Sie war seit Anerkennung des Biosphärenreservats Rhön im Jahr 1991 dabei. Im vergangenen September folgte sie auf Michael Geier an der Spitze der Verwaltung. Im Gespräch berichtet Doris Pokorny über ihre Motivation und wie sie die weitere Entwicklung des Biosphärenreservats sieht.
Doris Pokorny: Es ist doch ein Unterschied, ob man in zweiter oder in erster Reihe die Dinge gestalten kann. Ich habe über die Stellvertreterfunktion vieles begleiten und initiieren können, aber es hat mich vor allem gereizt, noch direkter mit unseren regionalen Partnern in Kontakt zu treten. Und natürlich hat mich auch die Führungsaufgabe gereizt – zumal wir ein tolles Team haben.
Pokorny: Sowohl als auch. Natürlich gilt es, das weiterzuführen, was sich bewährt hat. Und natürlich will ich neue Akzente setzen. Ich sehe mich als Vermittlerin, Begleiterin und Impulsgeberin für die Umsetzung der im Rahmenkonzept definierten Ziele. Mir kommt es da zum Beispiel sehr darauf an, Kommunen oder Landkreisen zu vermitteln, dass nachhaltige Entwicklung im Biosphärenreservat eine Aufgabe ist, die jeder in seinem eigenen Zuständigkeitsbereich umsetzen soll. Es ist ja nicht die Verwaltung des Biosphärenreservats, die umsetzt, sondern alle sind dazu aufgerufen, dass die Rhön immer nachhaltiger wird.
Pokorny: Wichtig ist mir der ökologische Landbau und seine Weiterentwicklung. Da ist man mit der Ökomodellregion im Landkreis Rhön-Grabfeld auf einem ganz hervorragenden Weg. Gleichzeitig hoffe ich, dass auch im konventionellen Landbau Agrarumweltmaßnahmen und alles, was in Richtung Anreicherung der Landschaft mit Strukturen geht, weiter befördert werden. Was mir auch sehr am Herzen liegt, ist das ganze Thema Tierwohl. Auch der Konsument wird ja immer kritischer und fragt bei regionalen Produkten, welches Leben die Tiere hatten.
Ich möchte - das liegt wohl daran, dass ich in einem Weinbaubetrieb aufgewachsen bin – auch mit den Winzern im Saaletal näher in Kontakt kommen. Es gibt da ja schon tolle Projekte, wie man den Weinbau in puncto Biodiversität und Ressourcenschutz weiterbringen kann. Auch möchte ich den Zusammenhang in den Blickpunkt rücken, dass wir in der Rhön eine Gesundheitsregion sind, und zu einer Gesundheitsregion gehören unverzichtbar eine gesunde Umwelt und gesunde Natur.
Pokorny: Dass jeder an seinem Platz, in seiner Zuständigkeit das Biosphärenreservat als Chance und auch als Aufgabe begreift. Dass man weit mehr, als gesetzlich vorgeschrieben ist, für nachhaltige Entwicklung tut und beständig daran arbeitet. Das Biosphärenreservat soll ja eine Region mit Modellprojekten sein, die zeigen, ja, es ist möglich und es ist auch wirtschaftlich tragfähig. Und da gibt es viele gute Beispiele.
Pokorny: Das Biosphärenreservat Rhön wird schon als ein Vorzeige-Biosphärenreservat in Deutschland, aber auch - ich lehne mich da wohl nicht zu weit aus dem Fenster - europaweit gehandelt. Wir sind stark im Bereich der regionalen Vernetzung, die wir länderübergreifend über die Jahrzehnte mit vielen Akteuren gemeinsam aufgebaut haben. Wir sind stark auch im Bereich der internationalen Zusammenarbeit – mit zwei Partner-Biosphärenreservaten in Südafrika und Peru.
Pokorny: Alle zehn Jahre werden Biosphärenreservate von der UNESCO überprüft, ob sie auf dem richtigen Weg sind, sich weiter nachhaltig zu entwickeln. Schließlich erhält man ja nicht das Label Biosphärenreservat, um sich dann auszuruhen. Der Bericht ist in Bearbeitung und wird durch das Deutsche MaB-Nationalkomitee 2024 begutachtet und der UNESCO vorgelegt. Erst 2025 werden wir von der UNESCO erfahren, wo die Rhön gut abschneidet und wo wir uns als Nachhaltigkeitsregion weiter anstrengen müssen.
Pokorny: Wir haben seit 2019 eine Projektstelle zur Klimaanpassung in der Land- und Forstwirtschaft. Hier steht zum Beispiel das Thema Agroforst im Focus. Da denken wir wegen der Biodiversität nicht an Kurzumtriebsplantagen, sondern an Heckenzüge mit Wildobst und Wertholz wie Nussbäume, die in landwirtschaftlich genutzten Flächen möglichst so integriert werden, dass auch Wasser zurückgehalten und Bodenerosion reduziert wird. Wir haben in der Rhön auch ausgeräumte Landschaftsbereiche, da sehe ich einen großen Beitrag, den Agroforst leisten kann. Die Landwirte bekommen die Maßnahmen nun auch über das AELF gefördert.
Pokorny: Im Rahmenkonzept des Biosphärenreservats – das nicht rechtsverbindlich ist – wird in puncto nachhaltige Energie die Biomasse sehr stark als Pfund für die Rhön herausgehoben. Ebenso Photovoltaik auf Dächern und im Siedlungsbereich. Diese zwei Schwerpunkte sehen wir als Grundlage unserer Arbeit. Freiflächen-Solaranlagen sind eine technische Infrastruktur, die sehr stark landschaftsverändernd wirkt. Der Naturpark Rhön, den das Biosphärenreservat ja komplett umfasst, hat das Ziel, Erholungsregion zu sein. Da muss sich jede Kommune die Frage stellen, inwieweit so eine technische Anreicherung der Landschaft dem Ganzen möglicherweise entgegensteht. Denn die Erholungslandschaft dient ja auch der Wertschöpfung für den Tourismus. Das muss man sehr gut abwägen. Die rechtlichen Vorgaben für Windenergie werden über Ausweisung von Vorbehalts- und Vorrang-Gebieten in der Regionalplanung getroffen. Letztlich gilt nun auch für die Planungsregion 3 Main-Rhön die Regel, mindestens zwei Prozent für die Windkraft-Nutzung zu erreichen. Da bin ich sehr zuversichtlich, dass man das in den sogenannten „Produktionsregionen“ außerhalb des Naturparks und Biosphärenreservats schafft und nicht die wertvollen Erholungsregionen beanspruchen muss.
Pokorny: Das EU-Förderprojekt läuft, wie vorgesehen, Ende des Jahres aus – und damit auch die REACT-EU Geländerangerstellen, was bedauerlich ist. Es verbleibt das Stammpersonal der Rangerinnen und Ranger des Naturparks und der Biosphärenverwaltung. Erfreulich ist, dass zumindest die Projektstelle des Digital-Rangers durch das Bayerische Umweltministerium für weitere vier Jahre finanziert wird.
Pokorny: Der Standort in Hammelburg wird wie vorgesehen aufgebaut – eine innovative Ausstellung ist in Planung. Für den Klaushof wird es allerdings noch dauern. Es ist unter anderem die Ver- und Entsorgung des Standorts mit Wasser und Abwasser weiter zu klären. Bildungsprogramme laufen aber schon an beiden Standorten und werden gut angenommen.
Pokorny: Ich bin zuversichtlich, da Forst- und Umweltministerium gemeinsam Maßnahmen umsetzen, um den Wasserhaushalt zu optimieren. Ob das Schwarze Moor dennoch den fortschreitenden Klimawandel mit immer längeren Dürreperioden bestehen kann, wird sich zeigen.
Pokorny: Mein Wunsch ist, dass die Naturausstattung, die wir in der Region haben, als wirkliches Pfund, als Schatz und auch als Imagefaktor von Allen wertgeschätzt, umsichtig genutzt und erhalten wird.