Die Böden sind trocken und rissig, die Felder und Wiesen gelbbraun verbrannt. Wanderwege stauben, Bäume verlieren Blätter wie im Herbst. Wer im Sommer 2022 in Unterfranken unterwegs ist, erschrickt: Hitze und Dürre haben die Region verändert. "Es ist eine extreme Situation", sagt Steffen Jodl, Regionalreferent für Unterfranken beim Bund Naturschutz. "Dass Mainfranken versteppt, tritt leider schneller ein, als es nach den schlimmsten Prognosen zu befürchten war."
Im Überblick fünf Bereiche, in denen der Klimawandel mit seinen Folgen schon heute sichtbar wird.
1. Wald, Wiesen und Moore: Buchen sind die Verlierer, mediterrane Pflanzen die Gewinner
Mehr Hitzetage, weniger Niederschlag – das verändert die Vegetation in der Region massiv. Wiesen verblühen früher, sagt Dr. Gerd Vogg, Kustos des Botanischen Gartens der Universität Würzburg. "Dramatisch" sei die Situation vor allem für die Bäume. Verlierer des Klimawandels seien "definitiv die Buchen": Allein im Botanischen Garten habe man in den letzten Jahren durch die Trockenheit ein Drittel aller Buchen verloren. Gleiches gelte für die Wälder, dort litten sogar die Kiefern stark. "Und die Fichten haben in Mainfranken langfristig keine Chance mehr".
Weniger Schäden sieht man laut Vogg an den Eichen und zum Beispiel beim Feldahorn. Seine Prognose: "Der Wald wird sich erneuern – aber mit anderen Arten". Für die Forstwissenschaft sei das "eine echte Herausforderung". So seien mittlerweile für Nachpflanzungen sogar "exotische" Baumarten in der Diskussion.
Neben dem Wald seien auch Feuchtgebiete wie die Moore in der Rhön "Verlierer" der letzten fünf Jahre, sagt der Botaniker. Durch das Austrocknen verändere sich die Vegetation sichtbar: "Es kommt zu einer Verbuschung, sogar mit größeren Bäumen, welche die konkurrenzschwache Moorvegetation verdrängen". Allerdings gibt es auch Arten, die von Hitze und Trockenheit profitieren, Gewinner des Klimawandels quasi. Laut Vogg sind das vor allem Pflanzen aus der mediterranen Klimazone wie die mediterrane Felsheide oder Präriestauden.
2. Gärten und Parkanlagen: Dürstender Rasen und steigender Wasserverbrauch
Saftig grüne Rasen- und Wiesenflächen sah man im Juli und August in vielen Gegenden der Region kaum noch. Auch nicht im bei Touristen und Instagrammern beliebte Hofgarten der Würzburger Residenz. Die sonst so fotogenen Grasflächen: gelbbraun und trocken. Um Wasser möglichst sparsam zu verwenden, setze man "Prioritäten beim Bewässern", teilt eine Sprecherin der Bayerischen Schlösserverwaltung mit.
Rasenflächen würden nicht mehr gegossen, dazu habe man sich bereits vor etwa 20 Jahren entschlossen. Gewässert würden normalerweise lediglich die Wechselflorbeete, die Kübelpflanzen sowie die Gemüsebeete im Küchengarten und Baum-Neupflanzungen. In diesem extrem trockenen Sommer jedoch "mussten wir auch die wertvollen Buchsrabatten und alten Bäumen gießen".
Die Folge: Der Wasserverbrauch der Schlösserverwaltung sei in Würzburg deutlich höher als in den vergangenen Jahren. Ähnlich sehe es in anderen unterfränkischen Gartenanlagen aus, etwa im Park Schönbusch und im Schlossgarten in Aschaffenburg. "In den letzten fünf bis zehn Jahren häuften sich die außergewöhnlich trockenen Jahre", so die Sprecherin. Im Sommer 2022 sei das "in den historischen Gärten besonders stark spürbar".
3. Seen, Flüsse und Bäche: Niedrige Pegel und leidende Tiere
Vor allem Seen, Flüsse und Bäche leiden unter der anhaltenden Trockenheit. So sind laut Regierung von Unterfranken im gesamten Regierungsbezirk "zahlreiche Gewässerabschnitte trockengefallen". Im Niedrigwasserbericht von 25. August wiesen am Untermain und um Würzburg etwa 88 Prozent der Pegel niedrige bis sehr niedrige Abflüsse auf, in der Region Main-Rhön waren demnach die Wasserstände flächendeckend sehr niedrig.
Blickt man auf die Grundwasser-Messstellen, sieht es kaum besser aus: Am Untermain und um Würzburg lagen zuletzt etwa zwei Drittel der Messstellen im niedrigen oder sehr niedrigen Wasserbereich, in der Region Main-Rhön 38 Prozent.
Die aktuelle Situation sei "fatal für das Gewässer-Ökosystem und für die Tiere", sagt Steffen Jodl, Regionalreferent für Unterfranken beim Bund Naturschutz. Seen kippen um, Fische sterben. Amphibien verlieren Lebensraum, Tiere finden kein Wasser mehr. "Nach meinem Wissensstand ist der Boden 70 bis 80 Zentimeter tief komplett ausgetrocknet", sagt Jodl. Damit das Wasser überhaupt in den Boden eindringen und gespeichert werden könne, sei langanhaltender, leichter Regen nötig. Nur: Der ist nicht in Sicht.
Der Main führe nur dank der viele Staustufen und der Überleitung aus dem Brombachsee noch vergleichsweise viel Wasser. "Sonst könnten wir an manchen Stellen wie am Rhein durchwaten", sagt Jodl und warnt: "Man muss befürchten, dass einige unserer Gewässer dauerhaft verschwinden." Für die Ökologie und die Tiere wären die Folgen bedrohlich. "Wenn diese Entwicklung so weitergeht, sitzen wir hier in Mainfranken in wenigen Jahren auf dem Trockenen."
4. Felder und Äcker: Winziger Mais und enorme Ertragseinbußen in der Landwirtschaft
Von Mai bis Mitte August hat es in Nordbayern im Mittel 125 Millimeter geregnet. Weniger als die Hälfte des langjährigen Mittelwerts und damit viel zu wenige für die Landwirtschaft. "Wir haben erhebliche Ertragseinbußen", bestätigt Dr. Herbert Siedler, Bereichsleiter Landwirtschaft beim Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Kitzingen-Würzburg. Seit Mai blieb das Nass von oben quasi aus.
Die Folge: Getreidearten wie Hafer oder Sommergerste, die im Frühjahr ausgesät wurden, litten: "Sie konnten die Winterfeuchtigkeit nicht mitnehmen", sagt Siedler. Viele Flächen seien jetzt bereits abgeerntet, Sorgen machten die "späträumenden Früchte wie Zuckerrüben, Mais, Sojabohnen".
Beispiel Mais: Mitte April wird der Mais normalerweise gesät und Mitte September geerntet – nur "er hat in dieser Zeit kein Wasser gesehen". Statt bis zu zweieinhalb Meter stünden manche Pflanzen heuer nur hüfthoch auf den Feldern, die Kolben seien geringer ausgebildet. Stellenweise sei der Mais sogar schon geerntet - drei Wochen früher als sonst. Die Ertragseinbußen schätzt Siedler auf etwa 60 Prozent.
5. Weinberge: Sorgen um das Wasser und die Rebsorten der Zukunft
In den Weinbergen sehe man die Trockenheit "stark", sagt Dr. Daniel Heßdörfer von der Bayerischen Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau (LWG). Die Böden seien rissig, Blätter seien welk und drehten sich weg. Ohne Bewässerung oft ein tristes Bild. Der Klimawandel zwinge die Winzer längst zu Anpassungen, zum Umdenken.
"Traditionell findet Weinbau bei uns in Steillagen statt, weil Wärme der Rebe eigentlich gut tut", sagt der Weinbau-Experte. Bislang sei vor allem eine ausreichend hohe Temperatur und genügend Sonneneinstrahlung für Weinberge wichtig gewesen. Jetzt habe sich die Situation "komplett gedreht": Es ist zu heiß, der limitierende Faktor ist plötzlich das Wasser. Das wirkt sich auch auf die Weine aus. Durch die Temperaturerhöhung finde mehr Photosynthese statt, wodurch mehr Zucker entstehe. "Dadurch ist der Alkoholgehalt in den Weinen deutlich gestiegen", so Heßdörfer. Im Umkehrschluss werde mehr Säure abgebaut und müsse teils zugesetzt werden.
Hinzu kommt das Thema Bewässerung. "Heuer merkt man den Kampf ums Wasser schon", sagt Heßdörfer. Erste Gemeinden hätten Wasserentnahmen aus dem Main gestoppt, Winzer durften dann nur noch Junganlagen bewässern.
Was also tun? Andere, südländische Rebsorten anbauen, sagt der Experte der LWG. Mehr Cabernet Sauvignon oder Chardonnay, die die Hitze besser vertragen. Weniger frühreife Sorten wie Bacchus oder Müller-Thurgau. Die gute Nachricht für alle Silvaner-Liebhaber: "Den wird es weiter geben, weil er recht gut mit Klimawandel zurechtkommt."
https://www.mainpost.de/regional/wuerzburg/wie-wird-der-hitzejahrgang-2022-im-weinberg-reifen-schon-die-trauben-fuer-die-ersten-schweren-rotweine-aus-franken-art-10881151
Richtige Bäume haben nur noch in den Tälern von Steigerwald und Spessart eine Chance.
Da haben Herrn Jodl offensichtlich sehr frühzeitig seine eigenen Kräfte verlassen: Wir können aktuell auf mehrere Meter Tiefe hinuntergraben u. stoßen auf keine wasserführende Schicht - alles betonhart.
Euphorisch werden von unserem Bauernverband nichtsdestotrotz die eingefahrenen Erntemengen in 2022 relativierend gefeiert; so lange jedenfalls, bis die Läger leer sind, dann waren‘s wohl die Vorratsmäuschen!? - Das böse Erwachen wird jedenfalls kommen; und das weitaus früher als gewünscht...!!!
Wie bitte, wer w ü n s c h t sich denn ein böses Erwachen??
Sie etwa??
Unsere Verbände sowie auch die Politik suggerieren derzeit, dass dies hierzulande so auch bleiben wird, trotz massiver Dürre vielerorten hat man eine durchaus "komfortable Ernte" eingefahren, das glauben wir jetzt, wollen das so auch glauben.
Was aber, wenn die Anschlussversorgung bis zur Ernte 2023 extrem knapp wird!? Die aktuell gesetzten Vorzeichen in einer stetig wiederkehrend initiierten Erzeugerpreisabwärtsspirale lassen solche Befürchtungen allerdings wohl nicht zu.
Warum werden Sie also aggressiv, wenn ich hier etwas sarkastisch aufwarte und genau das zunächst einmal nicht prinzipiell abgesegnet wissen will!?
Man kann die Bauern einer fairen Entlohnung berauben, nicht aber deren Hirnmassen, die das eigenständige Denken durchaus noch ermöglichen...
Bauern klagen solange ich Bauern kenne. Egal ob die Ernte gut ist oder eher schlecht. Ist sie gut wird der Preis verfallen da Überangebot. Wenn sie schlecht ist wird auch gejammert. Im Endergebnis gibt es jedes Mal Geld vom Staat! Jammern lohnt sich! Zumindest wenn man Bauer ist.
Stellen wir uns als freie Unternehmer dem Markt - ich bin sicher, wir schaffen das!!!
Insofern gehe ich mit Ihrer Ansage nicht d'accord, werte/r "Winnem"...
Als Freigeist hänge ich an keinem Finanztropf, das verschafft mir ökonomische Freiheiten, ungeahnte Freiheiten innerhalb meiner bäuerlichen Microökonomie.
Können Sie sich eigentlich vorstellen, dass in Reihen der Landwirtschaft in Bälde vielleicht handverlesen Wenige alles bestimmen!?
Bauern sterben glücklicherweise sehr einsam und leise, wenn erst einmal vorstehender Zustand erreicht ist, werden wohl SIE(!) das Jammern anfangen - ...sodann allerdings viel zu spät!