"10 Prozent plus X" hat sich Robert Starosta zum Ziel gesetzt und zeigt sich selbstbewusst: "Das Potenzial dafür ist da." Der 51-jährige Marketing-Kaufmann ist der Direktkandidat der Freien Wähler bei der Bundestagswahl am 26. September.
Am frühen Sonntagmorgen, auf den Tag genau sechs Wochen vor dem Wahltermin, hat Robert Starosta die Wahlplakate mit seinem Konterfei an verschiedenen Stellen im Stadtgebiet aufgehängt – unter anderem direkt über Plakaten mit dem Gesicht seines Würzburger CSU-Konkurrenten Paul Lehrieder oder von Unions-Kanzlerkandidat Armin Laschet. "Wir Freien Wähler bilden die Mitte der Gesellschaft ab und sind eigentlich die bessere CSU", sagt Starosta, der seit einigen Jahren als Schriftführer im Vorstand des unterfränkischen Bezirksverbands der Freien Wähler sitzt.
2017 trat der Wahl-Würzburger, der in Lengfeld wohnt, zum ersten Mal bei der Bundestagwahl an. Als einziger Kandidat seiner Partei in ganz Unterfranken kam er im Wahlkreis Main-Spessart auf knapp vier Prozent der Stimmen.
Ein Jahr später schafften die Freien Wähler bei der Landtagswahl ein zweistelliges Ergebnis und damit die Regierungsbeteiligung in Bayern. Grund genug für Parteichef Hubert Aiwanger, jetzt auch den Bundestag ins Visier zu nehmen, zumal die Freien Wähler mittlerweile deutschlandweit vertreten sind. "Es gab auch Erfolge in anderen Bundesländern, zum Beispiel bei der Landtagswahl in Rheinland Pfalz. Das Selbstvertrauen ist da, die Fünf-Prozent-Hürde knacken zu können", sagt Robert Starosta. Er hält es auch für möglich, dass sich seine Partei am Wahlabend über das eine oder andere Direktmandat freuen kann.
Der Kandidat will eine Alternative in der politischen Mitte sein
Der 51-Jährige steht nicht auf der bayerischen Landesliste und geht auch nicht davon aus, dass er von den Wählerinnen und Wählern im Wahlkreis Würzburg direkt in den Bundestag gewählt wird. "Das wäre vermessen. Aber ich möchte den Bürgerinnen und Bürgern eine Alternative in der politischen Mitte geben", betont er. "Würzburg ist eine Stadt mit vielen Persönlichkeiten aus dem bürgerlichen Lager. Mit zehn Prozent plus X wäre ich sehr zufrieden."
Das Potenzial dafür leitet er unter anderem aus den Ergebnissen der bürgerlichen Gruppierungen bei der Kommunalwahl im vergangenen Jahr ab: Neben drei Kandidaten der Freien Wähler sitzen auch wieder zwei Vertreter der Würzburger Liste und eine Stadträtin vom Bürgerforum im Würzburger Stadtrat – das entspricht mit knapp zwölf Prozent der insgesamt 51 Sitze ziemlich genau dem Ergebnis der Freien Wähler bei der letzten Landtagswahl. Im Landkreis holten die Freien Wähler fast 16 Prozent und stellen mit Felix von Zobel seit Mai 2020 einen stellvertretenden Landrat.
Im Wahlkampf will der Marketingkaufmann Präsenz zeigen und damit Stimmen aus dem gesamten bürgerlich-konservativen Lager holen. Vor vier Jahren im Wahlkreis Main-Spessart habe er nur sehr wenig Unterstützung gehabt, erzählt Starosta: "Das ist jetzt ganz anders. Die Freien Wähler in Stadt und Landkreis haben mich einstimmig aufgestellt."
Im bürgerlichen Lager fühlt sich Robert Starosta gut aufgehoben
Im bürgerlichen Lager fühlt sich der in Oppeln in Oberschlesien geborene Kaufmann seit etwa acht Jahren politisch gut aufgehoben. 2013 ist er durch das Volksbegehren zur Abschaffung der Studiengebühren auf die Freien Wähler aufmerksam geworden: "Wir sind unideologisch. Es geht nicht um Parteiprogramme, sondern um die besten Lösungen für die Menschen und die Kommunen." Im Alter von acht Jahren kam Starosta mit seinen Eltern und seinem Bruder aus Polen nach Würzburg und bezeichnet sich heute als "Wahl-Franke", der sich im Norden Bayerns heimisch fühlt.
Starosta hat auch schon mal zehn Jahre lang in der Bundeshauptstadt gelebt, entschied sich dann aber zur Rückkehr: "Ich hätte in Berlin nicht alt werden wollen. In Würzburg gibt es wunderbare Menschen, viel Lebensfreude, guten Wein und meine Freunde aus der Schulzeit." Er steht wie seine Partei für eine "regionale Wertschöpfung", also die Förderung von regionalen Produkten und Dienstleistungen. "Das kann man bei mir eigentlich überall drunter schreiben", sagt Starosta.
Auf die Frage nach seinem wichtigsten Wahlkampfthema nennt er eine Reform der Renten- und Pflegeversicherung. "Das ist für mich eine politische Grundsatzfrage. Ich finde es ungeheuerlich, dass Frau Merkel es in ihren 16 Jahren an der Regierung nicht geschafft hat, die Renten- und Pflegeversicherung anders und besser zu strukturieren", betont der 51-Jährige.
Eher linke Position beim Thema Rente: Jeder soll einzahlen
Er setzt sich für ein Rentensystem nach dem Vorbild Österreichs ein, wo auch Beamte, Selbstständige und Freiberufler zu den Beitragszahlern gehören: "Da zahlt jeder ein, und es funktioniert. Die Rentner in Österreich haben bis zu 800 Euro mehr in der Tasche, können sich ihren Lebensabend gut gestalten und müssen keine Pfandflaschen sammeln gehen." Mit dieser bisher eher linken Position steht er allerdings im Widerspruch zum Wahlprogramm der Freien Wähler, die unter anderem auf die Förderung von Wohneigentum zur Sicherung des Einkommens im Alter setzen.
Auch der Frage, was er vom umstrittenen Standpunkt seines Parteivorsitzenden zum Thema Corona-Impfungen hält, weicht Robert Starosta nicht aus. Der stellvertretende Ministerpräsident Hubert Aiwanger hat sich bisher nicht impfen lassen und wurde für seine Aussagen auch aus den eigenen Reihen kritisiert. "Was Aiwanger sagt, ist zugespitzt und im Grunde genommen seine Antwort auf die ständigen Angriffe und Belehrungen von Markus Söder. Man kann mündigen Menschen selbst überlassen, was sie machen möchten", sagt Starosta dazu. Er ist geimpft, kennt nach eigenen Worten aber auch "genug Menschen, die mit Impfungen schlechte Erfahrungen gemacht haben. Das Thema spaltet sehr stark".