Wenn man den Architekten Sven Franke fragt, wie man sich in Würzburg die Fertigstellung des Mainfranken Theaters nach all den Planungspannen und Bauverzögerungen vorzustellen hat, greift er zu einem vielsagenden Bild: "Stellen Sie sich einen Kuchen vor, in dem Kirschen sind. Der Auftrag lautet nun: Tauschen Sie die Kirschen gegen Erdbeeren aus, ohne den Kuchen zu zerstören." Da leuchtet auch dem Laien ein: Leicht wird es nicht.
Sven Franke ist zusammen mit dem Bautechniker Lothar Meißner geschäftsführender Gesellschafter des Schweinfurter Architekturbüros FMP design engineering GmbH, das ab sofort für Bau und Sanierung des Mainfranken Theaters verantwortlich zeichnet. FMP, ausgewählt von einer städtischen Findungskommission nach europaweiter Ausschreibung, übernimmt damit die Aufgaben des Hamburger Büros PFP, das im Mai 2022 das Handtuch geworfen und im Gegenzug von der Stadt Würzburg die Kündigung bekommen hatte. Inzwischen ist laut Pressemitteilung der Stadt über das Vermögen von PFP ein Insolvenzverfahren eröffnet worden.
Schweinfurter Architekturbüro auf die Übernahme von Projekten in Schwierigkeiten spezialisiert
Beim ersten offiziellen Termin im Foyer des neuen, immer noch nicht fertiggestellten Kopfbaus des Mainfranken Theaters an diesem Dienstag stellten Dirk Terwey, Geschäftsführender Direktor, Kulturreferent Achim Könneke und Stadtbaurat Benjamin Schneider die neuen Architekten vor.
"Dies ist ein guter Tag", so Könneke, "und der war bitter nötig. Schlechte Tage hatten wir genug." Es sei außerordentlich erfreulich, "dass wir FMP für diese hochkomplexe Aufgabe begeistern konnten". Das Schweinfurter Büro besteche besonders durch seine Expertise bei der Übernahme von Bauprojekten "in komplexen Störungsszenarien", sagte Schneider.
Architekt Sven Franke beeilte sich, die Freundlichkeit zu erwidern: "Unsere Begeisterung ist nicht gespielt. Wir suchen die Herausforderung. Je komplexer die Aufgabe, desto interessanter." Es gebe Architekten, die ganz auf Gestaltung fixiert seien. Und andere, die sich auch um andere Aspekte und Sichtweisen kümmerten wie etwa Konstruktion, Technik und Finanzen. Ein solches Büro sei FMP.
Franke nennt zwei Projekte, die FMP vom ursprünglichen Planer übernommen und fertiggestellt hatte: die Kunsthalle Schweinfurt und das ZF Forum in Friedrichshafen, das einen ähnlichem Kostenrahmen wie das Mainfranken Theater gehabt habe.
Auf die Frage, wieviel Katze im Sack FMP sich beim Mainfranken Theater eingehandelt habe, erwidert Lothar Meißner: "Die Katze ist noch im Sack." In den kommenden drei Monaten wird ein 20- bis 25-köpfiges Team - bildlich gesprochen - jeden bisher verbauten Stein umdrehen. Dann erst soll es neue Aussagen zu Dauer und Kosten der Bauarbeiten geben. Bis dahin gilt laut Terwey, was zuletzt vom Stadtrat genehmigt wurde: 103 Millionen und eine Fertigstellung des Hauses "weit im Jahr 2026".
So kommen etwa alle bislang gestellten Rechnungen auf den Prüfstand: "Ich kann nicht Abschlag Nummer 1o genehmigen, wenn ich Nummer 1 bis 9 nicht kenne", sagt Meißner. Es müsse kontrolliert werden, ob frühere Bauabschnitte ausgeführt wurden wie geplant und genehmigt und ob die vorliegenden Pläne für die weiteren Arbeiten ausreichen. Carola Falkenmayer, Architektin im FMP-Team, wird die Pläne sichten und prüfen, ob etwa Öffnungen für Leitungen groß genug sind oder Treppen an der richtigen Stelle enden.
Fünf Dutzend Gewerke sind derzeit auf der Großbaustelle zugange
"Wir wissen schon, wo wir hinschauen müssen", sagt Sven Franke. Und Lothar Meißner ergänzt: "Es sind fast immer übersehene Details." Außerdem gehe es nun darum, das Vertrauen der verpflichteten Firmen wiederherzustellen und weitere Firmen zu gewinnen: "Die Firmen sind auch unzufrieden, die Rechnungsprüfung läuft nicht richtig." Ein gewichtiger Teil des Projekts - schließlich sind laut Terwey derzeit fünf Dutzend Gewerke auf der Baustelle zugange.
In drei Schritten geht es nun weiter, an allen gleichzeitig: Der Kopfbau soll endlich fertig werden - laut Könneke "im laufenden Jahr", laut Terwey "vielleicht sogar noch im Frühjahr". Der Rohbau des Bestandsbaus mit dem Probenraum fürs Orchester soll auch in diesem Jahr vollendet werden. Und drittens wird die Ausführungsplanung für den Bestandsbau erstellt.
Während Referent Achim Könneke für Geduld, Nachhaltigkeit und Sorgfalt plädiert, mahnt Intendant Markus Trabusch Tempo an: "Wir sind das einzige Vier-Sparten-Haus in Deutschland mit nur einer Spielstätte. Das ist unmöglich. Es brennt!" Sven Franke signalisiert Verständnis für die Nöte der künstlerischen Belegschaft. Er verweist auf die regionale Verankerung seines Büros und verspricht Erfolg: "Wir können es uns nicht erlauben, hier irgendwelchen Mist abzuliefern. Wer möchte schon an dem Ort enttäuschen, an dem er lebt?"