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Würzburg
Mainfranken Theater Würzburg: Ist es rechtens, dass der Architekt geht und die Stadt auf den Kosten sitzen bleibt?
Der Architekt verlässt die Baustelle des Mainfranken Theaters. Was bleibt, sind erhebliche Mehrkosten und viele Fragen. Zwei Würzburger Anwälte geben Antworten.
Die beiden Würzburger Anwälte Dr. Markus Schädler (links) und Christian Hettinger vor dem Mainfranken Theater. Im Gespräch erklären sie, inwiefern ein Rückzug des Architekten rechtlich überhaupt möglich ist.
Foto: Thomas Obermeier | Die beiden Würzburger Anwälte Dr. Markus Schädler (links) und Christian Hettinger vor dem Mainfranken Theater. Im Gespräch erklären sie, inwiefern ein Rückzug des Architekten rechtlich überhaupt möglich ist.
Sophia Scheder
Sophia Scheder
 |  aktualisiert: 08.02.2024 10:22 Uhr

Vor Kurzem hat der Architekt des Mainfranken Theaters in Würzburg, die Hamburger PFP Planungs GmbH, verkündet, dass er sich von der Großbaustelle bis Ende des Jahres trennen wird. Grund sei, dass sich die Planerfirma in erheblichen wirtschaftlichen Schwierigkeiten befindet. So führt die Gesellschaft seit Kurzem einen gerichtlich angeordneten Sanierungsprozess in Eigenverwaltung durch. Die zwingend erforderlichen Teilleistungen bis zur voraussichtlichen Eröffnung des Theaterneubaus im Herbst und dem Abschluss des Rohbaus der Sanierung des Bestandsgebäudes bis Ende des Jahres werde PFP noch erbringen, heißt es.

Der Bauherr, die Stadt Würzburg, muss nun also einen neuen Architekten finden, der die Sanierung zu Ende bringt. Für die Stadt bedeutet das nicht nur eine längere Bauzeit, sondern auch erhebliche Mehrkosten. Doch wie ist das rechtlich überhaupt möglich, dass der Architekt abspringen kann? Die beiden Würzburger Anwälte Dr. Markus Schädler, Fachanwalt für Insolvenzrecht, und Christian Hettinger, Fachanwalt für Vergaberecht, geben Antworten auf die wichtigsten Fragen.

Frage: Zwischen der Stadt und PFP wurde 2016 ein Vertrag unterschrieben. Diesen Vertrag löst PFP nun bis Ende des Jahres auf – obwohl die Sanierung noch lange nicht fertig gestellt wurde. Inwiefern ist dieser Rückzug eigentlich rechtlich möglich?

Markus Schädler: Das ist genau das, was die Insolvenzordnung vorsieht. Das Ziel vom Gesetzgeber ist ja insbesondere, dass man sanierungsfähige Unternehmen saniert und nicht zerschlagen muss. In diesem Fall handelt es sich um eine Sanierung in Eigenverwaltung, das bedeutet, dass der Schuldner selbst entscheidet, dass er diesen Vertrag nicht mehr erfüllen kann. Im Hintergrund steht jedoch ein Sachwalter, der überprüft, ob das alles korrekt läuft. So kann man den gesunden Kern des Unternehmens erhalten und sich von den Altlasten, also von den Verträgen, bei denen das Unternehmen besonders hohe Verluste macht, lösen. So bitter das auch für die Stadt Würzburg ist, das ist genau Sinn und Zweck von Unternehmenssanierungen in der Insolvenz. Dazu muss man auch sagen, dass es der Stadt Würzburg nichts bringen würde, wenn das gesamte Unternehmen den Bach runtergehen würde und alles zerschlagen wird.

Das heißt, wenn sich PFP in keinem gerichtlich angeordneten Sanierungsprozess befinden würde, wäre der Rückzug aus dem Vertrag nicht so einfach?

Markus Schädler: Genau. Das geht nur, weil das Unternehmen jetzt die Chance ergriffen hat und sich in ein Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung gerettet hat. Nur deshalb hat es nun die Möglichkeit, sich von wirtschaftlich defizitären Verträgen zu trennen, Altlasten abzuschaffen und den Rest des Unternehmens zu erhalten.

Unter welchen Kriterien kann sich ein Unternehmen in einen Sanierungsprozess in Eigenverwaltung begeben?

Markus Schädler: In einer GmbH sind Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung die beiden Insolvenzgründe, aus denen heraus ein Insolvenzantrag gestellt werden muss. Daneben gibt es aber noch die sogenannte drohende Zahlungsunfähigkeit, hier kann das Unternehmen selber entscheiden, ob es einen Insolvenzantrag stellt, oder nicht. Hintergrund ist, dass man so Unternehmen, die in eine Krise geraten sind, die Möglichkeit geben möchte, möglichst früh den Antrag zu stellen, da dann die Sanierungschancen am besten sind. Dies scheint auch bei PFP der Fall zu sein.

Muss PFP der Stadt Geld für den aufgelösten Vertrag zahlen?

Markus Schädler: Das Unternehmen muss zuerst einmal seine Dienstleistungen erbringen. Danach kann im eröffneten Verfahren die sogenannte Nicht-Erfüllung gewählt werden, das heißt, das Unternehmen wird den restlichen Vertrag nicht mehr erfüllen, die Stadt wird nichts mehr zahlen und der Architekt keine Dienstleistungen mehr erbringen. Der Schaden, der dadurch entsteht, kann zum Insolvenzverfahren als sogenannte Tabellenforderung angemeldet werden. Am Ende des Verfahrens würde die Stadt für ihre Forderung noch eine Quote bekommen. Hier muss man allerdings sagen, dass bei den meisten Unternehmensinsolvenzen die Quote im niedrigen einstelligen Prozentbereich liegt.

Dass das Unternehmen in einen Sanierungsprozess in Eigenverwaltung gegangen ist, deutet daraufhin, dass es einen Insolvenzplan vorlegen möchte. Das bedeutet, dass es offen legt, welche Gewinne es in den nächsten Jahren machen möchte und welchen Prozentsatz es davon abgeben kann und an die Gläubiger ausschütten wird. Das ist der zentrale Sinn von Insolvenzverfahren: Das Unternehmen bleibt erhalten, arbeitet weiter, muss nicht seine ganzen Vermögenswerte verkaufen, sondern kann diese weiternutzen, um aus den Gewinnen Geld abzuführen. So bleibt das Unternehmen zum einen erhalten, zum anderen bekommen aber auch die Gläubiger eine höhere Quote, als wenn das Unternehmen zugrunde geht.

Gibt es trotzdem eine Möglichkeit für die Stadt zu handeln? Könnte sie beispielsweise auf Schadenersatz klagen?

Markus Schädler: Soweit ich das beurteilen kann, hat die Stadt schon sehr gut gehandelt. Sie hat offensichtlich die Chance ergriffen, zumindest mal den Kopfbau gemeinsam mit dem Planungsbüro fertig zu stellen. Das halte ich persönlich für einen Verhandlungserfolg. Den Schaden danach, der durch die Nicht-Erfüllung entsteht, kann die Stadt zur Insolvenztabelle anmelden. Aber ich würde mich ehrlich gesagt nicht auf viel Geld einstellen, das wird wahrscheinlich eher jämmerlich.

Bis Ende des Jahres soll der Rohbau des Bestandsgebäudes fertig gestellt sein. Dies soll noch unter der Bauleitung PFPs erfolgen.
Foto: Johannes Kiefer | Bis Ende des Jahres soll der Rohbau des Bestandsgebäudes fertig gestellt sein. Dies soll noch unter der Bauleitung PFPs erfolgen.
Das heißt, Würzburg bleibt nun auf den Kosten sitzen und kann nichts dagegen unternehmen?

Markus Schädler: Ja. Aber man muss klar sagen, dass man das der Stadt nicht vorwerfen kann, sie kann schließlich nicht in die Kalkulation des Architekten reinschauen. Das ist leider das traurige Geschäft.

Weil der Auftrag nun erneut europaweit ausgeschrieben werden muss, verzögert sich die Fertigstellung der Baustelle weiter. Warum muss in diesem Fall europaweit ausgeschrieben werden?

Christian Hettinger: Das hängt vom Bauvolumen, also den Kosten für die Gesamtmaßnahme, ab. Sobald das Bauvolumen den Schwellenwert überschreitet, handelt es sich um eine in Europa ausschreibungspflichtige Beschaffungsmaßnahme. Für Bauaufträge im Bereich von öffentlichen Auftraggeberinnen und Auftraggebern, wie hier die Stadt Würzburg, liegt der Schwellenwert aktuell bei 5,382 Millionen Euro. Da sich die Sanierung des Mainfranken Theaters mit aktuell 103 Millionen Euro weit über diesem Schwellenwert befindet, muss der Bauauftrag also europaweit ausgeschrieben werden. Eine Ausnahme wären die sogenannten 20 Prozent-Kontingente. Man kann insoweit bis zu zwanzig Prozent des Auftragsvolumens abweichend von der europaweiten Vergabepflicht nach Maßgabe der nationalen Vergabebestimmungen ausschreiben.

Gilt die Auftragsvergabe nach dem günstigsten Angebot?

Christian Hettinger: Gesetzliches Leitbild ist das wirtschaftlichste Angebot, also die Kombination aus Preis und Leistungskomponenten, die man gesondert bewerten kann. Denn das wirtschaftlichste Angebot muss ja nicht immer zwingend das günstigste Angebot sein. Ein hochwertiger Leistungsgegenstand, der nur leicht teurer angeboten wird als ein qualitativ erheblich minderwertigerer Leistungsgegenstand, wäre in diesem Sinne durchaus ein wirtschaftlicheres Ergebnis. Es wäre daher dem Grunde nach vorzugswürdig, auch Qualitätsmerkmale in die Bewertung einzubeziehen. Häufig wird diese Möglichkeit nicht berücksichtigt, weil das zu einer erheblichen Verkomplizierung führt, da man sich neben der reinen Preisprüfung eben auch mit der Bewertung sachlicher Leistungskriterien auseinandersetzen muss, was zu Streitigkeiten im Rahmen der Vergabe führen kann. Deshalb gehen öffentliche Auftraggeber häufig tatsächlich nur nach dem Preis und am Ende gewinnt schlicht das günstigste Angebot.

 
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  • flea11
    Der Geschlechterwahnsinn ist nicht mehr aufzuhalten! Verpasst man Körperschaften ein Geschlecht damit man sie "gendern" kann, damit sie als öffentliche Auftraggeberinnen und Auftraggeber auftreten können? Oder sind die Menschen schon so weit indoktriniert, dass sie gar nicht mehr welch geistigen Dünnpfiff sie von sich geben. Es ist nicht zu fassen. Da kann man ja dann weiterspinnen und einen Taschenrechner zur Taschenrechnerin oder einen Computer zur Computerin machen. Lustig? Nein! Furchtbar und erschreckend zugleich. Ich nenne das Gehirnwäsche. Sie wirkt, wie sich auch in Leserbriefen zeigt - da wird halt doppelgepunkt.
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  • Oreus
    Das ist halt eines der Probleme bei Öffentlichen Ausschreibungen.
    Es wird nämlich fast immer das billigste Angebot genommen.
    Seriöse Unternehmen, die eigentlich sehr viel solventer, und auch erfahrener sind, als die meisten Mitbieter, steigen heute bei solchen Ausschreibungen oft gar nicht mehr ein.
    Denn die wissen aus Erfahrung, dass da oft viele kleine, unerfahrener Bieter dabei sind, von denen einer dann den Zuschlag bekommt.
    Um bei so einem Projekt mitbieten zu können, müssen die Bieter auch massiv in Vorleistung gehen. Das kann vor Abgabe des Leistungsverzeichnisses so viel Geld kosten, dass es eine kleinere Firma in schon in Schieflage bringen kann, wenn sie dann nicht den Zuschlag bekommt.
    Ein Auftrag der öffentlichen Hand ist eine ganz andere Nummer, als ein Auftrag von einem Privat-Unternehmen. Da werden Forderungen gestellt, bei denen man nur mit dem Kopf schütteln kann.
    Ist das Ganze irgendwann mal abgenommen, wartet man mitunter immer noch Jahrelang auf Rest-Zahlungen.
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  • Belph
    Danke für die Aufklärung!
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