Das Kulturforum ist das Sommer-Thema in der Stadt, aus vielerlei Gründen. In der Stadtratssitzung am 23. Juli beschlossen die Räte auf Empfehlung der Verwaltung, das Projekt 300-Personen-Saal zu streichen. Er war in der Größe technisch nicht möglich und hätte, da im Untergeschoss geplant, Mehrkosten von vier Millionen Euro erzeugt. Nun soll eine Kostenberechnung für einen Saal mit bis zu 166 Personen und einer Öffnung auf den Vorplatz erstellt werden.
Doch was sagen die Betroffenen, die potenziellen Nutzer aus der Kulturszene dazu, dass der große Saal gestrichen wird? Sie sind, das ist der höflich formulierte Schluss aus zahlreichen Gesprächen, enttäuscht. Die neuen Pläne für das Gesamt-Konzept Kulturforum, die Wünsche und vor allem die Versprechungen von Seiten der Verwaltung vor zwei bis drei Jahren stehen diametral zueinander.
Um die Enttäuschung in der Kulturszene zu verstehen, ist es wichtig, einen Blick in das eineinhalb Jahre lang entwickelte Kulturprofil zu werfen, das im März dieses Jahres abgeschlossen wurde. Unter anderem gab es einen zweitägigen Workshop im Februar 2018, an dem sich Vertreter städtischer Institutionen, der freien Kulturszene und der Chöre beteiligten. Sie machten viele Vorschläge, was aus ihrer Sicht wichtig ist, um eine zukunftsfähige Basis zu schaffen in einer Stadt, die mit über 600 Kultur-Veranstaltungen schon eine ungeheure Vielfalt bietet.
Ein aus Sicht der Kulturszene besonders wichtiges Thema, auf Seite 29 des Kulturprofils nachlesbar: der Veranstaltungssaal mittlerer Größe. "Ein zweiter wichtiger Problembereich betrifft Räume für die Kultur. So fehlt es etwa an einem mittelgroßen Veranstaltungsraum/einer Veranstaltungshalle mit 300 bis 400 Plätzen sowie an einem Kulturhaus/Kreativhaus für Künstler, Chöre und vergleichbare Interessengruppen, ...", heißt es im Kulturprofil.
300-Personen-Saal würde von der Kulturszene rege genutzt
Kulturamtsleiter Christian Kreppel hatte im Stadtrat aus der Umfrage unter den Kulturtreibenden zitiert und festgestellt, dass ein Bedarf zur Nutzung eines 300-Personen-Saals mit geschätzt 50 Veranstaltungen pro Jahr da ist. Oberbürgermeister Sebastian Remelé (CSU) verwies im Stadtrat darauf, dass es anderen Optionen für größere Örtlichkeiten gibt, verwies unter anderem auf die Stadthalle.
Im Moment sieht es danach aus, dass es den erhofften mittelgroßen Saal auf absehbare Zeit nicht geben wird. Der Vorschlag der SPD-Stadtratsfraktion, den Friedrich-Rückert-Bau auf der dem Haupteingang der Johannis-Kirche gegenüberliegenden Platzseite umzubauen und dort einen Saal der gewünschten Größe mit Bühne und Nebenräumen zu bauen, wird von der Verwaltung skeptisch gesehen. Es gibt noch keine konkreten Pläne für eine Sanierung des Gebäudes, der Standort aber könnte in Zusammenhang mit dem Neubau des Friederike-Schäfer-Heimes eine Rolle spielen, auch wenn dies bisher noch nicht öffentlich diskutiert wurde.
Die neuen Pläne fürs Kulturforum kritisch beurteilt unter anderem KulturPackt-Sprecher Ingo Schäfer. Der KulturPackt benötige eine solche Räumlichkeit für seine Veranstaltungen nicht, halte ihn aber durchaus für wichtig, da es entweder Säle mit bis zu 150 Personen oder ab 500 gibt. Aus Schäfers Sicht ist es "nicht nachvollziehbar", warum der Saal nun doch nicht gebaut werden kann, obwohl er Teil der Auslobung des Gestaltungswettbewerbs war. Er könnte sich mit der Idee Rückertbau durchaus anfreunden, das würde auch Entlastung im Kulturforum selbst schaffen.
Genauso sieht das auch Hilde Müller von der Sängergruppe Schweinfurt-Stadt im Sängerkreis Schweinfurt. Sie nahm an allen Sitzungen im Rahmen der Kulturprofil-Erstellung teil und hatte auf räumliche Verbesserungen für die Schweinfurter Chöre gehofft. Müllers ernüchtertes Fazit: "Ich bin nur enttäuscht."
Man habe sich die Zeit für die Workshops genommen, die Umfragen ausgefüllt, Vorschläge gemacht und doch werden die Pläne nun geändert. Sie sei seit über drei Jahrzehnten in Chören engagiert und habe immer wieder darauf hingewiesen, dass die Chöre Räume zum Proben aber auch zur Lagerung ihrer Utensilien brauchen. "Ich hatte gedacht, es wird ein Zentrum für alle, die mit Kultur etwas am Hut haben, wo man sich trifft", erklärt Müller. Gerade die Chöre hätten für Konzerte den 300-Personen-Saal gut nutzen können, ist sie überzeugt
Verwundert über die Entwicklung ist auch Disharmonie-Chef Jürgen Dahlke: "Es wäre schade, wenn der große Saal nicht käme." Die Disharmonie, so Dahlke, habe in den Befragungen immer wieder ihr Interesse zur Nutzung eines 300-Personen-Saals signalisiert. Bis zu 20 Veranstaltungen im Jahr kann sich Dahlke vorstellen, aus allen Genres vom Kabarettisten bis zum kleinen Konzert.
Ein 300-Personen-Saal wäre eine wirtschaftliche Alternative für Veranstalter
Der Punkt für die Disharmonie: Sie hat selbst 120 Plätze im großen Saal mit Bühne und professioneller Technik. Der nun geplante 166-Personen-Saal ist für die Disharmonie unwesentlich größer und auch aufgrund der zu erwartenden Miete wahrscheinlich unwirtschaftlich. Man habe in den vergangenen Jahren immer wieder bei beliebten Kabarettisten zwei Spieltermine pro Tag angeboten, um der Nachfrage gerecht zu werden, so Dahlke.
Die Stadthalle sei grundsätzlich sicher eine gute Spielstätte, für einen Veranstalter aber mit relativ hohen Kosten verbunden, da zum einen die Miete fällig wird, zum anderen man selbst für das nötige technische Equipment sorgen muss. Mit der Kulturhalle in Grafenrheinfeld, in der häufiger Disharmonie-Veranstaltungen stattfinden, ist Dahlke sehr zufrieden. Hier gibt es aber das Problem, dass Gäste nachts nicht mit dem Bus zurück in die Stadt kommen.