Der 27. April 2022 ist das Datum, das man für die Mitarbeitenden des Krankenhauses St. Josef sowie des Leopoldina-Krankenhauses getrost als Zeitenwende beschreiben kann. Je nach Perspektive als Zeitenwende zum Schlechten. Rund fünf Monate nach der für Außenstehende völlig überraschenden Bekanntgabe, bis 2030 einen engen Verbund der beiden Krankenhäuser zu entwickeln, ist die Stimmung bei den Mitarbeitenden vor allem in St. Josef auf dem Tiefpunkt.
In mehreren vertraulichen Gesprächen mit dieser Redaktion zeichnen Betroffene ein erschreckendes Bild: Es herrscht Angst, Verunsicherung und große Sorge um die Zukunft des eigenen Arbeitsplatzes und des Krankenhauses. Die beiden Geschäftsführer, Jürgen Winter vom Leopoldina und Martin Stapper von der Kongregation der Schwestern des Erlösers als Betreiber des Krankenhaus St. Josef, erklärten im August in einem gemeinsamen exklusiven Interview, die Kooperation sei "der einzig gangbare Weg", die Zukunft beider Häuser zu sichern.
Viele Mitarbeitende in Pflege wie Ärzteschaft teilen diese Ansicht ganz und gar nicht. Der Plan, das Leopoldina-Krankenhaus zu einem Zentralklinikum zu entwickeln und das Krankenhaus St. Josef zu einem Integrierten Gesundheits- und Bildungszentrum, löst nicht Euphorie, sondern Zukunftsängste aus. Die Stimmung wird von Insidern als "bescheiden" beschrieben, es herrsche "starke Verunsicherung".
Auf Nachfrage der Redaktion bestätigt die Mitarbeitervertretung des Krankenhauses St. Josef mit Klaus Riegler an der Spitze diese Einschätzung. "Es war ein großer Schock für die Mitarbeiter, da die Nachricht ohne Vorankündigung aus heiterem Himmel kam und für alle völlig überraschend war", heißt es. Das vorgestellte Zielbild habe bei den Betroffenen "massive Ängste und Bedenken" verursacht.
Werden gut funktionierende medizinische Strukturen ohne Not zerschlagen?
Im Kern ist die Kritik, dass aus Sicht der Betroffenen im Krankenhaus St. Josef gut funktionierende Strukturen in der Gesundheitsversorgung – zum Beispiel in der Inneren Medizin, der Chirurgie, der Intensivmedizin oder der Notfallambulanz – für die Bürgerinnen und Bürger aus Schweinfurt und der Umgebung ohne Not zerschlagen würden. "Ist der verbleibende Standort Krankenhaus St. Josef dann überhaupt noch ein Krankenhaus?", fragt sich die Mitarbeiter-Vertretung und bringt damit die Zukunftsangst auf den Punkt.
Vor einigen Wochen begannen die acht Projektgruppen, besetzt mit Experten aus beiden Krankenhäusern, zu tagen. Der Josefs-Mitarbeiter-Vertretung sei versichert worden, dass es im Prozess auch K.-o.-Kriterien geben könnte. Gleichwohl wurden die Gruppen von den jeweiligen Geschäftsleitungen mit Mitarbeitern besetzt. Inwiefern das Zielbild geändert werden kann oder die Gruppen dazu da sind, lediglich einen Weg zu erarbeiten, es zu erreichen, ist offen.
Mitarbeitervertretung spricht von Kündigungswelle in manchen Bereichen
Im Gespräch äußern die mit der Materie vertraute Personen deutliche Kritik: Nicht die bestmögliche medizinische Versorgung der Bürger in Stadt und Landkreis Schweinfurt durch zwei gut funktionierende Krankenhäuser stehe im Vordergrund, sondern betriebswirtschaftliche Erwägungen. Es drohe vor allem für das Josefs-Krankenhaus "ein schnelles Desaster", denn es gebe bereits Mitarbeitende, die das Haus wegen unsicherer Perspektiven verließen. Das bestätigt auch die Mitarbeiter-Vertretung auf Nachfrage: "In manchen Bereichen kann man von einer Kündigungswelle sprechen."
Die grundsätzliche Idee einer noch engeren Kooperation als bisher schon stellen weder die Beschäftigten noch die Mitarbeitervertretung in Frage. Es geht ihnen um das Wie, also darum, dass die Geschäftsleitungen beider Häuser vor der Bekanntgabe keinen der Betroffenen in ihre Pläne eingebunden hatte. Nicht die komplexen medizinischen Themen hätten zuerst und unter Zeitdruck auf die Agenda gehört, sondern Zusammenarbeit zum Beispiel durch eine gemeinsame Apotheke, IT, Energie-Versorgung, Sterilisation oder auch eine Kooperation bei Personalthemen.
Auch die Mitarbeitervertretung sieht das so: "Wir fänden es gut, wenn sich die Krankenhäuser der Region zusammenschließen würden und ein gemeinsames Konzept für die Versorgung unserer Bewohner erarbeiten, bei dem jedes Haus spezielle Leistungen, aber auch die Grundversorgung sicherstellen könnte. Wir denken, somit könnte ein Überleben der einzelnen Krankenhäuser ermöglicht werden."
Klar ist auch, dass die Gespräche zwischen den beiden Krankenhäusern aus Sicht der Betroffenen nicht auf Augenhöhe laufen. Denn gerade für die rund 450 Pflegekräfte im Josefs-Krankenhaus verändert sich viel mehr als für die Abteilungen im Leopoldina-Krankenhaus. Eine drastische Umschreibung der Arbeit in den Projektgruppen lautet: "Wir bauen an unserem eigenen Sarg." Der Bevölkerung müsse klar sein, dass es bei einer vollständigen Umsetzung der Pläne "das Krankenhaus St. Josef nicht mehr gibt", heißt es.
In den Gesprächen kristallisiert sich die Forderung heraus, das formulierte Zielbild zu streichen und den Diskussionsprozess über eine Kooperation neu und vor allem ergebnisoffen zu beginnen. Leopoldina-Geschäftsführer Jürgen Winter betonte im August: "Wir merken, wir müssen schnell Antworten liefern, um die Verunsicherung, die in beiden Häusern existiert, baldmöglichst durch konkrete Antworten zu reduzieren."
Bekannte frühere Chefärzte des Josefs-Krankenhauses finden deutliche Worte
Neben Betroffenen, die derzeit noch im Krankenhaus St. Josef arbeiten, meldeten sich zu dem Verbund auch zwei frühere Chefärzte zu Wort: Dr. Christof Bretscher und Dr. Georg Lippert. Beide lehnen die Pläne ab. Bretscher schreibt, er empfinde die Absichtserklärung "in Form und Inhalt skurril, grotesk oder auch skandalös".
Die gesamte Klinikversorgung einschließlich der Notaufnahme nur noch am Leopoldina-Krankenhaus zu planen, sei ein Fehler, so Bretscher. "Die (Notaufnahme, Anm. d. Red.) war im Josef immer integraler Bestandteil der Klinik und ist in Qualität, Standort und Frequenz unverzichtbar für Schweinfurt. Kooperationen wie mit dem 'Ambulanten Herzzentrum' mit Herzkatheter im Josefs und allen operativ tätigen Belegern werden an die Wand gefahren." Belastbare Argumente "für diesen ruinösen Schritt" sehe er nicht.
"Der Slogan 'Kooperation statt Konkurrenz' liegt daneben: Die Kooperation zwischen den Häusern ist lange schon komplex und ausgezeichnet, aber dennoch gibt es auch eine – wenn auch beschränkte – Wahlmöglichkeit in Stadt und Landkreis. Das interessiert die Menschen. Eine Begriffsänderung von 'Bildungs- und Sozialzentrum' in 'Integriertes Gesundheits -und Bildungszentrum' für das Josefs ändert gar nichts am Eindruck 'Altersheim' oder 'Abstellgleis'", so Christof Bretscher.
Aus Sicht Bretschers und Lipperts hätte es andere Möglichkeiten für die Kongregation der Schwestern des Erlösers als Betreiber des Krankenhauses St. Josef gegeben, die Zukunft des Hauses in Schweinfurt zu sichern. Man müsse sich "allerdings einer offenen komplexen Diskussion auch von Seiten des Krankenhausträgers stellen", so Bretscher. Georg Lippert sieht ebenfalls keinen Vorteil im geplanten Verbund: Die Betroffenen würden nicht gefragt, die Verwaltungsleitung lehne aus seiner Sicht sinnvolle Vorschläge von Seiten der Ärzteschaft oder der Pflege ab. "Als ehemaliger Insider sehe ich für die Zusammenlegung und Kooperation der beiden Häuser weder eine Alternative noch eine Zukunft", so Lippert.
hochqualifiziertes Personal und eine hochwertige medizinische Behandlung. Ich denke auch, das die Beschäftigten dort, Pflegepersonal und Ärzte, die Verlierer dieser Fusion sind. Und die Bürger. Ich würde mir wünschen, die Ideen und Konzepte der Mitarbeitervertretungen als Alternative gleichwertig in die Diskussion mit einzubeziehen. Kaputt machen geht immer schnell, was wir brauchen ist aber auch zukünftig eine gute Gesundheitsversorgung, dazu gehört das Josefs-Krankenhaus und sein engagiertes Personal. Und sinnvolle Kooperation von beiden Häusern, keine Fast-Zerschlagung.
Das Josefs besticht seit Jahren durch seine gute Arbeit in den Bereichen der Medizin, Pflege, Therapie & Funktionsdiagnostik, ohne den Patienten zur gesichtslosen Nummer zu machen - wo wird diese Qualität gewürdigt, wenn Chefärzte, Pflegeleitungen und Funktionsabteilungen in keinster Weise in diesen Plan mit einbezogen wurden?
Zumal eben diese Personen Ahnung von Medizin & Pflege inkl. notwendiger Voraussetzungen haben - Ahnung, die man den Geschäftsführern wohl größtenteils absprechen muss.
Und die Begeisterung über den Verbund hält sich in beiden Lagern in Grenzen, das ist gewiss.
Aber die Politik hat große Mitschuld an diesen Entwicklungen im Gesundsheitswesen.
Ohne Not wird die beste Versorgung vernichtet!
Wer einmal in der Notaufnahme im Leo 3-4 Stunden auf dem Gang verbracht hat und das mit dem Josef vergleichen kann, der findet nur Verachtung für den Vorschlag!
Teilweiser fabrikähnlicher Betrieb wird mit als Masstab gegen persönlicher und individueller Betreuung in einem angenehmen Umfeld ersetzt!
Beide Einrichtungen sind völlig unterschiedlich und das Vertrauen vieler Menschen - Patienten geht verloren! Man muss respektieren dass sich manche im Leo gut aufgehoben fühlen, manche aber auch im Josef!
Das alles wird mit Füßen getreten und dem Geld untergeordnet!
Workshops sind eine tolle Erfindung: Das Ergebnis steht fest, aber die Betroffenen werden eingebunden und können so später dann noch als Schuldige für eventuelle Misserfolge herhalten.