Es ist nur schwer vorstellbar, was sich vor rund einem Jahr in einem großen Schweinemastbetrieb mit zwei Stallgebäuden nahe der Ortschaft Gelchsheim im Ochsenfurter Gau (Lkr. Würzburg) ereignet hat. Nach den bisherigen Erkenntnissen, die die Staatsanwaltschaft Würzburg in dieser Woche auf Anfrage dieser Redaktion bekanntgegeben hat, ließ ein damals 28-jähriger Landwirt seinen gesamten Schweinebestand aus rund 2000 Tieren über Tage, wenn nicht Wochen hinweg verhungern und verdursten. Nicht nur unter Verbrauchern und Tierschützern, sondern auch unter Landwirten löste der Fall Bestürzung aus.
Im April wurde der Fall bekannt, nachdem sich der Landwirt über seinen Anwalt ans Veterinäramt gewandt hatte.Den Mitarbeitern des Veterinäramts bot sich damals ein Bild des Grauens. Viele der rund 2000 Kadaver befanden sich bereitsin einem fortgeschrittenen Verwesungszustandund wiesen Spuren von Kannibalismus auf. Ein Zeichen dafür, dass sie von ihren hungernden Artgenossen angefressen wurden. Andere versuchten, aus den Stallabteilen zu entkommen und verendeten dabei.
Warum blieben die Schweine lange unentdeckt?
Schnell tauchte die Frage auf, warum die toten Schweine so lange unentdeckt geblieben sind. Einwohner aus dem nahegelegenen Ortsteil Osthausen berichteten, schon seit Wochen niemanden mehr am Stall gesehen zu haben. Man sei davon ausgegangen, dass der Stall zu der Zeit leer stehe. Weder Geräusche, noch Geruch seien nach außen gedrungen. Die Fenster boten ebenfalls keinen Einblick ins Innere der beiden Stallgebäude. Der Landwirt selbst lebt in einem Nachbarort und betrieb dort einen weiteren Schweinestall.
Wie sich laut Staatsanwaltschaft bei den nachfolgenden Ermittlungen herausgestellt hat,war die Fütterungsanlage in einem der beiden Ställe bereits seit 2015, im anderen möglicherweise seit dem Spätjahr 2016 defekt, so dass die 2000 Schweine von Hand gefüttert werden mussten. Auch die automatische Alarmierung für Ausfälle der Fütterungs- und Lüftungsanlage, wie sie für Stallungen dieser Größe vorgeschrieben ist, funktionierte nicht mehr. Der Redaktion liegen Informationen vor, wonach bewusst Kabel durchtrennt wurden. Unklar ist allerdings, zu welchem Zeitpunkt.
Bis zu drei Jahre Gefängnis
Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen den Betreiber unter anderem wegen des Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz. Wirbeltiere grundlos zu töten oder ihnen aus Rohheit erhebliche Leiden zuzufügen, kann laut dem Gesetz mit Freiheitsstrafen bis zu drei Jahren oder hohen Geldstrafen geahndet werden. Mit einem Abschluss der Ermittlungen rechnet die Staatsanwaltschaft frühestens in drei Monaten.
Wie lange der Todeskampf der Tiere gedauert hat, darüber lässt sich nur spekulieren. Schweine können mehrere Tage ohne Wasser überleben, ohne Nahrung sogar mehrere Wochen, sagt der frühere Leiter des Veterinäramts Würzburg, Eberhard Saupe. "In diesem Punkt sind sich Schwein und Mensch sehr ähnlich", so Saupe. Eine technische Störung an der Fütterungs- oder Tränkanlage könne deshalb nicht als Ursache für den Tod der Schweine gelten. Die Schuld liege ausschließlich im Versagen des verantwortlichen Betreibers.
Die Tierhaltungsverordnung schreibe vor, dass ein Schweinehalter mindestens einmal am Tag persönlich nach seinen Tieren sehen muss, selbst an Sonn- und Feiertagen, sagt auch Peter Lindner, Leiter des staatlichen Fachzentrums für Schweinehaltung in Schwarzenau bei Kitzingen. Bei den schmalen Gewinnmargen, die die Schweinemast abwirft, sei ein gesunder Bestand Grundvoraussetzung, um überhaupt wirtschaftlich arbeiten zu können.
Die Forderung nach strengeren Kontrollen kann Lindner nicht unterstützen. Schon heute sei das Überwachungsnetz ausreichend dicht. Laut Gesetz muss das Veterinäramt pro Jahr routinemäßig zehn Prozent der Betriebe kontrollieren, beziehungsweise immer im Fall eines konkreten Verdachts. Außerdem seien die allermeisten Mastbetriebe, um ihre Schweine überhaupt verkaufen zu können, zertifizierten Qualitätssicherungs-Organisationen angeschlossen, die ihrerseits in dreijährigem Turnus unangekündigte Kontrollen vornehmen.
Auch an den Schlachthöfen werde auf den Zustand der angelieferten Tiere geachtet. "Wenn ein Amtstierarzt dort Auffälligkeiten feststellt, macht er sofort Meldung ans zuständige Veterinäramt", so Lindner. Hinzu komme, dass Tierkörperbeseitigungsanlagen die Veterinärämter benachrichtigen, wenn in einem Bestand auffällig viele Tiere verendet sind.
Erster Fall im Jahr 2014
Ähnlich war es auch im Gelchsheimer Fall im Jahr 2014 geschehen. Wie das Veterinäramt am Landratsamt in Würzburg mitteilt, wurde der Betrieb kontrolliert, nachdem man die Mitteilung erhalten hatte, dass in einem der Stallgebäude wegen eines Lüftungsausfalls 172 Schweine verendet sind. Der Betreiber habe angegeben, dass er wegen einer Fehlfunktion der Alarmanlage nicht rechtzeitig über die Störung informiert worden sei. Die Alarmanlage sei daraufhin nachgerüstet worden; anschließend habe man im Betrieb die Einhaltung der rechtlichen Vorgaben kontrolliert. Auch ein mögliches schuldhaftes Versagen des Landwirts sei überprüft worden.
Jetzt droht dem Betreiber des Stalls im Falle einer Verurteilung ein lebenslanges Tierhaltungsverbot. Dem Veterinäramt gegenüber hat er sich bereits verpflichtet, bis zum Abschluss des Verfahrens keine Schweine mehr zu halten. Nachdem das Landratsamt auf dem Weg einer Ersatzvornahme die Tierkadaver entsorgen und die Stallgebäude reinigen ließ, könnten dort aber jederzeit wieder Schweine untergebracht werden, teilt das Veterinäramt mit. Gegen den Kostenbescheid in Höhe von 200 000 Euro hat der Betreiber Klage erhoben. Bislang stehen die beiden Stallgebäude leer.
10% der Betriebe müssen jährlich kontrolliert werden, also trifft es statistisch jeden Betrieb ein mal in 10 Jahren.
Und wer kontrolliert ob der Landwirt täglich nach seinen Schweinen schaut? Ein Terminal mit RFID Chip und Verbindung zum Veterinäramt.
Mit meinen KFZ muss ich alle zwei Jahre zum TÜV und der Kaminkehrer kommt jährlich. Mein Arbeitgeber kontrolliert mich zumindest auf Anwesenheit. Ich ärmster hab halt keine beschützende Lobby.
Das hier ist ein einmaliger Fall "europaweit", wohl weil er "krank" ist. Der Stall steht ja nicht erst seit gestern, da wurden ja schon mehrere Tiere aufgezogen und da gab es keinen Anlass schlecht zu denken!
Wenn Sie so viele Vorschriften bei ihren Fahrzeugen beachten müßten, die täglich ein Landwirt zu beachten hat, hätten sie keine Lust mehr zum "Autofahren" und ihren Kamin würden sie still legen und würden auf Elektroheizung mit Nachspeicher umsteigen.
"Landwirtschaft ist heute ein Schimpfwort geworden," jeden Tag kommen neue Vorschläge aus Brüssel wie die Produkte der Landwirte und die Buchführung auszusehen hat!
Das macht auch keinen Spaß mehr! Warum hören so viele auf?
Weniger, dafür strikt kontrollierte, Vorschriften wären besser. Das gäbe weniger sinnlose Papierquälerei und Aussortierung der schwarzen Schafe.
Der betreibt den Stall doch schon über Jahre hinweg, da hat er 2 1/2 Durchgänge normal im Jahr und ist doch nie was gewesen!
Deshalb behaupte ich: "der ist krank"!
Nur hier wird schon wieder nach mehr Kontrollen verlangt! Wegen so ein Einzelgänger soll die ganze Branche wieder leiden! Das meine ich damit! Kontrolliert wird in der Landwirtschaft genug! Die gehen heute mit einer Schublehre an die Betonspalten und messen die Schlitze. wehe da hat einer ein paar Zehntel mehr wie erlaubt (Haarstärke), dann tauscht der Landwirt aus!
Viel zu wenig!!!