Abriss und Neubau oder Generalsanierung? Umbau der Frankenhalle? Sanierung in Spielzeitpausen? Das baufällige Mainfranken Theater sorgt seit vielen Jahren für reichlich Gesprächsstoff bei den Würzburgerinnen und Würzburgern - spätestens seit der enormen Kostenexplosion für die millionenschwere Sanierung des größten Theaters in Unterfranken. Knapp 22 Millionen Euro waren bei den Plänen ursprünglich Ausgangspunkt. Aktuell belaufen sich die Kosten auf über 103 Millionen Euro, doch dabei wird es nicht bleiben.
Die bisherige Chronik von Plänen, Pannen und Pleiten:
1966: Das Mainfranken Theater wird eröffnet
Das Bestandsgebäude des Mainfranken Theaters stammt aus dem Jahr 1966. Da öffnet der Theaterneubau auf dem Grund des einstigen Würzburger Bahnhofs mit Richard Wagners Oper "Die Meistersinger von Nürnberg" feierlich seine Türen.
Mai 2010: Klar ist - das Mainfranken Theater muss generalsaniert werden
Über die Dringlichkeit einer Generalsanierung des Mainfranken Theaters wurde in den zurückliegenden Jahren oft gesprochen. Sie lässt noch immer auf sich warten, weil die Stadt die geschätzten zehn bis 15 Millionen Euro bisher nicht aufbringen konnte. Das Haus am Faulhaber-Platz benötigt dringend eine Generalüberholung.
Mai 2013: Der Würzburger Stadtrat verwirft Pläne zur Frankenhalle
Jahrelang wurde über die Sanierung oder einen Abriss des Theaters diskutiert. Mal hieß es, dass die Sanierung auch im laufenden Betrieb zu machen sei, mal wurde die umgebaute Frankenhalle in der Veitshöchheimer Straße als Ausweichspielstätte für die Zeit der Sanierung diskutiert. Doch der Umbau der Frankenhalle soll Kosten von etwa 20 Millionen Euro verursachen und wird deshalb scharf kritisiert. Im Mai 2013 werden diese Pläne vom Stadtrat verworfen.
Juli 2013: Die schrittweise Sanierung wird beschlossen
Im Juli 2013 beschließt der Stadtrat mehrheitlich, dass das Theater über mehrere Spielzeiten hinweg in verlängerten Spielzeitpausen abschnittsweise saniert werden soll. Kurze Zeit später erklärt der Architekt, dass eine abschnittsweise Sanierung aus seiner Sicht nicht realisierbar erscheint.
Dezember 2013: Die Kostenschätzung wird korrigiert - von rund 22 auf über 40 Millionen Euro
Bei einer Sondersitzung des Stadtrats berichtet die Architektenfirma PFP über die Kostenschätzung für die Sanierung. Ausgangspunkt waren zunächst (Stand März 2012) 21,95 Millionen Euro. Nach einer Überarbeitung der Pläne stieg dieser Betrag bis Januar 2013 auf 42,6 Millionen, um sich dann bis März 2013 auf 46,8 Millionen zu erhöhen. Nach einer erneuten Überarbeitung durch das Architekturbüro sanken die Sanierungskosten zunächst auf 45,7 Millionen und lagen im April 2013 bei 40,5 Millionen Euro.
Grund hierfür sind die Kosten für die Haus- und Bühnentechnik, die vom Auftraggeber, der Stadt Würzburg, in der Ausschreibung zunächst mit 5,2 Millionen Euro veranschlagt worden waren. Da waren allerdings die Spezialisten noch nicht hinzugezogen. Nachdem dies dann geschehen war, stellte sich heraus, dass für die Erneuerung der Technik knapp 22 Millionen zu veranschlagen sind.
In derselben Sondersitzung bringt der Architekt dem Stadtrat den Vorschlag mit, dass das Theater an der Vorderfront einen auskragenden Aufbau mit Foyerfläche und einer mittleren Spielstätte erhält. Dieser Kopfbau soll zuerst errichtet werden, sodass die neue Bühne während der Sanierung des Großen Hauses sowie des Technik- und Werkstattbereiches als Übergangsspielstätte genutzt werden könnte.
Juni 2016: Bayern Finanzminister Markus Söder verspricht Kostenübernahme
Bei der Eröffnung des Mozartfests Würzburg verkündet Markus Söder (CSU), damals Bayerns Finanzminister, dass der Freistaat drei Viertel der Sanierungskosten übernehmen werde.
Mai 2017: Die Vergabeverfahren für die Sanierung laufen
Langsam aber sicher wird es ernst mit der Sanierung des Würzburger Mainfranken Theaters. Nachdem das Thema jahrelang von endlos scheinenden Diskussionen und Debatten geprägt war, werden jetzt tatsächlich Nägel mit Köpfen gemacht. Auf der Website des Theaters können Interessenten die Unterlagen für vier europaweite Vergabeverfahren herunterladen.
Frühjahr 2018: Die Sanierung des Mainfranken Theaters beginnt, die geschätzten Kosten steigen
2018 wird mit der Sanierung begonnen. Bei Baubeginn im Frühjahr liegen die geschätzten Kosten für die Sanierung bereits bei 65 Millionen Euro. Im Juli werden sie auf 68,9 Millionen Euro nach oben korrigiert, Grund sind unter anderem Zusatzkosten für die Klimatechnik im neuen Kopfbau. Noch im selben Jahr steigen die Kosten auf 71,65 Millionen Euro, dieser Betrag wird schließlich vom Stadtrat beschlossen.
"Dies war das vertragliche 'Preisschild' und diese Summe ist die Benchmark beziehungsweise der fachlich korrekte Ausgangspunkt für alle Vergleiche in Bezug auf die Kostensteigerungen", erklärt Dirk Terwey, Geschäftsführender Direktor des Mainfranken Theaters. Ersten Planungen nach soll der Neubau außerdem bereits im Winter 2020 fertiggestellt werden. Im Herbst 2022 soll dann der Altbestand saniert und erweitert sein.
März 2019: Der neue Kopfbau entsteht
So langsam werden erste Dimensionen des Projektes sichtbar. Vor dem Theatergebäude wird seit einiger Zeit eine große Baugrube ausgehoben, deren Umrisse die Größenordnung des neuen Kopfbaues erkennen lassen. Bekanntlich steht das Theater dort, wo sich früher der erste Würzburger Hauptbahnhof befand. Dieser wurde bei alliierten Luftangriffen auf Würzburg am 23. Februar und am 16. März 1945 zerstört und seine Ruine bis Mitte der 1960er-Jahre abgetragen, um Platz für das Theater zu machen. Allerdings sind einige Reste im Untergrund verblieben, die jetzt beim Ausheben der im Endausbau zehn Meter tiefen Baugrube zutage traten und nun entfernt werden müssen.
September 2020: Der Kulturreferent spricht von 85 Millionen Euro
Eineinhalb Jahre später, im September 2020, dann die nächste bittere Pille: Kulturreferent Achim Könneke eröffnet den Mitgliedern des Werkausschusses Mainfranken Theater, dass sich die Sanierungskosten des Theaters von den ursprünglich beschlossenen 71,65 Millionen Euro auf 85 Millionen Euro erhöhen. Ein Grund ist unter anderem die nicht vorhersehbare Entfernung der Überreste des alten Ludwigsbahnhofs. Auch habe man im Rahmen der Baugenehmigung die Fluchtwege-Situation im Großen Haus überarbeiten müssen. "Da hatten sich die Richtlinien geändert", sagt Dirk Terwey.
Mai 2021: Die Kosten explodieren - auf 96,5 Millionen Euro
Im Mai 2021 steigen die Kosten abermals gewaltig in die Höhe: auf 96,5 Millionen Euro. Im Bauablauf habe sich gezeigt, dass die vorgelegte Planung den vertraglich zugesicherten Kostenrahmen nicht vollständig abdecken würde, erläutert Terwey. Nur vier Monate später dann die nächste Hiobsbotschaft: Die Kosten übersteigen die Grenze von 100 Millionen Euro. Terwey rechnet mit Gesamtkosten von 103 Millionen Euro.
Mai 2022: Die Hamburger Planer geben in Finanzschwierigkeiten auf
Im Mai 2022 kommt es zum "Worst Case" für das Mainfranken Theater: Der Architekt des Theaters, die Hamburger PFP Planungs GmbH, verkündet, dass sie sich von der Großbaustelle bis Ende des Jahres trennen wird. Grund ist, dass sich die planende Firma in erheblichen wirtschaftlichen Schwierigkeiten befindet. Der notwendige Wechsel stelle bei einem so weit fortgeschrittenen Bauverlauf einen gravierenden Einschnitt und eine erneute große Belastung bei der Projektumsetzung dar, sagt Terwey. Als erste Konsequenz nennt er eine Verzögerung des Bauabschlusses bis in das Jahr 2026.
Dezember 2022: Neue Planer werden angekündigt
Mehr als ein halbes Jahr nach der angekündigten Trennung wird im Dezember 2022 ein Nachfolger gefunden. "Wir freuen uns sehr, wieder ein schlagkräftiges und kompetentes Planerteam an unserer Seite zu haben, das gemeinsam mit uns unser spannendes Bauprojekt verwirklicht", so der Geschäftsführende Direktor. Den Namen des Architekturbüros möchte er noch nicht nennen.
Januar 2023: Ein Schweinfurter Architekturbüro übernimmt
Die neuen Planer werden bei einem Pressetermin der Öffentlichkeit vorgestellt. Das Schweinfurter Architekturbüro FMP design engineering GmbH ist ab sofort für Bau und Sanierung des Mainfranken Theaters verantwortlich. FMP, ausgewählt von einer städtischen Findungskommission nach europaweiter Ausschreibung, übernimmt damit die Aufgaben des Hamburger Büros PFP. Inzwischen ist über das Vermögen von PFP ein Insolvenzverfahren eröffnet worden. Die neuen Planer seien gerade dabei, die Entwicklungen der vergangenen Jahre, den Stand der Dinge und alle Planungen zu überprüfen, um dann eine valide Auskunft über Kosten und Eröffnungstermine geben zu können, so Terwey.
Mai 2023: Nach Planungspfusch verschiebt sich Eröffnung des Kopfbaus weiter
Für den neuen Kopfbau des Mainfranken Theaters gibt es wieder einen Eröffnungstermin - zumindest einen erhofften. Das sogenannte Kleine Haus mit 330 Plätzen kann möglicherweise ab Oktober 2023 für Schauspiel- und Tanzproben genutzt werden, die Eröffnung fürs Publikum könnte Anfang Dezember gelingen. So jedenfalls steht es in der Planung, die das Schweinfurter Architekturbüro FMP design engineering GmbH am 24. Mai im Werkausschuss des Würzburger Stadtrats vorstellt.
Ursprünglich war vorgesehen, dass die inzwischen insolvent gewordenen Hamburger Planer den Kopfbau noch fertigstellen sollten. Aber PFP habe "einen Scherbenhaufen hinterlassen", sagt Dirk Terwey. Also bekam FMP zum Weiterbau des Großen Hauses noch den Kopfbau als Aufgabe dazu. Mit FMP habe man nun einen Partner, der "endlich Struktur in das Ganze" bringen könne, sagt Terwey. "Wir hoffen sehr, dass wir dann endlich in einen normalen Baustellenbetrieb kommen."
Juli 2023: Der Eröffnungstermin für das Kleine Haus steht
Im Mai war es nur eine Hoffnung, nun gibt es erstmals wieder einen konkreten Termin: Am ersten Dezember-Wochenende soll der neue Kopfbau des Mainfranken Theaters eröffnet werden. In diesem Jahr 2023, wohlgemerkt. Das teilte der Geschäftsführende Direktor Dirk Terwey am Mittwoch im Werkausschuss des Würzburger Stadtrats mit: "Aus der derzeitigen Entwicklung auf der Baustelle heraus sind wir sehr zuversichtlich."
Anfang Oktober bereits soll im Neubau der Probenbetrieb für Tanz und Schauspiel beginnen, während noch Restarbeiten ausgeführt werden. Sollte alles glattgehen, wird das Kleine Haus am 2. Dezember mit einem Schauspiel-Doppelabend eröffnet: den Stücken "Der Kreis um die Sonne" und "Der Riss durch die Welt" des Erfolgsautors Roland Schimmelpfennig.
2. Dezember 2023: Der Kopfbau mit dem Kleinen Haus wird eröffnet
Der Kopfbau wird mit einem Festakt und einem Schauspiel-Doppelabend eröffnet: den Stücken "Der Kreis um die Sonne" und "Der Riss durch die Welt" des Erfolgsautors Roland Schimmelpfennig. Der Neubau enthält das Kleine Haus mit 330 Plätzen, die Probebühne, auf der auch kleinere Aufführungen stattfinden können, und den Ballettsaal. Ministerpräsident Markus Söder wünscht dem Haus mit "Star Trek" beziehungsweise "Star Wars": "Live long and prosper und möge die Macht mit Würzburg sein". Dies allerdings nicht ohne vorherige Frotzeleien: "Kleines Haus hört sich klein an, ist aber eine Rieseninvestition." 50 Millionen hat der Freistaat bereits in das Projekt investiert, viele weitere werden folgen (müssen).
10. Juli 2024: Die Fertigstellung verzögert sich um weitere drei Jahre
Hiobsbotschaft in der Sitzung des Theater-Werkausschusses am 10. Juli 2024: Architekt Sven Franke informiert darüber, dass mit einer Fertigstellung des umgebauten und sanierten Theaters frühestens Ende 2029 zu rechnen ist – drei Jahre nach dem zuletzt kommunizierten Termin 2026. Als einer der Gründe wird ein inkomplettes Planungsteam genannt. Im Sommer 2023 hatte sich die Stadt als Bauherr vom Fachplaner für die Technische Gebäudeausstattung (TGA) trennen müssen, "aufgrund mangelhafter Leistung vor Ort". Einer neuer Planer sei frühestens im September 2024 wieder an Bord, die Gesamtplanung könne ohne ihn nicht erfolgen. Für Herbst 2025 wird eine neue Kostenkalkulation erwartet, ab 2026 könne dann wohl der Ausbau erfolgen.
Und warum wird eigentlich nie jemand von den Verantwortlichen für die Kostenexplosion zur Verantwortung gezogen??? Kostenvoranschläge bzw. Gebote bei öffentlichen Ausschreibungen sind normalerweise einzuhalten! Sowas kann mal mit Begründung etwas teurer werden, aber niemals in dem Ausmaß. Da hätte man die Maßnahme noch rechtzeitig stoppen müssen. Und über Eintrittspreise holt man das in 100 Jahren nicht rein, bleibt immer ein Faß ohne Boden. Da hätte man von einer Multifunktionsarena wirklich mehr gehabt, in der auch große Konzerte und Veranstaltungen möglich gewesen wären.
Man kann nur froh sein, dass die Halle von "privater" Hand geplant und hoffentlich bald realisiert wird. Ein städtischer Zuschuss da ist nur recht und billig.
Die Verantwortlichen im Stadtrat, die das entschieden haben, sollen das ganze bitte als der eigenen Tasche bezahlen.