Der 27. Juli 1931 sollte als "freudiges Ereignis" in die Geschichte der katholischen Gemeinde Schweinfurt eingehen: An jenem Montag vor 90 Jahren wurde das Krankenhaus St. Josef eröffnet. Diözesanbischof Mathias Ehrenfried weihte im Beisein zahlreicher Ehrengäste den von der Kongregation der Töchter des Allerheiligsten Erlösers in Würzburg errichteten Neubau mit 120 Betten ein. Im Schweinfurter Tagblatt war damals zu lesen: "Der Bischof begrüßte die Errichtung des Hauses als eine soziale, christliche und katholische Tat." Und er hoffe, dass das neue Krankenhaus kein Zankapfel sei, sondern eine Brücke schlagen werde zwischen Stadt, Katholiken und allen Bevölkerungsteilen.
Warum hat ein Würzburger Frauenorden in Schweinfurt ein Krankenhaus gebaut? Noch dazu unter großen finanziellen Opfern. Für die Finanzierung war sogar eine Anleihe von einem katholischen Orden in Holland nötig gewesen. Immerhin gab es vor Ort ein städtisches Krankenhaus mit 125 Betten und zusätzlich 15 Betten für Wöchnerinnen sowie zehn Betten für Kinder.
Antwort auf diese Frage findet man in dem Buch "Helfen und Heilen", eine Chronik der Medizingeschichte der Stadt Schweinfurt, die Dr. Wolfgang Kattner verfasst hat. Der heute 80-Jährige war Gynäkologe in Schweinfurt und Belegarzt am St.-Josef-Krankenhaus. In akribischer Kleinarbeit hat er die Medizingeschichte der Stadt Schweinfurt zwischen 1900 und 1939 aufgearbeitet. Der Zeitrahmen ist bewusst gewählt, weil beide Eckdaten für markante Umwälzungen stehen.
Um 1900 hatte die Explosion der Industrialisierung in Schweinfurt zu einem schnellen Bevölkerungswachstum geführt. Bis 1925 hatte sich die Einwohnerzahl Schweinfurts von 15 302 auf 36 608 mehr als verdoppelt und erreichte bis zum Jahresende 1928 sogar knapp die 40 000er-Marke. Daraus ergab sich ein extremer Mangel an Wohnraum, zudem mit schlechten hygienisch-sanitären Verhältnissen. Dies führte zu Seuchen, Typhus, Cholera, Spanischer Grippe, Tuberkulose und Geschlechtskrankheiten. "Eine Herausforderung für die Medizin, aber auch eine gesundheitspolitische Aufgabe für die Stadt", erklärt Kattner.
Um die historischen Entwicklungen zu verstehen, blickt Kattner in seiner Chronik einige Jahrhunderte zurück, ins Jahr 1233, als das erste Siechenhaus vor der Stadt errichtet wurde. Hier wurden zunächst Leprakranke untergebracht. Genauer gesagt ausgegrenzt, um die gesunde Bevölkerung vor Ansteckung und dem Anblick der Kranken zu schützen. 1560 entstand ein "Seelhaus" (Armenhaus), ein kleines Spital für Gebrechliche und mittellose Kranke. "Damals waren diese Häuser nur eine Bewahranstalt", erklärt Kattner. Erst Mitte des 19. Jahrhunderts wurde ein wirkliches Krankenhaus gebaut. Es entstand zwischen der heutigen Luitpold- und Schrammstraße (damals ein Komplex von Äckern) und war 1846 bezugsfertig. Personell war es mit drei Ärzten, einem Spitalaufseher, vier Krankenwärterinnen und einem Kunstgärtner ausgestattet.
Es fehlten 170 Krankenhausbetten
Bevölkerungszuwachs und Fortschritt in der Medizin machten Ende des 19. Jahrhunderts bereits einen neuerlichen Neubau notwendig. Als Bauplatz entschied man sich für die Weinbergslage an der Herdgasse hinter dem sogenannten Löhlein. Das neue Krankenhaus wurde im Oktober 1901 eröffnet, ärztlicher Leiter war Dr. Hans Graetz. Trotz einiger im Lauf der Jahre errichteten Erweiterungsbauten war auch das schnell zu klein, um die steigende Zahl der Patienten zu versorgen. Das Haus war ständig überbelegt. Es fehlten für die Größe der Stadt 170 Betten. Der Stadtrat beschloss deshalb einen fünfgeschossigen Neubau südlich des bisherigen Hauptbaues mit einem Übergang.
Aber die Wirtschaftslage war schlecht, und die klamme Haushaltskasse verzögerte das Bauvorhaben von Jahr zu Jahr. Als 1929 die Neubaupläne Form annahmen, gab es plötzlich andere Schwierigkeiten: Die Diakonissinnen von Neuendettelsau hatten kurz zuvor das neue Krankenhaus in Fürth übernommen, und so mangelte es an Pflegekräften für das Schweinfurter Stadtkrankenhaus. Kattner: "Pflegemangel war auch damals schon ein Thema."
In dieser Zeit wurden erstmals Gerüchte laut, ein Frauenorden wolle in Schweinfurt ein eigenes Krankenhaus bauen. "Die Erlöserschwestern in Würzburg hatten den Bedarf erkannt", so Kattner. So entstand in den schweren Jahren 1930/31 – es herrschte große Arbeitslosigkeit und die ganze Welt stand in der Weltwirtschaftskrise – an der Stelle des alten Maria-Theresia-Heimes in der Ludwigstraße/Ecke Rüfferstraße ein modernes Krankenhaus mit 120 Betten, das vorwiegend für chirurgische Eingriffe und für die Geburtshilfe für die katholische Bevölkerung der Umgebung bestimmt war. Dr. Andreas Brech wurde zum ersten Chefarzt und Leiter der Klinik berufen.
Neben dem Chirurgen Brech hatte der niedergelassene Frauenarzt Dr. Erich Leiber die Möglichkeit, als Belegarzt gynäkologische Operationen durchzuführen. Auch die spätere private Knüpffer-Frauenklinik nutzte die OP-Möglichkeiten im Josefs-Krankenhaus. Kattner selbst hat als praktizierender Frauenarzt dort bis zu seinem Ruhestand im Jahr 2006 Operationen durchgeführt.
Nazis wollten das Krankenhaus als Schulungsstätte nutzen
"Das neue Krankenhaus erfreute sich bald eines großen Zulaufs und wurde allmählich von der Stadt als Konkurrenz empfunden", schreibt Kattner in seiner Chronik. So hinterfragte 1936 die Städtische Krankenhausverwaltung in einem Schreiben an den Oberbürgermeister "die gewerbe-polizeiliche Genehmigung des Krankenhauses St. Josef". Alles war jedoch einwandfrei. Daraufhin forderte die Stadt, dass "die Vergrößerung des Krankenhauses St. Josef für immer unterbunden werden muss". Es sollte anders kommen, wie die Entwicklung des Hauses in den neun Jahrzehnten seines Bestehens zeigt.
Doch der Start zur Zeit des Nationalsozialismus war erst einmal schwierig. Der Krankenhausbetrieb konnte nur unter großen Anstrengungen der Schwestern aufrechterhalten werden. Die Nazis wollten das Haus schließen, enteignen und als NS-Schulungsstätte benutzen. Als 1939 dann der Krieg ausbrach, wurden Ärzte eingezogen und die Schwestern in den Lazaretten eingesetzt. Auch das Josefs-Krankenhaus, dessen Bettenzahl mittlerweile auf 200 angewachsen war und das dringend zur Versorgung der Bevölkerung benötigt wurde, sollte zum Hilfslazarett umgewandelt werden.
Dazu kam es nicht, ein Bombenhagel machte aus dem schönen, modernen Haus einen Trümmerhaufen. Bei den Luftangriffen 1944/45 auf Schweinfurt wurde das Josefs völlig zerstört. Die Klinik musste schließen. Was noch an Instrumenten und Ausstattung vorhanden war, wurde verlagert. Gleich nach Kriegsende machte sich die Kongregation der Töchter des Allerheiligsten Erlösers allerdings an den Wiederaufbau. Stockwerk um Stockwerk wurde neu ausgestattet. Schließlich konnten auch das provisorische Notdach beseitigt und der fünfte Stock fertiggestellt werden.
Bettennot nach dem Krieg erforderte Erweiterung
Die Bettennot für Kranke war nach dem Krieg in Schweinfurt aber erneut akut. Deshalb wurde ständig weitergebaut. In den 1950er-Jahren erfolgte der sechsstöckige Anbau an der Wilhelmstraße, in den Folgejahren entstand der Flachbau nach Süden und schließlich der Neubau an der Friedenstraße mit Hauskapelle, Schwesternschule und Schwesternwohnheim.
Auch die Fortschritte in der Medizin zwangen den Krankenhausträger immer wieder zu Umbauten. 1950/51 erfolgten die fachliche Erweiterung durch eine Innere Abteilung und die Eröffnung der Krankenpflegeschule. Die Professionalisierung der Anästhesie erforderte in den 1970er-Jahren die Eröffnung einer neuen, eigenen Abteilung am Krankenhaus. Gleichzeit wurde die Intensivstation unter der Leitung von Chefarzt Dr. Otto Reichert in Betrieb genommen. In den Achtzigern stand die Erweiterung der Operationsabteilung an, bevor 1992 mit der Grundsteinlegung für den Neubau der erste Bauabschnitt einer Gesamtsanierung des Hauses begann.
Ende des 20. Jahrhunderts wurden das Ambulante Dialyse- und Herz-Zentrum eröffnet, 2001 das Ambulante OP- und Radiologische Zentrum. 2002 kam die Palliativstation dazu. Ein weiterer Anbau erfolgte von 2009 bis 2011 mit dem Ärztehaus. Verschiedene Fachpraxen bieten hier auf drei Stockwerken in direkter Anbindung zum Krankenhaus ihre ambulanten Leistungen an. Im Oktober 2012 ging die Geriatrie-Abteilung in Betrieb. Seit 2015 sorgt das St.-Josef-Krankenhaus zudem für die Gesundheitsversorgung von Geflüchteten im Ankerzentrum.
"Das Josefs hat Vorbildcharakter in Schweinfurt", verweist Chronist Kattner auf die christlichen Werte des Hauses. Die Kongregation der Schwestern des Erlösers sieht die Trägerschaft und das Führen ihres Krankenhauses St. Josef als wichtigen Teil ihres Sendungsauftrages. Im Mittelpunkt steht der Patient mit seinen Angehörigen. "Dieser Geist des Hauses hat mir immer unwahrscheinlich gut gefallen."
St.-Josef-Krankenhaus
90 Jahre St. Josef: Wir erzählen die Geschichte der neun Jahrzehnte mit besonderen Ereignissen und besonderen Menschen. Im nächsten Teil der Serie geht es unter dem Motto "Im Sepperle geboren" um die Geburtshilfe.