
Jetzt, im saftig-grünen Frühjahr 2023, scheint der Dürre-Sommer 2022 lange her. Aber er ist böse in Erinnerung. "Wir können jeden Tropfen Wasser nur einmal verteilen", sagte Bayerns Umweltminister Thorsten Glauber (Freie Wähler) beunruhigten Menschen in Bad Königshofen im Landkreis Rhön-Grabfeld in der BR-Fernsehsendung "Jetzt red i". Es war der 14. September. Nach mehr als drei staubtrockenen Sommermonaten ähnelte Unterfranken einer Steppe in Jordanien. Und Bad Königshofen war die erste Stadt in der Region, in der die Trinkwasserversorgung akut gefährdet war.
Sommer 2022: Wärmster bisher gemessener Sommer in Europa
Der Sommer 2022 war der wärmste bisher gemessene Sommer in Europa, hat der EU-Klimawandeldienst Copernicus errechnet. Und Nordbayern war so trocken wie seit 62 Jahren nicht.
Im Juni standen in Stockstadt am Main (Lkr. Aschaffenburg) 25.000 Quadratmeter Wald in Flammen. Im August waren drei Dutzend Bachabschnitte in Unterfranken ausgetrocknet. Der Main wurde zu fast einem Viertel mit Wasser aus Mittelfranken gespeist. 40 Prozent aller Grundwassermessstellen sanken auf sehr niedrige Wasserstände. Die Regierung von Unterfranken rief die Bevölkerung zum Wassersparen auf.
Zwei Tage vor seinem Fernsehauftritt hatte Thorsten Glauber auf einem ausgedorrten Acker in Unterpleichfeld (Lkr. Würzburg) gestanden und sagte: "Das Wasserwirtschaftsamt hat sehr viele Aufgaben und nicht das Personal, dass wir neben jeder Wasseruhr stehen können."

Ausgerechnet in der schlimmsten Dürrephase war der Skandal um eine rückwärts laufende Wasseruhr eines Landwirts in der Bergtheimer Mulde aufgeflogen. Die Öffentlichkeit, die Wasser sparen sollte, war empört. Der Minister versuchte, den Imageschaden zu begrenzen – für die Landwirte, deren Obst und Gemüse ohne zusätzliches Wasser vertrocknen würde, und für die Behörden, die die Wasserentnahmen kontrollieren sollen.
Wasserentnahmen: In Unterfranken mehr als 2000 Wasserrechte
Doch werden Wasserentnahmen in Bayern ausreichend kontrolliert oder war die rückwärts laufende Wasseruhr nur die Spitze eines Eisbergs?
Am 19. Oktober 2022 sorgte eine Presseanfrage bei allen Landratsämtern in Unterfranken für viel Wirbel. Die Redaktionen von Main-Post und Bayerischem Rundfunk starteten eine gemeinsame Datenrecherche und fragten: Wer darf in Unterfranken kostenlos Wasser entnehmen? Wo, wie viel, wofür, seit wann? Und wie viel Wasser wurde 2018 bis 2021 tatsächlich entnommen?
Ein halbes Jahr, eine juristische Auseinandersetzung und viele Hintergrundgespräche später liegen dem Rechercheteam - trotz aller Widerstände seitens der Behörden - nun fast alle Wasserentnahmerechte in Unterfranken vor. Zumindest anonymisiert.
Das Ergebnis: Insgesamt gibt es in Unterfranken mehr als 2000 Erlaubnisse oder Bewilligungen, Wasser aus Flüssen, Bächen, Seen, Quellen und dem Grundwasser zu entnehmen. Ohne die Trinkwasserversorger sind es noch knapp 1900.
Vier Jahre lang fast 60 Prozent aller Wasserrechte nicht kontrolliert
Erschreckend: Bei fast 70 Prozent aller Mainwasser-Rechte und 52 Prozent aller Grundwasser-Rechte wissen die Ämter in Unterfranken den Angaben zufolge nicht, wie viel Wasser im Jahr 2021 tatsächlich entnommen worden ist. Ob sich in diesen Fällen Landwirte, Winzer, Industriebetriebe, Kommunen, Vereine und Fischwirte an ihre erlaubten Wassermengen gehalten haben, weiß offenbar niemand. Für die Jahre 2018, 2019 und 2020 sind die Datenlücken noch größer.
Bezieht man in die Datenanalyse auch alle Quellen, Bäche und Seen in Unterfranken mit ein, fällt die Bilanz von 2018 bis 2021 noch düsterer aus: Bei fast 60 Prozent aller Entnahme-Genehmigungen wissen die Landratsämter in keinem einzigen der vier Jahre, wie viel Wasser tatsächlich aus der Natur gepumpt wurde.
Wie aber wollen die Behörden Wasserklau im Wassermangelgebiet Unterfranken verhindern, wenn nicht einmal die Kontrolle der genehmigten Wasserentnahmen funktioniert?
Die Gründe: Personalmangel, Zettelwirtschaft, alte Wasserrechte
Die Gründe, so wird in vielen Hintergrundgesprächen deutlich, sind den Verantwortlichen bekannt: Viele Entnehmer melden den Behörden einfach nicht, wie viel Wasser sie abpumpen. Obwohl sie eigentlich dazu verpflichtet wären, geeichte Wasserzähler zu installieren, ein Betriebstagebuch zu führen und dieses im Folgejahr vorzulegen. Die Landratsämter sind offenkundig überlastet und kommen nicht hinterher, die Informationen nachzufordern. Zu allem Überfluss stammen viele alte Wasserrechte aus dem vorigen Jahrhundert, ohne jegliche Auflagen.
Die Kontrolle wird erschwert durch die fehlende Digitalisierung: Viele Entnehmer melden ihre Wassermengen auf Papier. Meist den Landratsämtern, die für Genehmigungen und Daten zuständig sind. Einige direkt an die Wasserwirtschaftsämter, die ja die Wasserentnahmen kontrollieren sollen. Doch die Ämter haben keine einheitliche Software, um ihre Informationen auszutauschen.
Die Leiterin des Bad Kissinger Wasserwirtschaftsamtes, Birgit Imhof, sagt: "Aktuell steckt sehr viel händische Arbeit in unterschiedlichen, nicht kompatiblen EDV-Systemen. Es wird eine Menge Energie darauf verwendet, dass wir genau solche Fragen, die uns ja auch brennend interessieren, zu beantworten und gezielter anzugehen." Sie bestätigt: "Alles, was uns vorgelegt wird, prüfen wir. Eine Größenordnung zu nennen, für das, was wir nicht haben, ist schwer, weil wir nicht wissen, was uns aktuell fehlt."
Ihr Fachbereichsleiter Wasserversorgung, Grundwasser- und Bodenschutz, Benjamin Schulz, ergänzt: "Eine konstante und kontinuierliche Überwachung von allen Wasserentnahmen in allen Landkreisen ist einfach nicht möglich. Deshalb fahren die Flussmeister anlassbezogen aus." Soll heißen: Auch bei denjenigen, die ihre Wassermengen melden, vertrauen die Ämter in der Regel auf die Ehrlichkeit der Entnehmer. Kontrollen finden nur stichprobenartig statt. Oder wenn es einen Anlass gibt - wie im Fall der rückwärts laufenden Wasseruhr in der Bergtheimer Mulde, als die Bevölkerung selbst die Missstände aufdeckte.
Wie sich die Behörden in Unterfranken rechtfertigen
Die relevanten Wasserentnahmen habe man aber im Blick, versichern alle Behörden. Axel Bauer, Leiter Wasserwirtschaft bei der Regierung von Unterfranken, räumt ein: "Es gibt immer Fälle, in denen man den Daten hinterherläuft. Es läuft in der Praxis nicht immer rund. Es muss immer wieder einmal nachgefasst und nachgemeldet werden." Es sei wie im Straßenverkehr: "Es gibt Regeln. Es gibt aber auch Tausende Überschreitungen jedes Jahr. Die Polizei kann nur stichprobenartig kontrollieren. So sind auch wir darauf angewiesen, dass sich ein Großteil der Menschen an die Regeln hält."
Bauer bestätigt, worüber Wasserwirtschafts- und Landratsämter klagen: "Für eine vollumfängliche Überwachung haben wir zu wenig Personal." Bei der Kontrolle der Wasserrechte werde priorisiert. Die technische Gewässeraufsicht schaue vor allem dorthin, wo Schäden entstehen können, wo besonders große Mengen entnommen werden oder wo Entnahmen besonders konfliktträchtig seien.

"Und im zweiten Schritt die, die bekanntermaßen nicht so mitziehen. Es gibt leider immer wieder Personen oder Betriebe, die sich nicht an die gesetzlichen Vorgaben halten", ergänzt Dr. Herbert Walter, Leiter der Koordinierungsstelle "Zukunftsstrategie Wasserwirtschaft Nordbayern", die bei der Regierung von Unterfranken angesiedelt ist.
Wie relevant die Wissenslücken der Ämter sind
Doch werden tatsächlich nur ökologisch unbedeutende, kleine Wasserentnahmen nicht kontrolliert? Ein Blick auf die Daten zeigt: Das stimmt - nur zum Teil.
Bei kleineren Entnehmern fehlen die Angaben über ihre tatsächlich entnommenen Wassermengen besonders oft: Während die Industrie zu rund 35 Prozent ihre Entnahmen im Jahr 2021 nicht angegeben hat, fehlen bei Landwirtinnen und Landwirten in Unterfranken mehr als die Hälfte der Daten, bei den Kommunen rund 70 Prozent und bei den Weinbauern sogar rund 95 Prozent.
Aber auch unter den 54 Entnahmen mit den höchsten genehmigten Wassermengen in Unterfranken – über 100.000 Kubikmeter Wasser pro Jahr – fehlen den Landratsämtern für 2021 immer noch 30 Prozent der Angaben.
Das erlaubte Maximum für diejenigen Entnehmer, die 2021 keine Daten meldeten, beträgt zusammengerechnet beim Grundwasser etwa 17,5 Prozent der gesamten genehmigten Entnahmemenge - und damit mehr als 6 Millionen Kubikmeter Wasser. Knapp ein Fünftel der genehmigten Entnahmemenge aus dem Grundwasser in Unterfranken wird also von den Ämtern nicht kontrolliert.
Selbst bei den 25 größten Grundwasser-Entnahmen in Unterfranken liegen den Landratsämtern in sechs Fällen keine Informationen für die Jahre 2018 bis 2021 vor. Bei der größten Entnahme darf ein Gewerbebetrieb bis zu 780.000 Kubikmeter Grundwasser pro Jahr aus dem Boden pumpen. Und das bis in alle Ewigkeit, weil sein Wasserrecht unbefristet ist.
Was das Umweltministerium zu den Recherche-Ergebnissen sagt
Mit den Ergebnissen der Datenauswertung konfrontiert, lautet die Antwort aus dem Umweltministerium in München: Die vorgetragenen Rechercheergebnisse seien dem Ministerium "nicht bekannt, dementsprechend können sie nicht im Detail kommentiert werden".
Und die Antwort von Umweltminister Thorsten Glauber: "Ich erwarte von den zuständigen Behörden beim Thema Wasser einen besonders sensiblen Umgang und einen konsequenten und strengen Vollzug." Einer Sprecherin zufolge hat sein Ministerium keinen "direkten Zugriff" auf das Personal der Landratsämter. Man wolle aber künftig die "Möglichkeiten der Digitalisierung" bei den Wasserentnahmen nutzen.
Die Autoren über die Recherche

In Teil 2 der groß angelegten Datenrecherche von Main-Post und Bayerischem Rundfunk lesen Sie, wieviel Grundwasser in Unterfranken entnommen wird, wofür und welche die größten Entnehmer sind.
Mit freundlichen Grüßen
Ralf Zimmermann, Main-Post Digitales Management
Laptop und Lederhosen.
Digitalisierung?
In den Ämtern und Behörden?
Pah.
Wobei: bei uns gibt es lt. BGM, Bürgerversammlung, kein Wasserproblem 🫣
Alles wie von Energiesparen und Strom bekannt. Warum haben wir nicht längst verstärkt auf alternative Maßnahmen gesetzt? Damit meine ich Laie u.a. alles, was nicht 1:1 Grund-/Trinkwasser ist. Ohne fachliche Diskussionen anzustreben: m. W. kann man bestimmtes Brauchwasser für Toiletten nutzen, man kann unter dem Parkplatz vor dem Haus vor dem Pflastern Zisternen einbauen, Regentonnen für den Garten aufstellen - und einige klare bußgeldfähige Verbote fassen …
Aber jetzt zur Realität, jeder Gemüsebauer, Landwirt oder Winzer bewässert nicht mehr als unbedingt notwendig.
Den WASSER fördern kostet Geld, ergo Kosten für
Strom
Unterhalt und Verlegen bzw. umsetzen der Beregnungsautomaten .
AfA für die Pumpen .
Es entstehen Kosten von ca 30 Cent / m2 .
Wassersparende Tröpfchenbewässerung ist bei nicht allen Kulturen rentablen .
Der Verbraucher ist nicht in der Lage bei Umsetzung solcher wassersparender Technik ,die daraus resultierenden, notwendigen Preissteigerungen zu bezahlen.
Bitte liebe Verbraucher seit Ihr bereit noch mehr zu bezahlen.
Liebe Verbraucher habt Ihr das frei verfügbare Einkommen um das zustemmen.
Bitte um fundierte Antworten wieviel seit Ihr bereit mehr zu bezahlen ?
Wenn kein Trinkwasser mehr vor Ort gefördert werden kann ? Der Verbraucher, den sie hier ansprechen wird dann wohl oder übel einen höheren Trinkwasserpreis akzeptieren müssen, wenn das über die Fernwasserversorgung hergepumpt werden muss.
Die Landwirte stehen dann mit leeren Händen da, wenn kein Grundwasser mehr vorhanden ist. Also bissel kurz gedacht ihr Einwand.
Und ja um Pfingstrosen ua. für den Export nach Holland hier mit Grundwasser zu produzieren, das braucht hier kein Mensch.
Pfingstrosenanbau in der Bergtheimer Mulde …… über wieviele m2 reden wir ?
Diese Pfingstrosen werden über das holländische Veilingsystem europaweit verteilt .
Recherche muß schon etwas genauer sein.
Bei Gemüseanbau reden wir Unterfranken von ca 4500 ha ( 1 ha = 10.000m2 ) .
Gemüse dient der Ernährung und verbraucht etwas nur 1/10 der Menge Wasser wie Fleisch für die gleiche Menge Kalorien.
Das Steuern der breiten Volksmassen über Worst case Bilder klappt bei Ihnen schon recht gut. Warten wir ab wie das Jahr 2023 wird.
Auch empfehle ich Ihnen sich zum Terroir F / Vogelburg zugegeben . Die WETTERKAPRIOLEN der letzten knapp 1000 Jahre.
wenn Sie schon genaue Recherche einfordern dann beziffern sie bitte mal die Kosten für das Mainwasser-SpeicherKonzept für 1,4 Millionen Kubik Wasser ?? zuzüglich Bewirtschaftung und laufende Kosten ?
Wer bezahlt das ? Der Bürger mit seinen Steuern, wie bei den irrwitzigen Wein-projekten für Iphofen Nordheim etc etc.
Pfingstrosen werden auf ca 210.000 m2 angebaut, das ist nicht so wenig für ein Nicht-Lebensmittel ??
gesteuerte Volksmassen ?? worst-case Bilder ?? Das ist doch schon lange Realität, oder wollen Sie bestreiten dass die Gemeinden in der Bergtheimer Mulde ein Trinkwasserproblem haben ?
Wieso musste das Trinkwasser an die Fernwasserversorgung angeschlossen werden. D. h. die Bürger zahlen doch schon lange dafür.
Bitte lesen und überprüfen Sie das die Bergtheimer Mulde ein GUNSTstandort für die Produktion von Gemüse ist .
Durch die in Bayern einzigartige Lösformation mit einer Tiefe bis zu 2 Meter ist Gemüsebau ein Muß.
Durch die in Lös in großen Mengen vorhandenen Bodenkolloide mittlerer Größe besteht die optimalste Wasser- und Düngerfesthaltekraft .
Der geringe Anteil von Todwasser ( Wasser das nicht pflanzenverfügbar ist ) vervollständigen diese EINZIGARTIGKEIT.
Sprich ergo Standorte mit schlechteren Bodenstrukturen brauchen entschieden mehr Wasser und Dünger um die gleiche Menge an Nahrungsmittel zu produzieren.
Wie lange CSU geführt?????