Das Kulturforum und die Frage, wie groß ein Veranstaltungssaal dort sein könnte, beschäftigte die Stadträte in den vergangenen Monaten reichlich. Ausgangspunkt ist ein Streit im Stadtrat im Juli diesen Jahres, als klar wurde, dass der ursprünglich geplante Saal mit bis zu 300 Personen baulich nicht möglich und überdies viel zu teuer ist. Damals hatte sich ein Architekt des mit dem Neubau beauftragten Büros gegenüber den Stadträten im Ton vergriffen.
Ursprünglich hatte die Bauverwaltung angekündigt, spätestens Anfang September eine neue Saal-Planung zu präsentieren. Diese gab es nun erst vier Monate nach der ominösen Juli-Sitzung, nämlich in der November-Sitzung des Stadtrates. Der beschloss mit 30:12 Stimmen, dass nun ein ebenerdiger Saal für bis zu 130 Personen gebaut werden soll, der auch nach außen auf den Innenhof geöffnet werden kann.
Bei der Stadtratssitzung kein Thema, aber bei den Haushaltsberatungen von Oberbürgermeister Sebastian Remelé (CSU) präsentiert, bleibt die Idee der Verwaltung, den von vielen Veranstaltern aus der freien Kulturszene sowie den Chören unter anderem im Kulturprofil gewünschten größeren Veranstaltungsraum durch eine millionenschwere Ertüchtigung der Stadthalle zu ermöglichen. Dort finden zwischen 400 und 700 Gäste Platz. Geprüft werden soll auch, ob am Konferenzzentrum auf der Maininsel eine Bühne angebaut werden kann. Allerdings ist für die Planungen im kommenden Jahr kein Geld in den Haushalt eingestellt.
Baureferent Ralf Brettin stellte nun die drei entwickelten Varianten vor, die das Planungsbüro und die Bauverwaltung gemeinsam erarbeiteten. Alle neuen Ideen sind überirdisch geplant, da sich bekanntlich die im Siegerentwurf enthaltene Saal-Planung im Keller als baulich nicht durchführbar und vor allem viel zu teuer erwies. Eine Möglichkeit für einen Saal wäre eine Erweiterung des neuen Foyers in den Innenhof gewesen, allerdings nur mit rund 90 Personen. Ein weiterer Vorschlag sah einen Saalbau ebenerdig im Innenhof vor, zwischen dem Neubau und der Reichsvogtei. Darin hätten 150 Personen Platz gefunden.
Die dritte Variante, die die Zustimmung der Räte fand und auch von der Verwaltung als beste Möglichkeit gesehen wird, ist ein ebenerdiger Saal, der etwa in der Mitte des neuen Foyers beginnt und mit dem Erweiterungsbau der Alten Reichsvogtei an der Platzkante zum Martin-Luther-Platz abschließt. Der Saal bietet Platz für 130 Personen und könnte zu dem entstehenden Innenhof Richtung Alte Reichsvogtei geöffnet werden.
Ralf Brettin findet, diese Idee spiegele den Ursprungsgedanken des Kulturforums am besten wider. Das sieht auch CSU-Fraktionsvorsitzender Stefan Funk so: "Hier findet Leben statt." Darüber hinaus werde das Denkmal Alte Reichsvogtei geschont. Das wiederum wirkt sich positiv auf die Kosten aus, denn durch die jetzige Planung scheint es der Verwaltung zu gelingen, dass sich sogar der Entschädigungsfonds des Freistaats Bayern eine finanzielle Beteiligung an der Sanierung der Reichsvogtei vorstellen kann.
Die Verwaltung geht mit der neuen Planung, der nun bis Sommer 2020 genaue Entwürfe folgen sollen, davon aus, dass man mit rund 14 Millionen Euro brutto für das gesamte Projekt auskommt. Man rechnet mit einer Förderung von 60 Prozent der förderfähigen Kosten durch die Städtebauförderung für Gebäude und Freianlagen, 20 Prozent Förderung der Landesstelle nichtstaatlicher Museen für die drei Millionen Euro, die für die Gestaltung des Stadtmuseums inklusive Ausstattung vorgesehen sind sowie rund eine Million Euro aus dem Entschädigungsfonds für die Sanierung der Alten Reichsvogtei. Somit würde das Kulturforum die Stadt selbst sieben Millionen Euro kosten.
SPD-Fraktionsvorsitzender Ralf Hofmann war im Gegensatz zu der Ratsmehrheit nicht beeindruckt von den neuen Plänen. "Die Hoffnungen für eine große Chance der Stadtentwicklung werden mit diesem Entwurf enttäuscht", erklärt er. "Es bleibt ein attraktives Museum mit lokalem Bezug, aber kein Magnet für die Stadt", so Hofmann. Der neue überirdische Saal nehme dem Platz auch seinen Aufenthaltsqualität.
Für Hofmann, dessen Fraktion bei den Haushaltsberatungen damit scheiterte, eine Neuplanung für das Kulturforum zu erwirken, ist die jetzt vorgelegte Planung "eine vertane Chance." Der ursprüngliche Gedanke, ein sozio-kulturelles Vorzeigeprojekt im Herzen der Stadt zu entwickeln, sei gescheitert wie die Fokussierung auf Teilhabe und Frequenz durch viele Besucher auch von außerhalb der Stadtgrenzen. "Statt eines Saales gibt es nun ein Wohnzimmer, aber ohne Gastlichkeit", so Hofmann.
Der Ursprung der Idee Kulturforum liegt schon drei Jahre zurück:
- Lesen Sie hier, was der Oberbürgermeister 2016 vorschlug: "Geplant: Kulturforum Martin-Luther-Platz"
- Kulturamtsleiter Christian Kreppel informierte 2017 in der Kulturkonferenz: "Forum für die Schweinfurter Kultur"
- Im März 2018 war der Stadtrat von den Kulturforums-Plänen angetan: "Große Zustimmung für das Kulturforum"
- Im Mai 2018 wurde die neue Leiterin vorgestellt: "Katharina Christ leitet das Kulturforum"
- Im Oktober 2018 gewinnt das Kölner Architekturbüro Heinle, Wischer und Partner den Gestaltungswettbewerb: "Glas und Holz für die Marke Kulturforum"
Der Streit über das Kulturforum begann im Juli 2019 mit einem Eklat im Stadtrat:
- Mitte Juli 2019 begann die Diskussion über die Schwierigkeiten mit dem 300-Personen-Saal im Hauptausschuss: "Kulturforum Schweinfurt: Überraschend gibt es zwei Varianten"
- In der Stadtratssitzung am 23. Juli gab es einen Streit zwischen Architekten und Stadträten: "Eklat wegen Kulturforum: Architekt spricht von "Schlangengrube"
- So kommentierte Oliver Schikora die Geschehnisse: "Neue Planung ist nötig"
- Im Gespräch mit dem Schweinfurter Tagblatt erklärt der Architekt seine Sicht: "Architekt wehrt sich gegen Vorwürfe im Stadtrat"
- Im Gestaltungswettbewerb war der Saal für 300 Personen mit Nebenräumen enthalten, ebenso klar war der Kostenrahmen von 13 Millionen Euro brutto: "Vorgaben waren klar"
- Anfang August stellte die SPD den Antrag, den Rückert-Bau zu nutzen, und will Aufklärung über die Hintergründe: "Schweinfurts SPD fordert Aufklärung von OB"
- In der ersten Ferienausschuss-Sitzung Anfang August stellen OB und Baureferent Ralf Brettin ihre Sicht dar: "Stadt will mit Architekten weiterarbeiten"
- Diese Sitzung kommentierte Oliver Schikora wie folgt: "Verwaltung macht es sich zu leicht"
- Die Schweinfurter SPD-Vorsitzende Julia Stürmer-Hawlitschek kritisierte Mitte August Oberbürgermeister Sebastian Remelé: "SPD wirft OB fehlenden Gestaltungswillen vor"
- CSU-Fraktionschef Stefan Funk weist die SPD-Kritik am OB zurück: Kulturforum in Schweinfurt: CSU ist sauer wegen SPD-Kritik
Die Schweinfurter Kulturszene äußerte sich wie folgt zum Kulturforum:
- In der Schweinfurter Kulturszene kann man den Verzicht auf den 300-Personen-Saal nicht nachvollziehen: "Große Enttäuschung in der Kulturszene"
- Bei der Kulturkonferenz gab es kritische Nachfragen: "Hippes Ambiente, kritische Worte"
- Auch Ende Oktober war in der Kulturszene noch Enttäuschung über die Planungen zu hören: "Frust pur: Schweinfurts Kulturszene ist enttäuscht vom OB."
- So kommentierte Oliver Schikora die Diskussion bei den Haushaltsberatungen über das Kulturforum: "Ein Fehler, der sich rächen wird."