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SCHWEINFURT
Große Zustimmung für das Kulturforum
Der Innenhof von der Alten Reichsvogtei gesehen in Richtung Altes Gymnasium. Dieser Bereich soll im Rahmen des Architektenwettbewerbs überplant werden und in einem Neubau das Foyer und die neuen Veranstaltungsräume unterbringen, sowie die drei historischen Gebäude verbinden.
Foto: Oliver Schikora | Der Innenhof von der Alten Reichsvogtei gesehen in Richtung Altes Gymnasium. Dieser Bereich soll im Rahmen des Architektenwettbewerbs überplant werden und in einem Neubau das Foyer und die neuen Veranstaltungsräume ...
Oliver Schikora
 |  aktualisiert: 07.04.2020 11:39 Uhr

Wenn man einen Blick auf die Ideenskizzen zum Kulturforum wirft, sich die Pläne erklären lässt, gibt es nur einen Schluss: Vorfreude. Dieses Projekt wird die Schweinfurter Innenstadt ab Anfang der 2020er Jahre prägen wie kein anderes der letzten Jahrzehnte. Es kann der große Wurf werden.

Wohlwollen war auch den Stadträten anzusehen. In gleich zwei Sitzungen – Mittwoch im Schul- und Kulturausschuss, Donnerstag im Bau- und Umweltausschuss – wurden die Pläne von Baureferent Ralf Brettin und Kulturamtsleiter Christian Kreppel präsentiert. Sie stießen parteiübergreifend einhellig auf Zustimmung. Die ersten Pläne für das Kulturforum stammen aus dem Sommer 2016 von Oberbürgermeister Sebastian Remelé und Brettin. Seither wird das Thema konsequent weiterverfolgt und gefiel auch den Kulturtreibenden in der Stadt. Der Stadtrat hatte bei den Haushaltsberatungen für 2018 den Weg freigemacht.

Nicht nur Museum, sondern Begegnungsstätte

Ein Kernpunkt ist die multifunktionale Nutzung, die auch im Rahmen des Kulturprofils mehrfach von den Trägern freier Kulturangebote gefordert wurde. So werden mehrere Fliegen mit einer Klappe geschlagen: die historisch bedeutsamen, aber seit 2009 leer stehenden Altes Gymnasium, Stadtschreiberhaus und Alte Reichsvogtei werden saniert; das Stadtmuseum wird überarbeitet und nach den Ansprüchen an ein modernes Museum eingerichtet; die Lücken in der Stadtmuseums-Präsentation (die geschichtliche Aufarbeitung endete 1920) werden geschlossen: Industrie- und Arbeitergeschichte, Migration und Zuwanderung oder die Geschichte der Amerikaner in Schweinfurt bekommen Platz; es gibt eine neue Spielstätte mit bis zu 200 Plätzen sowie verschiedene Veranstaltungsräume für alle möglichen Interessenten von Chor-Proben bis zum Volkshochschulkurs.

„Das neue Kulturforum vereint die Historie der freien Reichsstadt mit dem Wandel zur Industriemetropole und bildet mit dem Begründer der Orientalistik in Deutschland, Friedrich Rückert, den Rahmen für eine international ausgerichtete Kulturstadt“, erklärte OB Sebastian Remelé. Das Forum, so Kreppel, ist keine Konkurrenz zum bestehenden Angebot, sondern eine wichtige Ergänzung. „Es soll ein Ort der Identifikation werden.“

Vor kurzem schrieb die Stadt die Leitungsstelle des Kulturforums aus und sucht einen Fachmann oder Fachfrau mit Erfahrung. Auf Nachfrage von Thomas End und Kathi Petersen (beide SPD) im Bauausschuss erklärte Kulturamtsleiter Kreppel, man plane mit 3,5 Stellen und sei sich bewusst, dass man für den Betrieb des Museums auch Kräfte brauche. Genaue Kosten habe man bisher nicht, ermittelt, doch die Veranstaltungsräume sollten bewusst vor allem von Anbietern von außen und den Trägern freier Kultur wie Disharmonie oder KulturPackt genutzt werden.

Kostenschätzung 13 Millionen Euro

Die Machbarkeitsstudie listet 13 Millionen Euro Baukosten auf, die mit 60 Prozent der förderfähigen Kosten bezuschusst werden. Sechs Millionen sind für den Neubau im Innenhof zwischen Alter Reichsvogtei und Altem Gymnasium hinter den unansehnlichen Garagen am Martin-Luther-Platz. Mit einbezogen ist das von der Stadt mitgekaufte Haus rechts neben der Reichsvogtei in der Oberen Straße. Für die Sanierung der Einzeldenkmäler sind sieben Millionen Euro veranschlagt, die Kosten für die Ausstattung fehlen noch. Die Gesamtfläche der vorhandenen Häuser beträgt 1200 Quadratmeter, für die Neubauten sind gut 600 Quadratmeter im Foyer und den Veranstaltungsräumen vorgesehen.

Ralf Brettin möchte einen Planungswettbewerb in Gang bringen, der insofern ungewöhnlich ist, dass Architekten und Ausstellungsgestalter auch als Arbeitsgemeinschaft auftreten können. Insbesondere auf das Zusammenspiel zwischen der historischen Bausubstanz und einem stilsicheren, modernen, möglichst lichtdurchfluteten Neubau wird Wert gelegt.

SPD will Industriegeschichte stärken

SPD-Fraktionsvorsitzender Ralf Hofmann lobte im Schul- und Kulturausschuss das Projekt, „das ist eine gute Basis.“ Er legte Wert darauf, der Industriegeschichte und der Geschichte der Schweinfurter Arbeiterschaft Raum im Museum zu geben und das Forum vor allem unter sozio-kulturellen Aspekten zu betreiben. Lob gab es auch von der CSU. Klaus Rehberger forderte neben der Einbindung des AKI und dessen Wissen über die Industriegeschichte auch Angebote für Schulklassen. Ljubow Hurlebaus wünscht sich im Stadtmuseum die Aufbereitung für die Geschichte der Vertriebenen nach dem Zweiten Weltkrieg, der Migranten, Gastarbeiter und Aussiedler.

Mit all den Hinweisen rannten die Räte bei der Verwaltung offene Türen ein. Der OB sah sich aber zu einer Mahnung veranlasst: „Man muss einer Illusion vorbeugen. Es gibt kein reines Industriemuseum und auch kein reines Gastarbeitermuseum. Es wird ein Museum unserer Geschichte werden, in dem wir all diese Elemente aufgreifen.“

Kulturforum am Martin-Luther-Platz

Erste Pläne zum Kulturforum am Martin-Luther-Platz hinter der Johannis-Kirche stammen aus dem Sommer 2016. Es soll nicht nur ein modernes Stadtmuseum, sondern eine kulturelle Begegnungsstätte für Bürger aus Stadt und Region werden.

Das Ensemble umfasst drei für Schweinfurt historisch wichtige Gebäude: Altes Gymnasium, Stadtschreiberhaus und Alte Reichsvogtei. Außerdem hat die Stadt das Gebäude neben der Reichsvogtei in der Oberen Straße gekauft.

Die drei Gebäude liegen innerhalb der ersten Stadtmauer vor 1437. 1576/77 entstand die Reichsvogtei als Amtssitz des Reichsvogtes, damals der höchste Würdenträger der Stadt. Von 1983 bis 2009 waren hier die städtischen Sammlungen beheimatet, seither steht es leer. 1582/83 wurde das Alte Gymnasium gebaut, in dem von 1934 bis 2009 das Stadtmuseum war. oli

Der Bau- und Umweltausschuss ließ sich am Donnerstagmorgen von Marcel Günther (Mitte) die Ergebnisse der bisherigen archäologischen Grabungen auf dem Gelände der Alten Reichsvogtei erläutern.
Foto: Oliver Schikora | Der Bau- und Umweltausschuss ließ sich am Donnerstagmorgen von Marcel Günther (Mitte) die Ergebnisse der bisherigen archäologischen Grabungen auf dem Gelände der Alten Reichsvogtei erläutern.
 
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