Der Wähler hat das Wort: Am 26. September ist Bundestagswahl – doch welche Änderungen erwarten sich die Menschen in Stadt und Landkreis Würzburg danach von der Politik? In einer Serie stellen wir Wählerinnen und Wähler aus verschiedenen Bereichen in den Mittelpunkt. Sie schildern, wo es hakt und was sich ihrer Meinung nach dringend ändern muss. Antwort bekommen diese von den sechs Direktkandidatinnen und Direktkandidaten der im Bundes- und Landtag vertretenen Parteien aus dem Wahlkreis Würzburg.
Der Wähler hat das Wort: Bachpate Matthias Hampl aus Würzburg
"Für den Klimaschutz ist es wichtig, darauf zu achten, wie wir mit unseren eigenen Wasserressourcen umgehen. Als Bachpate für Kürnach und Pleichach fühle ich mich aufgefordert, für die Gesundung unserer Würzburger Stadtbäche zu kämpfen. Beide befinden sich in vielerlei Hinsicht in keinem guten Zustand.
Bei Regen ist ein Spaziergang am Bach nicht sehr angenehm. Das schmutzige Bachwasser riecht übel nach Kanalisation und an der Uferböschung hängen Reste von Klopapier.
Ich finde es ungeheuerlich, wie mit unseren Fließgewässern umgegangen wird. Die Kläranlagen sind bei Starkregen nicht in der Lage, unser Schmutzwasser zu reinigen, weil Regen und Abwasser in einem Kanal abfließen. Viele wissen nicht, dass große Mengen unseres Abwassers bei anhaltendem Regen nicht geklärt werden, sondern durch Überläufe direkt in die Bäche und Flüsse gelangen. Dabei wird der Main immer mehr zum Schwimmen und für andere Freizeitaktivitäten genutzt.
Abwasser landet bei Starkregen in den Bächen
Ich beobachte mit großer Sorge wie die Bäche Kürnach und Pleichach bei Starkregen zur Ableitung des ungeklärten Abwassers missbraucht werden – und das seit Jahrzehnten. In der Vergangenheit kam es dadurch bereits mehrfach zu Fischsterben und es hat zu einer nachhaltigen Schädigung des ökologischen Gleichgewichts geführt.
Es gibt ja bereits die Wasserrahmenrichtlinien der EU, die bis 2027 umgesetzt werden müssen. Und: Seit Jahren ist ein Generalentwässerungsplan in Arbeit, doch wann wird er endlich fertiggestellt? Das Klärwerk müsste durch den Bau der 4. Reinigungsstufe technisch modernisiert und die überlastete Kanalisation konsequent auf Trennsystem umgebaut werden. So könnten Gewässer und Klärwerk entlastet werden. Dieses Trennsystem wird vom Deutschen Wasserhaushaltsgesetz übrigens seit langem vorgeschrieben. Vieles wurde bereits besprochen, geplant und erarbeitet – aber Taten lassen noch auf sich warten.
Dabei ist das Thema doch brandaktuell. In Reichenberg hat sich auch bei uns gezeigt, was passiert, wenn Wasser nicht mehr versickern kann. Aber wo Niederschlag fällt, sollte dieser auch ins Grundwasser gelangen können. Deshalb muss vorher angesetzt werden. Egal, ob Trockenheit in der Bergtheimer Mulde oder Überschwemmung in Reichenberg – Abhilfe kann die bessere Speicherung des Regenwassers schaffen. Mit den nötigen Finanzmitteln sollten konsequent Zisternen für Haushalte oder große Bewässerungsbecken gefördert werden. Das wurde zu lange ignoriert. Jeder Einzelne kann viel dazu beitragen, das kostbare Regenwasser zu sichern und eben nicht unwiederbringlich ins Abwasser zu leiten. Doch die lähmende Bürokratie mit diversen Auflagen blockiert diese Schritte.
Bei mir daheim stehen mehrere Fässer im Garten, nach ein paar Stunden normalen Regens habe ich schon 1000 Liter Wasser darin gesammelt. Das ist ein ganz weiches, wunderbares Wasser. Es ist doch absurd, das einfach in die Kanalisation zu leiten, wo es sich mit Fäkalien vermischt. Ich wünsche mir, dass dieses Problem nicht nur erkannt wird – sondern endlich auch gehandelt wird. Und zwar vor Ort!
Matthias Hampl (58), seit 20 Jahren Bachpate der Kürnach und seit 15 Jahren Bachpächter, ist rund um den Bach aufgewachsen. Auch heute wohnt der Werklehrer in Lengfeld nur einen Steinwurf vom Gewässer entfernt.
Das sagen die sechs Würzburger Direktkandidatinnen und Direktkandidaten der im Bundes- und Landtag vertretenen Parteien zu Hampls Aussagen und dem Thema Umwelt:
Robert Starosta (Freie Wähler): "Umweltschutz ist Klimaschutz"
"Ein großes Thema der Gegenwart ist Klimaschutz – zu Recht. Der Klimawandel bedroht die Wassersicherheit – umgekehrt erhöht Wassersicherheit den natürlichen Widerstand des Klimawandels. Klima- und Umweltschutz lassen sich voneinander nicht trennen und der hier ausgedrückte Ärger ist durchaus zu verstehen. Es braucht dringend eine gemeinsame Wasser-Klima-Vision der Politik, in den Kommunen und den Regionen. Wassermanagement ist das zentrale Handlungsfeld für übergreifende Klimaanpassung mit weitreichenden Auswirkungen für nachhaltige Entwicklung und Sicherheit.
Extreme Wetterlagen werden sich in Zukunft häufen, ob Reichenberg oder an der Ahr. Kurz und vor allem langfristige Lösungen, die auch unbürokratisch sind, sind hier gefragt. Das von Freien Wählern geführte Umweltministerium sollte für Unterfranken ähnlich praktikable Lösungen finden wie mit den Flutpolder an der Donau, ein Interkommunales Integrales Hochwasserschutz- und Rückhaltekonzept.
Die Trockenheit in Franken ist schon längst kein temporäres Ereignis, die Bergtheimer Mulde steht exemplarisch für die gesamte Region. Eine Machbarkeitsstudie zur Bewässerung kann dabei nur ein erster Schritt sein. Ein gemeinsames Vorgehen aller im nördlichen Landkreis liegenden Gemeinden ist empfehlenswert."
Simone Barrientos (Die Linke): "Der Umgang des Menschen mit Natur und Ressourcen hat spürbare Folgen"
"Der Umgang des Menschen mit Natur und Ressourcen hat spürbare Folgen, die inzwischen auch die Verursacherländer treffen, wie die verheerende Hochwasserkatastrophe im Sommer gezeigt hat. Trotzdem bleiben die Lösungsvorschläge der Regierenden zaghaft und inkonsequent. Und sie gehen viel zu oft zu Lasten derer, die wenig haben.
Wachstum gilt als unabdingbar für unsere Wirtschaft. Wenn aber die Ressourcen endlich sind, dann sind auch dem Wachstum Grenzen gesetzt. Wir brauchen ein grundsätzliches Umdenken auf allen Ebenen. Alle Entscheidungen müssen auf Nachhaltigkeit geprüft werden und darauf, ob sie sozial und global gerecht sind.
Der sozial-ökologische Umbau kann nur gelingen, wenn die Menschen begreifen, dass wir nur gewinnen können. Ein 'Weiter so' käme uns teuer zu stehen. Das wird eine gesellschaftliche Kraftanstrengung, die nur solidarisch gelingen kann. Es ist absurd, dass jetzt Straßen geplant werden, die in 20 oder 30 Jahren fertig sein sollen. Die Zeit kann man besser nutzen für neue Mobilität, für Ausbau des Schienennetzes und des ÖPNV. Genau dafür werde ich mich einsetzen. Die Herausforderungen sind enorm und die Verantwortung groß. Dem will ich gerecht werden in der Politik."
Sebastian Hansen (Bündnis 90/Die Grünen): "Diese Wahl wird eine Klimawahl"
"Diese Wahl wird eine Klimawahl – sie wird darüber entscheiden, ob wir die Klimakrise noch bewältigen und unsere Lebensgrundlagen erhalten können. Der 16-jährige Stillstand muss dringend beendet werden. Um das 1,5-Grad-Limit einzuhalten, müssen wir den Kohleausstieg auf 2030 vorziehen, die Blockade des Ausbaus der erneuerbaren Energien zum Beispiel durch die 10-H-Regel in Bayern beenden und Mobilität klimaneutral machen.
Auch unsere Umwelt müssen wir besser schützen. Wasser darf nicht von Düngemitteln, Medikamentenresten und Fäkalien verschmutzt werden. Die Pleichach wollen wir renaturieren und sie aus ihrem Betonbett befreien. Zu erneuten Verschmutzungen darf es nicht kommen. Gerade im trockenen Unterfranken ist zudem der Grundwasserschutz eine wichtige Aufgabe. Mit effizienter und wassersparender Bewässerung kann Gemüseanbau auch im nördlichen Landkreis möglich bleiben.
Der Flächenversiegelung, die Ackerflächen und natürliche Lebensräume vernichtet, wollen wir mit flächensparendem Bauen, Entsiegelung und Nachverdichtung entgegenwirken. Ganz konkret unterstützen wir das Bürgerbegehren gegen das Baugebiet am oberen Dümmersberg in Ochsenfurt und wollen die naturzerstörende B26n im westlichen Landkreis Würzburg verhindern. Die nächste Regierung muss handeln – das geht nur mit uns GRÜNEN!"
Andrew Ullmann (FDP): "Innovationen zulassen und fördern"
"Für mich und uns Freie Demokraten ist es wichtig, dass wir vernünftigen Umweltschutz betreiben. Das geht nicht im Rückwärtsgang, sondern nur, wenn wir Innovationen zulassen und fördern. Das gilt auch bei einem so wichtigen Thema wie der Wasserversorgung. Diese geht uns alle an und es ist traurig, wenn Bäche wie Kürnach und Pleichach nicht mehr Zierden der Natur sind, sondern Gefahr laufen, stinkende Rinnsale zu werden.
Deshalb wollen wir eine ideologiefreie umweltpolitische Gesetzgebung und die Förderung einer lebendigen, innovativen Start-up-Kultur. Erfindergeist muss Entfaltungsmöglichkeiten bekommen, sodass alle von den Ideen profitieren und ungewöhnliche Ideen zur Marktreife gebracht werden können. Das gilt auch und insbesondere für die Wasserversorgung.
Wir wollen, dass unser Grundwasservorkommen schonend bewirtschaftet wird und sauber bleibt. Feuchtbiotope sowie intakte Gewässer sollen erhalten und gefördert werden, weil sie für die kommunale Wasserversorgung, unsere Gesundheit und die Artenvielfalt von Bedeutung sind. Deshalb müssen Einträge, zum Beispiel Rückstände aus Industrie, Bergbau sowie Medikamente, immer dort reduziert werden, wo eine Gefährdung vorliegt. Es gilt das Verursacherprinzip."
Paul Lehrieder (CSU): "Der Regenwassernutzung muss mehr Aufmerksamkeit zuteilwerden"
"Ihr Engagement begrüße ich sehr und setze auf Zisternen, Trennsysteme und renaturierte Bachläufe, um zum Beispiel Starkregenereignissen besser begegnen zu können. In meiner Heimatgemeinde Gaukönigshofen haben wir das am Thierbach sehr gut hinbekommen.
Für eine neue Balance im Wasserhaushalt werde ich mich zusätzlich für ein Förderprogramm einsetzen, das regionale Kreisläufe stärkt. Dazu gehört auch, das Wasser stärker in der Fläche zu halten, um unsere Böden, die Land- und Forstwirtschaft und die Ökosysteme widerstandsfähiger zu machen. Wir werden die Versiegelung weiter reduzieren und die Entsiegelung und die Nachnutzung bereits versiegelter Flächen vorantreiben. Der Regenwassernutzung muss mehr Aufmerksamkeit zuteilwerden, daher wird in Modellkommunen das Konzept von Schwammstädten getestet, etwa durch Anpassungen bei Straßenrändern zur Versickerung im Zuge von Modernisierungen.
Hochwasserprävention an Flüssen dient dem Schutz von Leben und Lebensgrundlage. Daher werden wir uns für naturnahen Binnendeichbau und den Schutz unserer Auen einsetzen. Wir planen, freifließende Flüsse mit natürlichen Flussläufen als naturnahe Referenzflüsse auszuweisen. Unsere Strategie zur Prävention von Gewässerverunreinigung mit Spurenstoffen, Mikroplastik und Medikamenten werden wir weiter fortführen."
Freya Altenhöner (SPD): "Wasser in bester Qualität verfügbar und bezahlbar halten"
"Wasser ist Leben. Wir wollen Wasser in bester Qualität verfügbar und bezahlbar halten – für uns, unsere Kinder und die nachfolgenden Generationen. Dafür brauchen wir eine Wasserstrategie, die Wasser in der Fläche hält, eine angepasste Land- und Forstwirtschaft sowie die Regeneration von Mooren und Flussauen. Dafür müssen wir auch der Flächenversiegelung entgegentreten damit Regenwasser versickern kann.
Bei Wasserverschmutzung müssen die Verursacher in die Pflicht genommen und an den Kosten beteiligt werden. Das trifft beispielsweise auf die Hersteller von Medikamenten zu, deren Rückstände aufwändig aus dem Wasser gefiltert werden müssen.
Wir müssen mit der Ressource Wasser sensibel und sparsam umgehen. Dazu gehört, dass wir kein Trinkwasser mehr dafür verwenden, Felder zu bewässern und unsere Gewässer besser vor Verschmutzung schützen. Ein sensibler Umgang mit Wasser sollte schon Thema in der Schule sein.
Wir müssen künftig die Versorgung der Menschen mit Wasser zum Trinken, Kochen und Waschen sicherstellen und massiv in Wasserinfrastruktur investieren. Gerade in trockenen Regionen müssen sich hierfür Wasserversorger und Kommunen überregional zusammenschließen.
Es braucht einen fairen Rahmen für die Wasserverteilung, damit es nicht zu Kämpfen ums Wasser kommt."