Vor Kurzem hat der Architekt des Mainfranken Theaters in Würzburg, die Hamburger PFP Planungs GmbH, verkündet, dass er sich von der Großbaustelle bis Ende des Jahres trennen wird. Grund sei, dass sich die Planerfirma in erheblichen wirtschaftlichen Schwierigkeiten befindet. So führt die Gesellschaft seit Kurzem einen gerichtlich angeordneten Sanierungsprozess in Eigenverwaltung durch. Die zwingend erforderlichen Teilleistungen bis zur voraussichtlichen Eröffnung des Theaterneubaus im Herbst und dem Abschluss des Rohbaus der Sanierung des Bestandsgebäudes bis Ende des Jahres werde PFP noch erbringen, heißt es.
Der Bauherr, die Stadt Würzburg, muss nun also einen neuen Architekten finden, der die Sanierung zu Ende bringt. Für die Stadt bedeutet das nicht nur eine längere Bauzeit, sondern auch erhebliche Mehrkosten. Doch wie ist das rechtlich überhaupt möglich, dass der Architekt abspringen kann? Die beiden Würzburger Anwälte Dr. Markus Schädler, Fachanwalt für Insolvenzrecht, und Christian Hettinger, Fachanwalt für Vergaberecht, geben Antworten auf die wichtigsten Fragen.
Markus Schädler: Das ist genau das, was die Insolvenzordnung vorsieht. Das Ziel vom Gesetzgeber ist ja insbesondere, dass man sanierungsfähige Unternehmen saniert und nicht zerschlagen muss. In diesem Fall handelt es sich um eine Sanierung in Eigenverwaltung, das bedeutet, dass der Schuldner selbst entscheidet, dass er diesen Vertrag nicht mehr erfüllen kann. Im Hintergrund steht jedoch ein Sachwalter, der überprüft, ob das alles korrekt läuft. So kann man den gesunden Kern des Unternehmens erhalten und sich von den Altlasten, also von den Verträgen, bei denen das Unternehmen besonders hohe Verluste macht, lösen. So bitter das auch für die Stadt Würzburg ist, das ist genau Sinn und Zweck von Unternehmenssanierungen in der Insolvenz. Dazu muss man auch sagen, dass es der Stadt Würzburg nichts bringen würde, wenn das gesamte Unternehmen den Bach runtergehen würde und alles zerschlagen wird.
Markus Schädler: Genau. Das geht nur, weil das Unternehmen jetzt die Chance ergriffen hat und sich in ein Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung gerettet hat. Nur deshalb hat es nun die Möglichkeit, sich von wirtschaftlich defizitären Verträgen zu trennen, Altlasten abzuschaffen und den Rest des Unternehmens zu erhalten.
Markus Schädler: In einer GmbH sind Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung die beiden Insolvenzgründe, aus denen heraus ein Insolvenzantrag gestellt werden muss. Daneben gibt es aber noch die sogenannte drohende Zahlungsunfähigkeit, hier kann das Unternehmen selber entscheiden, ob es einen Insolvenzantrag stellt, oder nicht. Hintergrund ist, dass man so Unternehmen, die in eine Krise geraten sind, die Möglichkeit geben möchte, möglichst früh den Antrag zu stellen, da dann die Sanierungschancen am besten sind. Dies scheint auch bei PFP der Fall zu sein.
Markus Schädler: Das Unternehmen muss zuerst einmal seine Dienstleistungen erbringen. Danach kann im eröffneten Verfahren die sogenannte Nicht-Erfüllung gewählt werden, das heißt, das Unternehmen wird den restlichen Vertrag nicht mehr erfüllen, die Stadt wird nichts mehr zahlen und der Architekt keine Dienstleistungen mehr erbringen. Der Schaden, der dadurch entsteht, kann zum Insolvenzverfahren als sogenannte Tabellenforderung angemeldet werden. Am Ende des Verfahrens würde die Stadt für ihre Forderung noch eine Quote bekommen. Hier muss man allerdings sagen, dass bei den meisten Unternehmensinsolvenzen die Quote im niedrigen einstelligen Prozentbereich liegt.
Dass das Unternehmen in einen Sanierungsprozess in Eigenverwaltung gegangen ist, deutet daraufhin, dass es einen Insolvenzplan vorlegen möchte. Das bedeutet, dass es offen legt, welche Gewinne es in den nächsten Jahren machen möchte und welchen Prozentsatz es davon abgeben kann und an die Gläubiger ausschütten wird. Das ist der zentrale Sinn von Insolvenzverfahren: Das Unternehmen bleibt erhalten, arbeitet weiter, muss nicht seine ganzen Vermögenswerte verkaufen, sondern kann diese weiternutzen, um aus den Gewinnen Geld abzuführen. So bleibt das Unternehmen zum einen erhalten, zum anderen bekommen aber auch die Gläubiger eine höhere Quote, als wenn das Unternehmen zugrunde geht.
Markus Schädler: Soweit ich das beurteilen kann, hat die Stadt schon sehr gut gehandelt. Sie hat offensichtlich die Chance ergriffen, zumindest mal den Kopfbau gemeinsam mit dem Planungsbüro fertig zu stellen. Das halte ich persönlich für einen Verhandlungserfolg. Den Schaden danach, der durch die Nicht-Erfüllung entsteht, kann die Stadt zur Insolvenztabelle anmelden. Aber ich würde mich ehrlich gesagt nicht auf viel Geld einstellen, das wird wahrscheinlich eher jämmerlich.
Markus Schädler: Ja. Aber man muss klar sagen, dass man das der Stadt nicht vorwerfen kann, sie kann schließlich nicht in die Kalkulation des Architekten reinschauen. Das ist leider das traurige Geschäft.
Christian Hettinger: Das hängt vom Bauvolumen, also den Kosten für die Gesamtmaßnahme, ab. Sobald das Bauvolumen den Schwellenwert überschreitet, handelt es sich um eine in Europa ausschreibungspflichtige Beschaffungsmaßnahme. Für Bauaufträge im Bereich von öffentlichen Auftraggeberinnen und Auftraggebern, wie hier die Stadt Würzburg, liegt der Schwellenwert aktuell bei 5,382 Millionen Euro. Da sich die Sanierung des Mainfranken Theaters mit aktuell 103 Millionen Euro weit über diesem Schwellenwert befindet, muss der Bauauftrag also europaweit ausgeschrieben werden. Eine Ausnahme wären die sogenannten 20 Prozent-Kontingente. Man kann insoweit bis zu zwanzig Prozent des Auftragsvolumens abweichend von der europaweiten Vergabepflicht nach Maßgabe der nationalen Vergabebestimmungen ausschreiben.
Christian Hettinger: Gesetzliches Leitbild ist das wirtschaftlichste Angebot, also die Kombination aus Preis und Leistungskomponenten, die man gesondert bewerten kann. Denn das wirtschaftlichste Angebot muss ja nicht immer zwingend das günstigste Angebot sein. Ein hochwertiger Leistungsgegenstand, der nur leicht teurer angeboten wird als ein qualitativ erheblich minderwertigerer Leistungsgegenstand, wäre in diesem Sinne durchaus ein wirtschaftlicheres Ergebnis. Es wäre daher dem Grunde nach vorzugswürdig, auch Qualitätsmerkmale in die Bewertung einzubeziehen. Häufig wird diese Möglichkeit nicht berücksichtigt, weil das zu einer erheblichen Verkomplizierung führt, da man sich neben der reinen Preisprüfung eben auch mit der Bewertung sachlicher Leistungskriterien auseinandersetzen muss, was zu Streitigkeiten im Rahmen der Vergabe führen kann. Deshalb gehen öffentliche Auftraggeber häufig tatsächlich nur nach dem Preis und am Ende gewinnt schlicht das günstigste Angebot.
Es wird nämlich fast immer das billigste Angebot genommen.
Seriöse Unternehmen, die eigentlich sehr viel solventer, und auch erfahrener sind, als die meisten Mitbieter, steigen heute bei solchen Ausschreibungen oft gar nicht mehr ein.
Denn die wissen aus Erfahrung, dass da oft viele kleine, unerfahrener Bieter dabei sind, von denen einer dann den Zuschlag bekommt.
Um bei so einem Projekt mitbieten zu können, müssen die Bieter auch massiv in Vorleistung gehen. Das kann vor Abgabe des Leistungsverzeichnisses so viel Geld kosten, dass es eine kleinere Firma in schon in Schieflage bringen kann, wenn sie dann nicht den Zuschlag bekommt.
Ein Auftrag der öffentlichen Hand ist eine ganz andere Nummer, als ein Auftrag von einem Privat-Unternehmen. Da werden Forderungen gestellt, bei denen man nur mit dem Kopf schütteln kann.
Ist das Ganze irgendwann mal abgenommen, wartet man mitunter immer noch Jahrelang auf Rest-Zahlungen.