Gianmarco Pozzecco war der Erste. Der Trainer von Dinamo Sassari jubelte zwar kurz direkt nach dem Ertönen der Schlussssirene, aber dann marschierte er sofort auf seinen ehemaligen Mannschaftskollegen Denis Wucherer zu und umarmte ihn innig. Und dann ging der Italiener nicht etwa zu seinen Spielern, um mit ihnen den Gewinn des Europe-Cup-Wettbewerbs zu feiern. Nein, Pozzecco, erst seit Februar in Amt und Würden bei den Sarden, ging zu den Spielern der Baskets und drückte jeden einzelnen. Viel größer kann ein Sieger dem Verlierer kaum Trost spenden.
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Weitere Aufmunterung erfuhren die Würzburger Spieler dann aus Block F. Dort, wo die Treuesten der Treuen das Spiel über durchstanden und fast durchsangen, tönte es auch noch während der Siegerehrung. Nach der ging Pozzecco, der einst mit Wucherer bei Varese gespielt hatte, noch einmal zum Trainer der Baskets, herzte ihn und küsste dessen Glatze.
Wucherer spricht von einem großartigen Fight
Die fünfte Niederlage im laufenden Wettbewerb war die mit Abstand bitterste für Basketball-Bundesligist s.Oliver Würzburg. Nach dem 84:89 im Hinspiel vor einer Woche unterlagen die Baskets am Mittwochnachmittag auch im Finalrückspiel des Fiba Europe Cups den Insel-Italienern: 79:81 (46:41) stand am Schluss auf der Anzeigetafel, und die Spieler aus Sardinien schnitten die Netze von den Körben ab, um sich Armbänder zu stricken. Ein Ritual bei Basketballern nach großen Erfolgen.
Für die Gastgeber indes bleibt der Traum vom ersten Titel der Vereinsgeschichte unerfüllt. „Jedes Finale, das du verlierst, ist bitter. Und diese Niederlage tut weh, weil wir dran waren und über 32 Minuten die Partie im Griff hatten. Wir haben uns teuer verkauft und einen großartigen Fight geliefert. Die Fans heute waren unglaublich, nicht nur die hartgesottenen, sondern die ganze Halle hat uns gepusht bis ans Limit. Schade, dass wir sie nicht belohnen konnten“, resümierte Baskets-Cheftrainer Denis Wucherer.
Die Baskets mussten auf die Dienste ihres besten Werfers Jordan Hulls verzichten. Der Guard hatte sich im Hinspiel eine Rippenverletzung zugezogen. Seit Dienstag wissen die Baskets: Die Saison ist für den Scharfschützen beendet, weil er sich drei Rippenknorpel gebrochen hat. „Das ist natürlich brutal, zuschauen zu müssen und den Jungs nicht helfen zu können“, sagte der 29-jährige US-Amerikaner. Auch Joshua Obiesie konnte nur von außen zuschauen, weil er am Wochenende bei seinem Einsatz in der Nachwuchsbundesliga umgeknickt war und Probleme mit den Bändern im Sprunggelenk hat. Deshalb war Wucherer gezwungen, mit einer Achter-Rotation zu spielen – was man mit zunehmender Spieldauer merkte.
Den Baskets ging gegen Ende einfach die Puste aus. Kapitän Cameron Wells stand über 37 Minuten auf dem Parkett, Devin Oliver über 35 und Skyler Bowlin gut 34. „Wir haben alles auf dem Parkett gelassen und uns wenig vorzuwerfen.Wir haben gekämpft wie die Verrückten“, sagte ein tief enttäuschter Bowlin: „Es wird ein paar Tage dauern, aber dann werden wir sicherlich stolz auf das sein können, was wir in diesem Wettbewerb geleistet haben.“
Kleber vermisst in der zweiten Habzeit die Treffsicherheit
Ins gleiche Horn blies Maximilian Kleber. Der Würzburger, der bei den Dallas Mavericks in der NBA seine Brötchen verdient, zeigte sich an alter Wirkungsstätte angetan von der Vorstellung seines Ex-Klubs: „Die Baskets haben gut gespielt und toll gekämpft, aber leider in der zweiten Halbzeit nicht mehr richtig getroffen. Sassari hat letztlich verdient gewonnen, auch sie haben gut gespielt. Aber die Würzburger können mit dem Erreichten in dieser Runde zufrieden sein, auch wenn die Enttäuschung nun erstmal groß sein wird.“
Dass es besondere Momente waren am Mittwoch, zeigte sich nicht nur am Besuch von Würzburgs Oberbürgermeister Christian Schuchardt. Sondern noch viel mehr an einer Szene im zweiten Viertel. Als auch alle Sitzplatzbesucher standen, um die Hausherren nach vorne zu brüllen, stand auch Bernd Freier. Der Chef von Haupt- und Namenssponsor s.Oliver war in dieser Saison noch nicht allzu häufig zu Gast in der nach seiner Firma benannten Halle. Und dass er einmal stand während eines Spiels, war vielleicht sogar eine Premiere. Und dass er dann in der zweiten Halbzeit Schuchardt in der ersten Reihe am Spielfeldrand auch noch alleine ließ und sich hinter die Auswechselspieler der Baskets neben den Langzeitverletzten Kresimir Loncar auf einen Stuhl an der Wand setzte und dann kurz vor Schluss auch noch das Publikum armrudernd aufforderte, die Mannschaft weiterhin zu unterstützen, sagt mehr über diese Begegnung und ihren Stellenwert aus als alle wortreichen Analysen der Beteiligten. „Wir hatten zu viele Verletzte, das hältst du dann nicht durch“, sagte Freier, der ungewohnt gesprächig war und jedem Spieler, den Trainern und dem Betreuerstab abklatschend Trost spendete: „Wir haben ein tolles Finale gesehen mit einer fantastischen Stimmung.“
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Mitte des dritten Viertels mit elf vorne
Nach einem fulminanten Start – gerade einmal 57 Sekunden dauerte es, da war der Rückstand aus dem Hinspiel erstmals aufgeholt – entwickelte sich eine Partie zweier Mannschaften auf Augenhöhe. Nach dem ersten Viertel führten die Baskets mit sieben Punkten Vorsprung, zur Halbzeit (46:41) stand das Finale unentschieden. Mitte des dritten Viertels lagen die Hausherren dann sogar mal mit elf Punkten vorne (57:46) – der Pott schien zum Greifen nahe. Die Italiener, die zuletzt wettbewerbsübergreifend 13 Partien in Folge gewonnen hatten, steckten jedoch nicht auf und behielten in der hitzigen Atmosphäre kühlen Kopf. Mit dem ersten Angriff des Schlussabschnitts gingen die Sarden erstmals in der Partie in Führung (66:65), und so sehr die Hausherren sich auch mühten, das Blatt noch einmal zu wenden – die Italiener hatten stets eine Antwort parat und brachten den Sieg am Ende souverän nach Hause.
„Uns war klar, dass wir hinten raus müde werden würden mit unserer kurzen Rotation. Aber ich denke, wir haben Würzburg gut repräsentiert und können stolz auf das Erreichte sein“, sagte Wucherer. Passt.
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