Hitze und Trockenheit sorgen auch in den fränkischen Weinbergen für gehörigen Stress. Denn die Rebstöcke müssen unter Hochdruck arbeiten, um an Wasser zu kommen. Daniel Heßdörfer von der Landesanstalt für Wein- und Gartenbau in Veitshöchheim (LWG) demonstrierte dies bei einer Fortbildung für Winzerinnen und Winzer mit der sogenannten Scholander-Messung. Durch die Verdunstung von Wasser über die Blätter, entstehe in der Rebe ein Unterdruck, den sie benötige, um über die Wurzeln Wasser anzusaugen. Je größer die Hitze, je weniger Wasser, desto mehr steige dieser Unterdruck und damit der Stress der Pflanze.
Normal seien 2 bis 2,5 Bar, sagt Heßdörfer. Ab sechs Bar spreche man von Trockenstress. Um den Druck zu messen, wird ein Blatt in einem Zylinder so lange einem steigenden Druck ausgesetzt, bis der erste Tropfen Wasser entweicht. An diesem sonnigen Augustnachmittag misst Heßdörfer deutlich über acht Bar.
Der Traubenbestand muss reduziert werden
Doch nicht nur die Reben, auch die Winzerinnen und Winzer haben Stress. Noch könne man keine verlässlichen Aussagen über den Jahrgang 2022 machen, sagt Beate Leopold vom Weinbauring Franken e.V. Das entscheide sich in den nächsten drei bis vier Wochen. Klar sei aber schon jetzt, dass in vielen Lagen und Regionen Frankens die Winzer den Traubenbestand mehr als üblich reduzieren mussten, damit die Pflanzen mit der Trockenheit besser klarkommen. Durch die Trockenheit seinen die Beeren auch kleiner, was den Ertrag noch einmal reduziere.
Die größten Probleme aber hätten die Winzerinnen und Winzer, die in den vergangenen Jahren neue Rebstöcke angebaut hätten. Die seien in den ersten drei Lebensjahren weniger robust, da könnten sich dann schon mal bis zu fünfstellige Investitionen in Staub auflösen.
Gute Erfolge durch eine Verkürzung der Laubwand beim Silvaner
Die Trockenheit sei nicht in erster Linie ein Problem für den Jahrgang 2022, sagt Daniel Heßdörfer. Vor allem leide die Vitalität der Rebstöcke unter dem Hitze- und Trockenstress, weil die Pflanzen weniger Nährstoffe einlagern könnten. Sie gingen geschwächt in den Winter, der den Pflanzen noch mal zusetze. Ein Trockenjahr könnten die Reben vertragen, erklärt Heßdörfer, folgten aber weitere, müssten Winzer Jahr für Jahr eingegangene Rebstöcke ersetzen.
Die Landesanstalt für Wein-und Gartenbau forscht an Möglichkeiten, der Hitze und Trockenheit zu begegnen. Die Fortbildung zu diesen aktuellen Themen sei mit 65 Winzerinnen und Winzern schnell ausgebucht gewesen, so Heßdörfer. Darum gebe es nächste Woche einen zweiten Termin.
Die Landesanstalt stelle dabei ihre Forschungen und deren praktische Nutzen vor. So habe man mit einer Verkürzung der Laubwand gute Erfolge beim Silvaner erzielt. Man könne die Reife, die durch die große Hitze immer früher eintrete, um bis zu vier Wochen verzögern und gleichzeitig den Wasserbedarf und Ertragsverlust deutlich verringern. Hinzu kämen Versuche mit speziellem Mulch-Material, um die Feuchtigkeit besser im Boden zu halten.
Bald gibt es fränkischen Barolo und Chianti
Aber die Landesanstalt blickt mit ihren Versuchen auch in die Zukunft. Da Versuchsreihen mit neuen Rebsorten bis zu zehn Jahre bräuchten bis verlässliche Daten und Erfahrungen vorliegen, baue man schon jetzt in den Versuchsweinbergen der Landesanstalt neben Cabernet Sauvignon auch die Rebsorten Nebbiolo und Sangiovese an. Aus diesen Rebsorten werden in Italien die berühmten Barolos und Chiantis erzeugt.
"Diese Jahr bekommen wir sie reif und werden die erste Ernte einfahren", sagt Heßdörfer. Zumindest in den Kellern und Laboren der Landesanstalt können die Expertinnen und Experten schon bald einen fränkischen Barolo oder Chianti probieren.
Ob diese Rebsorten in den besten Lagen Frankens dann auch heimisch werden, ist freilich noch Zukunftsmusik. Apropos Lagen, viele Winzer berichteten beim Weinbauseminar, dass bislang weniger gute, weil schattige Lagen, in diesem Jahr deutlich von der Witterung profitieren würden. Der Jahrgang 2022 könnte also einige Überraschungen bereithalten. So könnten köstliche Weine aus Lagen kommen, die bislang nicht für Spitzenqualität gestanden hätten.
Doch die Trockenheit kann auch negative Auswirkungen auf Weine haben. Denn fehle der Rebe Wasser, könne dies - neben geringeren Erträgen - auch auf Kosten der Qualität gehen, erklärt Heßdörfer. Bleibe es so trocken, würden weniger Mineralstoffe in die Beeren eingelagert. Der Wein werde weniger gehaltvoll, könnte im Extremfall sogar Bitternoten bekommen und sei auf jeden Fall weniger lagerfähig.