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Baskets-Sportdirektor Kresimir Loncar über Würzburg: "Als ich damals gekommen bin, war es ein Schock für mich"
Der 40-Jährige hat selbst einige Jahre für die Würzburg Baskets gespielt. Im Interview spricht er über seine Karriere und seine Arbeit als Sportdirektor.
Kann immer wieder sehr gute Spieler von den Würzburg Baskets überzeugen: Sportdirektor Kresimir Loncar.
Foto: Heiko Becker | Kann immer wieder sehr gute Spieler von den Würzburg Baskets überzeugen: Sportdirektor Kresimir Loncar.
Lukas Eisenhut
 |  aktualisiert: 08.02.2024 10:20 Uhr

Kresimir Loncar hat zu seiner aktiven Basketball-Karriere viel erlebt: Der heute 40-Jährige hat seine Heimat Kroatien früh verlassen, spielte in Würzburg, Italien, Spanien, Russland und der Ukraine. 2016 verschlug es ihn zurück an den Main, wo er seine Karriere bei den Würzburg Baskets beendete und seither als Sportdirektor für den Klub arbeitet.

Frage: Wer hat Sie angespielt?

Kresimir Loncar: Das war Daniel Sauer. Wir kennen uns seit mehr als 20 Jahren, die Familie meiner Frau und seine sind seit 40, 50 Jahren gute Freunde. Er war bei mir in Italien, als ich dort gespielt habe, und hat in Kroatien Urlaube gemacht.

Wie war Ihr Laufweg?

Loncar: Ich war schon mit 16 Jahren weg von zu Hause aus Split und habe einen Vertrag in Treviso unterschrieben. Von dort aus wurde ich zwei Jahre nach Würzburg verliehen, in der Zeit habe ich meine Frau und Daniel Sauer kennengelernt und mit 17 Jahren in der ersten Liga bei den Baskets gespielt. Danach war ich noch zwei Jahre in Italien, anschließend zwei Jahre in Kiew und dann insgesamt acht Jahre in Russland. Dann bin ich nach Valencia gegangen, dann zu Alba Berlin und die letzten drei Jahre habe ich in Würzburg gespielt. Anschließend bin ich Sportdirektor bei den Baskets geworden.

Was macht die Karriere nach der Karriere?

Loncar: Nach der aktiven Karriere ist es immer schwierig, einen anderen Job zu übernehmen. Aber ich denke, es läuft gut. Wir sind der kleinste Verein der Liga, mit dem kleinsten Budget. Trotzdem versuchen wir, in der ersten Liga zu überleben. Für so eine kleine Stadt wie Würzburg ist es der Wahnsinn, dass wir das schaffen.

Warum klappt das denn so gut?

Loncar: Wir haben mit Saša Filipovski einen super Trainer bei uns. Der Trainer ist eine wichtige Figur, wenn du nicht so viel Geld hast. Dazu kommt gutes Scouting. Du musst gute Spieler nachverpflichten, die zur BBL passen, und genau wissen, welche Spieler Talent haben. Du brauchst ein Netzwerk, dazu gute Assistenzcoaches. Einfach ein gutes Team hinter dem Team. Und ich denke, dass wir die besten Fans der ganzen Liga haben. Unsere Halle ist klein, aber laut. Das hilft auch.

Wie schaffen Sie es, immer wieder gute Spieler von Würzburg zu überzeugen?

Loncar: Nicht alle Vereine in Deutschland haben einen Sportdirektor. Das ist ein Problem, weil die Trainer erst nach der Saison starten können, Spieler nachzuverpflichten. Ich suche schon jetzt für die nächste Saison Spieler. Es ist nicht einfach. Du musst die Spieler davon überzeugen, dass sie bei uns den nächsten Schritt machen können. Oft war es so, dass die Spieler, die bei uns gut waren, bei den nächsten Stationen vier- bis fünfmal so viel Geld bekommen haben, wie sie sonst hätten verdienen können. Das ist ein Punkt, wo Spieler sagen, sie kommen nach Würzburg, spielen eine gute Saison und wir verkaufen sich dann teurer weiter.

Für uns ist das natürlich nicht schön, weil sie maximal eine Saison bleiben. Auch unser Trainer ist ein wichtiger Punkt. Du musst tausend Sachen besprechen, beispielsweise der Frau des Spielers erklären, wie schön Würzburg ist, oder Kindergartenplätze für die Kinder besorgen. Der Spieler muss wissen, dass er die beste Betreuung bekommt. Wir suchen Spieler, die sofort bereit sind, zu uns zu kommen. Wir lassen ihnen nicht drei, vier Wochen Bedenkzeit. Bei uns gibt es das Angebot am Tisch und die Frage, ob der Spieler es annehmen will.

Wo hat es Ihnen während Ihrer Karriere am besten gefallen?

Loncar: Das ist schwierig. Ich würde sagen, Valencia war die schönste Stadt mit dem besten Klima, und die spanische Liga war der Wahnsinn. Meine Lieblingsstadt wird immer Split bleiben, dort bin ich geboren, dort habe ich ein Haus am Meer. Inzwischen ist aber auch Würzburg ganz weit oben. Als ich damals gekommen bin, war es ein Schock für mich. Wenn du aus Moskau, Berlin, Valencia und Kiew nach Würzburg kommst, ist die Stadt wie ein kleines Dorf. Aber mittlerweile finde ich Würzburg wunderschön, es ist eine sehr gemütliche Stadt zum Leben.

Warum glauben Sie kommen so viele Topsportler aus einem so kleinen Land wie Kroatien?

Loncar: Bei uns gibt es diesen Hunger in uns. Wir wollen besser werden und jemanden schlagen. Das "Problem" in Deutschland und mittlerweile auch in Kroatien ist, dass es den Kindern zu gut geht. Die meisten Kinder in Deutschland haben früh eine Playstation und ein Handy. Die Kultur ist anders. Bei uns ist Sport ein Weg, aus einer schlechten Situation herauszukommen. Bei mir war er die einzige Möglichkeit, es in große europäische Länder zu schaffen. Was mich an Würzburg wundert, ist, dass viele Sport- und Spielplätze am Wochenende geschlossen sind.

Ich habe selbst mit meinem Sohn probiert, am Wochenende auf ein paar Plätze zu kommen. Die waren alle geschlossen. Das finde ich traurig. Ich war als Kind den ganzen Tag draußen und bin nur zum Essen nach Hause gekommen. Du musstest Kinder zwingen, ins Haus zu kommen, hier musst du Kinder zwingen, das Haus zu verlassen. Jede Generation ist anders, aber ich denke, dass die Kinder in Kroatien, Serbien oder Bosnien noch mehr sportliche Kultur haben, auch wenn es in den letzten Jahren mit der steigenden Lebensqualität weniger geworden ist.

Sportdirektor Kresimir Loncar hat mit den Würzburg Baskets in den vergangenen Jahren viele Erfolge feiern dürfen.
Foto: Heiko Becker | Sportdirektor Kresimir Loncar hat mit den Würzburg Baskets in den vergangenen Jahren viele Erfolge feiern dürfen.
Was macht die "jugoslawische Basketballschule" aus?

Loncar: Ich denke nicht, dass es nur die harte Arbeit ist, wie früher alle gesagt haben. Es ist auch die Begeisterung für den Sport. Die Hallen sind immer voll, selbst wenn Kinder spielen, kommen 4000 bis 5000 Leute. Ich denke aber auch, dass sich viele deutsche Vereine in den letzten Jahren deutlich weiterentwickelt haben. Ich bin mir sicher, dass der deutsche Basketball in den nächsten Jahren immer stärker werden wird.

… und Spieler, die in die NBA kommen, sind gute Vorbilder.

Loncar: Ja, natürlich. Ich denke, die BBL ist gut, aber es gibt keine Stars, weil es zu wenig Geld gibt. Wenn jemand sehr gut spielt, kaufen größere Vereine aus Europa den Spieler direkt weg. Das, was andere Klubs einzelnen Spielern im Jahr zahlen, ist bei uns das komplette Budget. Vielleicht muss die Liga mithelfen, Top-Stars zu finanzieren. Kinder brauchen Idole, um die Begeisterung zu wecken.

Wie haben Sie den Streit zwischen Maxi Kleber und Dennis Schröder mitbekommen?

Loncar: Es ist schade, dass so etwas in die Medien kommt. Sowas sollten die Spieler unter vier Augen regeln. Ich habe meine Meinung, aber die sage ich nicht öffentlich, weil so etwas in der Kabine bleiben sollte. Maxi Kleber ist ein Spieler, der normalerweise für die deutsche Nationalmannschaft spielen muss. Er ist ein super Typ und eigentlich nicht kompliziert. Wenn jemand 90 Spiele in der Saison spielt, ist es nicht einfach, auch im Sommer Vollgas zu geben.

Und was ist ohne ihn für die Deutschen bei der WM drin?

Loncar: Ich denke nicht, dass Deutschland um eine Medaille kämpfen wird. Es ist eine super Mannschaft mit viel Talent, aber die WM ist stark besetzt. Ich hoffe aber, dass es klappt.

Sie haben zehn Jahre in der Ukraine und Russland gespielt. Wie nehmen Sie den Krieg dort wahr?

Loncar: Ich habe Freunde in beiden Ländern, bin komplett gegen Krieg. Ich habe als Kind Krieg in Jugoslawien erlebt, das war eine schlimme Situation, wie sie es in der Ukraine und Russland auch ist. Es tut mir für beide Nationen leid, ich hatte dort mit die beste Zeit meines Lebens, viele Freunde.

Wen spielen Sie an?

Loncar: Ich spiele Marvin Willoughby an. Er ist inzwischen Geschäftsführer der Hamburg Towers und hat früher mit mir bei den Baskets gespielt.

 
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