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Fußball: 3. Liga
Die Chronik des Abstiegs der Würzburger Kickers
Seit diesem Wochenende steht fest: die Würzburger Kickers stürzen ab in die Regionalliga. Das Protokoll einer völlig missratenen Saison der Rothosen.
Zum Verzweifeln: Bei Angreifer Marvin Pourie und den Würzburger Kickers ging in dieser Drittliga-Saison vieles daneben.
Foto: foto2press/Frank Scheuring | Zum Verzweifeln: Bei Angreifer Marvin Pourie und den Würzburger Kickers ging in dieser Drittliga-Saison vieles daneben.
Frank Kranewitter
 |  aktualisiert: 10.05.2023 09:56 Uhr

Es gab noch nicht einmal Tränen und keine Bilder von niedergeschlagenen Akteuren. Der Absturz der Würzburger Kickers geschah in einem unbeobachteten Moment. Die Spieler der Rothosen schauten in ihrem Teamhotel in Meppen nicht einmal live zu, sondern guckten lieber das Drittliga-Top-Spiel zwischen Braunschweig und Magdeburg, wie Trainer Ralf Santelli Tags darauf berichtete. Es war der 29. April 2022, 20.49 Uhr, als im Jahn-Sportpark in Berlin, Prenzlauer Berg, der Finne Kimmo Hovi in der zweiten Minute der Nachspielzeit des Drittliga-Spiels gegen den 1. FC Saarbrücken den 2:1-Siegtreffer für Viktoria Berlin erzielte. Ein Tor, das das Schicksal der Kickers besiegelte. Daran konnte auch der 4:2-Sieg am Samstag beim SV Meppen nichts mehr ändern. Die Kickers können die Berliner nicht mehr einholen und stürzen in die Regionalliga ab. Sieben Jahre nach dem Aufstieg in die 3. Liga verschwindet der Klub nach den beiden noch folgenden Partien gegen den Halleschen FC am Sonntag und beim FSV Zwickau erst einmal wieder von der nationalen Fußballbühne.

Dabei waren die Würzburger im Sommer doch mit einem ganz anderen Anspruch in diese Saison gestartet. Nämlich dem, das nun alles besser werden sollte. Schließlich waren sie ein gebeutelter Absteiger aus der 2. Bundesliga - das war schon schmerzhaft genug. An einen weiteren Abstieg wollte damals nun wirklich niemand denken. Das Protokoll des Niedergangs:

14. Juni 2021: Dienstbeginn für den neuen Trainer Torsten Ziegner am Dallenberg. Der Coach hat, so die offizielle Sprachregelung, "einen längerfristigen Vertrag" unterschrieben. Bei seiner ersten Pressekonferenz spricht der gebürtige Thüringer über seine Ziele und sagt: "Keiner soll sich schämen, wenn er im Kickers-Trikot durch die Stadt läuft."

Strahlende Zuversicht: Sportvorstand Sebastian Schuppan und Torsten Ziegner, bei der Präsentation des neuen Kickers-Trainers im Juni vergangenen Jahres.
Foto: Silvia Gralla | Strahlende Zuversicht: Sportvorstand Sebastian Schuppan und Torsten Ziegner, bei der Präsentation des neuen Kickers-Trainers im Juni vergangenen Jahres.

24. Juli 2021: Saisonstart bei 1860 München. Die Kickers verlieren 0:1. Die dickste Chance zum Ausgleich vergibt Christian Strohdiek - aus etwa anderthalb Metern schoss der Kapitän den Ball am unbedrängt am Tor vorbei. "Ein bisschen peinlich", findet er das damals.

2. August 2021: Beim Heimdebüt gegen den SC Verl setzt es im zweiten Saisonspiel die zweite 0:1-Niederlage und schon wieder sind die Kickers Tabellenletzter.

11. September 2021: Die Kickers kommen nicht in die Gänge. Selbst gegen Aufsteiger TSV Havelse gelingt kein Dreier (0:0). Nach 19 Spielen stehen die Kickers noch immer ohne Sieg da. "Wir reden nicht über den Trainer, sondern mit ihm", sagt Sportvorstand Sebastian Schuppan.

18. September 2021: Im neunten Anlauf gelingt der erste Sieg. Und das beim Tabellenführer, in dessen Wohnzimmer. Damals hoffen alle bei den Kickers, dass das 2:1 beim 1. FC Magdeburg den Wendepunkt markiert. Im Rückblick bleibt der Erfolg einer der wenigen Höhepunkte in dieser traurigen Saison.

Torsten Ziegners letztes Spiel als Kickers-Trainer. Er und Sportvorstand Sebastian Schuppun (vorne) müssen nach dem 0:2 bei Borussia Dortmund II ihre Posten räumen.
Foto: foto2press/Frank Scheuring | Torsten Ziegners letztes Spiel als Kickers-Trainer. Er und Sportvorstand Sebastian Schuppun (vorne) müssen nach dem 0:2 bei Borussia Dortmund II ihre Posten räumen.

4. Oktober 2021: Personalbeben am Dallenberg. Zunächst informiert Sportvorstand Schuppan Trainer Ziegner über dessen Entlassung nach elf Spielen (Punkteschnitt: 0,64). Wenige Stunden später ist Schuppan selbst seinen Job los. Der Sportdirektor wird vom Aufsichtsrat um den Vorsitzenden Thorsten Fischer abberufen. Der Neustart ist in die Hose gegangen.

13. Oktober 2021: Der neue Trainer der Kickers heißt Danny Schwarz. "Kurzfristig ist das Ziel, nichts mit dem Abstieg zu tun zu haben", sagt er bei seiner Vorstellung: "Mittelfristig geht der Blick nach oben."

31. Oktober 2021: Sieg auf dem Betzenberg: Die Kickers schlagen Kaiserslautern 2:0. Schwarz' Auftakt-Bilanz kann sich sehen lassen: Zwei Siege, ein Remis.

Einer der wenigen Höhepunkte dieser Kickers-Saison: (von links) Fanol Perdedaj, David Kopacz und Tobias Kraulich jubeln über den ersten Treffer beim 2:0 gegen den 1. FC Kaiserslautern.
Foto: foto2press/Frank Scheuring | Einer der wenigen Höhepunkte dieser Kickers-Saison: (von links) Fanol Perdedaj, David Kopacz und Tobias Kraulich jubeln über den ersten Treffer beim 2:0 gegen den 1. FC Kaiserslautern.

20. Dezember 2021: Im letzten Spiel des Jahres gegen 1860 München fehlt Stürmer Marvin Pourié. Er sei erkrankt, heißt es vom Verein. Die Kickers verlieren 0:3. Vom anfänglichen Zauber unter Schwarz ist rein gar nichts mehr übrig. Die Rothosen beenden das Jahr auf dem vorletzten Tabellenplatz.

3. Januar 2022: Beim Trainingsauftakt im neuen Jahr ist Pourié putzmunter. Wie sich herausstellt, war er auch beim Spiel gegen 1860 München nicht krank. Er ist vielmehr suspendiert. Darf fortan nicht mehr mit der Mannschaft trainieren. Gründe werden nicht genannt. "Es ist wie in einer Ehe. Da gibt es womöglich irgendwann einen Punkt, da passt es nicht mehr", sagt Trainer Schwarz. Aus internen Kreisen dringen Informationen nach außen, der Mannschaftsrat habe sich bei Schwarz vor dem 1860-Spiel für eine Suspendierung Pouriés stark gemacht.

Einzeltraining: Marvin Pourié übt während seiner Suspendierung alleine.
Foto: Silvia Gralla | Einzeltraining: Marvin Pourié übt während seiner Suspendierung alleine.

16. Januar 2022: Die Kickers verlieren das erste Liga-Spiel 2022 mit 0:2 beim Aufsteiger in Verl. Sportdirektor Sebastian Neumann, seit November im Amt, sagt zum Fall Pourié: "Wir haben eine Entscheidung getroffen. Die steht."

24. Januar 2022: Eine Zäsur bei den Kickers. Aufsichtsratsvorsitzender Thorsten Fischer gibt seinen Posten ab und kündigt an, auch als Investor aussteigen zu wollen.

10. Februar 2022: Trainer Schwarz muss nach 14 Spielen (Punkteschnitt 0,79) wieder gehen. Ralf Santelli übernimmt die Kickers nach 25 Spieltagen als Tabellenletzten. Seine erste Maßnahme: Er begnadigt Pourié.

Der Nächste, bitte! Danny Schwarz und sein Assistent Benjamin Schwarz verlassen das Trainingsgelände in Randersacker.
Foto: Silvia Gralla | Der Nächste, bitte! Danny Schwarz und sein Assistent Benjamin Schwarz verlassen das Trainingsgelände in Randersacker.

24. März 2022: Auch das noch: Türkgücü München zieht seine Mannschaft zurück. Die Kickers verlieren dadurch im Abstiegskampf drei Punkte. Gleichzeitig stehen die Weichen bei den Kickers auf komplettem Neuanfang. Vorstandsvorsitzender Christian Jäger kündigt an, diesen Posten im Sommer nach nur einem Jahr zu räumen. Benjamin Hirsch soll neuer Kickers-Chef werden.

30. April 2022: Alles Hoffen war vergebens. Die Kickers waren schon vor dem 4:2 in Meppen abgestiegen. Sie haben den Abstiegsrang nur an einem Spieltag kurz verlassen. Ansonsten standen sie immer unter dem Strich. Trainer Santelli hat nach zehn Partien einen Punkteschnitt von 1,5. Deutlich besser als der seiner Vorgänger. "Ich gehe nicht als Abstiegstrainer", sagt der Interims-Coach, der sich ab Sommer wieder auf die Leitung des Nachwuchsleistungszentrums konzentriert, an diesem Samstag in Meppen.

 
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  • klafie
    ade 3. liga - ab in die versenkung, braucht man auch keinen protzbau für ein neues stadion, reicht das alte.
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