zurück
Würzburg
An Harmlosigkeit kaum zu unterbietende Baskets
Beim 68:83 in Ludwigsburg kann Basketball-Bundesligist s.Oliver Würzburg nur ein Viertel lang dagegenhalten. Trainer Denis Wucherer will nun einiges hinterfragen.
So sehen Enttäuschung und auch Ratlosigkeit aus: Die Würzburger (von links) Aigars Skele, Filip Stanic, Cameron Hunt, Felix Hoffmann und Julian Albus nach Ertönen der Schlusssirene in Ludwigsburg.
Foto: Heiko Becker | So sehen Enttäuschung und auch Ratlosigkeit aus: Die Würzburger (von links) Aigars Skele, Filip Stanic, Cameron Hunt, Felix Hoffmann und Julian Albus nach Ertönen der Schlusssirene in Ludwigsburg.
Thomas Brandstetter
 |  aktualisiert: 08.02.2024 14:00 Uhr

So eine ordentliche Portion Extramotivation, wenn es gegen einen ehemaligen Arbeitgeber geht, kann schon kräftig leistungssteigernd sein. Muss sie aber nicht. Am Sonntagnachmittag in Ludwigsburg war ein schönes Beispiel jener Fälle zu begutachten, in denen aus der Extramotivation Übermotivation wird, die in den allermeisten Fällen dann eben nicht zu einer Leistungssteigerung führt, sondern zu zu Lähmungserscheinungen und Verkrampfungen. Desi Rodriguez, der vergangene Saison in Ludwigsburg eine wenig erinnerungswürdige erste Spielzeit in Europa erlebt hatte, wollte es seinem ehemaligen Trainer John Patrick bestimmt zeigen. Der 25-jährige US-Amerikaner war es auch, der Basketball-Bundesligist s.Oliver Würzburg Sekunden nach dem Beginn der zweiten Hälfte zum (neben dem Stand beim Sprungball) einzigen Ausgleich warf (44:44). Es sollten seine zwei einzigen Pünktchen bleiben, und es passte wie die Faust aufs Auge zu seiner ungewohnt desolaten Vorstellung an diesem Nachmittag, dass er die sich durch den Bonusfreiwurf bietende Chance zur erstmaligen Führung der Baskets nicht nutzte. Der Freiwurf landete am Ring.

Spiel verpasst? Hier geht's zum Liveticker zum Nachlesen.

Und weil die Baskets anschließend noch zwei weitere Male die mögliche Führung verdaddelten, der ehemalige Würzburger Jordan Hulls die Hausherren mit drei Dreiern am Stück zu einem 12:2-Lauf und einer Zehn-Punkte-Führung (56:46) anführte und die Gäste offensiv den Rhythmus komplett verloren, standen sie auch nach der vierten Partie in der Fremde in dieser Runde mit leeren Händen da: 68:83. Inklusive der Pokalniederlage in Crailsheim war es die vierte Pleite in Serie. Die Baskets finden sich nun mit drei Saisonsiegen (darunter die Überraschungen gegen Oldenburg und München) auf jenem Rang 16 wieder, auf dem sie vergangene Spielzeit den Klassenerhalt mit Ach und Krach unter Dach und Fach gebracht hatten.

Der Schein trügt: Nur in dieser Szene war der Würzburger obenauf (Filip Stanic über Jonathan Bähre).
Foto: Heiko Becker | Der Schein trügt: Nur in dieser Szene war der Würzburger obenauf (Filip Stanic über Jonathan Bähre).

"In der zweiten Halbzeit hat uns die Aggressivität gefehlt", analysierte William Buford treffsicher. Der 31-jährige US-Amerikaner darf sinnbildlich stehen für die Vorstellung der Baskets, die nach recht ausgeglichenen ersten achteinhalb Minuten erst in den letzten 90 Sekunden des ersten Viertels mit elf Zählern ins Hintertreffen gerieten (16:27). Allen voran Buford führte die Seinen nach einem 15-Punkte-Rückstand (27:42) ab Mitte des zweiten Viertels wieder heran. Mit nur noch zwei Zählern Differenz (42:44) gingen die Baskets in die Pause dieses Geisterspiels, Buford erzielte in Hälfte eins 14 Punkte. In Halbzeit zwei kam kein einziger mehr hinzu - dennoch war der Flügelspieler am Ende treffsicherster Würzburger. Was das ganze Dilemma der Baskets in den zweiten 20 Minuten offenbart, in denen ihnen gerade noch 26 Zählerchen gelangen. Genau so viele, wie sie im zweiten Viertel geworfen hatten. "Wir haben dann einfach nicht mehr hart genug gespielt", meinte Buford.

Sein Trainer sieht das genauso: "Der Knackpunkt war natürlich das dritte Viertel, und die neun Punkte von Jordan Hulls haben uns wirklich sehr weh getan", meinte Denis Wucherer. Schade nannte der 48-Jährige dies, weil "wir im zweiten Viertel ja bewiesen haben, dass wir dagegenhalten können". "Weich, saft- und kraftlos" umschrieb er die Vorstellung im dritten Abschnitt, "in dem wir an Harmlosigkeit kaum zu unterbieten waren".

William Buford (rechts, im Zweikampf mit Ludwigsburgs Jonas Wohlfarth-Bottermann) war mit 14 Punkten Würzburgs Treffsicherster. Er erzielte alle Zähler in Halbzeit eins.
Foto: Heiko Becker | William Buford (rechts, im Zweikampf mit Ludwigsburgs Jonas Wohlfarth-Bottermann) war mit 14 Punkten Würzburgs Treffsicherster. Er erzielte alle Zähler in Halbzeit eins.

16 Punkte, 15 Rebounds – solche Werte stehen jedem Center gut zu Gesicht. Dazu vier Vorlagen und dem Gegner noch zweimal den Ball geklaut. Der US-Amerikaner Jonah Radebaugh aber ist nicht Ludwigsburgs Big Man, sondern gestaltet mit seinen 1,91 Metern als Point Guard das Spiel der Barockstädter, weshalb sein außerordentlicher Auftritt unter den Brettern umso erstaunlicher erscheinen darf. Einer der Schlüssel zum letztlich nie mehr in Gefahr geratenden sechsten Saisonerfolg der Schwaben war ihre Reboundstärke: 54 Abpraller schnappten sie sich, davon 19 (!) unterm Korb der Baskets. Keine Mannschaft langte in dieser Saison erfolgreicher zu unter den Brettern.

Und noch etwas war erneut augenfällig beim Blick auf die Statistiken: die abermals schwache Freiwurfquote der Baskets. Lediglich jeder zweite Versuch von der Linie fand das Ziel – wobei sich Filip Stanic sein Double-Double dadurch vermasselte, weil er gar nur jeden dritten Freiwurf versenkte. "Wir werden diese Woche vieles hinterfragen müssen", sagte Wucherer noch und meinte wohl auch die Intensität des Trainings, das er wegen mancher Wehwehchen einiger Spieler und auf Anraten seiner Physio- und Athletikabteilung zuletzt offenbar sehr vorsichtig dosiert hatte. 

Vor dem Kellerduell gegen den Vorletzten Braunschweig (der in neun Partien erst zweimal gewann) am nächsten Sonntag (15 Uhr) ruhen ein paar Hoffnungen der Baskets jedenfalls auf der Rückkehr von Spielmacher Luciano Parodi, "der sich körperlich auf einem guten Weg" befinde, wie Wucherer sagte

Die Statistik des Spiels

Basketball, Bundesliga Männer:
MHP Riesen Ludwigsburg - s.Oliver Würzburg 83:68 (27:16, 17:26, 22:9, 17:17)
Top-Scorer Ludwigsburg: Darden 19, Radebaugh 16 (15 Rebounds), Simon 15, Hulls 12, Woodard 11.
Würzburg: Buford 14, Hunt 12, Gielo 10, Stanic 9 (14 Rebounds), Skele 8, Hoffmann 6, Moller 4, Johnson 3, Rodriguez 2, Böhmer, Albus, King.
Rebounds: 54 – 41
Korbvorlagen: 17 – 17
Ballverluste: 10 – 11
Treffer aus dem Feld: 31/76 (40,8 %) – 25/66 (37,9%)
Dreier: 14/44 (31,8 %) – 8/27 (29,6 %)
Freiwürfe: 7/11 (63,8 %) – 10/20 (50 %)
Zuschauer: 0
Quelle: BBL
 
Themen & Autoren / Autorinnen
Würzburg
Thomas Brandstetter
Denis Wucherer
John Patrick
Trainer und Trainerinnen
Würzburg Baskets
s.Oliver Würzburg
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top
  • familie.diener@gmx.net
    Man sollte einiges hinterfragen , aber leider ist es eine Frage des Geldes welche Spieler
    man sich leisten kann . Die unerklärlich vielen Verletzungen bei den Spielern in den
    letzten drei Jahren , warten da sicherlich in keinster Weise förderlich . Tatsache ist
    aber auch das die deutschen zur Verfügung stehenden Spieler einfach keine konstant
    gute Leistung mehr abrufen können und da einfach die Kluft in der Mannschaft
    zu groß ist. Irgendwo fehlt auch der ganz große Leader, welcher eine Mannschaft
    mitreißen kann. So gut war Ludwigsburg auch nicht und mit einer konstanten
    Leistung durchaus schlagbar .
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • FairPlay
    Da fehlts an Qualität und Können, ist halt beim Basketball eine Geldfrage.
    Wucherer scheint mit seinem Latein am Ende, er wählt die Spieler aus, der grosse Motivationskünstler scheint er nicht zu sein.
    Verdient halt Sein Geld in Würzburg leicht, da der Teammanager
    Liebler ihm nicht gewachsen ist.
    Jedes Jahr sind die meisten der verpflichteten Spieler dauerverletzt, kann doch kein Zufall sein.
    9 Punkte im 3. Viertel heute sind bezeichnend, von der Trainerbank kommen keine Impulse, die Truppe war völlig ratlos.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • MR1111
    "Wir werden diese Woche vieles hinterfragen müssen"...die Baskets sollten allmählich mal hinterfragen, ob Wucherer noch der richtige Trainer ist. Jede Saison das gleiche, die Mannschaft hat unerklärliche Schwankungen, ist nicht richtig fokussiert und teilweise auch nicht motiviert. Das einzige was noch für Wucherer spricht, es ist kein Geld für einen neuen Trainer da...!
    Allerdings sollte man nicht vergessen, ein Abstieg kommt teurer als ein Trainerwechsel, gerade im Hinblick auf die neue Halle, die ja in 3 Jahren stehen soll.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Franken48
    Basketball u. Fußball, plus die Stadt selbst, alles geht Berg ab.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten