Den neuen Mann im Kickers-Kasten fasziniert der Nervenkitzel. Autos und Autorennen bedeuten für Fabian Giefer seit jeher Leidenschaft. Ab und an legt er auch einmal selbst Hand an, schraubt an Autos herum. Sein Traum-Fahrzeug? „Da gibt es ganz viele. Ich kann mich nicht entscheiden.“ Da, wo er herkommt, in der Eifel, erklärt er, bedeutet ein fahrbarer Untersatz Freiheit. Ohne kommt man einfach nicht weg. Und dann ist da noch der Nürburgring gleich ums Eck, die legendäre Rennstrecke. „Einige meiner Freunde betreiben professionell Motorsport“, erzählt der 30-Jährige: „Das ist ein völlig unterschätzter Sport.“ Die totale Konzentration über einen langen Zeitraum zu halten, das ist eine Parallele zwischen dem Rennsport und dem Torwartspiel. „Man kann von vielen Sportarten etwas lernen“, findet Giefer.
Lernen für seinen Job, der ab sofort Nummer eins beim Fußball-Zweitliga-Aufsteiger Würzburger Kickers lauten soll. „Natürlich war das der Hauptgrund, nach Würzburg zu kommen. Ich habe richtig Lust aufs Fußballspielen. Ich bin jetzt in einem richtig guten Torwartalter“, sagt er über die Aussicht auf den Stammplatz im Rothosen-Tor. Dass, wenn ein neuer Keeper mit diesen Ambitionen in ein Team kommt, die Torwart-Kollegen ihn skeptisch beäugen, das ist nichts Ungewöhnliches. „Das hat die Torhüterposition eben so an sich. Das ist überall gleich. Am Ende sind wir aber alle faire Sportsleute, und der Erfolg der Mannschaft ist entscheidend. Wenn das Team Erfolg hat, kommt der private Erfolg von alleine“, sagt er am Rande des Trainingsplatzes in Waidring in Tirol. Die Kollegen sind nach der Einheit schon einmal vorausgegangen ins Hotel. Giefer beantwortet noch ein paar Fragen.
Er weiß ganz genau, wie das ist, wenn man sich als Torhüter hinten anstellen muss. „Ich habe bei meiner letzten Station in Augsburg leider nicht viel Spielpraxis sammeln können.“ Vier Bundesliga-Partien zu Beginn der Saison 2018/19 konnte er sich als Torwart Nummer eins beim FCA fühlen. Doch Giefer patzte mehrfach, verlor seinen Posten und kam in der vergangenen Saison überhaupt nicht mehr zum Zug. „Ich denke, es war jetzt richtig, einen Schritt zurückzugehen, um wieder anzugreifen“, sagt Giefer über den Wechsel zu den Kickers. Nach seiner Ausbildung in Leverkusen und den ersten Profijahren bei Fortuna Düsseldorf, schien sein Weg nach oben vorgezeichnet. Er schaffte mit der Fortuna den Erstliga-Aufstieg, war Stammkeeper in Liga eins.
Wer wissen will, wie Giefer so tickt, der kommt an der Geschichte nicht vorbei, als er, sein ehemaliger Düsseldorfer Mitspieler Oliver Fink und einige Freunde sich vor fünf Jahren für 500 Euro einen alten Fiat Multipla kauften, auffällig umlackierten und zu einem Roadtrip kreuz und quer durch Europa starteten. Ein Traumurlaub für Giefer, dessen Augen noch immer strahlen, wenn er davon berichtet. Der Torhüter ist ein Typ, ein auffallender Charakter in dem Team mit vielen Jungspunden. Einer, der ein Führungsspieler werden könnte? „Als Torhüter hat man immer eine wichtige Position auf dem Feld. Natürlich will ich mich einbringen“, sagt er.
Der Wechsel aus Düsseldorf zum FC Schalke - am Montag in Kematen bei Innsbruck Testspielgegner der Rothosen - erwies sich in der Rückschau nicht als der erhoffte Karriereschritt. Nach einer Leihe zum Englischen Zweitligisten Bristol City, landete er schließlich in Augsburg. Auch wenn Giefer nicht das sportliche Glück fand, einen Groll hegt er gegen keinen seiner Ex-Klubs: „Das waren alles ganz tolle Stationen. Man hat immer eine Verbindung zu seinen ehemaligen Vereinen und wünscht denen, außer man spielt selbst gegen einen, immer das Beste.“
Für ihn komme es nun darauf an, das Selbstverständnis im eigenen Spiel zurückzufinden „Man braucht dafür den Wettkampf“, sagt er: „Dann kommt man schnell wieder rein.“ In Würzburg soll die Karriere also wieder Fahrt aufnehmen. „Ich glaube das ist eine Stadt, die dazu prädestiniert ist, um eine gute Zeit zu verleben“, sagt er. Giefer meint das auf und neben dem Spielfeld.