Auf dem Markt in Würzburg ist es noch ruhig an diesem Samstagvormittag. Bei sonnigem Wetter schlendern einige Menschen durch die Marktstände. Vor dem Fenster des Bratwurststands der Familie Knüpfing stehen bereits die ersten Menschen in einer Schlange. "Es geht gleich los", sagt Silvia King geborene Knüpfing zu den Wartenden. Ihre Tochter Charlene King-Demling dreht die ersten Bratwürste auf dem Grill. "Normal gibt es so früh noch keine Schlange", sagt King.
Fast auf den Tag genau 53 Jahre gibt es die Geknickte der Familie Knüpfing
Es ist der letzte Tag, an dem die Knüpfings ihre beliebte "Geknickte" mit oder ohne Senf auf dem Markt in Würzburg verkaufen. Am 1. Oktober wären es genau 53 Jahre gewesen, sagt die 85-jährige Hedwig Knüpfing, die mit ihrem Mann Karl 1970 auf dem Paradeplatz die ersten Bratwürste verkaufte. "Das vergisst man nicht", sagt sie. Ihre Enkelin Charlene King-Demling übernahm 2005 als Metzgermeisterin die Küchenleitung und die Herstellung der Würste.
Tanja und Paul Riedl wollen unbedingt eine letzte Geknickte aus den Händen der Familie Knüpfing essen. Schon am Freitagabend hatten sie es versucht, aber kamen erst an, als der Grill schon geputzt wurde. Am Samstag sind sie nun eine der ersten in der Schlange. In weniger als einer Stunde müssen sie auf einer Hochzeit sein. "Wir haben wir den Stress auf uns genommen, weil wir uns die letzte Geknickte nicht entgehen lassen wollen", sagt Paul Riedl. "Auch wenn es weiter geht, ist es irgendwie ein Stück Kindheit und Kult", sagt der 56-Jährige. Für seine Frau gehört die Geknickte zu Würzburg wie die Festung Marienberg.
Touristen und Einheimische holen sich ein letztes Mal die Geknickte der Familie Knüpfing in Würzburg
Ein Tourist schaut auf sein Handy, dann wieder suchend in der Gegend herum. Er strahlt freudig, als er den Bratwurststand der Knüpfings entdeckt und stellt sich zu den Wartenden. Ganz vorne in der Schlange nimmt ein Kunde gerade seine Geknickte entgegen und sagt "Danke und alles Gute für die Zukunft". Andere machen Fotos von sich und der Bratwurst oder posieren vor dem Stand. Silvia King kommt aus dem Bratwurststand heraus, wischt die Tische und Ablagen ab und kommt mit den Menschen in der Schlange ins Gespräch. "Ich werde euch alle sehr vermissen", sagt sie und geht zurück hinter den Grill.
"Was die Menschen mit unserer Familie und dem Stand verbinden, hat uns überrascht und ist ergreifend", sagt Silvia King. Viele hätten schon in den letzten Tage kleine Geschenke mitgebracht, die sie Zuhause im Schrank aufgestellt habe, sagt sie. "Es macht uns stolz und wir sind dankbar, dass alles so gelaufen ist", ergänzt King. Ihre Mutter meint, sie sei ein wenig traurig, "aber alles hat ein Ende".
Die freundliche Art der Familie Knüpfing bleibt den Menschen in Erinnerung
Viele der Kundinnen und Kunden sprechen von einer "Institution", von "Tradition" oder einer "Ära", die mit dem Weggang der Knüpfings zu Ende geht. Es ist die Bratwurst nach Familienrezept aus eigener Herstellung, die den Menschen so gut schmeckt. Aber "das Lächeln im Gesicht ist das wichtigste", sagt Silvia King. Es ist die freundliche und bescheidene Art der Familie Knüpfing, die die Menschen berührt. "Selbst im größten Stress, sie sind immer freundlich. Da können sich viele eine Scheibe abschneiden", sagt Petra Wehr. Egal, wie lange die Schlange ist, für ein paar Worte mit der Kundschaft war immer Zeit.
Die Menschen sagen "Tschüss", winken durch das Fenster, halten im Vorbeilaufen den Daumen nach oben und bedanken sich bei der Familie. Für einige ist es ein emotionaler Tag, eine Kundin ringt beim Essen ihrer Geknickten mit den Tränen. Sichtlich bewegt ist auch Gabi Benes, die seit etwa zehn Jahren die Standnachbarin der Knüpfings auf dem Markt ist. Mit einem Blumenstrauß hat sie sich von der Familie verabschiedet. "Das ist eine ganz ganz tolle Familie, das Pläuschchen am Morgen werde ich vermissen", sagt Benes.
Die Schlange wird derweil immer länger, jeder möchte nochmal eine letzte Geknickte von den Knüpfings essen. Hinter dem Grill greift Silvia King ein aufgeschnittenes Brötchen, legt eine Bratwurst hinein und streicht ein wenig Senf auf die Wurst. Dann wird sie geknickt und nochmal mit Senf bestrichen. Das alles geht blitzschnell, jeder Handgriff sitzt und ist seit Jahrzehnten eingeübt. Die Würste und die Brötchen in den Plastikschüsseln werden weniger.
Nachfolger für den Bratwurststand der Familie Knüpfing in Würzburg gefunden
Als die letzten Bratwürste auf dem Grill liegen, werden sie gezählt. Wer in der Schlange keine Aussicht mehr auf eine Geknickte hat, wird damit vertröstet, dass es am nächsten Freitag schon weiter geht. Mit dem Rezept der Familie Knüpfing wird Jan Wiesner den Bratwurststand weiter betreiben. Auf einem Schild im Fenster steht "Alles bleibt gleich, nur ein paar neue Gesichter".
Gegen 16 Uhr ist es so weit, die letzte Bratwurst liegt auf dem Grill. Silvia King übergibt sie Udo Mühlstein. Hinter ihm in der Schlange steht noch Mike Wong mit seiner Frau. "Wir sind für das Wochenende aus der Schweiz nach Würzburg gekommen. Ich habe mich auf die erste Geknickte seit 15 Jahren gefreut", sagt Wong. Die Geknickte sei für ihn "ein Stück Heimat", so der gebürtige Würzburger. Charlene King-Demling bietet ihm deshalb an, nochmal extra zwei Bratwürste auf den Grill zu legen. Die Brötchen muss Wong jedoch beim Bäcker holen. "Das gibt es doch nicht", kann es Wong nicht fassen, als er um kurz nach 16 Uhr die allerletzten Geknickten bekommt.
Silvia King ist froh, wenn sie nun ein bisschen Ruhe habe. "Aber ich werde die Menschen vermissen", sagt sie. "Die Leute haben gewusst, wo sich mich finden, das fällt jetzt weg; das ist schade." Ihre Tochter Charlene King-Demling meint, "wir sind überglücklich, dass wir das zusammen geschafft haben" und betont, wie bewegend es für sie alle gewesen sei. Abschließend sagt King-Demling: "Wir wünschen allen Gesundheit und alles Gute."
einen sehr guten Nachfolger
gefunden der Euere jahrzehntelange
Tradition fortsetzen wird.
weiterhin eine gute Zeit.
Geniest ab sofort die Euch vergönnte
Ruhe nach dem stressigen Leben
in der Bratwurstbude.
Auch wenn es Spaß gemacht hat
irgendwann muß Schluß sein.
Jetzt war genau der richtige Punkt.
Gruß Klaus Habermann, Estenfeld ! ! !
Hoffentlich sind die Würste weiter genauso frisch und lecker!