech-Pionier aufgebaut. Weltweit betreibt va-Q-tec Kühlcontainer-Transportketten. Im Interview erklären der Firmenchef und Matthias Wittkowski, Partner bei EQT, die Hintergründe der angedachten Übernahme.

Frage: Herr Kuhn, was heißt eigentlich Hochzeit auf Schwedisch?

Joachim Kuhn: Die Übersetzung müsste ich googlen, soweit reichen meine Fremdsprachenkenntnisse nicht. Wahrscheinlich erfinden wir gerade ein neues Wort: Was wir planen, ist eine Teil-Eheschließung: Teile unseres Geschäfts, genauer gesagt die temperaturkontrollierten Logistiklösungen für die Pharmabranche, wollen wir mit der schwedischen Firma Envirotainer zusammenlegen. Envirotainer ist weltweit tätig im Geschäft mit Containern, die die Temperatur aktiv kontrollieren - beispielsweise bei temperaturempfindlichen Medizinprodukten. In diesem Geschäft von Temperaturketten für die Pharmabranche ergänzen wir uns sehr gut. Die anderen Bereiche des Unternehmens werden auch nach der geplanten Übernahme in der Hand von va-Q-tec bleiben. Unter "va-Q-tec 2.0" werden wir wie bisher an energieeffizienten Innovationen arbeiten, beispielsweise für industrielle Anwendungen oder Kühlketten in der Lebensmittelindustrie.

Von Würzburg in die Welt: In Thermoboxen , den firmeneigenen va-Q-tainern, werden temperatursensible Medikamente transportiert. 
Foto: Johannes Kiefer | Von Würzburg in die Welt: In Thermoboxen , den firmeneigenen va-Q-tainern, werden temperatursensible Medikamente transportiert. 
Warum ist jetzt der Zeitpunkt gekommen, sich als va-Q-tec AG von der Börse zu verabschieden?

Joachim Kuhn: Wir sind mit unserer Technologie ein wichtiger, weltweit tätiger Anbieter und wollen auch in Zukunft wachsen. Für diesen Schritt brauchen wir einen finanzstarken, unternehmerischen Partner, mit dem wir va-Q-tec erfolgreich weiterentwickeln können. Dafür ist EQT der ideale Partner.

Matthias Wittkowski: EQT investiert als unternehmerischer, langfristig orientierter Partner in Branchen und Unternehmen, die nachhaltige Wachstumspotenziale versprechen. va-Q-tec ist eine Erfolgsmarke made in Unterfranken, die energieeffiziente Lösungen anbietet und dadurch CO2-Emissionen reduziert. Wir verfolgen den Weg des Unternehmens schon lange. Seit etwa zwei Jahren bin ich mit Herrn Kuhn im Austausch, gemeinsam sehen wir noch viel Entwicklungspotenzial.

Wie genau soll die Zusammenarbeit aussehen?

Wittkowski: Unser Übernahmeangebot ist mit einer Kapitalerhöhung von 35 Millionen Euro verbunden. Geld, das unter anderem in die Entwicklung von Vakuum-Isolationspaneelen investiert werden kann und hilft, neue Anwendungsfelder zu erschließen.

Kuhn: Mit der Neuausrichtung, unabhängig von der Börse, werden wir uns umstrukturieren. Wir werden nicht die Hände in den Schoß legen, sondern weiter Thermoboxen entwickeln, bauen und verkaufen. Letzteres dann zukünftig auch an Envirotainer, quasi unsere Schwesterfirma. Wir wollen uns weiterentwickeln und ich werde weiter Geschäftsführer der "va-Q-tec 2.0" sein.

Was heißt die geplante Übernahme für den Standort Würzburg?

Kuhn: Wer heute in unserer Halle in Würzburg Vakuumpaneele fertigt, macht das auch in Zukunft hier. Es wird wahrscheinlich zwei Firmenlogos geben, aber die Mitarbeiter parken weiter auf dem gleichen Parkplatz, gehen durch die gleiche Eingangspforte, arbeiten wie gewohnt in ihren Bereichen, an den vertrauten Maschinen und Hallen. Wir werden infolge der Transaktion keinen Würzburger Arbeitsplatz irgendwo anders hin verlagern oder betriebsbedingt kündigen. Das gleiche gilt für unseren Standort Kölleda in Thüringen.

Wittkowski: Wir investieren langfristig in ein Unternehmen und damit ganz konkret auch in die Arbeitskräfte, die das Unternehmen tragen. Unsere Wachstumspläne gehen langfristig nur auf, wenn wir mehr statt weniger Fachkräfte beschäftigen, sei es in der Produktion, im Marketing oder im Vertrieb.

Gemeinsam in Richtung Zukunft: Firmenchef Joachim Kuhn (rechts) führt EQT-Partner Matthias Wittkowski durch die Hallen von va-Q-tec am Firmensitz in Würzburg-Dürrbachau.
Foto: Thomas Obermeier | Gemeinsam in Richtung Zukunft: Firmenchef Joachim Kuhn (rechts) führt EQT-Partner Matthias Wittkowski durch die Hallen von va-Q-tec am Firmensitz in Würzburg-Dürrbachau.
Der va-Q-tec-Schriftzug ist auf der Sponsorentafel der Würzburger Wölfe und den Würzburg Baskets zu sehen. Sie fördern den Amateursport, das Mozartfestival, Forschungsarbeit. Verändert sich das?

Kuhn: Nein, da wird es keinen Kurswechsel geben. Dieses Engagement ist uns weiter wichtig, weshalb wir daran festhalten. Auch die Blaue Halle auf unserem Firmengelände wird weiter als Theaterspielstätte zur Verfügung stehen. Aktuell bin ich mit dem Mainfranken Theater Würzburg in Gesprächen über eine Vertragsverlängerung. Wir werden unsere Zusammenarbeit fortsetzen.

Eine Übernahme geht nur dann über die Bühne, wenn EQT 62,5 Prozent aller va-Q-tec Aktien hält. Gerade haben alle Aktionäre Post bekommen. EQT bietet 26 Euro pro Aktie, die Aktionäre sollen verkaufen. Warum?

Wittkowski: Wir machen ein hochattraktives Angebot für die freien Aktien. 26 Euro pro Aktie, ein Wert in etwa doppelt so hoch wie in den Monaten vor Bekanntgabe der Übernahme. Bis zum 16. Februar haben alle Aktionäre die Möglichkeit, das Angebot anzunehmen. Wenn das Angebot erfolgreich ist, soll va-Q-tec von der Börse genommen werden. Dann hätten die verbleibenden Aktionäre nur noch sehr eingeschränkte Möglichkeiten zum Handeln. Über die Details der Abwicklung informiert die depotführende Bank. Wir haben auch eine Website mit Details zur Offerte eingerichtet. In der kommenden Woche kommt nochmal eine Postkarte mit den wichtigsten Erklärungen und der Nummer der Aktionärshotline für Rückfragen.

Sie sind jetzt darauf angewiesen, dass ihre Aktionäre aktiv werden. Was passiert, wenn nicht genügend Aktionäre ihre Anteile verkaufen?

Wittkowski: Ich bin fest davon überzeugt, dass es klappt.

Kuhn: Das ist wohl eine der höchsten Prämien auf den Aktienkurs, den es je in der Bundesrepublik gab. Wir haben etwa 14.600 Briefe verschickt, in denen wir allen Aktionären erklären, was unsere Pläne sind und wie unsere weitere Entwicklung von dieser Übernahme abhängt.

Platzsparende Isolierplatten bleiben das Kerngeschäft.  Betriebsbedingte Kündigungen schließt  va-Q-tec Firmenchef Joachim Kuhn aus.  
Foto: Johannes Kiefer | Platzsparende Isolierplatten bleiben das Kerngeschäft.  Betriebsbedingte Kündigungen schließt  va-Q-tec Firmenchef Joachim Kuhn aus.  
Wie viele Aktionäre haben bislang das Angebot angenommen?

Wittkowski: Das ist aktuell noch ein geringer Anteil. Erfahrungsgemäß nehmen sich Aktionäre die Zeit, über das Angebot nachzudenken und verkaufen erst gegen Ende der Frist.

Bei der Finanzierung wird EQT auch von Mubadala unterstützt - der Staatsfonds von Abu Dhabi mit  Staatspräsident Scheich Mohamed bin Zayed Al Nahyan an der Spitze. Wie sind da die Zusammenhänge?

Wittkowski: EQT hat verschiedene Investoren auf der ganzen Welt. Mubadala ist ein langjähriger Partner, der unsere Investmentphilosophie teilt und daran interessiert ist, dass va-Q-tec sich weiter positiv entwickelt.

Kuhn: Als Aktionär weiß ich in den seltensten Fällen, in welche Hände meine Aktie nach dem Verkauf über die Börse wandert. Bei dem Übernahmeangebot ist das transparent und die Aktien werden meiner Meinung nach in guten Händen sein. Der Staatsfonds aus Abu Dhabi findet das Themenfeld so spannend, dass bereits signalisiert wurde, auch die Bereiche von "va-Q-tec 2.0" zu unterstützen.

Den Blick nach vorne gerichtet: Wie sieht die Planung für die nächsten Jahre aus?  

Kuhn: Spätestens das Jahr 2022 hat uns allen vor Augen geführt, wie wichtig Energie und energieeffiziente Lösungen sind. Thermik, sprich Raumwärme, Prozesswärme in der Industrie oder Kühlung machen einen Großteil des Energiebedarfs in Deutschland aus. Deshalb werden unsere Innovationen mehr denn je gefragt. Beispiel: Foodlogistik, hier wollen wir bei den Transportketten weiter an Lösungen arbeiten. Schon jetzt nutzen viele Bäckereien, auch hier in der Region, unsere Kühlboxen, um Teigrohlinge konstant gefroren zu transportieren. Da gibt es noch ganz viele Anwendungsfelder.

Der Weg von va-Q-tec: Vom  5-Mann-Betrieb zum globalen Unternehmen

2001 gründet der promovierte Physiker Joachim Kuhn die va-Q-tec AG. Die Produktion startet mit fünf Mitarbeitern im Würzburger Stadtteil Dürrbachau. Zum Kerngeschäft zählen dünne Dämmplatten, sogenannte Vakuumisolationspaneele (VIPs). Die energiesparenden Platten isolieren beispielsweise in Flugzeugen und Autos, sind aber auch in Kühlschränken und in Gebäudewänden verbaut. 
Va-Q-tec macht sich als Dämm- und Isolierspezialist weltweit einen Namen. Seit 2016 ist das Unternehmen in der höchsten Börsenklasse Deutschlands notiert. Von Shanghai bis Uruguay hat va-Q-tec Tochterfirmen. 2021 knackt das Unternehmen erstmals die Marke von 100 Millionen Euro Umsatz im Jahr. Insbesondere das Geschäft mit Thermoboxen sichert den Rekordumsatz in Pandemie-Zeiten. Firmenangaben zufolge sind zwischenzeitlich rund die Hälfte aller Corona-Testkits weltweit in Boxen der Firma unterwegs. 
Im Dezember 2022 gibt der schwedische Finanzinvestor EQT bekannt, das Würzburger Hightech-Unternehmen übernehmen zu wollen. Für die Übernahme muss ein Großteil der 14.600 va-Q-tec-Aktionäre seine Unternehmensanteile an EQT verkaufen. Der Firmensitz in Würzburg mit über 360 Beschäftigten soll auch nach der geplanten Übernahme in bisheriger Form bestehen bleiben und perspektivisch ausgebaut werden. 
ram
 
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