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Würzburg
Was die Region 2018 bewegt hat
Einen neuen Bischof oder eine Landesgartenschau gibt es nicht alle Jahre. Verhungerte Schweine und einen Faschingsskandal auch nicht. Die Schlagzeilen aus Unterfranken.
Was die Region 2018 bewegt hat
Foto: Benjamin Stahl
Benjamin Stahl
,  Susanne Schmitt
,  Christine Jeske
,  Angelika Kleinhenz
 und  Gerhard Meißner
 |  aktualisiert: 27.04.2023 07:44 Uhr

Man kann dem Jahr 2018 vieles vorwerfen. Dass es zu heiß war zum Beispiel. Oder dass es unseren Fußballern nicht gut bekam. Was man ihm aber nicht nachsagen, ist, dass es arm an Nachrichten war. Hier eine Auswahl an Schlagzeilen, die in der Region für Gesprächsstoff sorgten.

Eklat bei Fastnacht in Franken

Die einen sprachen von einer Nummer, die "polarisiert", für andere war es ein Beitrag "der untersten Schublade". Der Auftritt der Altneihauser Feierwehrkapell'n bei Fastnacht in Franken sorgte im Februar für Irritationen. Die oberpfälzer Narren-Kombo hatte in der BR-Sendung, die live aus Veitshöchheim übertragen wird, mit einer sexistischen Nummer über die französische Präsidentengattin Brigitte Macron die Gemüter erregt. In der schlüpfrigen Darbietung bezeichneten sie die damals 64-Jährige unter anderem als "gut abgehangen" und "gut eingefahr'nen Schlitten". Dass der 24 Jahre jüngere Präsident Emmanuel Macron erst durch sie zum Mann geworden sei, war noch eine der harmloseren Anspielungen.

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In den Tagen nach der Sendung wurde bekannt, dass die Nummer intern schon seit der Generalprobe Thema war. Bernhard Schlereth, Präsident des Fastnacht-Verbandes Franken, bestätigte, dass es Gespräche mit "Feierwehr"-Chef Norbert Neugirg gegeben habe. Der Text sei leicht verändert worden, "aber nicht so, wie es sich manche erhofft hatten". Ein Eingriff von außen in einen Vortrag sei immer auch ein Spagat: "Wo endet die künstlerische Freiheit und wo beginnt die Zensur?", fragte Schlereth. Die nächste Fastnacht in Franken findet am 22. Februar 2019 statt – ob dann die Feierwehrkapell'n wieder auf der Bühne steht?

2000 tote Schweine

Der Fall hat die Region im südlichen Landkreis Würzburg erschüttert. Im April meldete sich ein 29-jähriger Landwirt über seinen Anwalt beim Veterinäramt und gab an, dass in seinen zwei Stallgebäuden bei Gelchsheim mehrere hundert Schweine verendet sind. Bei den weiteren Untersuchungen stellte sich heraus, dass die Schweine schon Monate in dem Stall lagen und bereits stark verwest waren. Nach den polizeilichen Ermittlungen geht die Staatsanwaltschaft Würzburg davon aus, dass der Landwirt seine Tiere qualvoll verhungern ließ. Viele der rund 2000 Kadaver befanden sich bereits in einem fortgeschrittenen Verwesungszustand und wiesen Spuren von Kannibalismus auf. Ein Zeichen dafür, dass sie von ihren hungernden Artgenossen angefressen wurden. Andere versuchten, aus den Stallabteilen zu entkommen und verendeten dabei.

Im Mai wurden die Kadaver von Spezialisten abtransportiert.
Foto: Hannelore Grimm | Im Mai wurden die Kadaver von Spezialisten abtransportiert.

Weil sich der junge Landwirt außerstande sah, die toten Tiere fachgerecht beseitigen zu lassen, wurden die Stallgebäude auf Anordnung des Landratsamt geräumt und gereinigt. Den Kostenbescheid in Höhe von rund 200 000 Euro wollte der Schweinehalter nicht akzeptieren und legte Klage dagegen ein. Die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen dauern voraussichtlich noch bis zum kommenden Frühjahr an. Bei einer Verurteilung drohen dem Beschuldigten eine Haftstrafe und ein lebenslanges Tierhaltungsverbot.

Eine Landesgartenschau, die polarisierte

Die Euphorie war groß, als am 12. April die Landesgartenschau in Würzburg startete. Doch als sie am 7. Oktober ihre Tore wieder schloss, lagen 179 Tage voller Diskussionen hinter uns. Den einen hat die moderne Schau auf dem ehemaligen US-Militärgelände am Hubland gefallen. Familien, Dauerkartenbesitzer, die mehrmals kamen und sich an Details auf dem 28 Hektar großen, von Wiesen dominierten Gelände erfreuten. Viele stießen sich aber an der LGS. Sie verglichen die Schau von 2018 mit der von 1990. Die Kritik reichte von "zu wenig Garten" über "zu viel Asphalt" bis hin zu "schlechter Gastronomie" und "überteuerten Eintrittspreisen".

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Die Veranstalter reagierten, besserten nach: Im Juni wurden zusätzliche Schilder aufgestellt, die das Konzept – Schwerpunktthemen waren Nachhaltigkeit, Klimawandel und Städtebau – erklären sollten. Eine Bähnchen fuhr fortan die Besucher über das weitläufige Gelände. Trotz einiger Lichtblicke – etwa dem erfolgreichen "Lichterfest" auf dem LGS-Gelände mit 9000 Besuchern, 24000 verkauften Dauerkarten und der Tatsache, dass der Park für die Stadt bleibt – fiel die Bilanz eher enttäuschend aus: Die LGS fuhr ein Defizit von fünf Millionen Euro ein, statt der erwarteten eine Million Besucher kamen nur etwa 700 000.

Habemus Bischof – schwerer Start für Würzburgs neuen Oberhirten

Am 16. Februar, kurz nach 12 Uhr, wurde zeitgleich im Würzburger und Speyerer Dom der Name des neuen Bischofs verkündet. Papst Franziskus hat Franz Jung, den Generalvikar von Speyer, zum Nachfolger von Bischof Friedhelm Hofmann ernannt. Weihe und Amtseinführung fanden aus organisatorischen Gründen erst am 10. Juni statt.

Franz Jung (kniend) bei seiner Bischofsweihe im Würzburger Dom
Foto: Thomas Obermeier | Franz Jung (kniend) bei seiner Bischofsweihe im Würzburger Dom

Knapp vier Wochen später wurde bekannt, dass sich die Diözese überraschend vom Geschäftsführer der SBW Bauträger- und Verwaltungs-GmbH, einer Schwesterfirma des St. Bruno-Werks, getrennt hatte und das Aufsichtsratsgremium aufgelöst worden war. Als Grund nannte die Bistumsleitung, man wolle für mehr Transparenz, bessere Verwaltungsführung sowie Entflechtung sorgen. Am 12. Juli erstattete die Diözese Anzeige, seither laufen die Ermittlungen – wegen des Verdachts der Untreue. Am 20. Juli folgte der nächste Paukenschlag: Finanzdirektor Albrecht Siedler trat mit sofortiger Wirkung zurück. Recherchen dieser Redaktion ergeben, dass er einen Strafbefehl wegen nicht abgeführter Sozialversicherungsleistungen in Höhe von 107 000 Euro akzeptiert hatte und vorbestraft war.

Die letzte Hiobsbotschaft gab es kurz vor Jahresende. Die Diözese verzeichnet in der Bilanz 2017 einen Fehlbetrag in Höhe von 17,8 Millionen Euro. Bereits Anfang Oktober bezeichnete Bischof  Franz Jung in einem Hintergrundgespräch mit dieser Redaktion die Finanzlage als "prekär".

Nationalpark-Aus und Rodungs-Streit

Den Wald schützen oder nutzen? Eine Frage, die Unterfranken 2018 entzweit hat. Zunächst zeigte sich das im Streit um einen dritten bayerischen Nationalpark. Die Idee, bereits im Sommer 2016 vom damaligen CSU-Chef Horst Seehofer aufgebracht, löste anhaltende Proteste aus – in allen potentiell geeigneten Regionen. Im Spessart und Steigerwald etwa fürchtete man um alte Holzrechte. In der Rhön hieß es, dem Naturschutz werde schon im Biosphären-Reservat Genüge getan. Die Kritik machte die Kehrtwende der Politik einfach: Im April legte Neu-Ministerpräsident Markus Söder (CSU) die Nationalpark-Pläne auf Eis. Ersatzweise sollen Umweltbildungs- und Erlebnisstätten entstehen – beispielsweise ein Eichenzentrum im Hafenlohrtal (Lkr. Main-Spessart) oder ein Biodiversitätszentrum in Bischofsheim (Lkr. Rhön-Grabfeld).

Markus Söder, damals noch nicht Ministerpräsident, war im Januar Festredner beim Neujahrsempfang von CSU und JU Bad Kissingen. Empfangen wurde er von einer Demo von Gegnern eines Nationalparks in der Rhön.
Foto: Siegfried Farkas | Markus Söder, damals noch nicht Ministerpräsident, war im Januar Festredner beim Neujahrsempfang von CSU und JU Bad Kissingen. Empfangen wurde er von einer Demo von Gegnern eines Nationalparks in der Rhön.

Das Thema Wald aber beschäftigte die Region weiter. Ärger entbrannte in Thüngersheim (Lkr. Würzburg). Im Herbst wollte die Baustoff-Firma Benkert dort ihren Steinbruch erweitern, dafür sollten 9,8 Hektar Wald weichen. Genehmigt worden war das bereits im Mai 2009. Trotzdem stießen die Rodungen auf Widerstand. Naturschützer zweifelten die artenschutzrechtliche Prüfung an. Schließlich fand sich ein umstrittener Kompromiss: Zunächst wurden nur rund sechs Hektar gerodet und Ausgleichsflächen mussten geschaffen werden. Wann der Kahlschlag weitergeht, ist offen.

Verunreinigtes Wasser und viel Chaos

Trinkwasseralarm – den gab es in Unter- und Oberfranken in den vergangenen Jahren mehrfach. Doch richtig groß war die Aufregung am 14. September 2018, als von dem Störfall eines Wasserversorgers knapp 50 000 Menschen in der Region betroffen waren. Die Einwohner der ans Trinkwassernetz der Fernwasserversorgung Mittelmain (FWM) angeschlossenen Gemeinden im westlichen Landkreis Würzburg sowie in Zellingen und Retzbach (Lkr. Main-Spessart) mussten auf Anordnung der Gesundheitsämter Würzburg und Main-Spessart fast fünf Wochen lang ihr Leitungswasser abkochen. Der Grund: Im zentralen Hochbehälter in Zellingen waren bei einer Routinekontrolle gesundheitsgefährdende Keime (Enterokokken) gefunden worden.

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Noch immer wird das Trinkwasser in vielen betroffenen Gemeinden gechlort. Noch immer ist die Ursache für die Verunreinigung nicht gefunden. Vermutet wird, dass die Keime über ein undichtes Rohr in sieben Metern Tiefe in die Wasserkammer gelangt sein könnten. Neben diesem großen gab es heuer noch mindestens acht weitere kleinere Störfälle in verschiedenen Trinkwassernetzen in ganz Unterfranken. Mehrfach stand dabei die Informationspolitik der Behörden und der Wasserversorger in der Kritik, die die Verbraucher teils unzureichend, zu spät, häppchenweise oder erst auf Nachfrage der Presse informierten.

 
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