zurück
Fussball: Zweite Bundesliga
Wieso sich Ewerton für die Würzburger Kickers entschieden hat
Der Brasilianer ist der wohl spektakulärste Neuzugang der Rothosen. Wie sein Wechsel von Hamburg nach Würzburg zustande kam und welche Rolle sein Berater dabei gespielt hat.
Ist froh, überhaupt zu spielen, wähnt sich selbst aber noch nicht in bester Verfassung: Innenverteidiger Ewerton, der mit dem Ende der Transferperiode vom Hamburger SV zu den Würzburger Kicker gewechselt ist.
Foto: foto2press/Frank Scheuring | Ist froh, überhaupt zu spielen, wähnt sich selbst aber noch nicht in bester Verfassung: Innenverteidiger Ewerton, der mit dem Ende der Transferperiode vom Hamburger SV zu den Würzburger Kicker gewechselt ist.
Felix Mock
Felix Mock
 |  aktualisiert: 15.07.2024 09:40 Uhr

Dass Ewerton ein sympathischer Kerl ist, wird trotz Sprachbarriere deutlich. Auf die Fragen bei der virtuellen Pressekonferenz der Würzburger Kickers antwortet der Brasilianer auf Portugiesisch und in einer Art, die seiner Spielweise auf dem Feld ähnelt: ruhig, aber deutlich. Für die Übersetzung sorgt Jürgen Bühler, Berater und Freund des 31-Jährigen. Der wiederum war logischerweise auch am Transfer Ewertons nach Würzburg beteiligt. Auf den letzten Drücker vom Hamburger SV verpflichtet, ist der Innenverteidiger der wohl spektakulärste Neuzugang des Fußball-Zweitligisten.

Erst kurz vor Transferschluss Anfang Oktober war der Wechsel fix. Zusammen mit Lars Dietz und Ridge Munsy gab der Klub die Verpflichtung Ewertons bekannt, Ex-Ex-Trainer Michael Schiele war da bereits Geschichte am Dallenberg. "Das ging sehr schnell", kommentiert Bühler den ablösefreien Deal. "Wir haben am Freitagabend nicht gewusst, dass wir am Montag in Würzburg sein werden, noch nicht mal am Samstagabend." Waren sie schließlich doch, und Ewerton José Almeida Santos gab in der Pressemitteilung der Kickers bekannt, "das Vertrauen, das die Verantwortlichen mir hier schenken" mit guten Leistungen zurückzahlen zu wollen.

"Felix Magath hat mir imponiert"

Vertrauen, also die Aussicht auf Einsatzzeit, ist der entscheidende Punkt gewesen, der den Brasilianer an den Dallenberg gelockt hat. In der Vorbereitung mit dem HSV hatten die Mediziner des Klubs prognostiziert, dass noch länger dauern werde, bis Ewerton wieder fit sei. Die Kickers-Verantwortlichen und auch Flyeralarm-Fußball-Boss Felix Magath, sahen das anders. „Als die Möglichkeit mit Würzburg kam und es so aussah, dass meinen Fähigkeiten hier schneller vertraut wird, fiel die Entscheidung nicht schwer“, sagt der Defensivspezialist. „Wie man sich hier um mich bemüht hat, auch Felix Magath als Berater des Vereins, hat mir imponiert.“

Dass mit Douglas Franco Teixeira da bereits ein Landsmann bei den Kickers unter Vertrag stand, hat die Entscheidung noch einfacher gemacht. "Ich bin sehr glücklich, dass Douglas hier ist. Er ist charakterlich ein Spitzentyp", sagt der Nord- über den Südbrasilianer. Etwa 3000 Kilometer liegen zwischen den Geburtsorten der Beiden, in Wahrheit verbindet die Innenverteidiger aber mehr als nur der Pass: Nicht nur Ewertons, auch Douglas' Berater ist Jürgen Bühler. Der Geschäftsführer der "Soccerfriends Sportmanagement GmbH" kennt beide Brasilianer schon jahrelang. Das erste Probetraining des damaligen Teenagers Ewerton in Deutschland hat Bühler organisiert, für Douglas ist der Sportmanager seit 2016 zuständig. 

Zusammen in der Innenverteidigung unterwegs: Ewerton und Douglas (von rechts), hier beim Führungstor des FC Heidenheim durch Robert Leipertz. Keeper Fabian Giefer war chancenlos.
Foto: foto2press/Frank Scheuring | Zusammen in der Innenverteidigung unterwegs: Ewerton und Douglas (von rechts), hier beim Führungstor des FC Heidenheim durch Robert Leipertz. Keeper Fabian Giefer war chancenlos.

Nicht mit-, sondern gegeneinander haben die Verteidiger bereits in Russland gespielt. Ewerton für Anchi Machatschkala, Douglas für Dinamo Moskau. Und die Parallelen gehen weiter, wie Ewerton selbst sagt: "Er hat keine leichte Zeit hinter sich. Genau wie ich." Während Douglas der Verband das Spielen im Zuge einer Dopingsperre untersagt hatte, war es im Fall Ewertons dessen eigener Körper, der kapitulierte. Einem Syndesmosebandanriss folgte ein kaputtes Innenband im Knie und zu allem Unglück noch ein Tumor im Oberschenkel. Der entpuppte sich als gutartig, musste aber dennoch herausgeschnitten werden. Das Geschwulst hatte die Größe eines Tennisballs.

Seuchenjahr im Norden

Nur 199 Minuten absolvierte Ewerton in der vergangenen Saison für den HSV. Ein Seuchenjahr für den Verteidiger. Die Hamburger Morgenpost betitelte die Meldung zum Wechsel nach Würzburg gar folgendermaßen: "Fehleinkauf ist weg: Magath erlöst HSV!" Vom Toptransfer zum Fehleinkauf, so schnell geht es. "Das Jahr in Hamburg war wie ein verlorenes Jahr. Immer wenn ich mich von einer Verletzung wieder herangearbeitet habe, kam der nächste Rückschlag", sagt Ewerton, der zuvor das Trikot des 1. FC Nürnberg getragen hatte. Schwere Zeiten für den 31-Jährigen, physisch wie psychisch. "So etwas bleibt natürlich im Kopf hängen." Frei machen müsse man sich dagegen von der Angst, wieder von Verletzungen außer Gefecht gesetzt zu werden. "Ich bin noch nicht bei hundert Prozent. Das ist ein Prozess. Aber mit viel Arbeit wird in den nächsten Wochen wieder der alte Ewerton auf dem Platz stehen."

Anzeige für den Anbieter YouTube über den Consent-Anbieter verweigert

Das Wort "Trabalho", portugiesisch für "Arbeit", benutzt er häufig. Arbeit habe nicht nur er, sondern die ganze Mannschaft vor sich, soll es etwas werden mit dem Klassenerhalt. "Wir sind momentan in keiner guten Situation", urteilt Ewerton über die aktuelle Lage des Tabellenletzten. "Aber", sagt er, "wir haben genügend Zeit, da wieder rauszukommen. Wir müssen jedes Spiel wie ein Finale angehen. In der Zweiten Liga kann alles passieren." Sind das die üblichen Parolen oder spricht da einer, der es wissen muss? Abstiegskampf kennt der Innenverteidiger. "Das Wichtigste ist, daran zu glauben und hart zu arbeiten. Wenn du nicht hart arbeitest, wird es schwierig." Sätze, die einem wie Magath gefallen dürften.

Ewerton José Almeida Santos

Alter: 31
Position: Innenverteidiger
Größe: 1,88 Meter
Fuß: links
Höchster Marktwert: 5,5 Millionen Euro (2012)
Bisherige Vereine: Sport Club Corinthians Alagoano, Agremiação Sportiva Arapiraquense, Oeste FC, Coimbra Esporte Clube, SC Braga, Anchi Machatschkala, Sporting Lissabon, 1. FC Kaiserslautern, 1. FC Nürnberg, Hamburger SV
Quelle: transfermarkt.de
 
Themen & Autoren / Autorinnen
Würzburg
Felix Mock
1. FC Kaiserslautern
1. FC Nürnberg
Berater
FC Würzburger Kickers
Felix Magath
Hamburger Morgenpost
Sportmanager
Sprachbarrieren
Sympathie
Tennisbälle
Vertrauen
Übersetzung
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top