Bei den Würzburger Kickers geht es rund: Nicht nur Trainer Torsten Ziegner und sein Assistent Michael Hiemisch müssen beim Fußball-Drittligisten ihren Posten räumen. Auch Sebastian Schuppan, seit vergangenem November als Vorstand Sport am Dallenberg tätig, ist am Montag von seinem Amt "abberufen worden", wie der Verein vermeldet. Der einstige Aufstiegsheld, der als Funktionär wenig glückliche Entscheidungen traf, wird den Klub verlassen. Das Resultat einer Entwicklung, die die Kickers binnen 15 Monaten vom strahlenden Zweitliga-Aufsteiger zum völlig frustrieten Tabellen-Vorletzten der 3. Liga werden ließ.
Für die Nachfolge gibt es Interimslösungen. Jochen Seuling, einst Leiter des Würzburger Nachwuchsleistungszentrums und inzwischen in leitender Funktion bei der Flyeralaram Sportmanagement GmbH, der Fußball-Tochter des Kickers-Investors, tätig, übernimmt "in enger Absprache mit dem Vorstandsvorsitzenden Christian Jäger", wie es in einer Pressemitteilung der Kickers heißt, "die übergeordneten Aufgaben im sportlichen Bereich".
Auf dem Trainingsplatz haben für die nächsten zwei Wochen Dieter Wirsching - jener Coach, der mit den Kickers 2012 in die Regionalliga aufgestiegen war - und Ex-Profi Sebastian Neumann, von 2016 bis 2018 Kapitän der Kickers-Mannschaft und zuletzt im Nachwuchsleistungszentrum tätig, das Kommando interimsmäßig übernommen. Beide besitzen keine für die 3. Liga erforderliche Fußballlehrer-Lizenz. Sollte bis zum kommenden Auswärtsspiel bei Viktoria Köln am 17. Oktober kein neuer Cheftrainer gefunden sein, könnte, so ist zu hören, auch Ralf Santelli erst einmal einspringen. Der Leiter des Nachwuchsleistungszentrums, am Ende der vergangenen Zweitliga-Saison bereits als Chefcoach bei den Rothosen tätig, ist ausgebildeter Fußballlehrer. Die Chemie zwischen ihm und Schuppan soll nicht gestimmt haben. Ohne den Ex-Sportvorstand im Amt wäre eine Interimslösung mit Santelli zumindest bis zum Winter eine Option.
Ziegner gibt sich überrascht
Der Montag, an dem der Dallenberg bebte, begann mit viel Regen in Randersacker. Um 10 Uhr waren die Drittliga-Kicker am Morgen nach der 0:2-Niederlage bei Borussia Dortmund II zum Auslaufen auf das Trainingsgelände bestellt worden. Auch Torsten Ziegner und Michael Hiemisch waren gekommen. Als Ziegner am Sonntag nach seiner Zukunft gefragt worden war, hatte er noch geantwortet, es "gäbe keine Anzeichen" dafür, dass er bald gehen müsse. Als aber auch Christian Jäger und Sebastian Schuppan gemeinsam zum Trainingsgelände kamen, dürfte auch dem Letzten klar gewesen sein, dass Ziegner und Hiemisch nur etwas mehr als vier Monate nach ihrer Verpflichtung wieder gehen müssen. Pünktlich um zehn Uhr veröffentlichten die Rothosen die entsprechende Meldung. Darin dankt Schuppan dem Chefcoach und seinem Co-Trainer für die geleistete Arbeit. Dass auch er seinen Posten bald verlieren würde, wusste der Sportvorstand da noch nicht.
Schuppan hält lange am Trainer fest
Dabei war in den vergangenen Tagen nicht nur über Trainer Ziegner und seine Arbeit hinter den Kulissen gesprochen worden. Auch Schuppans Rolle wurde zunehmend kritisch hinterfragt. Der hatte Ziegner nicht nur verpflichtet, sondern stellte sich nicht nur öffentlich, sondern auch in internen Analyserunden hinter die Arbeit des Trainers. Dass der Sportvorstand nach der Niederlage in Dortmund von Ziegner abrückte, half ihm offenbar auch nichts mehr. Das Urteil war längst gefallen. Ziegner und Schuppan hätten wohl auch gehen müssen, wenn die Partie am Sonntag nicht verloren gegangen wäre, ist aus Kickers-Kreisen zu hören. Die Bilanz ist viel zu mager.
Aufsichtsratschef und Geldgeber Thorsten Fischer, Geschäftsführer der Online-Druckerei Flyeralarm, sieht sein Profifußball-Projekt in großer Gefahr und senkte über Schuppan den Daumen: Seit dessen Amtsantritt als Vorstand Sport wurden 16 externe Neuzugänge verpflichtet, wirklich überzeugen konnte keiner. Die sportliche Entwicklung ist auch die Folge einer unglücklichen Personalpolitik. Um 14.30 Uhr war dann auch die Trennung von Schuppan offiziell.
Ziegner war nicht erste Wahl
Der Rundumschlag ist der Versuch, das Schlimmste noch abzuwenden. Denn auch wenn Fischer jüngst im internen Kreis beteuerte, auch nach einem möglichen Abstieg in die Regionalliga sein Engagement bei den Kickers fortzusetzen, de facto würde sich der Klub von einem Absturz in die Viertklassigkeit wohl nicht mehr erholen.
Genau das ist die Sorge angesichts von fünf Punkten Rückstand auf einen Nichtabstiegsrang, nur sieben Zählern und fünf eigenen Toren nach elf Spieltagen. So schlecht wie derzeit stand es wohl noch nie um die Kickers, seit die Profifußball-Ära 2014 mit der Verpflichtung von Bernd Hollerbach als Trainer startete. Dabei war die Hoffnung, den freien Fall stoppen zu können, im Sommer groß.
Auch wenn Ziegner nicht die erste Trainer-Wahl war. Zunächst hatten sich die Kickers intensiv um Christian Preußer, Aufstiegstrainer beim SC Freiburg II, bemüht. Aber der entschied sich für Zweitligist Fortuna Düsseldorf. Als stattdessen dann Ziegner vorgestellt und mit "einem längerfristigen Vertrag" ausgestattet wurde, hielt Schuppan ihn trotzdem für "den idealen Trainer für den Neustart der Kickers in der 3. Liga". Doch genau der ging richtig in die Hose. Der Trainer schaffte es nicht, aus Einzelspielern, die durchaus Drittliga-Ansprüchen genügen, eine konkurrenzfähige Mannschaft zu formen. Jetzt soll ein neuer Mann diesen Job erledigen und irgendwie noch den Klassenerhalt in Liga drei schaffen. Doch wer soll den Retter verpflichten?
Es geht um die Existenz
Seuling und Wirsching gehörten schon zu den Protagonisten im regionalen Fußballgeschehen, als von Profitum noch keine Rede war. Aber beide genießen Fischers Vertrauen, sie sollen zusammen mit Neumann und Kickers-Boss Jäger nun auch auf die Suche nach einem neuen Trainer gehen und die Scherben der Vergangenheit beiseite räumen. Vor einem Jahr und fünf Tagen haben die Kickers auf Anraten des damaligen Head of Flyeralarm Global Soccer, Felix Magath, Zweitliga-Aufstiegstrainer Michael Schiele vor die Tür gesetzt. Der mächtige Berater sprach in der damaligen Zeit gar Mal vom "Europapokal". Inzwischen sind die Kickers klein geschrumpft. Magath ist längst Vergangenheit und es geht um die Existenz. Als Schuppan anderthalb Monate nach Schieles Entlassung als Vorstand Sport vorgestellt wurde, wurde das als Magaths Idee verkauft. Auch dieser Einfall hat nicht gezündet.
Ziegner packte bereits am Montagmorgen, nach einer kurzen Verabschiedung von der Mannschaft, seine Sachen zusammen und fuhr mit dem Dienstwagen vom Hof, bevor die Spieler mit dem verbliebenen Assistenz-Trainern Philipp Kunz und Philipp Eckart sowie Torwart-Coach Marco Langner eine kleine Joggingrunde im schmuddeligen Herbstwetter absolvierten. Am Dienstagfrüh wird das neue Interimstrainer-Gespann die Kickers-Akteure dann erstmals zum Training bitten. Die Aufräumarbeiten haben begonnen.
weil der Schüler zum dritten mal durchfällt...
dabei kann er es halt einfach nicht!