Es ist das große Thema derzeit in Schweinfurt und der Region Main-Rhön: Wie geht es nach der angekündigten Schließung des Krankenhauses St. Josef zum 31. Dezember 2024 mit der Krankenhausversorgung in Schweinfurt weiter? Zu dem Thema gibt es auch am 17. September ab 20 Uhr eine Podiumsdiskussion der Mediengruppe Main-Post in der Stadthalle Schweinfurt, an der die bayerische Gesundheitsministerin Judith Gerlach, die Staatssekretärin im Bundesgesundheitsministerium, Sabine Dittmar, Oberbürgermeister Sebastian Remelé und der Leopoldina-Geschäftsführer Jürgen Winter teilnehmen.
Doch wie kam es zu der Entscheidung der Erlöserschwestern aus Würzburg, das Krankenhaus nun aus wirtschaftlichen Gründen zu schließen und was ist in den vergangenen zweieinhalb Jahren genau passiert? Eine Chronik mit vielen Wendungen.
27. April 2022: Leopoldina und St. Josef wollen kooperieren
Ende April 2022 laden Oberbürgermeister Sebastian Remelé und die Kongregation zu einer Pressekonferenz mit überraschendem Inhalt: Das Leopoldina-Krankenhaus der Stadt, eröffnet 1981, und das zu dem Zeitpunkt 91 Jahre alte Krankenhaus St. Josef der Erlöserschwestern planen einen Verbund. Unterzeichnet wurde an jenem 27. April eine Absichtserklärung, die beiden Krankenhäuser bis 2030 zusammenzuführen. "Kooperation statt Konkurrenz", ist das Motto.
Damals geplant war, dass das Leopoldina-Krankenhaus sich zu einem Zentralklinikum entwickelt, mit akut-stationärer Versorgung, Notfallversorgung und ambulanten Angeboten in Ergänzung zum stationären Leistungsspektrum. Das Josefs-Krankenhaus sollte neue Schwerpunkte haben als Bildungszentrum für Aus-, Fort- und Weiterbildung sowie Sozialzentrum für Altersmedizin, Tagesklinik für Schmerztherapie, Palliativmedizin, Sozialstation und Pflegeheim sowie ambulante Versorgung inklusive MVZ.
17. August 2022: Projektgruppen sind gestartet und Geschäftsführer zuversichtlich
Das Jahr 2022 war bestimmt von der Corona-Pandemie, der Verbund wird aber zielgerichtet auf den Weg gebracht. In einem exklusiven Interview erklärten Jürgen Winter, Geschäftsführer des Leopoldina-Krankenhauses, und Martin Stapper, Geschäftsführer der Kongregation der Schwestern des Erlösers, es sei "der einzig gangbare Weg".
Zu dem Zeitpunkt wurden die ersten Projektgruppen mit Mitarbeitenden aus der Ärzteschaft, dem Pflegedienst, den Krankenhausleitungen und den Mitarbeitendenvertretungen begonnen. Martin Stapper sagte auch: "Wir versuchen, Leistungen in Schweinfurt zu halten, um sie nicht an beiden Standorten zu verlieren. Deshalb müssen wir miteinander reden."
24. September 2022: Angst und Verdruss bei Mitarbeitenden in St. Josef
Während die Verantwortlichen in beiden Krankenhäusern im Sommer noch optimistisch waren, wachsen der Frust und die Sorge vor allem bei den Mitarbeitenden in St. Josef. Die Stimmung wird in vertraulichen Gesprächen mit der Redaktion von Insidern als "bescheiden" beschrieben, es herrsche "starke Verunsicherung". Ein Mitarbeiter aus dem Josefs-Krankenhaus, der bei den Workshops involviert war, erklärte: "Wir bauen an unserem eigenen Sarg."
Im Kern ist die Kritik, dass aus Sicht der Betroffenen im Krankenhaus St. Josef gut funktionierende Strukturen in der Gesundheitsversorgung – zum Beispiel in der Inneren Medizin, der Chirurgie, der Intensivmedizin oder der Notfallambulanz – für die Bürgerinnen und Bürger aus Schweinfurt und der Umgebung ohne Not zerschlagen würden.
6. Dezember 2022: Ein neutraler Gutachter soll das Schweinfurter Modell prüfen
Die Kritik zeigt Wirkung: Das Leopoldina und das St. Josef einigen sich, einen neutralen Gutachter zu beauftragen, der das sogenannte "Schweinfurter Modell" prüfen soll. Professor Dr. Norbert Roeder aus Münster führt in der Folge zahlreiche Gespräche mit allen Beteiligten, die bestehenden neun Projektgruppen stoppen erst einmal.
Ausdrücklich diskutiert werden soll, ob das Zielbild, das Leopoldina-Krankenhaus zu einem Zentralklinikum zu entwickeln und das Krankenhaus St. Josef zu einem Integrierten Gesundheits- und Bildungszentrum, der richtige Weg ist. Der Geschäftsführer des Josefs-Krankenhauses, Norbert Jäger, erklärte, worauf es ankomme: "Wir müssen unsere Mitarbeitenden dafür begeistern, was wir vorhaben."
10. Oktober 2023: Das Gutachten wird vorgestellt und St. Josef steigt aus
Im Oktober 2023 stellt Professor Roeder sein Gutachten vor. Er hält die Kooperation für richtig, schlägt aber einen Träger mit mehreren Gesellschaftern vor. Ein Weg, den die Kongregation nicht mitgehen will. Aus "weltanschaulichen Gründen", so Generaloberin Monika Edinger, steigt die Kongregation aus dem "Schweinfurter Modell" aus. "Eine Ein-Träger-Lösung in gemeinsamer Gesellschaft mit einem kommunalen Träger würde unserer Identität und unserem christlichen Auftrag zuwiderlaufen", wird die Generaloberin in einer Pressemitteilung zitiert. Die Erlöserschwestern machten stattdessen dem Leopoldina Krankenhaus ein Übernahmeangebot.
24. April 2024: Das Leopoldina-Krankenhaus wird das Josefs-Krankenhaus nicht übernehmen
Der nächste Rückschlag folgt einige Monate später: Im Winter 2023/24 prüfte die Stadt intensiv, ob man das Josefs-Krankenhaus übernehmen und das "Schweinfurter Modell" in Eigenregie durchführen könnte. Es scheitert an den Finanzen. "Die krankenhauspolitischen Umstände sowie die wirtschaftliche Situation des Leopoldina-Krankenhauses und der Stadt Schweinfurt, bieten derzeit keinen Spielraum für das geplante Projekt", heißt es. Das Krankenhaus St. Josef gibt bekannt, sich nach neuen Partnern umzuschauen.
23. Juli 2024: Auch der Bezirk steigt aus: St. Josef wird Ende 2024 geschlossen
In einer kurzfristig einberufenen Pressekonferenz gaben die Würzburger Erlöserschwestern ihren Rückzug bekannt: St. Josef wird zum 31. Dezember 2024 geschlossen, 800 Mitarbeitende verlieren ihre Jobs. Der Bezirkstag lehnte auf seiner letzten Sitzung vor der Sommerpause im nicht öffentlichen Teil eine Übernahme von St. Josef wegen hoher wirtschaftlicher Risiken ab. Es folgt eine intensive Diskussion im Sommer über die Gründe und wie es weitergeht in Sachen Krankenhausversorgung.