Nach dem Groben kommt das Gründliche. Nach der mechanischen Reinigung die Mikrobiologie. Wenn die Rechen ihre Arbeit getan haben, wenn erst einmal all das Klopapier, die Taschentücher, Essensreste, großen Feststoffe aus dem Abwasser entfernt sind und sich im Sandfang Körnchen, Schwimmstoffe und Schlamm abgesetzt haben, dürfen die Bakterien ran.
„Belebungsverfahren“ nennen die Klärwerker die biologische Reinigungsstufe mit den Milliarden von winzigen Helfern. Die Anlagen dazu: Belebungsbecken. In vier „Straßen“ mit mehr als 40 000 Kubikmeter Fassungsvermögen und durch eine Turbobelüftung reich mit Sauerstoff versorgt zersetzen Mikroorganismen die organischen Inhaltsstoffe. Ziemlich effektiv und nahezu komplett.
„Wir schaffen fast 99 Prozent“, sagt Peter Stadtmüller, „die Reinigungsleistung ist sehr hoch.“ Selbst Phosphate würden hier zu 95 Prozent eliminiert, Stickstoff immerhin zu über 80 Prozent. Dass eine Kläranlage das Abwasser nur grob mechanisch reinigt und filtert, ist lange Vergangenheit. Seit den 1970er Jahren gilt es, auch Nährstoffe aus dem Abwasser zu holen und zu beseitigen, möglichst vollständig.
Peter Stadtmüller, Sicherheitsbeauftragter und Ausbilder im Klärwerk des Entwässerungsbetriebs Würzburg, ist „mit der Abwasserthematik aufgewachsen“. Und mit der Weiterentwicklung: Zu Mechanik und Biologie ist die Chemie gekommen, in der chemischen Reinigungsstufe eingeführt wird durch ein Fällungsmittel das Phosphat eliminiert, bevor es mit dem Wasser in den Main gelangen und die Algen animieren würde. Das ist das Ziel, von Peter Stadtmüller und seinen mehr als 80 Kollegen im Klärwerk im Würzburger Stadtteil Zellerau, ganz hinten am Ende der Mainwiesen: „Den Main sauber zu halten. Und etwas für die Umwelt tun.“
Im 260 Quadratkilometer großen Einzugsgebiet erstreckt sich der Fluss über 18 Kilometer. Denn der Entwässerungsbetrieb der Stadt Würzburg, kurz EBW, ist auch für elf Umlandgemeinden zuständig: „Fast alle Haushalte der Region, nämlich 99,5 Prozent, sind angeschlossen“, sagt Stadtmüller. Das Klärwerk mit den markanten eiförmigen Faultürmen reinigt damit das Abwasser für rund 200 000 Einwohner. Durch 540 Kilometer Kanäle fließt die braune Brühe ins Herz des Entwässerungsbetriebs, ins Klärwerk. Täglich rund 40 000 Kubikmeter – „bei trockenem Wetter“, sagt Stadtmüller, „bei Regen kann es viel, viel mehr sein“.
Im Klärwerk angekommen, muss das Abwasser zuerst durch Rechenanlage und Sandfang. Nicht ohne Grund ist die gesamte mechanische Reinigung in geschlossenen Gebäuden untergebracht: „Minimierung von Geruchsemissionen“, sagt Umwelttechniker Stadtmüller nur. 200 Tonnen Rechengut ziehen die drei Stufenrechen – Durchgangsweite: sechs Millimeter – jährlich aus der Brühe. Klopapier, Hygieneartikel, Ohrenstäbchen, Windeln, Kippen, Katzenstreu . . . manchmal auch Spielzeug, Kaffeelöffel oder ein Handy.
„Vieles, was nicht ins Abwasser soll“, sagt Stadtmüller. Die Feuchttücher sind im Klärwerk ein Dauerthema – „zu dick, zu reißfest, die machen der Technik Probleme“. Und, seufzt der Reinigungsspezialist: „Essensreste, sehr unschön. Große, frische Salatblätter, Karotten und Sachen, die in den Biomüll gehören und mit hohem Aufwand zusätzlich entfernt werden müssen.“
Im belüfteten Sandfang und in der „Vorklärung“ bleiben dann Schwimmstoffe und Schlamm liegen. 100 Tonnen Sand, eingeschwemmt von den Niederschlägen, pumpen die Klärwerksmitarbeiter pro Jahr aus den Beckenböden. So vorbehandelt, landet das längst nicht saubere Wasser bei den Bakterien, den Milliarden von Zersetzern. Rund 24 Stunden lang machen sie sich über die gelösten organischen Verbindungen und Nährstoffe her.
Nächste Station: Nachklärbecken. In vier Rundbecken setzt sich die schwimmende flockige Bakterienmasse langsam nach unten ab. Als Überschussschlamm landet ein Teil der Bakterien-Flocken mit dem „Frischschlamm“ aus der mechanischen Reinigung in den beiden futuristischen, 22 Meter hohen Faultürmen.
Was tun mit rund 15 000 Tonnen entwässertem Klärschlamm jährlich? Das Gas, das bei der Faulung in den Riesen-Eiern entsteht, treibt die Blockheizkraftwerke an, die für den Strom im Klärwerk sorgen. „Und selbst der ausgefaulte Schlamm, der am Ende übrig bleibt, kann noch genutzt werden“, sagt Peter Stadtmüller. Getrocknet ist der Schlamm so energiereich wie Braunkohle, er wird verbrannt.
Das Wasser? „Ist jetzt gereinigt und kann in den Main abfließen.“