Nach einem reichlich turbulenten Start in diese Woche, mit dem angekündigten Rückzug von Haupt- und Namenssponsor s.Oliver und dem Rauswurf von Trainer Denis Wucherer am Montag binnen weniger Stunden, gibt es zum Ende der Woche auch Nachrichten bei Würzburgs Bundesliga-Basketballern, die den Klub und den Anhang wieder positiver stimmen könnten: Die Suche nach einem neuen Cheftrainer gestaltete sich relativ kurz: Sašo Filipovski wird der neue Headcoach der Baskets. Nach Informationen dieser Redaktion unterschrieb der 47-jährige gebürtige Slowene am Freitagnachmittag den Vertrag. Am Mittag hatte der Klub Filipovski als Kandidat auf das Amt bestätigt, aber auf die zu diesem Zeitpunkt noch fehlende Unterschrift verwiesen.
Der 47-Jährige wurde in Ljubljana geboren und startete seine Trainerkarriere 1996 bei Union Olimpija in seiner Heimatstadt. Dort blieb Filipovski bis 2003 Assistent-Coach und übernahm dann bis 2005 das Amt des Cheftrainers. Nach einem weiteren Jahr als Co wechselte er nach Polen zu Turów Zgorzelec. Mit dem Klub wurde Filipovski in seinem ersten Jahr direkt Vizemeister.
Bis 2009 blieb er in Polen, es folgten Stationen in Russland, unter anderem als Assistent beim Topklub ZSKA Moskau, in Italien, erneut in Polen und in der Türkei. Die Vita von Filipovski liest sich tatsächlich wie die eines Wandervogels. Über Monaco ging es schließlich zu seiner wohl prominentesten Station: Beim serbischen Traditionsverein Partizan Belgrad übernahm er 2020 die Nachfolge des aktuellen Trainers von Bayern München, Andrea Trinchieri. Parallel dazu war Filipovski, der auch die mazedonische Staatsbürgerschaft hat, Trainer der serbischen Nationalmannschaft. Im März diesen Jahres entließ Partizan den dreimaligen Trainer des Jahres in Polen.
Beim Spiel der Baskets am Samstagabend (20.30 Uhr) gegen die Hamburg Towers werden Wucherers Assistent Steven Key als Interims-Cheftrainer und der Manager Sport und Scouting der Baskets, Kresimir Loncar, die Mannschaft betreuen. Auch eine Weiterbeschäftigung Keys als Co-Trainer von Filipovski steht derzeit offenbar im Raum. Ob der Slowene sich die Partie seiner neuen Mannschaft bereits vor Ort anschaut, war am Freitag noch ungewiss.
Hamburg steht in der Bundesliga aktuell bei sechs Siegen und vier Niederlagen – die Würzburger bei drei Erfolgen und sieben Schlappen. Der neunte Tabellenplatz der Hanseaten erscheint dabei freilich etwas trügerisch, weil sie genauso viele Siege haben wie die fünf Teams vor ihnen (Chemnitz, Crailsheim, Berlin, Ulm, Göttingen). Dazu spielen die Towers aktuell erstmals europäisch. Im Eurocup, dem nach der Euroleague zweitwichtigsten Wettbewerb des Kontinents, gelang unter der Woche ein überraschender 100:82-Heimerfolg gegen den bisherigen Spitzenreiter der Gruppe, Krasnodar.
Der Europapokal als wichtiges Thema
Der internationale Wettbewerb ist gerade auch das große Thema bei den Towers, die im Sommer mit dem Abgang des Ex-Würzburgers Kameron Taylor (zum Euroleague-Team Tel Aviv) und Point Guard TJ Shorts (nach Crailsheim) wichtige Verluste zu verkraften hatten. Einerseits können Teams durch viele Spiele national wie international sich gut einspielen und bestenfalls ihren Rhythmus schneller finden. Schönes Beispiel: die Baskets, die nicht sonderlich erfolgreich in der Saison 2018/19 starteten, am Ende aber im Finale des Fiba EuropeCups standen und in der Bundesliga die Play-offs auf Rang neun nur um Haaresbreite verpassten.
Die Kehrseite der Medaille: die hohe Belastung der Akteure, die trotz der Reisestrapazen freilich lieber spielen als trainieren. Die Towers absolvieren in Würzburg ihre 19. Partie in 84 Tagen. Beispiel: Die Hamburger spielten am Mittwoch, 8. Dezember, in Breslau, reisten anschließend acht Stunden mit dem Bus zurück und traten am folgenden Wochenende im 700 Kilometer entfernten Ulm an: Beide Partien verloren sie. Auch weil es ihnen nicht gelang, die Intensität aufs Feld zu bringen, die Trainer Pedro Calles von seinem Team erwartet.
Das Problem mit den Ballverlusten
Der Spanier ist einer jener Trainer, der seine Teams häufig sehr hart, bis zum Rande der Legalität verteidigen lässt. Das zeigt sich auch daran, dass die im Hamburger Problem-Stadtteil Wilhelmsburg beheimateten Towers pro Spiel im Schnitt zwei Fouls mehr machen als der Gegner. So forcieren sie beim Gegner auch durchschnittlich 18,2 Ballverluste pro Partie. Nur zwei Teams, die den Würzburgern in dieser Saison bereits ähnliche Probleme bereiteten, sind in dieser Kategorie noch besser: Bonn (18,5) und Ludwigsburg (18,4). Wie erfolgreich Calles' Stil ist, bewies er eindrucksvoll bei seiner ersten Cheftrainerstation in Vechta, als er die Niedersachsen vom Abstiegskandidaten zum Play-off-Halbfinalisten formte. Nachdem er im Sommer 2020 nach Hamburg gewechselt war, stieg Vechta ab.
Und was hat sich bei den Baskets nach dem turbulenten Wochenstart und der Verpflichtung des neuen Trainers getan? Nach dem angekündigten Rückzug von s.Oliver zum Saisonende haben laut dem Klub zwei Sponsoren (DB Regio Bayern und Autohaus Gruppe Spindler) ihr Engagement verlängert. Sportlich sollten sich Key und Loncar auf die Vorbereitung auf das wichtige Spiel gegen Hamburg fokussieren und sollten laut Klubgeheiß nicht für aktuelle Fragen zur Verfügung stehen. In einer Mitteilung des Vereins wird Key mit diesen Worten zitiert: "Auf uns wartet eine große Herausforderung, aber im Moment ist für uns jedes Spiel schwer. Wir erwarten von unseren Spielern, dass sie ihren Charakter, ihren Kampfgeist und ihren Stolz zeigen und sich keine Gedanken über Sieg oder Niederlage machen. Wir müssen besser werden, dann werden wir auch Chancen bekommen, Spiele zu gewinnen."
Wo denn jetzt die Wahrheit liegt
Und Loncar wird so zitiert: "Wir können auch nicht zaubern oder in so kurzer Zeit Wunder vollbringen. Aber wir haben intensiv trainiert und einige Dinge in der Verteidigung geändert. Wir wollen vor allem aggressiver und mit viel höherem Tempo spielen."
Der Lieblingsspruch des einstigen Fußballtrainers Otto Rehhagel war: Die Wahrheit liegt auf dem Platz. In Baskets-Sprech übersetzt: Sie liegt nun halt auf dem Parkett.
Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version dieses Artikels war gestanden, dass Partizan Belgrad aktuell Eurolegue-Teilnehmer sei. Das ist falsch. Roter Stern Belgrad spielt in Europas höchster Spielklasse. Wir bitten, diesen Fehler zu entschuldigen.