Fußballer des TSV Aubstadt und Fan des FC 05 Schweinfurt – für Philipp Kleinhenz kein Widerspruch, obwohl beide Vereine in der Regionalliga spielen. Doch wie steht es um den 32-Jährigen, wenn die Teams aufeinandertreffen? Das verrät der gebürtige Bad Neustädter, der in Unsleben wohnt, im Interview. Dabei erzählt er auch, warum er sich nach vielen Jahren zum ersten Mal Trainingsklamotten kaufen musste, wie er auf kuriose Weise einen Elfmeter verschoss und welchen Einfluss der Schweinfurter Zweitliga-Profi Ermin Melunovic auf sein Leben hatte.
Philipp Kleinhenz: Das war Christian Köttler, der wie ich beim TSV Aubstadt spielt. Wir kannten uns schon vorher über unseren Freundeskreis aus Rhöner Fußballern. Während ich inzwischen bei der zweiten Mannschaft in der Bezirksliga bin, ist er nach wie vor Verteidiger in der Regionalliga. Auch wenn das Aubstädter Team im Laufe der Jahre immer stärker geworden ist, hat er immer seinen Stammplatz behauptet. Unser größter gemeinsamer Erfolg war der Aufstieg in die Regionalliga 2019.
Kleinhenz: Auf jeden Fall klassisch. Mit dem kleinen Ball beim Futsal kann ich nichts anfangen. Auch die Rundumbande und die normalen Hallentore gehören für mich einfach dazu. Ich spiele gerne bei Turnieren, weil ich immer von meiner Technik gelebt habe. Das kommt daher, dass ich als Jugendlicher Straßenfußballer war und jeden Nachmittag auf dem Bolzplatz verbracht habe. Die Verletzungsgefahr hat mich nie von der Halle abgehalten, weil ich zum Glück ohne schwere Blessuren durch meine Karriere gekommen bin. Ich finde es schade, dass der Stellenwert des Hallenfußballs in den letzten Jahren abgenommen hat.
Kleinhenz: Die ersten Jugendjahre habe ich beim VfL Bad Neustadt gespielt. Weiter ging es beim FC 05 Schweinfurt, bevor ich im Männerbereich zum SV Rödelmaier gewechselt bin. Es folgten die Stationen TSV Großbardorf, FC 05 Schweinfurt, TSV Aubstadt und SG Unsleben/Wollbach. 2022 bin ich nach Aubstadt zurückgekehrt, um in der zweiten Mannschaft zu spielen.
Kleinhenz: Seit der D-Jugend kannte ich nur Leistungsfußball. Damit habe ich vor drei Jahren abgeschlossen. Ich wollte herunterschalten und bin nach Unsleben gewechselt, um mit meinen Kumpels zu spielen. Ich musste Abstriche bei den Ansprüchen an die Mitspieler machen. Das wusste ich vorher. Dass ich meine eigene Wasserflasche zum Training mitbringen muss, war für mich neu. Ich habe auch festgestellt, dass ich kaum eigene Trainingskleidung besitze. Das wurde sonst immer vom Verein gestellt. Trotzdem war es eine schöne Erfahrung und genau die richtige Entscheidung.
Kleinhenz: Ich wollte mit Anfang 30 wieder ambitionierter spielen, aber nicht mehr ganz so hoch wie früher. Da kam das Projekt mit Aubstadt II gerade recht. Jahrelang war die Kluft zur ersten Mannschaft riesig. Das wollte der Verein ändern. Als ich kam, war die Reserve gerade in die Kreisliga aufgestiegen. Trainer Julian Gell suchte einen erfahrenen Führungsspieler fürs Mittelfeld. Es geht darum, junge Spieler in die zweite Mannschaft zu integrieren und an die erste Mannschaft heranzuführen. Nach dem zweiten Aufstieg in Folge stehen wir sogar in der Bezirksliga gut da. Der Durchmarsch in die Landesliga wird schwer und ist in dieser Saison auch nicht das Ziel.
Kleinhenz: Neben der Ausbildung des Nachwuchses ist es wichtig, dass sich Spieler, die in der Regionalliga gerade nicht zum Zug kommen oder aus einer Verletzung kommen, über die Reserve Spielpraxis holen können. Es bringt nichts, immer nur zu trainieren. Wer bei uns von oben herunterkommt, macht das gerne und empfindet das nicht als Bestrafung, zumal in der Bezirksliga schon guter Fußball gespielt wird. Der Unterbau ist auch deshalb unerlässlich, damit man die Spieler, für die der Sprung aus der eigenen Jugend in die Regionalliga zu groß ist, nicht wegschicken muss. Sonst wäre die Nachwuchsarbeit für den eigenen Verein sinnlos.
Kleinhenz: Es war das letzte Spiel vor der Winterpause, der Rasen entsprechend matschig. Als ich kurz vor Schluss zum Elfmeter anlaufe, rutsche ich weg und schieße mir mit dem linken Fuß ans rechte Bein. Der Ball knallt unter die Latte. Der Schiedsrichter zeigt zum Mittelkreis, bis sich der Gegner beschwert, weil ich den Ball doppelt berührt habe. Ich war mir der Regel gar nicht bewusst, das Tor zählte nicht. So blieb es am Ende bei einem 1:1-Unentschieden.
Kleinhenz: Der Job stand bei mir stets an erster Stelle. Ich habe ich immer Vollzeit gearbeitet. In sportlicher Hinsicht hätte ich es früher nach oben schaffen können, wenn ich als junger Kerl mit 18, 19 Jahren entsprechend gelebt und manches nicht hätte schleifen lassen. So wurden es eben nur 100 Bayernliga- und 50 Regionalliga-Spiele. Zumal wir damals beim FC 05 im Mittelfeld mit Stefan Seufert, Steffen Krautschneider und Tom Jäckel gute Leute hatten. Daher habe ich mich nie geschämt, wenn ich nicht gespielt habe.
Kleinhenz: Ich war damals sehr aktiv in der Schweinfurter Fanszene. Das war ein großer Teil meines Lebens, der mir viel Erfüllung gegeben hat. 15 Jahre später sehe ich die Dinge anders, auch wenn ich heute als ganz normaler Zuschauer immer noch gerne ins Stadion gehe und die Mannschaft anfeuere.
Kleinhenz: Ich war zehn Jahre alt, als der Verein in der 2. Bundesliga war. Mein Opa hat mich immer zu den Heimspielen mitgenommen. Nach einer 1:4-Niederlage gegen Hannover 96 zog Stürmer Ermin Melunovic seine Schuhe aus und schenkte sie dem Mann neben mir am Zaun. Da war es um mich geschehen. Das waren Stars zum Anfassen. Ein Jahr später bin ich in die Jugend des FC 05 gewechselt. Mit 16 stand ich regelmäßig im Block und bin auch zu Auswärtsspielen gefahren.
Kleinhenz: Jetzt muss ich aufpassen, was ich sage. Um es diplomatisch auszudrücken: Das war ein Zwiespalt der Gefühle. Aubstadt hat als bessere Mannschaft an diesem Tag mehr als verdient gewonnen. Ich habe Trainer Julian Grell, mit dem ich ein freundschaftliches Verhältnis habe, zum Sieg gratuliert. Gleichzeitig war ich froh, dass der FC 05 schon so viele Punkte auf dem Konto hatte und nicht unbedingt auf den Sieg angewiesen war.
Kleinhenz: Ich bin Wirtschaftsfachwirt und als Angestellter in einem Bad Neustädter Versorgungsunternehmen tätig.
Kleinhenz: Da der erste Gedanke immer der beste ist, nominiere ich Johannes Bechmann, den alle als Joe Bechmann kennen. Vor eineinhalb Jahren hat er seine Karriere beim FC Sand beendet. Wir hatten eine gemeinsame Zeit in Schweinfurt. Seine Diagonalpässe waren genial und seine Grätschen legendär. Für seine gesunde Härte als Verteidiger wurde er mal als unfairster Spieler Deutschlands bezeichnet.
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