
Robert Scheller ist ein wichtiger Mann im Würzburger Rathaus. Als Finanzreferent ist er seit 2014 nicht nur der Hüter des städtischen Haushalts, zu seinen Aufgaben gehören auch Kauf und Verkauf von Immobilien im Auftrag der Stadt. Ein Geschäftsfeld, das Scheller nicht nur aus seinem Hauptberuf kennt, sondern auch als privater Investor: Die von ihm 2001 mitgegründete DGS Projektentwicklung GbR (Düll-Gerhard-Scheller Gesellschaft des bürgerlichen Rechts) kauft in Würzburg Grundstücke und bebaut diese mit Einzelhandelsmärkten. Die Recherchen der Redaktion haben sieben Grundstückskäufe ergeben. Ein Compliance-Experte hält die mögliche Vermischung von privaten und dienstlichen Interessen für problematisch.
Die DGS hat zum Beispiel den Tegut-Lebensmittelmarkt in der Zeppelinstraße und den DM-Drogeriemarkt in der Unterdürrbacher Straße gebaut und den Lidl in Versbach umgebaut. Der 50 Jahre alte Spitzenbeamte Scheller sieht sein Engagement bei der DGS auf Nachfrage der Redaktion als "Privatsache". Der Stadtrat ist nach Information der Redaktion nicht über alle Geschäfte informiert. Würzburgs Oberbürgermeister Christian Schuchardt hält das Engagement des Kämmerers für unproblematisch.
Kämmerer und sein Unternehmen DGS haben dieselben Geschäftspartner
In Würzburg hat die DGS Immobilien auch von Unternehmen erworben, die in der Stadt tätig sind und mit denen Scheller als Finanzreferent zu tun hat. Denn diese Unternehmen kaufen unter anderem von der Stadt Grundstücke und entwickeln große Bauprojekte in Würzburg.
"Diese Konstellation birgt die Gefahr, dass Unternehmen diese Grundstücke der DGS zu vorteilhaften Konditionen überlassen könnten, weil sie auf eine gute Zusammenarbeit mit der Stadt hoffen", sagt der Compliance-Fachmann Hansrudi Lenz, emeritierter Professor für Wirtschaftsprüfung der Universität Würzburg.
Um solche Verdächtigungen auszuschließen, steht in der städtischen Dienstanweisung zur Korruptionsprävention: "Jeder Anschein, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stadt Würzburg für persönliche Vorteile im Zusammenhang mit ihrer Aufgabenerfüllung empfänglich sein können, muss deshalb wirksam vermieden werden."
Ein Beamter darf keine Amtshandlungen vornehmen, die ihm einen Vorteil verschaffen
2017 hat Schellers DGS am Hubland ein Haus von einem in Würzburg tätigen Projektentwickler gekauft. Dieses hatte der Projektentwickler zusammen mit vier weiteren Häusern ein Jahr zuvor der Stadt abgekauft. "Besonders der enge zeitliche Zusammenhang lässt hier eine mögliche persönliche Interessenkollision denkbar erscheinen", sagt Lenz. Es stehe die Frage im Raum: "War der Weiterverkauf an die DGS von Anfang an beabsichtigt?"
Interessenskollisionen definiert das Bayerische Gesetz für Wahlbeamte so: "Ein Beamter darf keine Amtshandlungen vornehmen, die ihm selbst oder einem Angehörigen einen Vorteil verschaffen." Ein denkbarer Vorteil wäre, dass die DGS ein günstigeres Kaufangebot bekommt als andere Käufer.
Scheller: "Ich habe als Geschäftsmann keine Vorteile daraus gezogen, dass ich Kämmerer bin"
Robert Scheller erklärt gegenüber der Redaktion dazu, dass die fünf städtischen Häuser am Hubland in einem Vergabeverfahren verkauft worden seien, an dem er nicht teilgenommen habe. Die Abstimmung des Stadtrats über den Verkauf habe er als Kämmerer geleitet. Als seine DGS ein Jahr später eines der Häuser mit zwölf Wohnungen kaufte - für einen laut Scheller angemessenen Preis - habe er die Fraktionsvorsitzenden des Stadtrats darüber informiert. "Weil mir die Sensibilität bewusst ist", sagt Scheller und fragt: "Darf ein städtischer Mitarbeiter am Hubland keine Eigentumswohnung kaufen?"
Scheller sagt, dass er als Geschäftsmann keine Vorteile daraus gezogen habe, dass er Kämmerer ist. "Wir haben immer marktübliche Preise bezahlt." Den Projektentwicklern mit denen er privat Geschäfte macht, seien daraus keine Vorteile bei Verhandlungen mit der Stadt entstanden. Die Geschäfte der DGS führen laut Scheller die beiden Mitbegründer, sein Schulfreund und sein Schwager. Scheller räumt aber ein, zumindest einmal für die DGS direkt an Kaufverhandlungen beteiligt gewesen zu sein.

Im Frauenland hat die DGS in diesem Jahr ein städtisches Grundstück gekauft, um dort einen Drogeriemarkt und ein Studentenwohnheim zu bauen. Er habe die Mitglieder des zuständigen Hauptausschusses des Stadtrats über seine Beteiligung informiert, sagt Scheller. Die Verhandlungen auf städtischer Seite habe nicht er, sondern einer seiner Mitarbeiter geführt. Auf Seiten der DGS habe sein Schwager verhandelt.
"Auch hier besteht ein begründeter Verdacht auf Interessenskollisionen", sagt Lenz. Dieser sei offensichtlich: "Die Stadt Würzburg will einen hohen Preis erzielen, die DGS Projektentwicklung will günstig kaufen."
Städtische Dienstanweisung: "Trennen Sie strikt zwischen dienstlichen und privaten Interessen"
Eine weitere Vorgabe der städtischen Dienstanweisung lautet: "Trennen Sie strikt zwischen dienstlichen privaten Interessen und Vorhaben." Dazu sagt Compliance-Experte Lenz: "Beim Kauf eines städtischen Grundstücks durch den am Vorgang möglicherweise beteiligten Finanzreferenten sehe ich diese Trennung nicht gegeben. Dass sein Mitarbeiter die Verhandlungen geführt hat, reicht meines Erachtens nicht aus, um eine neutrale, unparteiische und objektive Befassung mit dem Verkaufsvorgang sicherzustellen, weil eine Einflussnahme des Vorgesetzen nicht ausgeschlossen werden kann."
Was sagt OB Schuchardt zu den Geschäften des Finanzreferenten?
Schellers Vorgesetzter, Oberbürgermeister Christian Schuchardt, war nach eigenen Angaben über das Geschäft zwischen Stadt und DGS informiert. Er geht davon aus, dass der Mitarbeiter Schellers wusste, dass er das städtische Grundstück an die Firma seines Chefs verkauft. Problematisch sei das nicht, sagt der OB, da Scheller marktübliche Preise bezahlt habe. Als Nebentätigkeit genehmigt sei das Engagement des Beamten Scheller nicht, so der OB. Dies sei rechtlich auch nicht nötig.
Mindestens vier Bauanträge hat die DGS in den vergangenen zehn Jahren vom Stadtrat genehmigt bekommen. Informiert wurden die Stadträte dabei über die Beteiligung Schellers nicht. Auch der Öffentlichkeit war diese Tätigkeit Schellers bislang nicht bekannt. Dass Schuchardt die Bauanträge der Firma seines Finanzreferenten nicht transparent gemacht hat, begründet der OB damit, dass dies Scheller selbst obliege. Scheller sagt dazu: "Das ist privat. Warum hätte ich darüber informieren sollen?"
In einer älteren Version des Textes, steht dass die DGS GbR den Lidl in Versbach gebaut hat. Das wurde korrigiert.
Damals hieß es schütze das Ansehen der städtischen Dienststellen.
Durch seine GbR mit seinem besten Freund und seinem Schwager (Habeck lässt grüßen) liegt zweifellos eine zeitraubende und anspruchsvolle Nebentätigkeit vor !
Liegenschaften in dieser Größenordnung an und zu verkaufen erfordert zeitaufwendige Verhandlungen.
Beamte und Angestellte im öffentlichen Dienst müssen jede Nebentätigkeiten von ihrem Arbeitgeber genehmigen lassen. Hier ist die Tätigkeit für die Stadtkasse gleich der Tätigkeit
in der GBR (DGS) eine absolut 100 % Interessenkollision. Die Reaktion vom OB daher völlig unverständlich. Dieser Zustand müßte sofort beendet werden.
Sehr guter Kommentar
Es wäre jetzt das falsche Zeichen aus Protest die Afd zu wählen.
Seit Jahren bekommt die ÖDP meine Stimme bei den Wahlen, auch wenn ich nicht immer mit allen Inhalten konform bin.
Die ÖDP steht für Ökologisch-Demokratie-Umwelt-Familienpolitik-Wachstumskritik
Mutmaßliche Vorteilsnahme im Amt, um die es hier geht, oder auch im La Rosa -Komplex (schöne Wortschöpfung!) führen bei der CSU ja teilweise dazu, daß fehlende Anständigkeit von der Anhängerschaft als besonders schlaues Handeln ( a Hund isser scho) gewürdigt wird.
Aber falls Sie den Verdacht haben, irgendjemand würde sich unzulässig bevorteilen ( lassen), dann schreiben Sie eine E-Mail an die Redaktion, sinnvollerweise auch gleich ein paar belegte Details dazu, und ich freue mich bereits jetzt darauf, den entsprechenden Zeitungsbericht zu kommentieren!
LG
Protestparteien gibts selbstverständlich, ohne Wahlempfehlung nenne ich hier beispielsweise die ÖDP , wenn man die Grünen nicht wählen mag, oder die PARTEI, wenn einen ganz allgemein die Parteien auf den Keks gehen.
Am unteren Rand der Wahlzettel tummeln sich haufenweise Parteien, denen man aus Protest eine Stimme geben kann.
Nur : die AfD ist KEINE Protestpartei, sondern eine in Teilen faschistische Rechtsaußen -Vereinigung , die natürlich auf die Unzufriedenheit der Wählenden abzielt, aber unterm Strich nix anderes will als Macht, um dann die eigenen Interessen der Mitglieder zu befriedigen!
Und wer AfD wählt tut das nicht aus Protest, sondern unterstützt damit Faschisten.
AfD wählen ist kein Protest, sondern Sägen am Ast, auf dem man sitzt.
Dann kann man gleich CSU wählen, um gegen Kämmerer, Stadtrat und OB zu protestieren.
vielen Dank für Ihren Kommentar. Das ist auch für uns eine Wertschätzung unserer Arbeit.
Zum Fall La Rosa kann ich Ihnen versichern, dass wir als Redaktion am Themenkomplex dran bleiben.
Um ihre Fragen klar zu beantworten:
- Derzeit prüft die Staatsanwaltschaft immer noch, ob ein Anfangsverdacht für die Verwirklichung von Straftatbeständen vorliegt. Sobald wir mehr wissen, werden wir auch berichten. Genaueres können Sie noch mal hier nachlesen: https://www.mainpost.de/11135862
- Die SPD hatte direkt nach der ersten Berichterstattung zum Fall gefordert, dass Herr La Rosa seine "Ämter ruhen lassen soll". Das ist hier nachzulesen: https://www.mainpost.de/11131376
Mit freundlichen Grüßen,
Lara Meißner (Redakteurin & Autorin La Rosa-Komplex)
Liebe Frau Meißner,
wenn das so ist, entschuldige ich mich in aller Form für den fast verzweifelten Verdacht der Untätigkeit unserer vierten Gewalt vor Ort und bin gespannt wie ein Flitzebogen auf die Ergebnisse Ihrer Recherchen. Der Vorschlag der SPD war mir ganz entfallen, aber sehr nachdrücklich kann er nicht gewesen sein. Vielleicht sollten Sie auch mal die Bevölkerung zu ihrer Meinung befragen. Hier tummelt sich ja nur ein kleiner Kreis (der bisweilen allerdings sehr viele Likes erzeugt.) Mit Dank und freundlichen Grüßen Ihre Rathauseule
Die Unschuldsvermutung gilt bei vorgeworfen Straftatbeständen.
Um diese geht es hier aber eigentlich nicht. Es geht darum, dass hier skrupellos Grauzonen und Gesetzeslücken ausgenutzt werden. Und es geht auch darum, dass und WIE jemand, der einen anspruchsvollen und gutdotierten Job hat - Stadtkämmerer - anscheinend noch nebenher Zeit findet, ein Unternehmen zu leiten! Ich kenne nur Menschen, die von ihrem Vollzeitjob so fertig sind, dass sie kaum Zeit und Kraft für ein Ehrenamt aufbringen. Wie machen das all diese Abgeordneten im Parlament, die einen Terminkalender von 8 - 22 Uhr haben, und in ihrer Freizeit (?) dann munter Anwaltsmandate wahrnehmen, Unternehmen beraten oder mit Masken handeln? Da kann doch was nicht stimmen. Seht unseren heruntergekommenen Staat an. Wenn nicht nur auf niedriger kommunaler, sondern auch auf allen 'berufs'politischen Ebenen weiter Ehrenamtspauschalen bezahlt würden, säßen die Richtigen dort. Denen es um die Sache geht und nicht ums Geld.
als Stadtkämmerer in Würzburg
so wenig erfüllend ist,
dass der Herr Scheller sich für sein Erfolgserlebnis nebenbei in der familiengeführten GbR einbringen muß,
dann könnte man
das bisschen Gekämmere
doch gleich in die
städtische Sparkasse oder die VR-Bank auslagern.
Das Kämmerer-Gehalt bietet Einsparpotential!
Die MP wird schon dranbleiben.
Sie führen hier neben dem jetzigen Betroffenen auch noch den wochenlang zurückliegenden Verfemten an, ohne daß eine offizielle Stelle eine Schuldhaftigkeit bestätigte.
Ihr Verhalten finde ich unverschämt! Außerdem fordern Sie hier zu Gewalt auf, was ich so nur von einem ehemaligen Präsidenten der USA kenne.
Wenn mich nicht alles täuscht, kann man für solche öffentlichen Aufforderungen zu einer Straftat (zum. Hausfriedensbruch etc) zur Rechenschaft gezogen werden...