Die Würzburger Kickers haben zum Auftakt in die Drittliga-Auftakt bei 1860 München eine bittere 0:1-Niederlage einstecken müssen. Dabei hatte der Kapitän doch den Ausgleich auf dem Fuß:
Letztlich gipfelte die Partie an der Grünwalder Straße in dieser einen Szene: 1860-Torhüter Tom Kretzschmar hatte eine, man muss es so sagen, Dummheit begangen und den Ball beim Abstoß an der eigenen Fünfmeter-Linie zunächst einmal leicht angetippt. Zweimal berühren darf der Keeper den Ball in dieser Aktion jedoch nicht, und so gab es fünf Meter vor dem Kasten in der 72. Minute einen indirekten Freistoß für die Kickers. Die Münchner bildeten eine Menschen-Mauer auf der Torlinie. Die Kickers hatten eine Idee: Moritz Heinrich tippte den Ball an für Marvin Pourié, der Neu-Stürmer drosch den Ball nicht auf den Kasten, sondern legte noch einmal quer auf Teamkapitän Christian Strohdiek, der einen knappen Meter vor dem Kasten plötzlich freie Schussbahn hatte und den Ball neben das Tor setzte. Es hätte das 1:1 sein müssen. Das Tor, das den Kickers immerhin einen Zähler zum Saisonbeginn gerettet hätte. "Ich muss den Ball sauberer treffen. Das sieht blöd aus. Das ist für mich bitter und auch ein bisschen peinlich", sagte Strohdiek später: "Aber so ist eben der Sport."
Moritz Heinrich vergibt die Chance zum 1:0
Manchmal sind es eben Kleinigkeiten, die darüber entscheiden, welchen Lauf die Dinge nehmen. Wer weiß, wie diese Drittliga-Auftaktpartie verlaufen wäre, hätte Neuzugang Moritz Heinrich, in der vergangenen Saison noch in der unmittelbaren Münchner Nachbarschaft bei der SpVgg Unterhaching aktiv, in der achten Minute den Ball an den Zehenspitzen von 1860-Torhüter Kretzschmar vorbei gebracht. Dass Heinrich, als er urplötzlich alleine auf das Tor der Gastgeber zusteuerte, am aus dem Kasten herausstürmenden Löwen-Ersatzkeeper, der den gesperrten Stammtorwart Marco Hiller vertrat, scheiterte, sollte sich nur kurz darauf bitter rächen. Dann auf der anderen Seite des Rasen-Vierecks machte Marcel Bär, im Sommer von Eintracht Braunschweig nach München gewechselt, seine Sache besser. Er überwand nämlich im Eins-gegen-Eins-Duell Kickers-Torwächter Hendrik Bonmann zum 1:0 (11.). Es sollte, was zu diesem Zeitpunkt noch keiner wusste, das entscheidende Tor des Tages sein.
Dass das Resultat am Ende nicht unverdient war, lag daran, dass die Kickers zumindest in der ersten Halbzeit nicht schafften, was Trainer Torsten Ziegner vor der Partie gefordert hatte. Die Gegner sollten sich ärgern über "die ekligen Würzburger". Wirklich unangenehm wurden die Kickers den Löwen in Halbzeit eins aber nur selten. Im Gegenteil: Die Münchner zeigten gerade in den ersten 45 Minuten, warum sie von vielen Experten als einer der Top-Kandidaten für den Aufstieg gehandelt werden. Reifer und abgezockter wirkten sie da als die Würzburger, die in den entscheidenden Zonen des Spielfelds nämlich in und um die beiden Strafräume so ihre liebe Mühe und Not hatten. "Wir haben zu sehr darauf geschaut, dass Sechzig nicht zu gut wird", fand Ziegner und meinte, dass seinem Team "ein bisschen Mut" gefehlt habe. "Auch eine Folge davon, dass wir ein sehr junges Team haben."
Ziegner hatte keine Experimente gemacht und genau jene Elf aufs Feld geschickt, die nach den letzten Vorbereitungsspielen zu erwarten war. Das heißt auch: Neuzugang Marvin Pourié saß zunächst auf der Bank. Erst in der Halbzeitpause machte sich der aus Karlsruhe gekommene Neuzugang warm und wurde zu Beginn des zweiten Durchgangs eingewechselt. Ein Zeichen wollte Ziegner damit setzen, weil Pourié mit seiner "Präsenz" auch seinen Teil dazu beitragen sollte, dass die Kickers die Angst vor dem Gegner und der Kulisse ablegten.
1860-Coach Köllner lobt die Fans
Gut 3700 Zuschauer durften zum ersten Saisonspiel ins Stadion an der Grünwalder Straße. 1860-Coach Michael Köllner hatte die, die rein durften, aufgefordert, für vier oder fünf zu schreien und stellte am Ende fest: "Die Leute haben die Anweisung befolgt." Es war tatsächlich erstaunlich laut im zu einem guten Drittel gefüllten Stadion, und als es in der zweiten Halbzeit so richtig hektisch auf dem Feld wurde, herrschte an der Grünwalder Straße zeitweise prickelnde Fußball-Atmosphäre.
"Es hat sich wieder wie Fußball angefühlt", so Ziegner. Das tat es auch, weil sich die Kickers mit zunehmender Spielzeit hinein gebissen hatten in diese Partie. An Spielanteilen hatten die Löwen gewiss mehr. Und als Leon Schneider den enorm umtriebigen 1860-Angreifer Merveille Biankadi im Strafraum zu Fall brachte (53.), hatten die Kickers auch Glück, dass Schiedsrichter Franz Bokop nicht auf Elfmeter entschied. Insgesamt aber hielten die Kickers fortan auch in den Zweikämpfen dagegen, hatten den zu Beginn verloren gegangenen Mut wiedergefunden.
Dass dieser Wandel auch mit der Auswechslung von David Kopacz, der für Pourié Platz machte, einherging, wollte Ziegner hernach gar nicht bestreiten. "Jeder Spieler unter 23 fällt mal in eine Talsohle. Er hat kein schlechtes Spiel gemacht. Ist viel gelaufen. Aber er hat nicht das aufs Feld gebracht, was ihn gefährlich macht. Der Junge spielt im nächsten Spiel wieder." Am Ende sei es ein "typisches Auftaktspiel" gewesen, bei dem beide Teams viel Respekt vor dem Gegner hatten und am Ende "die Kaltschnäuzigkeit der Löwen den Ausschlag gegeben hat".
Aber wenn ich die Stimmen bzw Analyse der Akteure lese, schwant mir doch übles. Bitte nicht wieder eine Saison voller Beschwichtigungen, Relativierungen und voller Wegsehen.