Hitzetage, Tropennächte, Wassermangel: Was kommt auf Unterfrankens Städte und ihre Bewohnerinnen und Bewohner zu, wenn der Klimawandel ungebremst weitergeht wie bisher? Wie viele Hitzetage von 30 Grad Celsius und mehr, wie viele Tropennächte, in denen es nachts nicht unter 20 Grad abkühlt, sind realistisch? Und wo wird es in den Städten am unerträglichsten?
Antworten auf die größten Fragen geben - am Beispiel der Stadt Würzburg - Klimaforscher Prof. Heiko Paeth von der Universität Würzburg und sein Mitarbeiter Christian Hartmann, der zum Thema "Stadtklima" forscht. Beide wirkten am Forschungsprojekt "Klimaerlebnis Würzburg" mit, in dem Wissenschaftler der Technischen Universität München und der Universität Würzburg drei Jahre lang den Einfluss von Stadtbäumen auf das Mikroklima in der Stadt untersuchten.
Sind die außergewöhnlich warmen Tage, Monate, Jahre tatsächlich die Folge des menschengemachten Klimawandels?
Ja, der Nachweis des menschengemachten Klimawandels sei erbracht, sagt Professor Heiko Paeth. Spätestens seit dem letzten Sachstandsbericht des Weltklimarats der Vereinten Nationen IPCC im Herbst 2021. "Wir sind uns im Prinzip sicher", sagt Paeth.
Wie viel wärmer ist es in Würzburg aktuell im Vergleich zu früher?
Der Blick auf die Temperaturen, die von Januar 2010 bis Mitte 2022 in Würzburg gemessen wurden, zeigt: Die allermeisten Monate waren zu warm. Und zwar nicht zu knapp. In vielen Monaten war es in Würzburg vier bis fünf Grad wärmer als früher. "Das ist etwas Außergewöhnliches, das wir mit dem natürlichen Wandel im Klimasystem schon lange nicht mehr in Verbindung bringen können", sagt Heiko Paeth.
Zur Erklärung: Um zu sehen, wie stark heutige Temperaturen von früheren Normalwerten abweichen - die sogenannte "Temperatur-Anomalie" - vergleichen Klimaforscher die Mittelwerte jedes Monats mit den jeweiligen Monats-Mittelwerten der Jahre 1961 bis 1990. Denn um den Klimawandel, also die langfristigen Veränderungen des Klimas, zu belegen, werden aktuelle Wetterdaten stets mit einer 30-jährigen Referenzperiode in der Vergangenheit verglichen.
Mal ist ein Jahr zu nass, mal zu trocken: Wird die Trockenheit wirklich immer extremer?
Tatsächlich sieht man am Beispiel von Würzburg, dass sich noch 2010 sehr trockene mit sehr nassen Monaten abwechselten. Doch seit dem Anfang 2015 war es nur noch zu trocken.
Zur Erklärung: Regnet es in einem Monat 20 Liter pro Quadratmeter in Würzburg mehr als im Vergleich zur langjährigen Referenzperiode 1961 bis 1990, zeigt der blaue Balken in der Grafik 20 Liter pro Quadratmeter nach oben. Regnet es im Folgemonat 80 Liter pro Quadratmeter weniger als im Referenzzeitraum, geht der blaue Balken nach unten ins Minus auf -60 (also 20 Minus 80). Die Grafik zeigt also das Wasserdefizit im Boden, das sich seit 2010 in Würzburg angesammelt hat, die so genannte "Akkumulierte Abweichung".
Der Sommer 2021 war völlig verregnet: Sind die Grund- und Trinkwasservorräte wieder aufgefüllt?
Der verregnete Sommer 2021 konnte tatsächlich das Wasserdefizit in der Region ein klein wenig ausgleichen (siehe Grafik). Doch nach den vergangenen, erneut zu trockenen Monaten 2022 ist fast schon wieder das Wasserdefizit, das Würzburg Anfang des Jahres 2021 hatte, erreicht. "Würzburg fehlt inzwischen mehr als ein ganzer Jahres-Niederschlag", sagt Paeth. "Es ist, als hätte es in den vergangenen sechs Jahren ein ganzes Jahr lang nicht geregnet."
Wird es noch trockener in Unterfranken, wenn der Klimawandel ungebremst weitergeht?
"Wir leben heute schon in einer der trockensten Regionen Deutschlands", sagt Geograf Heiko Paeth. Gehe der Klimawandel ungebremst weiter, würden die Trockenperioden in Zukunft noch länger. Zwar nur um einige Tage, sagt der Klimaforscher. Doch jeder Tag, an dem es keinen Tropfen regne, potenziere die Schäden in der Land- und Forstwirtschaft: "Wenn die Witterung sich so weiterentwickelt und wir uns zugleich den Luxus eigener Swimmingpools im Garten leisten, dann werden wir bald im Sommer unser Trinkwasser rationieren müssen."
"Weiter-so-wie-bisher"-Szenario: Was kommt auf Unterfranken zu, wenn weiter ungebremst Treibhausgase in die Atmosphäre gelangen?
Hitzetage, also Tage, an denen die Temperaturen mindestens 30 Grad erreichen oder sogar über die 30 Grad-Marke klettern, werden sich im Raum Würzburg, Kitzingen und Aschaffenburg versechsfachen - auf mehr als 30 im Jahr. Die Zahl der Tropennächte, in denen es nicht auf unter 20 Grad abkühlt und die es in der Vergangenheit in der Region praktisch nie gab, nimmt weiter zu. Dies hat ein Team um Heiko Paeth in mehreren unterschiedlichen Klimamodellen bis zum Ende des 21. Jahrhunderts für Unterfranken errechnet. Die Folge, so warnen die Forscher: Extreme Hitze beeinträchtige die Gesundheit und Lebensqualität von immer mehr Menschen. Für Ältere und Säuglinge sei sie oft lebensbedrohlich.
Stadt-Land-Unterschied: Wird die Hitze in der Würzburger Innenstadt noch unerträglicher als zum Beispiel in Gerbrunn im Landkreis Würzburg?
Ja, zu diesem Ergebnis kommt die Forschungsstudie "Klimaerlebnis Würzburg". Ein Ziel war es, herauszufinden, wie ausgeprägt der städtische Wärme-Insel-Effekt in Würzburg ist. Also das Phänomen, dass es in dicht bebauten Städten wärmer ist als im Umland. Dazu haben die Forscher Wetterstationen an sieben verschiedenen Standorten im Stadtgebiet und eine an der Stadtgrenze in Gerbrunn errichtet. Seit 1. Januar 2018 werden rund um die Uhr Wetterdaten aufgezeichnet, etwa Temperatur, Luftfeuchtigkeit, Sonneneinstrahlung, Wind und Niederschlag.
Das Ergebnis überraschte selbst Christian Hartmann, der die Daten auswertet: "An heißen Tagen wurden Unterschiede von 8 Grad Celsius gemessen!", sagt der Stadtklima-Forscher. Es könne also sein, dass jemand bei 20 Grad in Gebrunn sitze und zur gleichen Zeit jemand anderes bei 28 Grad in der Würzburger Innenstadt.
Zu welcher Uhrzeit und an welchem Ort ist es in der Würzburger Innenstadt am wärmsten?
Die städtischen Wärmeinseln sind besonders an heißen Sommertagen, von Mai bis September, ausgeprägt. "Man kann sich im Winter also nicht über geringere Heizkosten freuen", sagt Heiko Paeth. In den Nachmittags- und Abendstunden sei die Stadt besonders überhitzt. Der Grund: Die Sonne wärme die Bausubstanz auf und strahle diese Wärme anschließend wieder ab, erklärt Christian Hartmann. Am stärksten sei dieser Effekt kurz vor und kurz nach Sonnenuntergang - vor allem am Würzburger Marktplatz, weil dort die Luft zwischen den Häusern kaum zirkulieren könne. Würzburg sei durch seine Kessellage, die dichte Bebauung, den hohen Versiegelungsgrad und den geringen Grünflächenanteil prädestiniert für dieses Stadtklima.
Was hilft gegen die Überhitzung der Städte?
An zwei Wetterstationen in Würzburg wird dem Wärme-Insel-Effekt getrotzt: am Ludwigkai und im Ringpark. Der Main fungiere wie eine natürliche Klimaanlage, sagt Hartmann. In den Abendstunden könne das einen Temperaturunterschied von bis zu 4 Grad ausmachen. Und die dichten Baumbestände im Ringpark könnten die Luft auf bis zu 3,5 Grad an heißen Sommertagen herunterkühlen, so Hartmann. Vorausgesetzt, den Bäumen gehe es gut, sie hätten ausreichend Platz und seien vor allem gut mit Wasser versorgt.
Das Resümee der Klimaforscher: "Wir können durch Grünflächen, egal ob es sich um Bäume, Grasflächen, Dach- oder Fassadenbegrünung handelt, den Erwärmungstrend umkehren und den Stadtkern an heißen Tagen kühler halten." Die Wissenschaftler kommen zu dem Schluss, dass dafür aber eine Stadtarchitektur mit 30 bis 40 Prozent Grünflächen nötig sei. In Würzburg beträgt der Grünanteil auf dem Marktplatz unter zehn Prozent. Im Umkreis der Innenstadt sind es rund 20 Prozent.
...qualifizierter Kommentar 😂🤣
Ach ja, Spargel und Weinberge nicht zu vergessen.
Wir werden es noch erleben.
Vielleicht nicht nächstens Jahr, aber wohl in 10 Jahren.
Und nein, bitte nun keine elendigen Diskussion oder besser Erklärungsversuche wieder lostreten wollen bzgl. Unterschiede Wetter - Klima!
Fakt ist, es handelt sich, geklautes Zitat: "..im Prinzip sicher" um die gleichen Modellrechnungs- und Simulationstools nur halt mit anderen Randbedingungen (wie z.B. die Zeit) in den Differentialgleichungen, so noch aus meiner Hochschulzeit.
https://www.tagesschau.de/wirtschaft/unternehmen/treibhausgase-emissionen-deutschland-klimawandel-101.html
Und Konzerne machen das, was Konzerne so tun: Gewinne privatisieren und (Umwelt-) Schulden verstaatlichen. Warum kassiert man nicht die Gewinne ein, um gegen die Klimakatastrophe zu investieren? Ah, da war ja irgendwas mit Lobbyisten und Politikern, die das verhindern.
Wir stellen fest jeder Hitzetote ein Politisches Opfer. Alle durch Energiesparenden Maßnahmen sind Menschenunwürdig durch Politik herbeigeführt. Normalverdiener werde zu H4 Empfänger gemacht wenn Sie Ihre Rechnungen bezahlen, und wieder von der Politik gemacht.