Ein Leben zwischen zwei Kulturen zeichnet Andrew Ullmann aus. Denn geboren wurde er 1963 in Los Angeles als Sohn deutscher Auswanderer. So fließt auch beim Interview mit dem Bundestagsabgeordneten immer mal wieder ein englisches Wort oder eine englische Redewendung mit ein. Sein Steckenpferd ist – schon aus beruflichen Gründen – die Gesundheitspolitik. Gerne wird von Außenstehenden der Vergleich zu seinem Mediziner-Kollegen aus der SPD, Karl Lauterbach, herangezogen. Kürzlich titelte das Politmagazin Cicero sogar einen Text über ihn mit "Der liberale Lauterbach".
Das störe ihn nicht, meint er. Und, dass er den Kollegen bewundere, wie dieser in den sozialen Medien unterwegs sei und es schaffe, das Interesse Vieler zu wecken. "Da arbeite ich dran", sagt Ullmann und lacht. Der 58-Jährige wirkt gelassen, trinkt seinen Kaffee mit Milch und Zucker, "vom Zucker habe ich es nicht weggeschafft" und blickt in das Chaos in seinem Wahlkreisbüro in der Pleich, in dem sich die FDP-Plakate Seite an Seite stapeln.
Drei Themenfelder hat sich Ullmann aus der Menge an Wahlthemen ausgesucht, für die er besonders steht. Neben einem Gesundheitssystemverbesserer sieht er sich als Digitalisierungsbeschleuniger und Freiheitsverteidiger. Die etwas sperrigen Begriffe seien bewusst gewählt, um zum Diskutieren anzuregen, fügt er erklärend hinzu. Und Diskutieren, das ist für den FDP-Bundestagskandidaten enorm wichtig. "Ich brauche das Kontra."
Freiheitsrechte stehen ganz oben
Als "Freiheitsverteidiger" hat er eine klare Meinung: "Ich bin dankbar dafür, in einem freiheitlichen Land groß geworden zu sein." So solle es auch bleiben und deshalb dürften die Grundrechte nicht zu schnell eingeschränkt werden. "Dass wir uns aufgrund des Coronavirus in einer Pandemie befinden, steht außer Frage und auch, dass der Virus sehr gefährlich ist. Manche Einschränkungen aber, die der Bevölkerung von der Regierung auferlegt wurden, sind mir zu weit gegangen", sagt er und zielt vor allem auf die Ausgangsbeschränkungen Anfang des Jahres ab. Es müsse ganz genau abgewogen werden, "ob und wie weit unsere Freiheit und unsere Grundrechte beschnitten werden". Da habe sich die FDP von Anfang an klar positioniert.
Als Mediziner findet er es indes faszinierend, dass es die globale Gesellschaft geschafft hat, Impfstoffe auf den Markt und zu den Menschen zu bringen. Allerdings, wie die Impfkampagne gelaufen ist - da sei noch viel Luft nach oben. Jetzt müssten die Leute, die Sorgen vor einer Impfung haben, aufgeklärt werden. "Warum ist beispielsweise kein Infostand des Gesundheitsamtes in der Stadt?", fragt er.
Impfanreize schaffen
Anreize, die zum Impfen locken, wie beispielsweise Gutscheine oder kleinere Präsente, fände er nicht verkehrt. "Warum nicht einen Impftstand neben einem Bratwurststand - eben die Angebote breiter fächern, um mehr Menschen anzusprechen?" In anderen Ländern sei dies längst passiert. Eine Impfpflicht einzuführen, davon hält er nicht viel. Diese, so der Mediziner, sei Wasser auf die Mühlen der Coronaleugner und könne die Gesellschaft noch mehr spalten.
Laut Ullmann gibt es nur zwei Wege aus der Pandemie: "Entweder man lässt sich impfen oder man infiziert sich über kurz oder lang." Dabei sei das Risiko eines Impfschadens definitiv viel geringer als Komplikationen durch eine Corona-Infektion oder auch Long Covid. "Nicht zuletzt ist es im Leben immer so, dass ein Restrisiko bleibt. Auch beim über die Straße gehen, kann etwas passieren."
Als "Digitalisierungsbeschleuniger" möchte er sich dafür einsetzen, die digitale Infrastruktur in Städten und vor allem auf dem Land weiter auszubauen. Gerade zu Anfang der Pandemie seien Defizite deutlich geworden. Als Beispiel nennt er die Schulen. "Neben einem schnelleren Internet sollten Lehrkräfte die digitalisierte Welt den Kindern näher bringen, auch um sie auf zukünftige Berufe vorzubereiten. Da muss die Pädagogik aber nachwachsen", so Ullmann, der selbst zwei erwachsene Kinder hat.
Auch im Bereich der digitalen Gesundheitsversorgung sieht er Defizite. Hausärzte, Fachärzte und Kliniken könnten über digitale Patientenakten besser vernetzt sein, der Bereich der Telemedizin sollte ausgebaut werden, "nicht als Ersatz, sondern als Zusatzangebot".
Keine Steuererhöhung mit der FDP
Mit der FDP werde es keine Steuererhöhungen geben, positioniert sich der FDP-Politiker weiter. Aufgrund der hohen Verschuldung durch die Pandemie, gebe es nur die Möglichkeit entweder Steuern zu erhöhen oder auf Investitionen und einen Wirtschaftsboom zu setzen. Letzteres ist für den Politiker der einzig richtige Weg. "Wir wollen Aufschwung erleben und deshalb Gelder in den Unternehmen belassen, damit diese Investitionen tätigen können."
Im Bereich Wissenschaft und Forschung will er sich für mehr Fortschritt einsetzen. "Leider bleiben viele tolle Ideen im Labor. Wir müssen mehr in Start Ups investieren." Da sieht Ullmann, der auch im Würzburger Stadtrat sitzt, viel Potenzial in und um Würzburg.
Ein Gründungszentrum für Biotechnologie sei im Stadtrat gescheitert, weil ein Feldhamster geschützt werden musste. Da hätte es bestimmt eine bessere Lösung gegeben, meint der 58-Jährige. "Wir können Zukunft auch aus umweltpolitischer Sicht nur gestalten, indem wir mit Technik dafür Sorge tragen, dass wir CO2-Emissionen reduzieren und unsere Umwelt schützen."
Würzburg gefiel ihm sofort
Nach Würzburg verschlug es den Weinliebhaber ("mal weißen, mal roten") wegen seiner Arbeit als Mediziner, "aber ich habe mich hier gleich zuhause gefühlt". Welches Amt er - sollte die FDP an der Regierung beteiligt und er wiedergewählt sein - in Berlin gerne bekleiden würde, verrät er nicht. In erster Linie sei er Teamplayer und es gehe darum, politische Inhalte umzusetzen. Außerdem heißt eines seiner Lebensmottos: "Cross the bridge when you get to it" - was soviel bedeutet, sich erst mit Dingen auseinanderzusetzen, wenn sie denn eintreten.
Das wirft Fragen auf. Was ist Wü wichtig? Wissenschaftlicher Fortschritt kann es wohl nicht sein.