Es hat auch im dritten Versuch nicht gereicht. Wie schon 1978 und 2017 müssen die Würzburger Kickers nach nur einem Jahr in der Zweiten Fußball-Bundesliga wieder absteigen. Und das nach einer enttäuschend verlaufenen Saison, in der die Kickers mitunter das Bild eines Chaos-Klubs abgaben, völlig zu Recht. Was sind die Gründe dafür, dass die Rothosen in der Tabelle ganz unten stehen?
Felix Magath
An ihm kommt man, wenn man nach den Ursachen für das Kickers-Dilemma sucht, nicht vorbei. Nicht dass Magath der Alleinschuldige an der verkorksten Spielzeit wäre. Schließlich hat der 67-jährige Ex-Meistertrainer auch Recht, wenn er betont, dass er bei den Kickers gar kein Amt innehat. Aber selbst wenn Magath nur als Berater tätig gewesen sein sollte: Gefruchtet haben seine Ratschläge nicht. Die Verantwortung für die Auswahl von Ex-Coach Marco Antwerpen, dem zweiten von vier Cheftrainern in dieser Saison, hat er gar selbst übernommen. Und überhaupt schien der Einfluss des Head of Flyeralarm Global Soccer auf das Geschehen bei den Kickers zu Saisonbeginn nahezu grenzenlos. Dass die frühe Trennung von Aufstiegstrainer Michael Schiele bereits nach dem zweiten Spieltag in erster Linie vom Fußball-Chef des Investors betrieben wurde, ist am Dallenberg unbestritten. Dass Magath im Sommer 2020 bei nahezu jedem Transfer mitredete, auch. Hinzu kamen erstaunliche Aussagen in Interviews mit bundesweiten Medien, in denen der gebürtige Aschaffenburger im Zusammenhang mit den Kickers von der Vision "Europapokal" sprach. Den Rausschmiss von Antwerpen kommentierte er mit den Worten: "Er kann ja in Ruhe weiterarbeiten. Halt woanders. Wo ist das Problem?" Zwei Tage zuvor hatte er betont, der Coach könne in Ruhe weiterarbeiten. All das führte zu enormer Unruhe, um den Klub, der einst in der Dritten Liga für seine kontinuierliche Arbeit geschätzt worden war.
Inzwischen hat sich das Bild gewandelt. Beim österreichischen Flyeralarm-Klub Admira Wacker Mödling ist Magaths guter Rat schon nicht mehr gefragt - de facto bereits das Ende des Global-Soccer-Projekts. Und in Würzburg? Da war Magath schon lange nicht mehr im Stadion zu sehen. Bei der Zusammenstellung eines Drittliga-Teams ist er, so ist zu hören, überhaupt nicht beteiligt. Die Kickers und Magath, das passt nicht. Das ist offenbar inzwischen auch Aufsichtsratschef und Kickers-Investor Thorsten Fischer aufgegangen, der Magath ja erst in seine Firma geholt hatte und zusammen mit ihm das Global-Soccer-Projekt im Januar 2020 ziemlich unbescheiden vorgestellt hatte. Er werde in Kürze mitteilen, wie es mit Magath, den Kickers und Flyeralarm weitergehe, teilte Fischer unlängst mit. Auf das Tagesgeschehen am Dallenberg dürfte der Trainer-Altmeister dann keinen Einfluss mehr haben.
Verfehlte Personalpolitik
Es gab ein Kommen und Gehen wie bei keinem anderen Klub der Liga. Dass mit Flügelflitzer Fabio Kaufmann (Eintracht Braunschweig) und Goalgetter Luca Pfeifer (FC Midtjylland) die beiden erfolgreichsten Torschützen der Aufstiegssaison den Verein verließen, riss eine Lücke, die nicht geschlossen werden konnte. Daran konnten auch die Treffer von Ridge Munsy, einem der wenigen Neuzugänge, die die Erwartungen einigermaßen erfüllten, nichts ändern. Womöglich hätte man mit dem Geld, das verwendet wurde, um neue Akteure zu verpflichten, besser versucht, den Kern der Aufstiegself beisammen zu halten. Die Kickers hatten nämlich einfach ein schlechtes Händchen bei der Auswahl ihrer Neuen. Ein paar Beispiele: Fabian Giefer, als Stammkeeper vorgesehen, strahlte überhaupt keine Ruhe aus, machte Fehler und verlor diesen Posten nach nicht einmal einer halben Saison. Nzuzi Toko wurde nie zu dem zentralen Angelpunkt im Spiel, der er sein sollte.
Das brasilianische Abwehr-Duo Ewerton und Douglas erwies sich als schlichtweg unfit. Keanu Staude und Florian Flecker passten nach zwei Trainerwechseln schnell nicht mehr ins Konzept und sind inzwischen schon wieder weitergezogen. Die Liste lässt sich lange fortsetzen, auch mit Winter-Neuzugängen. Bei Spielern wie Martin Hasek und Rajiv van La Parra appellierten die Kickers-Verantwortlichen noch immer an die Geduld des Publikums, als die Teams schon längst auf die Zielgeraden der Saison eingebogen waren. Die Hoffnung, dass die beiden durchaus talentierten Kicker noch zünden, erfüllte sich nicht. Sturm-Oldie Stefan Maierhofer brachte als Joker bislang keinen einzigen Schuss oder Kopfball aufs Tor und gehört unter Trainer Ralf Santelli nicht einmal zum Spieltagskader. Zusammenfassend lässt sich feststellen: Die Rothosen gingen bei ihren Verpflichtungen viele Wetten ein, holten Spieler, deren Karriere ins Stocken geraten war, in der Hoffnung, sie würden in Würzburg in die Spur finden. Der Plan ging nicht auf. Folge des Umbruchs: Aus dem jüngsten Drittliga-Team der Vorsaison wurde der drittälteste Kader der Zweiten Bundesliga. Mit entwicklungsfähigen Akteuren wie Stürmer Pfeifer oder Torhüter Vincent Müller (PSV Eindhoven) ließen sich Ablösesummen erzielen. Ob aus dem aktuellen Kickers-Team ein Spieler mit Gewinn für den Klub abgegeben werden kann, erscheint zweifelhaft.
Fehlende Hierarchie
Die Kickers haben gewiss einige zweitligataugliche Spieler, eine Mannschaft hatten sie in dieser Saison nie. Dass das Team nicht zusammenwachsen konnte, lag auch an der fehlenden Hierarchie. Wer sind die Führungsspieler, die Kicker, die den Rest mitreißen, sich auf und neben dem Platz um den Zusammenhalt kümmern? Diese Frage ist selbst am Ende der Saison nicht zu beantworten. Einen Kapitän wie einst Sebastian Neumann oder den heutigen Sportvorstand Sebastian Schuppan gibt es in dieser Mannschaft nicht. Sechs verschiedene Spieler trugen im Laufe der Saison die Kapitänsbinde. Wirkliche Anführer waren sie nicht.
Auch jene Spieler, die über internationale Erfahrung verfügen, schienen, womöglich auch wegen Sprachproblemen, mehr für sich als für die Gemeinschaft zu kicken. Im Riesenkader gab es immer eine ganze Reihe von unzufriedenen Akteuren, das vergiftete das Klima. Im Winter hatten die Neuzugänge kurzzeitig für etwas Aufbruchstimmung gesorgt, doch auch sie ließen sich bald von der toxischen Atmosphäre im Team anstecken. Daran scheiterte, so ist aus Kickers-Kreisen zu hören, am Ende auch Ex-Trainer Bernhard Trares. Die Spieler folgten ihm schlichtweg nicht. Die Kickers wollten mit der Verpflichtung von Mentalcoach Efthimios Kompodietas gegenzusteuern – ohne Erfolg.
Individuelle Fehler
Die Kickers schlugen sich mehr als einmal selbst. Vor allem in der Defensive leisteten sich die Rothosen immer wieder spielentscheidende Patzer. In bislang nur einer Partie schafften es die Kickers, den eigenen Kasten sauber zu halten. Kein Zweitliga-Team kassierte mehr Gegentore. Als "zu naiv" bezeichnete Sportvorstand Sebastian Schuppan jüngst das Agieren der Rothosen. Die ständigen Wechselspiele bei der Aufstellung halfen auch nicht, um Ruhe und Sicherheit in die Mannschaft zu bringen. Abwehrroutinier Christian Strohdiek musste beispielsweise wochenlang auf der linken statt auf der rechten Manndeckerposition agieren, weil Linksfuß Tobias Kraulich lange links liegen gelassen wurde. Die Folge: Die Gegner erkannten die Schwachstelle, attackierten Strohdiek immer wieder. Der machte Fehler um Fehler, wirkte zunehmend verunsichert und wurde nicht zur erhofften Verstärkung.
Fehlentscheidungen der Schiedsrichter
Ja, auch das war ein Grund. Klar sollten die Kickers nicht den Fehler machen und die Hauptschuld an ihrem Misserfolg bei den Unparteiischen suchen und Verschwörungsmythen formulieren. Aber Glück mit den Schiedsrichter-Entscheidungen hatten sie in dieser Saison ganz gewiss nicht. Und einige Fehler, insbesondere im Zusammenspiel mit dem Videoschiedsrichter, waren tatsächlich hanebüchen. Elf spielentscheidende Fehlentscheidungen hatte Kickers-Investor Thorsten Fischer bekrittelt und deshalb das Ende seines Sponsorings beim Deutschen-Fußball-Bund angekündigt. Bei genauem Hinsehen konnte ihm diese Redaktion in neun Fällen zustimmen. An ähnlich viele auffällige Entscheidungen zugunsten der Rothosen wird man sich am Ende der Saison nicht erinnern können. Ob die Kickers ohne diese Fehlpfiffe am Ende tatsächlich mehr Punkte auf dem Konto hätten, bleibt freilich reine Spekulation.
Keine Spielphilosophie
Vier Trainer haben sich in dieser Saison am Dallenberg versucht. Jeder mit seiner eigenen Herangehensweise, seinen eigenen Methoden, seiner eigenen Taktik und seinem bevorzugten Personal. Das Resultat: viel Durcheinander. Eine echte Spielphilosophie, wie sie die Kickers unter Ex-Trainer Schiele in der Dritten Liga noch hatten, war nie zu erkennen. Keiner der vier Trainer hatte die Mannschaft zur Verfügung für den Fußball, den er spielen lassen wollte. Alle versuchten, ihre Philosophie den Gegebenheiten anzupassen, letztlich ohne Erfolg. Wie die Kickers zum Sieg kommen wollten, blieb bei vielen Partien ein großes Rätsel. Überhaupt, die Trainerwechsel: Einen nachhaltigen Effekt hatte davon keiner. Gewiss gab es sowohl unter Antwerpen (2:2 gegen Fürth), Trares (2:1 gegen Hannover) und Santelli (2:1 in Hannover) mutmachende Anfangserfolge. Doch der Zauber der Neuen verblasste meist schnell. Immer wenn man dachte, die Kickers seien endlich in Tritt gekommen, folgte sehr sehr bald Ernüchterung.
Die Geisterspiele
Dem Aufsteiger fehlten die Zuschauer. Vom Start weg war von echter Aufstiegseuphorie, die das Team hätte tragen können, nichts zu spüren. Die neuformierte Mannschaft fremdelte mit dem Klub. Dass manch ein Auftritt das Gefühl vermittelte, es sei einigen Spielern egal, in welcher Liga die Kickers in der kommenden Saison spielen, mag seinen Grund auch in der fehlenden Bindung und Beziehung von Publikum und Akteuren haben. Große Emotionen waren nicht zu spüren. So konnte ein Underdog - die Kickers kassierten am wenigsten TV-Geld - nicht über sich hinauswachsen. Es war ein steriler Abstieg in einer eigenartigen Saison.
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Ich kanns nicht mehr lesen.
Habt ihr keine andere Aufgabe für Herrn Kranewitter?
Kann man auf diese Berichterstattung verzichten oder soll man gleich sein Abo kündigen
Natürlich melden sie sich jetzt wieder: all die Besserwisser und (immer noch vorhandenen) Neider. Dass in dieser Saison ziemlich alles danebenging, dafür mag es sieben oder auch mehr Gründe geben. Fußball ist ein begeisternder Sport, aber im Profibereich vor allem auch ein knallhartes Geschäft. Vielleicht sollte man bei aller Vereinsschelte berücksichtigen, dass den Kickers in der Tat die wenigsten Finanzmittel zur Verfügung standen - allein an Fernsehgeldern haben z. B. Hannover oder der HSV drei-, viermal so viel eingestrichen. Offensichtlich will man im DFB keine „Emporkömmlinge“. Hier reihen sich die vielen Schiedsrichter- respektive VAR-Fehlleistungen würdig ein.
Nach dem Abstieg scheint mir dennoch ganz wichtig, dass Fans und Sympathisanten der Kickers positiv denken und auf eine gute Saison in der 3. Liga hoffen. Mancher Absteiger fand sich im Jahr darauf in der Spitze der Liga wieder.
sehr wichtig gewesen. Der Abstieg wurde durch die Massnahmen des Head of Flyeralarm Global Soccer regelrecht erzwungen, denn so wie Dinge eingefädelt und durchgefüht wurden,
konnte am Ende nur der sofortige Abstieg stehen. Der Fussballgelehrte, so wurde er von einigen leider gesehen, hat ganze ,,Arbeit" geleistet! Hoffentlich lernt man daraus!
Hanballer ist, dabei war er nicht mal Trainer sondern ,, nur der Vorstandsvorsitzende".
Jetzt aber nahm ein Fussballer die Regie, hochgepriesen dass man glaubte er könnte über
Wasser gehen. Das Ergebnis: Inkompetenz mit fast krankhafter Selbstüberschätzung, den
Begriff Global in seinen Titel hat er zudem wohl zu wörtlich genommen! Die Marke Kickers
jedenfalls hat große Wertschätzung verloren. Das ist neben den Abstieg der größte Verlust!