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Würzburg
Robert Scheller und seine privaten Immobiliengeschäfte: Warum der Würzburger Finanzreferent in der Kritik steht
Dem Kämmerer gehört eine Projektentwicklungsgesellschaft. Juristen sehen Hinweise für rechtliche Probleme und Compliance-Verstöße. Antworten auf die wichtigsten Fragen.
Der Würzburger Kämmerer Robert Scheller sagt, es gebe keine Verflechtung zwischen seiner Tätigkeit im Rathaus und der in seiner privaten Projektentwicklungsgesellschaft.   
Foto: Daniel Peter/Montage: Daniel Biscan | Der Würzburger Kämmerer Robert Scheller sagt, es gebe keine Verflechtung zwischen seiner Tätigkeit im Rathaus und der in seiner privaten Projektentwicklungsgesellschaft.   
Manuela Göbel
 |  aktualisiert: 29.07.2023 04:33 Uhr

An diesem Donnerstag soll im Würzburger Stadtrat entschieden werden, ob die Privatgeschäfte des Würzburger Kämmers von einem externen Gutachter untersucht werden. Wie diese Redaktion vor zwei Wochen öffentlich machte, gehört Finanzreferent Robert Scheller ein Drittel der Düll-Gerhard-Scheller Gesellschaft des bürgerlichen Rechts (DGS). Worum geht es und was ist der Hintergrund? Antworten auf die wichtigsten Fragen im Fall Scheller.

Um welche privaten Geschäfte geht es? 

Robert Scheller arbeitet seit 2002 im Würzburger Rathaus. Seit 2014 ist er Finanz-und Personalreferent. Dem 50-Jährigen gehört zusammen mit seinem Schwager, dessen Kinder und einem Schulfreund die Düll-Gerhard-Scheller Gesellschaft des bürgerlichen Rechts, kurz DGS GbR. 

Diese Projektentwicklungsgesellschaft hat 2001, 2007 und 2022 städtische Flächen im Würzburger Frauenland gekauft und dort einen Tegut- und einen Getränkemarkt gebaut. Ein Drogeriemarkt und ein Studentenwohnheim sind in Planung. In den Jahren 2010 und 2014 kaufte die DGS Immobilienunternehmen Grundstücke ab und baute dort Geschäftshäuser. 2017 erwarb sie ein Mehrfamilienhaus am Hubland, 2018 baute sie einen ehemaligen Lidl um.

Sind die privaten Geschäfte von Finanzreferent Scheller juristisch problematisch? 

Dass der Finanzreferent für städtische Liegenschaften zuständig und privat im gleichen Bereich tätig ist, könnte ein Widerstreit zwischen dienstlichen und amtlichen Pflichten darstellen. Laut Artikel 81 des Bayerischen Beamtengesetzes sind Nebentätigkeiten zu untersagen, wenn es zu solchen Interessenskonflikten kommen kann.     

Ob das bei Scheller zutrifft, hängt laut Thomas Meder, Fachanwalt für Arbeitsrecht der Würzburger Kanzlei "Rausch, Meder, Münchmeier" zum Beispiel davon ab, wie stark der Kämmerer in der Gesellschaft mitwirkt. "Beim stillen Teilhaber einer GmbH bestünde die Gefahr einer Interessenskollision nicht."

Thomas Meder,  Fachanwalt für Arbeitsrecht der Würzburger Kanzlei 'Rausch, Meder, Münchmeier' sieht bei Schellers Engagement Anzeichen für Interessenskollissionen.
Foto: Kathrin Nebel | Thomas Meder,  Fachanwalt für Arbeitsrecht der Würzburger Kanzlei "Rausch, Meder, Münchmeier" sieht bei Schellers Engagement Anzeichen für Interessenskollissionen.

Was sind mögliche Compliance-Verstöße?

Für unstrittig hält Meder, dass sich aus Schellers Engagement Anzeichen für solche Interessenskollisionen ergeben. Denn der Kämmerer verfügt zum Beispiel über Insiderwissen aus der Verwaltung und seine Gesellschaft hat Geschäftspartner, mit denen der Kämmerer für die Stadt verhandelt.

Solche Anzeichen müssen laut städtischen Compliance-Regeln "wirksam vermieden werden". Kritisch wird von Compliance-Fachleuten wie Professor Hansrudi Lenz außerdem die fehlende Transparenz gesehen. Der Stadtrat war nicht umfassend über die Geschäftstätigkeit informiert.  

Was sagt Finanzreferent Robert Scheller?

Scheller versichert, er habe weder Insiderwissen noch Vorteile aus seiner dienstlichen Stellung genutzt. Er betont, dass nicht er, sondern sein Schwager und sein Schulfreund in der Gesellschaft geschäftsführend tätig sind. Vertraglich geregelt sei das nicht. An den Verkaufsverhandlungen zwischen Stadt und seiner Gesellschaft sei er für keine Seite beteiligt gewesen. 

Die Vorsitzenden der Stadtratsfraktionen und einige andere Mitglieder des Stadtrats hat der Finanzreferent über zwei von drei Geschäften während seiner Amtszeit informiert. Seine Gesellschaft sei kein gewerbliches Unternehmen, sondern verwalte lediglich familiäres Vermögen, sagt Scheller. Deshalb habe er auch keine Genehmigung dafür gebraucht. Das städtische Rechtsamt bestätigt laut Oberbürgermeister Christian Schuchardt nach einer aktuellen Prüfung diese Sichtweise.

Hätte der Kämmerer seine Nebentätigkeit genehmigen lassen müssen?

Grundsätzlich müssen Beamte Nebentätigkeiten genehmigen lassen. Für die Verwaltung ihres Vermögens brauchen sie das nicht. Relevant ist dabei laut Arbeitsrechtler Thomas Meder die Größe: "Die Schwelle zu einer Nebentätigkeit ist wohl dann überschritten, wenn mehrere Immobilien verwaltet werden." Wichtig sei für die Beurteilung ferner "Umfang und Intensität der Tätigkeit". Meder sieht Hinweise, dass Scheller eine Genehmigung gebraucht hätte.

Das meint auch Josef Ziegler, ehemaliger Kreisrat im Landkreis Würzburg und früherer Leiter der Bayerischen Verwaltungsschule in München. Alleine wegen der bestehenden Unsicherheit hätte der Finanzreferent auf jeden Fall seine Nebentätigkeit prüfen lassen sollen, sagt Ziegler. Entscheidender sei aber der absehbare Interessenskonflikt, der eine Prüfung durch den Vorgesetzen unbedingt notwendig gemacht hätte.   

Welche Rolle spielt Würzburgs OB Schuchardt?

Laut Verwaltungsjurist Ziegler muss der Vorgesetzte, wenn er von der Nebentätigkeit eines Beamten Kenntnis hat, diese prüfen - auch wenn der Beamte sie für genehmigungsfrei hält. Zu versagen ist eine Genehmigung laut Rechtsanwalt Meder zum Beispiel, wenn diese in Widerstreit zu dienstlichen Pflichten steht. Ziegler ist der Auffassung, dass die Nebentätigkeit Schellers aufgrund der absehbaren Interessenkonflikte nicht genehmigungsfähig ist. 

OB Schuchardt (CDU) erklärt, er habe keine Gründe für Interessenkonflikte gesehen. Die Grundstücke seien von Schellers Gesellschaft zu marktüblichen Preisen gekauft worden. In einer Rede, die er an diesem Montag in der nichtöffentlichen Sitzung des Stadtrats gehalten und dieser Redaktion weitergeleitet hat, sagte der OB: "So etwas wie die Diskussion um unseren Finanz- und Personalreferenten" habe er in 35 Jahren Kommunalpolitik noch nicht erlebt. Es gehe in ihr um Neid. Die Medien hätten sich mit "zugespielten Informationen" instrumentalisieren lassen. 

Wie geht es jetzt weiter?

Auf Bitte von Finanzreferent Scheller prüft das städtische Rechnungsprüfungsamt seine Immobiliengeschäfte. Ein Teil des Würzburger Stadtrats hat beantragt, dass diese extern untersucht werden.  Das begrüßt auch der OB. Entschieden wird das in der Sitzung an diesem Donnerstag.     

 
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  • Jens Lattke
    Grauenhaft!!! Am Ende spielt ja sogar die rechtliche Regelung ein doppeltes Spiel: auch ein stiller Teilhaber profitiert von den Erträgen. Solange der Finanzreferent an Internes der Stadt kommt, Einfluss nehmen oder Vorteile verschaffen KANN besteht meines Erachtens ein Interessenskonflikt. Das ist hier gegeben. Aber selbstverständlich hackt auch hier wieder die eine Krähe der anderen kein Auge aus … Wehe in der freien Wirtschaft würde so etwas passieren! Die Rufe nach Compliance, Bestechlichkeit und Co wären groß. Der Staatsanwalt würde ermitteln und man würde sich groß aufregen. Sind jedoch "Offizielle" involviert ist das alles halb so schlimm … Schuchardts Schacherspiele.
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  • Günter Schott
    Respekt und Lob an die Mainpost. In letzter Zeit hat sie mehrfach in solider journalistischer Recherche Dubiositäten in Würzburg aufgedeckt.
    Günter Schott
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  • Günter Schott
    Zu Alfred Neumann: Ich kann dem nur beipflichten. Besonders unverständlich finde ich die lapprige Stellungsnahme des Herrn OB. Wäre der Fall Scheller nicht etwas für die Staatsanwaltschaft?
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  • Hiltrud Erhard
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  • Johannes Fasel
    Friedrich Schiller: „An der Quelle saß der Knabe …“
    Dazu:
    https://universal_lexikon.de-academic.com/205698/An_der_Quelle_sa%C3%9F_der_Knabe :
    "Die Anfangszeile des … Gedichtes »Der Jüngling am Bache« von Schiller wird häufig zitiert, meist allerdings ins Scherzhafte gewendet ... Sie dient als Kommentar etwa zu einer Situation, bei der sich jemand in einer günstigen Position befindet, an einem angenehmen Platz mit der erfreulichen Aussicht, sich aufs Beste mit etwas versorgen zu können, oder auch, wenn jemand eine solche Position allzu sehr ausnutzt."

    Alles klar?
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  • Alfred Neumann
    Ich weiß nicht, was schlimmer ist: Die gespielte Naivität oder das fehlende Rechtsempfinden aller Beteiligten.
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  • Johannes Fasel
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