Der 27. April 2022 ist das Datum, das man für die Mitarbeitenden des Krankenhauses St. Josef sowie des Leopoldina-Krankenhauses getrost als Zeitenwende beschreiben kann. Damals wurde für viele Außenstehende völlig überraschend bekannt gegeben, dass die beiden Krankenhäuser bis 2030 einen engen Verbund planen. In den vergangenen Monaten war die Kritik an dem Prozedere intern groß. Warum haben sich die Vorzeichen geändert und warum stellt der 6. Dezember 2022 einen Wendepunkt dar?
An eben jenem Nikolaus-Tag gaben Jürgen Winter, Geschäftsführer des städtischen Leopoldina-Krankenhauses, Norbert Jäger, Direktor des Krankenhaus St. Josef, und Martin Stapper, Geschäftsführer der Kongregation der Schwestern des Erlösers, des Trägers des Josefskrankenhaus, eine gemeinsame Pressekonferenz. Bei dieser erklärten sie noch einmal die aus ihrer Sicht bestehende Notwendigkeit des Verbundes. Und warteten mit einer Neuerung auf, die ganz offenbar die Ängste und Sorgen der Mitarbeitenden vor allem in St. Josef aufgenommen hat: Die neun Projektgruppen wurden gestoppt, bis das externe Gutachten zu den Plänen fertig ist.
Mit diesem beauftragt wurde die Beratungsfirma von Professor Dr. Norbert Roeder aus Münster, der an der dortigen Uniklinik bis 2017 ärztlicher Direktor und Vorstandsvorsitzender war. Als Chirurg kennt er die medizinische Sicht genauso wie die kaufmännische. "Er ist ein sehr unabhängiger Kopf", betonte Norbert Jäger, der sich wie Martin Stapper und Jürgen Winter von dem Gutachten aber "viel verspricht". Es gehe vor allem darum, den Verbund-Gedanken durch Roeder aus Sicht der Medizin und des Nutzens für die Patientinnen und Patienten zu betrachten.
Gutachter spricht mit Chefärzten und Vertretern der Pflege
Dass die Projektgruppen gestoppt wurden, ist aus Sicht der Geschäftsführer auch deshalb notwendig, weil Roeder Wert darauf legte, mit allen Chefärztinnen und Chefärzten und den Vertretern aus dem Pflegebereich zu sprechen – in beiden Häusern. Ausdrücklich diskutiert werden soll, ob das ausgegebene Zielbild, das Leopoldina-Krankenhaus zu einem Zentralklinikum zu entwickeln und das Krankenhaus St. Josef zu einem Integrierten Gesundheits- und Bildungszentrum, der richtige Weg ist.
In mehreren vertraulichen Gesprächen mit dieser Redaktion hatten sich Vertreter der Ärzte- wie der Pflegeschaft sehr besorgt gezeigt und die Stimmung vor allem in St. Josef als "bescheiden" bezeichnet, von "starker Verunsicherung" war die Rede.
Mitarbeiter in beiden Schweinfurter Krankenhäusern umfangreich informiert
Diese Sorgen haben die Geschäftsführer laut eigener Aussage ernst genommen und in den vergangenen Wochen viel Zeit darauf verwendet, intern zu informieren – in Versammlungen, in mehreren Besprechungen, in Rundbriefen, bei einer erst kürzlich durchgeführten Klausurtagung mit den Chefärzten. "Besonnenheit ist die beste, wenn auch nicht wahrscheinlichste Verhaltensweise", betonte Norbert Jäger, wohl wissend, dass eine der wichtigsten Aufgaben für beide Häuser ist, "unsere Mitarbeitenden dafür zu begeistern, was wir vorhaben".
Die Kooperation sei ausdrücklich keine Fusion, sondern ein Verbund zweier starker Partner mit jeweils zwei verschiedenen Trägern, betonte Martin Stapper.
Die Themen, die seit Jahren alle im Gesundheitssektor Tätigen umtrieben, seien demographischer Wandel, Arbeitskräftemangel, die Ambulantisierung medizinischer Leistungen sowie die gesundheitspolitischen "Daumenschrauben", so Stapper. "Wir geben eine Antwort darauf, wir wollen agieren, bevor wir nur noch reagieren können", betonte er.
Erlöserschwestern haben sich bewusst gegen Verkauf von St. Josef entschieden
Den Weg "Kooperation statt Konkurrenz" sieht Stapper im Namen der Erlöserschwestern nach wie vor als den richtigen an. Man sei seit mehr als 90 Jahren in Schweinfurt tätig, habe "einen guten Ruf" und die Kongregation habe sich bewusst gegen einen Verkauf des Hauses an einen anderen Träger entschieden.
Leopoldina-Geschäftsführer Jürgen Winter betonte, sein Haus könne insbesondere die Notfallversorgung der Menschen in der Region "uneingeschränkt leisten". Er verwies darauf, sich zu überlegen, ob die Alternative zum Verbund, also weiter zwei miteinander um Patienten konkurrierende Krankenhäuser, zukunftsfähig sei: "Nein, das muss man klar sagen, das ist es nicht."
Gesundheitsminister Klaus Holetschek sieht das Schweinfurter Modell positiv
In der Kommunikation mit den Mitarbeitenden habe man auch immer wieder klar gemacht, dass es ad hoc keine Veränderungen gebe. Erst Ende 2023 wird endgültig entschieden, in welcher Form der Verbund an den Start gehen soll.
Abhängig ist das auch davon, wie sich das Gesundheitsministerium in München positioniert: "Bisher wurden acht Gespräche, auch mit dem Minister, geführt", so Jürgen Winter. Diese seien "durchweg positiv und ermutigend" gewesen mit der Aufforderung, den Weg weiter zu gehen. Das so genannte "Schweinfurter Modell" nehme genau das vorweg, was das Ministerium für die zukünftige Gesundheitspolitik erwarte.
1. Die schlichte Wiederholung der Äußerungen vom 29.4.2022 ohne Belege reicht nicht. Der bayerische Gesundheitsminister taugt nicht als Ersatz mit seinen angeblichen Äußerungen. JOSEF und LEO hatten schon bisher kein Konkurrenzproblem, sondern bewiesen professionelle Kooperation. Die ausreichende Notfallversorgung in der Region durch das LEO wird ausdrücklich nicht bestätigt, sondern nur die uneingeschränkte Leistung. Daran hindert das LEO auch heute niemand.
2. Nachdem die Kommunikation durch Geheimabsprachen verkorkst war, wird erneut verkündet, „unsere Mitarbeitenden dafür begeistern zu müssen, was wir vorhaben“. Ein vorgegebenes Endergebnis der medizinischen Entkernung des JOSEF taugt dafür nicht. Jetzt soll es ein Gutachter richten. Ihn kann man übrigens auf youtube sehen und hören.