Gerade erst hatte die Rhön-Klinikum AG in Bad Neustadt Grund zu feiern: Der von Unternehmer Eugen Münch gegründete Krankenhausbetreiber, einer der größten seiner Art in Deutschland, ist 50 Jahre alt geworden. Das Unternehmen gehört als eigenständiger Teil seit etwa drei Jahren zum Hamburger Asklepios-Klinikkonzern um den Geschäftsmann Bernard große Broermann.
Das Jubiläum des Rhön-Klinikums fällt in eine heikle Zeit: Viele Krankenhäuser in Deutschland befinden sich am finanziellen Abgrund, das Bundesgesundheitsministerium plant dazu eine Klinikreform.
Seit einem Jahr leitet Tobias Kaltenbach als Vorstandsvorsitzender die Rhön-Klinikum AG. Von 1996 bis 2011 war er in verschiedenen Leitungsfunktionen für den Asklepios-Konzern und ist unter anderem Hochschulprofessor für Management in der Gesundheitswirtschaft. Im Interview skizziert Kaltenbach, der in diesem Monat 63 Jahre alt wird, wie er die Zukunft des Rhön-Klinikums sieht.
Tobias Kaltenbach: Unsere Zahlen sind das Ergebnis der guten Leistung aller Mitarbeitenden im Unternehmen – und des Vertrauens der Patientinnen und Patienten. Dass wir eine problematische Situation in der Branche haben, kann man nicht leugnen. Auch wir müssen alles tun, um diese dramatisch schlechten Rahmenbedingungen auszugleichen. Wir handeln in einem schwierigen Umfeld verantwortungsvoll und professionell. Ich nenne das gern unternehmerisches Handeln.
Kaltenbach: Wir haben in den vergangenen 50 Jahren als Unternehmen immer anders agiert. Ich nehme – auch für meine Vorgänger und für Eugen Münch – in Anspruch, dass wir immer besser gehandelt haben, wenn es um die Wirtschaftlichkeit und die Qualität unserer Leistungen geht. Da steckt viel Erfahrung drin, die den Unterschied ausmacht.
Kaltenbach: Wir begreifen das Krankenhaus in einem guten Sinne als ein Unternehmen. Das ist der wichtigste Punkt. Das ist die Lehre, die Herr Münch und Herr Broermann, der Gründer von Asklepios, fast zeitgleich in die Branche eingebracht haben. Das Krankenhaus ist nicht nur ein Versorgungsbetrieb, sondern ein spezielles Unternehmen mit staatlichem Versorgungsauftrag. Die Formel ist: Wir müssen jeden Tag darauf schauen, dass alle Stücke, die zum erfolgreichen Führen eines solchen Unternehmens gehören, zusammenpassen.
Kaltenbach: Ich habe solche Vorbehalte nicht angetroffen. Das wäre auch eine Stimmungslage, die nicht der Realität entsprechen würde. Denn Asklepios ist der nachhaltigste private Klinikbetreiber und der einzige, der noch in Familienhand und damit einer langfristigen Ausrichtung verpflichtet ist. Es gibt keine kurzfristigen Bestrebungen der Gewinnmaximierung. Jeder Euro, der verdient wird, wird wieder ins Unternehmen gesteckt.
Kaltenbach: Das ist kein Phänomen allein dieser Region, obwohl es dort natürlich stark ausgeprägt ist. Schließungen von kleineren Krankenhäusern finden Sie in ganz Deutschland. Das macht ja Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach mit ganz neuer Dimension sogar zum Gegenstand seiner Reformbestrebungen. Die Argumente sind immer von zwei Seiten zu sehen: Zum einen ist die Erreichbarkeit einer Klinik natürlich ein wichtiger Punkt. Zum anderen entstehen aber durch die Konzentration professionellere Strukturen, die den Patienten letztendlich garantieren, dass sie eine hohe Qualität der Leistungen bekommen.
Kaltenbach: Es ist eine beispielhafte Einrichtung geworden. In Deutschland gibt es nicht viele Zentren in dieser Form. Die Lage des Campus in einem ländlichen Umfeld ist da ein besonderer Gesichtspunkt. Sein wesentliches Merkmal ist sicherlich die Kombination aus der Hochleistungsmedizin auf vielen verschiedenen Feldern und der Verantwortung für die lokale Versorgung auch im Notfall. Hinzu kommt die starke Verankerung im ambulanten Bereich.
Kaltenbach: Gute Frage. Das ist branchenweit eine große Herausforderung. Am Campus ist es gelungen, eine langfristig ausgerichtete Personalstrategie zu verwirklichen. Das führt dazu, dass wir immer wieder sehr gute, sehr interessierte und sehr qualifizierte Mitarbeitende gewinnen. Im Endeffekt gelingt es uns zum Glück mit allen Anstrengungen, Fachpersonal für unseren Standort zu begeistern. Schwankungen sind dabei natürlich üblich.
Kaltenbach: Wir werden maßgebliche Entwicklungen an drei Stellen haben. Erstens werden wir weiterhin eine Konzentration von stationären Behandlungsleistungen erfahren – mit dem Ziel, Hochleistungsmedizin an Standorten wie dem Campus anbieten zu können. Wir werden außerdem die Ausweitung der ambulanten Medizin erleben. Wobei ambulante Medizin am Krankenhaus als Ersatz für stationäre Behandlung etwas anderes ist als ambulante Medizin in der Arztpraxis. Das dritte Thema ist die Digitalisierung, die uns große Veränderungen bringen wird.
Kaltenbach: Die medizinische Rehabilitation, die sich aus der Kurmedizin entwickelt hat, ist im Campus so gestaltet worden, dass sie so optimal wie möglich mit der Akutmedizin verbunden ist. Diesen Teil werden wir sicherlich weiter anbieten. Wir halten das für ein wichtiges Element einer qualitativ hochwertigen Versorgung. Auf der anderen Seite steht das, was traditionell als Kur beschrieben wird. Sie wird heute dem sogenannten zweiten Gesundheitsmarkt zugeordnet, der nicht mehr durch die Sozialversicherung abgedeckt ist. Dort sehen wir nicht unser primäres Engagement. Das liegt sehr stark in der Verantwortung der Kommune.
Kaltenbach: Solche Immobilienthemen wird es immer geben. Da ist der Dialog mit der Stadt und dem Landkreis ganz wichtig. Wir stehen für jede sinnvolle Nutzung zur Verfügung. Wir wollen doch selbstverständlich auch, dass Leben in den Immobilien bleibt. Dazu brauchen wir aber die Stadt, die die Initiative ergreifen muss.
Kaltenbach: Schon die Rhöndistel im Unternehmenslogo hat viel von Eugen Münch. Das allein ist bereits stetiger Impuls für uns, Dinge nach vorne zu bringen. Herr Münch ist durch seine starke Verankerung in seiner Stiftung jemand, der nicht aufhören wird, seine Ideen einzubringen. Das bleibt für uns immer sehr interessant und wichtig.
Kaltenbach: Ich verfolge das Motto: Fortschritt entsteht durch Widerspruch. Da sind Herr Münch und ich uns einig. Deshalb werden wir nie aufhören, uns manchmal auch zuzugestehen, unterschiedlicher Meinung zu sein. Am Ende muss es zum vernünftigen Konsens kommen.
Kaltenbach: Ich hatte bislang mit Herrn Münch nicht so viele unmittelbare Berührungspunkte. Ich kann aber sagen: Er hat ständig neue Ideen eingebracht. Und ich weiß, dass vielleicht einige davon ein Stück weit zu schnell gewesen sind. Sie haben trotzdem Impulse gebracht, von denen manche erst Jahre später emporgekommen sind und positive Wirkung entfaltet haben.
Mitarbeit: Julia Back
Einladung , vielleicht mal diesen Vorschlag zu überdenken ...