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Würzburg
Bockshorn, Bratwurst, Behr: Das waren 7 große "Aufreger" des Jahres in Würzburg
Worüber haben sich die Würzburger im abgelaufen Jahr unterhalten, was war im Gespräch? Die Themen reichen von der Bratwurst beim Hafensommer bis zum Straba-Ausfall.
Die Bratwurst beim Hafensommer: Einer der 'Aufreger' des Jahres 2023 in der Stadt.
Foto: Patty Varasano / Getty Images Montage:MP | Die Bratwurst beim Hafensommer: Einer der "Aufreger" des Jahres 2023 in der Stadt.
Ernst Lauterbach
 |  aktualisiert: 15.07.2024 17:23 Uhr

Das Jahr 2023 geht seinem Ende entgegen, das neue Jahr 2024 steht bevor. Zeit, einmal in die Statistiken dieser Redaktion zu blicken und Bilanz zu ziehen, was die Würzburgerinnen und Würzburger im abgelaufenen Jahr bewegt hat. Dabei erhebt diese Zusammenstellung keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Wie es im Leben oft so ist: Was den Einen aufregt, ist dem Anderen gänzlich egal.

1.) Die "Heidenspaßparty" und "Das Leben des Brian" am Karfreitag verstimmen gläubige Christen

Rund 300 Menschen besuchten die 'Heidenspaßparty' am Karfreitag in der Posthalle in Würzburg. 
Foto: Silvia Gralla | Rund 300 Menschen besuchten die "Heidenspaßparty" am Karfreitag in der Posthalle in Würzburg. 

Für Unmut in den Kommentarspalten sorgte im April eine Karfreitagsparty in der Posthalle.Über 100 Kommentare gibt es dazu auf mainpost.de. Unter dem Titel "Heidenspaßparty" legte dort am höchsten Feiertag der Kirche, der in Bayern als sogenannte stiller Feiertag gilt, ein DJ auf. Nicht genug: Vor der Party wurde gar Monty Pythons Comedy-Klassiker "Das Leben des Brian" gezeigt.  Ein Film, der die Geschichte der Bibel satirisch auf den Arm nimmt. Deshalb darf er bis heute nicht öffentlich an Feiertagen gezeigt werden. Allerdings beriefen sich die Veranstalter auf eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts Stuttgart aus dem Jahr 2019. Demnach dürfe die Satire gezeigt werden, allerdings nur mit geschlossenen Türen und Fenstern – und nicht zu Unterhaltungszwecken.

Deshalb erlaubte die Stadt Würzburg die Veranstaltung auch. Es handele sich um eine "Mischform aus Demonstration und Veranstaltung."  Auch die beiden großen Kirchen sahen das Thema gelassen. Die Religionsgemeinschaften würden nicht vorschreiben wollen, wann jemand feiern darf und wann nicht, sagte Bernhard Schweßinger, Pressesprecher der Diözese Würzburg auf Anfrage der RedaktionDas Evangelisch- Lutherische Dekanat Würzburg antwortete: "Diese 'Heidenspaßparty' kann stattfinden, da haben wir nichts dagegen." Zu einer pluralistischen Gesellschaft gehöre aber auch, sich wechselseitig zu tolerieren und zu respektieren, hieß es weiter.

2.) Der Bratwurst-Streit beim Hafensommer

Der Bratwurst-Streit beim Hafensommer erregte bundesweites Aufsehen.
Foto: Patty Varasano / Getty Images Montage:MP | Der Bratwurst-Streit beim Hafensommer erregte bundesweites Aufsehen.

Ende April dann kochten die Gemüter auch im Stadtrat hoch: In einer Sitzung des Kulturausschusses wurde ruchbar, dass es beim Hafensommer im Juli und August nicht mal mehr Fisch geben sollte, sondern nur noch Vegetarisches - und das auch noch im Alten Hafen. Unter anderem, so hieß es aus dem Kulturreferat, um einen kleinen Beitrag zum Erreichen der städtischen Klimaziele zu leisten.

Flugs bildete sich eine Allianz der Bratwurstesser: In einem interfraktionellen Antrag von CSU, FDP/Bürgerforum und Freien Wählern wurde dies als "übergriffig im Hinblick auf die persönliche Lebensführung" bezeichnet. Auch Oberbürgermeister Christian Schuchardt (CDU) hatte unterzeichnet. Die Berichterstattung dieser Redaktion hatte zwischenzeitlich bundesweit und über die Grenzen hinaus für mediale Aufmerksamkeit gesorgt. Es dauerte einige Tage, dann ruderte man im Alten Hafen zurück: "Die Schiffsköchin hat mitgeteilt, dass sie neben vegetarischen Angeboten auch eine regionale Biobratwurst anbieten und den Grill schon vorheizen wird", hieß es Mitte Mai in einer Pressemitteilung aus dem Rathaus.

3.) Private Immobiliengeschäfte des Stadtkämmerers sorgen für Aufregung

Kämmerer Robert Scheller bei einer Pressekonferenz zur Finanzlage der Stadt Würzburg im Oktober.
Foto: Silvia Gralla | Kämmerer Robert Scheller bei einer Pressekonferenz zur Finanzlage der Stadt Würzburg im Oktober.

Für Aufregung sorgten ab Anfang Juli auch die privaten Immobiliengeschäfte des Stadtkämmerers Robert Scheller. Der Stadtkämmerer steht immer noch in der Kritik, weil ihm zusammen mit seinem Schwager, dessen Kindern und einem Schulfreund die Düll-Gerhard-Scheller Gesellschaft des bürgerlichen Rechts, kurz DGS GbR, gehört.

Diese Projektentwicklungsgesellschaft hatte unter anderem in den Vorjahren städtische Flächen im Würzburger Frauenland gekauft und dort Einkaufsmärkte gebaut. Ein Drogeriemarkt und ein Studentenwohnheim sind in Planung. Auch an anderen Stellen in der Stadt kaufte, plante und baute die DGS.

Das Problem: Der Finanzreferent ist einerseits für städtische Liegenschaften zuständig und andererseits privat im gleichen Bereich tätig. Dies könnte laut Bayerischem Beamtengesetz einen Widerstreit zwischen dienstlichen und amtlichen Pflichten darstellen. Nachdem diese Redaktion Anfang Juli über die Doppelrolle Schellers und möglicher Compliance-Probleme berichtet hatte, hatte der Stadtrat einstimmig beschlossen, dass diese Vorwürfe von einem externen Gutachter geklärt werden sollen. Jetzt ist eine Kanzlei damit beauftragt worden.

4.) Die "Letzte Generation" protestiert auch auf Würzburgs Straßen

Die 'Letzte Generation' blockierte Mitte August unter anderem die Alte Mainbrücke in Würzburg.
Foto: Silvia Gralla | Die "Letzte Generation" blockierte Mitte August unter anderem die Alte Mainbrücke in Würzburg.

Die selbsternannte "Letzte Generation" protestierte, blockierte und sprühte in diesem Jahr auch in Würzburg. Nur geklebt wurde nicht. An einem Montag Mitte August begannen die Aktionen mit einer Sitzblockade auf der Alten Mainbrücke. Tags drauf gab es verschiedene Protestzüge durch Würzburg, auch auf dem Mittleren Ring, den die Teilnehmerinnen und Teilnehmer bei ihrer Abschlusskundgebung dann blockierten. 

Da die Gruppe die Straße trotz wiederholter Aufforderung der Polizei nicht räumte, wurden insgesamt 43 Personen in Gewahrsam genommen. Sieben blieben sogar über Nacht bei der Polizei. Eine Stadtrats-Anfrage von Volker Omert (Freie Wähler) ergab anschließend, dass keine der 43 festgenommenen Personen in Würzburg oder in Unterfranken ihren Wohnsitz gemeldet hatte. Alle waren "Zugereiste".

Anfang November trieben sie es dann bunt: Mitglieder der "Letzten Generation" beschmierten das Hörsaalgebäude  der Universität in Würzburg am Hubland mit orangener Farbe. Nicht unbedingt eine gute Idee, so lautete zumindest der Tenor vieler Kommentare auf mainpost.de. Auch weil die Universitätsleitung laut Pressesprecherin Esther Knemeyer befürchtet, dass sich die Kosten für die Reinigung "auf einen fünfstelligen Betrag" summieren könnten.

5.) Eine Aussage der Landtagskandidatin der CSU sorgt vor der Wahl für Wirbel

Andrea Behr jubelt bei der Wahlparty der CSU am 8. Oktober im Ratskeller in Würzburg.
Foto: Silvia Gralla | Andrea Behr jubelt bei der Wahlparty der CSU am 8. Oktober im Ratskeller in Würzburg.

Im September sorgte die Landtagskandidatin der Würzburger CSU Andrea Behr bei einer Podiumsdiskussion dieser Redaktion vor der Landtagswahl für einen "Aufreger", der danach auch bundesweit Schlagzeilen machte. Was war geschehen? Im Verlauf der Diskussion hatte Behr auf Zwischenrufe aus dem Publikum geantwortet. Als es um die finanzielle staatliche Unterstützung für Familien ging, lautet eine Frage: "Sollen die Kinder nichts essen? Dann wird es billiger." Behr hatte darauf geantwortet: "Die können doch zur Tafel gehen, die sind doch tafelberechtigt."

Eine unbedachte Bemerkung der Landtagskandidatin, wie sich herausstellen sollte

Eine unbedachte Bemerkung, wie sich herausstellen sollte. Die Reaktionen, nicht nur in den sozialen Medien, ließen nicht lange auf sich warten. Es hagelte teils harsche Kritik. Die Tafel, politische Gegner und Leserbriefschreiber empörten sich. Selbst der "Monitor" des WDR nahm sich des Themas an.

In einem Gespräch mit der Redaktion ruderte Andrea Behr Tage später zurück: Die Äußerung sei ihr "emotional rausgerutscht", sie würde sie "auf gar keinen Fall wiederholen". Die Wählerinnen und Wähler nahmen es ihr nicht übel: Bei der darauf folgenden Landtagswahl konnte sie Patrick Friedel von den Grünen den Sitz im Maximilianeum abnehmen. 

6.) Ein Brems- oder Fahrwerksdefekt legt seit November eine komplette Straba-Baureihe lahm

 Ein Straßenbahnzug der Baureihe GT-N, die derzeit nicht fahren kann.
Foto: Norbert Schwarzott |  Ein Straßenbahnzug der Baureihe GT-N, die derzeit nicht fahren kann.

Eigentlich sollte die Straßenbahn  schon seit September mit verstärktem Takt viel öfter fahren, doch seit Anfang November fahren die Straßenbahnen viel seltener, zwischen der Zellerau und dem Hauptbahnhof fahren unter der Woche sogar nur Busse. Was ist passiert?

An einem der Wagen der neueren Reihe GT-N wurde ein Fahrwerks-oder Bremsdefekt festgestellt, dessen Grund derzeit noch unklar ist. Deswegen hält man es bei der WVV für nicht verantwortbar, Züge dieses Typs den Heuchelhofberg hinab fahren zu lassen. Bis die Ursache geklärt ist, was laut WVV bis ins neue Jahr hinein dauern kann, können deshalb nur noch 19 von insgesamt 40 Straßenbahnzügen eingesetzt werden.

Zwar können die sechs rund 50 Jahre alten Straba-Züge der Düsseldorfer Waggonwerke (Duewag) als Retter in der Not einspringen, sie sind aber weder für Rollatoren noch Rollstühle geeignet. Auch mit Kinderwagen gibt es Schwierigkeiten. Die Duewag-Bahnen fahren derzeit auf der Strecke zwischen der Sanderau und dem Hauptbahnhof, von dort kommen auch Klagen Betroffener. Aber gäbe es diese alten Züge nicht, müssten auch dort Busse fahren.

7.) Das Bockshorn schließt und das Chambinzky soll nachfolgen

Das Bockshorn Theater schließt zum Jahresende 2023. Monika Wagner-Repiscus und Mathias Repiscus haben die Kabarett-Bühne 1984 in Sommerhausen gegründet.
Foto: Thomas Obermeier | Das Bockshorn Theater schließt zum Jahresende 2023. Monika Wagner-Repiscus und Mathias Repiscus haben die Kabarett-Bühne 1984 in Sommerhausen gegründet.

39 Jahre lang leiteten Mathias Repiscus und Monika Wagner-Repiscus das Kabarett-Theater Bockshorn. Im Mai verkünden sie, dass Ende des Jahres im Würzburg Kulturspeicher Schluss ist. Sie haben auch einen Wunschnachfolger, der das Bockshorn weiterführen will. Doch im September wird bekannt, dass die Verlängerung des Mietvertrags des Chambinzky in der Valentin-Becker-Straße mit der Akademisch-musikalischen Verbindung AMV auf der Kippe steht.

Weil das Bockshorn der Stadt gehört und es vier Bewerber um die Nachfolge gibt, muss der Stadtrat entscheiden, mit wem der vier man in Verhandlungen geht. Das Chambinzky und nicht der Wunschnachfolger der Repiscus' gewinnt. Man führt erste Verhandlungen.

Zwischenzeitlich keimte in der Valentin-Becker-Straße, wo Rainer Binz die Musik- und Theaterbühne im September 1983 eröffnet hatte, wieder Hoffnung auf. Doch Mitte Dezember wird endgültig klar: Die Verhandlungen sind gescheitert, das Chambinzky muss bis Ende 2024 sein Domizil verlassen.

Wie Kulturreferent Achim Könneke daraufhin gegenüber dieser Redaktion sagte, würden nun die Verhandlungen zu einem möglichen Einzug ins Bockshorn intensiviert und forciert. Er hoffe, dass die Stadt mit dem Chambinzky einen tragfähigen Mietvertrag für das Bockshorn hinbekomme, so Könneke. Er selbst ist noch bis Ende Juni 2024 Kulturreferent der Stadt Würzburg.

Der Familie Respiscus gefällt das nicht. Sie wirft den Kulturreferenten Könneke "Lügen" und ein "abgekartetes Spiel" vor. Das Ende der Geschichte ist noch offen...

 
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  • Jochen Freihold
    Das ist alles Schnee von gestern. Die Redaktion sollte vielmehr den Blick nach vorne, auf das neue Jahr 2024 richten.

    Nur um einer korrekten Berichterstattung willen sei hier angemerkt:
    Andrea Behr (CSU) hat ihrem Mitkonkurrenten Patrick Friedl (Bündnis 90/Die Grünen) nicht wie im Artikel fälschlich behaquptet dessen Sitz im Maximilianeum, sondern lediglich das Direktmandat abgenommen. Beide vertreten Würzburg nunmehr im Bayerischen Landtag. Gut so.
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