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Steilpass
Vom Davis-Cup-Spieler zum regionalen Tennistrainer: So arbeitet Goran Popov bei Weiß-Blau Würzburg
Goran Popov, ein ehemaliger nordmazedonischer Davis-Cup-Spieler, teilt seine Erfahrungen und Ansichten über das Training junger Tennisspieler in Würzburg.
Goran Popov liebt seinen Beruf als Tennis-Trainer. Der gebürtige Nordmazedonier hat seine Tennis-Schule bei Weiß-Blau Würzburg.
Foto: Kirsten Mittelsteiner | Goran Popov liebt seinen Beruf als Tennis-Trainer. Der gebürtige Nordmazedonier hat seine Tennis-Schule bei Weiß-Blau Würzburg.
Tim Eisenberger
 |  aktualisiert: 08.02.2024 10:12 Uhr

Seit 30 Jahren arbeitet Goran Popov (52) als Tennistrainer, die letzten 15 davon beim Würzburger Verein Weiß-Blau Würzburg, wo der ehemalige nordmazedonische Davis-Cup-Akteur auch ab und zu noch selbst die gelbe Filzkugel fliegen lässt. Beim Verein betreut er die erste Damen-Mannschaft in der Regionalliga, teilweise die Herren in der 2. Bundesliga Süd und die zweite Männermannschaft in der Bayernliga.

Popov sagt, dass nur wer Tennis so sehr liebt, dass er selbst im Urlaub den Schläger nicht in die Ecke stellen kann, für den Job als Trainer gemacht sei. Ein Gespräch über die Ausbildung von Jugendlichen, den Erfolg von Sportlern aus dem ehemaligen Jugoslawien und das Würzburger Tennis.

Frage: Herr Popov, als Teamsportler ist das meine Lieblingsfrage für Tennisspieler: Spielen Sie lieber Einzel oder Doppel?

Goran Popov: Ich spiele auf jeden Fall besser Doppel.

Warum?

Popov: Wir hatten in Nordmazedonien im Winter nur einen Platz. Weil keiner draußen in der Kälte joggen gehen wollte, haben wir eben Doppel gespielt. Deshalb sind wir da schon sehr gut gewesen, selbst in Jugoslawien. Es war im ganzen Land bekannt, dass die Nordmazedonier gut Doppel spielen.

Frage: Wer hat Sie angespielt?

Goran Popov: Das war Stefan Mantel. Ich trainiere seine Herren-40-Mannschaft bei Weiß-Blau Würzburg in der Landesliga seit einigen Jahren. Dass Stefan und seine Mannschaft damals vom TC Kist zu uns kamen, war für den Verein ein wahrer Glücksfall, weil sie sich auch im Vereinsleben sehr engagieren.

Stefan Mantel hat Sie im Gespräch als hervorragenden Trainer bezeichnet, der auch einen Mittvierziger wie ihn noch in jedem Training besser macht. Was ist ihr Geheimnis für gutes Tennistraining?

Popov: Neben dem Technik- und Taktiktraining lege ich auch viel Wert auf die Beinarbeit. Nur wer richtig zum Ball steht, kann ihn auch gut schlagen und die Technik und Taktik anwenden. Man hat es am Ende bei Federer gesehen. Er hat die perfekte Technik, aber die bringt ihm nichts, wenn er nicht gut zum Ball steht. Deshalb arbeite ich viel mit Koordinationsleitern. In meinen Trainingsgruppen hat nie ein Spieler Pause. Wenn beispielsweise ein Spieler eine Schlagserie absolviert, macht der andere etwas mit der Koordinationsleiter. Das hilft auch schon kleinen Kindern.

Tennis ist eine sehr komplexe Sportart, weil man sich auf den Ball, seine Beine und die Augen-Arm-Koordination mit dem Schläger konzentrieren muss. Wie vermitteln Sie Tennis den kleinen Kindern?

Popov: Es geht los damit, dass Kinder lernen, den Ball zu prellen, zu fangen und zu jonglieren, sowohl mit als auch ohne Schläger. Leider verstehen viele Eltern nicht, warum ihre Kinder nicht direkt Tennis spielen. Bevor Fünf- oder Sechsjährige Tennis spielen, brauchen sie erstmal eine Grundausbildung für Ballsportarten. Früher konnten Kinder das schon, bevor sie zum Tennis kamen.

Wieso können Sie das heute nicht mehr?

Popov: Ich denke, es liegt an der "iPhone-Generation", wie ich sie nenne. Früher waren wir als Kinder auf der Straße und haben Basketball oder Fußball gespielt. Für mich sind diese beiden Sportarten die Mutter aller Ballsportarten. Wer das nicht gespielt hat, für den ist Tennis wie Raumschiff Enterprise. Als Trainer ist das für uns eine große Herausforderung, die wir vor 20 Jahren nicht hatten.

Wie war Ihr Laufweg?

Popov: Mit acht Jahren habe ich mit Tennis angefangen. Ich komme aus Skopje im heutigen Nordmazedonien. Mein Onkel hat den Tennisklub dort gegründet. Ich war sehr stolz darauf, weil ich mit 16 Jahren in der jugoslawischen Jugendnationalmannschaft war. Im Doppel haben wir die jugoslawische Jugend-Meisterschaft gewonnen. Früher gab es nicht so viele ATP-Turniere wie heute. Deshalb bin ich 1993 nach Veitshöchheim gegangen und habe im Verein gespielt sowie dort als Trainer gearbeitet. Ein nordmazedonischer Trainer aus Aschaffenburg hat mich damals dorthin vermittelt. So kam ich nach Deutschland und über Tauberbischofsheim hat mich mein Weg dann nach Würzburg geführt. Ich habe in Deutschland den B-Trainer-Schein gemacht und leite in Würzburg nun meine eigene Tennisschule.

Ist Tennistrainer ein Traumjob für Sie?

Popov: Ja, auf jeden Fall. Wer mich kennt, weiß das. Ich wusste schon mit 16 Jahren, dass ich, falls es als Profi nicht klappt, Trainer werden möchte. Ich habe damals in Nordmazedonien den Diplom-Trainer gemacht. Im Büro zu arbeiten, wäre für mich unvorstellbar. So kann ich im Sommer den ganzen Tag draußen auf dem Platz stehen.

Sie haben aber trotzdem 1995 noch für Nordmazedonien im Davis-Cup gespielt. Haben Sie da jemanden Berühmtes geschlagen?

Popov: Wir sind in der dritten Davis-Cup-Liga eingestiegen. Serbien war zwar auch dabei, aber auch Länder wie San Marino. Es waren gute Spieler dabei, aber keine Spieler aus der Division 1. Wir haben damals ganz unten angefangen.

Spielen Sie jetzt noch im Ligabetrieb?

Popov: Ich helfe ab und zu in der Bayernliga oder Landesliga-Mannschaft aus. Im Einzel ist es schwer für mich, das ganze Feld zu verteidigen, aber im Doppel klappt es noch besser.

Warum gibt es so viele erfolgreiche Tennisspieler und Sportler aus dem ehemaligen Jugoslawien?

Popov: Weil sie heute schon im Jugendbereich sehr professionell arbeiten. Das kostet viel Geld für Trainer, Physiotherapeuten und Sparringspartner. Die Länder haben damals im kommunistischen System viel Geld für Reisen und Hotels bezahlt. Heute zahlen das Sponsoren oder die Eltern. Es ist wichtig, dass sich Spieler nur aufs Training konzentrieren können und sich nicht um das Drumherum kümmern müssen.

Deutschland hat 83 Millionen Einwohner, die Staaten des ehemaligen Jugoslawiens ungefähr 22, etwa so viel wie Bayern. Warum gibt es in Deutschland nicht solche Spitzensportler wie den Tennisspieler Novak Djokovic oder den Basketballer Nikola Jokić?

Popov: Ich bewundere die deutschen Athleten für ihre Leistungen, beispielsweise im Wintersport. Denn wenn man weiß, wie schwierig das Abitur hier ist, sind das große Talente, wenn sie auch noch im Sport solche Leistungen zeigen können. Wenn in den Balkan-Ländern die Eltern der Meinung sind, ihr Kind sei talentiert, nehmen sie dieses aus der Schule und legen den Fokus auf Sport. Da ticken die Uhren ein bisschen anders. Deshalb ist es für deutsche Sportler sehr schwierig. Wir haben hier bei Weiß-Blau Anne Knüttel. Sie war zwischen 16 und 18 Jahren Teil der deutschen Spitze und hat nebenbei ein tolles Abitur gemacht. Aber den Durchbruch in die Weltspitze zu schaffen, ist nochmal eine ganz andere Hausnummer.

Ihr Verein verpflichtet für die Heimspiele der ersten Herrenmannschaft teilweise fünf oder sechs Profis. Warum lohnt es sich, als Würzburger da mal zuzuschauen?

Popov: Weil dort wirklich gutes Tennis zu sehen ist. Die Spieler können genauso hart und präzise schlagen wie die in der Weltspitze. Der Unterschied ist nur, dass die Top 100 der Welt den Ball mehrfach genau ins Eck spielen kann. Das hat auch was mit mentaler Stärke zu tun. Es wird in der zweiten Bundesliga sehr attraktives Tennis gespielt, und davon profitieren letztlich alle Vereine in der Region. Wenn ein Vater aus Versbach mit seinem Sohn bei uns zusieht und der Junge dann Tennis spielen möchte, wird er ja trotzdem im Verein vor der Haustür zu spielen beginnen.

Sie haben den mentalen Teil des Tennis angesprochen. Man sagt, Tennis wird zu 80 Prozent im Kopf entschieden. Wieso?

Popov: Wenn man sieht, welcher Druck auf den Akteuren wie Novak Djokovic oder Rafael Nadal lastet, weil sie unbedingt mehr Grand-Slam-Siege haben wollen als ihr Konkurrent, ist das Wahnsinn. Beim Tennis geht es immer darum, Risiko abzuwägen. Wie nah spiele ich den Ball an die Linie. Man muss den Spielstand beachten. Bei 0:40 kann man mehr riskieren als bei 30:30. Es spielt sich einfach sehr viel im Kopf ab. 

Wie hat sich das Tennis in den letzten 20 Jahren verändert?

Popov: Die Sportart ist viel athletischer geworden. Dieser Trend kam aus den USA, wo Spieler neben Tennis auch mit Athletik- und Krafttraining begonnen haben, während wir Europäer das noch abgelehnt haben, weil wir dachten, dass die Muskeln uns einschränken.

Zum Schluss eine Einschätzung vom Fachmann: Wer wird der nächste Nadal, Federer oder Djokovic?

Popov: Carlos Alcaraz gilt natürlich als der Nachfolger von Nadal. Aber er verbindet für mich die Stärken aller drei Spieler. Aber es wird darauf ankommen, ob er im Kopf dazu bereit ist. Djokovic wurde sein Leben lang darin bestärkt, dass er der Beste sei. Nur deshalb glaubt er es auch, obwohl er es gar nicht sein Leben lang war.

Wen spielen Sie an?

Popov: Ich spiele den Pass weiter zu Trevor Pearman. Er ist der Trainer beim Golf Club Würzburg. Tatsächlich trainieren wir manchmal die gleichen Kinder und ich hatte auch seine Kinder schon bei mir in der Tennisschule.

Das Interview-Format "Steilpass"

In unserem Interview-Format "Steilpass" übernehmen die Interviewten die Regie. Am Ende des Gespräches dürfen sie entscheiden, wer als Nächstes an der Reihe ist, von uns befragt zu werden – sie spielen also den nächsten Protagonisten oder die nächste Protagonistin an.
Quelle: cam

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