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Steilpass
Lauffaul sein geht heute nicht mehr – Medina Desic über RB Leipzig und ihr Nationalmannschafts-Abenteuer
Die frühere Kickers-Stürmerin Medina Desic spricht im Interview über die Verbundenheit zur Familie und erklärt, warum sie Würzburg trotzdem verlassen hat.
Medina Desic erzielt ihre Tore nun für das Frauenteam von RB Leipzig. Die Stürmerin war vorher für verschiedene Würzburger Frauen-Mannschaften am Ball.
Foto: Imago, Tobias Jenatschek | Medina Desic erzielt ihre Tore nun für das Frauenteam von RB Leipzig. Die Stürmerin war vorher für verschiedene Würzburger Frauen-Mannschaften am Ball.
Tim Eisenberger
 |  aktualisiert: 08.02.2024 10:22 Uhr

Der Name Medina Desic stand lange für Tore im Würzburger Frauenfußball. Desic stürmte für den ETSV, den SC Heuchelhof Würzburg und nach der Übernahme des Frauenteams auch für die Würzburger Kickers. Mit ihren Toren schoss die 29-Jährige, die sowohl die deutsche als auch die montenegrinische Staatsbürgerschaft besitzt, die Kickers auch zum Aufstieg in die zweite Liga. Nach dem unglücklichen Abstieg verließ Desic die Würzburger Kickers, um alles auf die Karte Profi-Fußball zu setzen. Im Steilpass-Interview spricht die Wahl-Leipzigerin über den guten Kontakt, den sie weiterhin zu ihrer Familie hat, den Verein RB Leipzig und weitere Ziele für ihre Karriere. 

Frage: Wer hat Sie angespielt?

Medina Desic: Mein Bruder Zajo. Wir haben sehr guten Kontakt. Er ist mein Bruder, mein Fleisch und Blut. Auch wenn ich jetzt in Leipzig bin und ihn nicht jeden Tag sehen kann, haben wir eigentlich jeden Tag Kontakt und tauschen uns über mein Training oder seinen Tag auf der Arbeit aus. Wir haben auch eine gemeinsame Gruppe bei WhatsApp, die nach Zajos Kindern benannt ist, denn sie sind die Oberhäupter der Gruppe. Da herrscht sehr reger Austausch.

Wie war Ihr Laufweg?

Desic: Ich habe mit fünf Jahren beim SV Dertingen meine Karriere gestartet. Über Unterballbach ging es dann ins Fußball-Internat nach Karlsruhe. Ich wollte damals aber zurück zu meiner Familie und habe dann in Eichel in der Nähe von Wertheim in einer Frauenmannschaft gespielt, mit der wir bis in die Oberliga aufgestiegen sind. Das war für den kleinen Verein dort ein echter Höhepunkt. Ich hab aber noch nach höherem gestrebt und bin dann zum ETSV Würzburg gewechselt.

Dort hatte ich eine wunderbare Zeit. 2013 kam ich zum ETSV und es war ein ziemliches Auf und Ab, aber wir haben einige Jahre Zweite Bundesliga gespielt. Ich habe auch den Wechsel an den Heuchelhof und schließlich zu den Kickers mitgemacht und dort nochmal Zweite Bundesliga gespielt. Es war eine schöne Zeit dort, bis dann das Interesse von RB Leipzig kam.

Hätten Sie gerne länger bei den Jungs gespielt?

Desic: Ja, ich bin dankbar dafür, dass ich immer mit den Jungs spielen durfte, weil ich dort das robuste und schnelle Spiel gelernt habe. Mädels sollten so lange wie möglich in Mixed-Teams und mit Jungs zusammen spielen.

Wie schwer war es, Würzburg nach so langer Zeit zu verlassen?

Desic: In Würzburg war mein Lebensmittelpunkt und ich hatte hier einen festen Job. Eigentlich war ich hier glücklich und dachte, ich würde meine Karriere hier beenden. Über Fritzi Kromp kam der Kontakt zu meinem jetzigen Berater zustande, der mir dann ermöglichte bei RB Leipzig den nächsten Schritt zu gehen.

Was macht die Karriere neben der Karriere?

Desic: Ich habe nach der Mittleren Reife in Wertheim eine Ausbildung zur Industriekauffrau gemacht. Die letzten fünf Jahre habe ich dann in Kitzingen als Projektleitung im Bereich Logistik gearbeitet.

RB Leipzig ist ja ein sehr streitbarer Verein. Wie erleben Sie den Klub und den Zusammenhalt?

Desic: In Leipzig ist der Zusammenhalt in unserer Mannschaft sehr gut und wir verstehen uns auch neben dem Platz sehr gut. Wir trainieren auf demselben Gelände wie die Männermannschaft. Es ist immer wieder schön Stars wie Christopher Nkunku oder Timo Werner zu sehen, aber ich habe mich mittlerweile daran gewöhnt.

Wie läuft es sportlich bisher in Leipzig?

Desic: Das Ziel ist klar der Aufstieg in die Bundesliga. Wir sind nach der Hinrunde Erster und sind heiß auf die Rückrunde. Wir starten am Wochenende mit einem Nachholspiel gegen Turbine Potsdam II, das wir natürlich gewinnen wollen.

Auch mit den Frauen der Würzburger Kickers spielte Medina Desic, hier am Ball, in der 2. Bundesliga.
Foto: HMB Media/Julien Becker | Auch mit den Frauen der Würzburger Kickers spielte Medina Desic, hier am Ball, in der 2. Bundesliga.
Ihre Nationalmannschaftskarriere für Montenegro begann sehr ungewöhnlich. Wie kam es dazu, dass Sie für Montenegro spielen?

Desic: Ich habe damals gesehen, dass die Frauenmannschaft von Montenegro in Kassel gegen Deutschland spielt. Als ich das in der Mittagspause am Schreibtisch gesehen habe, habe ich mich gewundert, warum ich da nicht dabei bin. Leider wusste ich nicht, wie ich den Verband kontaktieren kann und habe mich deshalb über Instagram auf montenegrinisch bei der Kapitänin gemeldet. Ich war dann mal zum Training dort und seitdem bin ich dabei. Wir haben die WM-Qualifikation knapp verpasst, aber ab September gibt es auch für Frauen eine Nations League.

Sie sind jetzt 29 Jahre alt. Welche Ziele haben Sie für Ihre Karriere noch?

Desic: Ich möchte natürlich gesund und fit bleiben. Dann will ich auf jeden Fall in die 1. Bundesliga aufsteigen. Das wäre der Höhepunkt meiner Karriere. In der Nationalmannschaft haben wir uns gut entwickelt und ich hoffe, es geht weiter bergauf. Der Frauenfußball wächst auch in Montenegro, aber deutlich langsamer als in Deutschland. Durch die Erfolge steigert sich auch dort das Medieninteresse.

Ihr Bruder Zajo hat verraten, dass Sie früher eine sehr lauffaule Stürmerin waren. Leipzig steht im Männerfußball für aggressives Pressing. Müssen Sie da nun mehr mitarbeiten?

Desic: Ja, da hat er nicht ganz unrecht. In Würzburg ging das manchmal noch durch, aber in Leipzig geht das nicht mehr. Da habe ich mich enorm weiterentwickelt.

Wen spielen Sie an?

Desic: Ich spiele den Ball auf die Trainerbank zu Fritzi Kromp. Sie ist aktuell für die U16-Nationalmannschaft des DFB zuständig. Ich habe sie kennengelernt, weil sie aus der Nähe von Würzburg kommt und häufiger bei unseren Spielen war. Wir treffen uns häufiger zum Kaffee und sind da beide echte Feinschmecker.

Das Interview-Format "Steilpass"

In unserem Interview-Format "Steilpass" übernehmen die Interviewten die Regie. Am Ende des Gespräches dürfen sie entscheiden, wer als Nächstes an der Reihe ist, von uns befragt zu werden – sie spielen also den nächsten Protagonisten oder die nächste Protagonistin an.
Quelle: cam

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