Maximilian Stahl hatte in der Jugend die Möglichkeit, zum 1. FC Nürnberg zu wechseln – und entschied sich für den FC 05 Schweinfurt. In seinem ersten Pflichtspiel im Männerfußball verlor er die Nerven und kassierte die Rote Karte. Nur eine Woche später glänzte er mit einer direkt verwandelten Ecke. In seinem Heimatort Kronungen (Landkreis Schweinfurt) hielt der 20-Jährige früher Büttenreden, während er heute im Männerballett tanzt. Darüber und über seine Erfahrungen in der Fußball-Regionalliga Bayern spricht der Neuzugang und Senkrechtstarter des TSV Aubstadt im Interview.
Maximilian Stahl: Danke an Nico Stephan vom FC 05 Schweinfurt für die Nominierung. Seit ich in Aubstadt spiele, verfolge ich das Geschehen in der Regionalliga viel intensiver, auch was sich beim FC 05 Schweinfurt tut. Als sich unsere Mannschaften im August im Pokalwettbewerb gegenüberstanden, kam es jedoch nicht zu einem Aufeinandertreffen zwischen uns auf dem Platz. Nico saß als Torwart auf der Ersatzbank und ich war verletzt. Aber immerhin haben wir 3:0 gewonnen.
Stahl: Meine Jugendvereine waren der TSV Poppenhausen, die JFG Werngrund und der FC 05 Schweinfurt. Mit 13 Jahren hat sich die Frage gestellt, ob ich den nächsten Schritt mache und zum 1. FC Nürnberg wechsle. Das Angebot lag vor. Ich habe es aber nicht angenommen, weil ich noch nicht so weit war. Zumal es beim Club auch keinen freien Platz im Internat gab. Damals hatte ich nicht das Ziel, Profi zu werden. Ich bereue die Entscheidung nicht. Beim FC 05 habe ich auch eine gute Ausbildung bekommen. Zweimal haben wir um den Aufstieg in die U19-Bundesliga gespielt, sind aber knapp gescheitert.
Stahl: Als Jugendlicher durfte ich einige Male mit den Profis trainieren, wurde aber nicht übernommen. Daraufhin bin ich zur DJK Schwebenried/Schwemmelsbach in die Landesliga gegangen, was für mich ideal war. In meinem ersten Jahr bei den Männern habe ich viel gelernt und bin als defensiver Mittelfeldspieler auf 25 Einsätze gekommen. Nach dem Ende des Profifußballs würde ich als junger Spieler aus der Region theoretisch in das neue Konzept der Schweinfurter passen. Allerdings hat sich kein Verantwortlicher gemeldet, ob ich zurückkommen möchte. Wenn ich sehe, wie es für mich in den ersten Wochen beim TSV Aubstadt gelaufen ist, war der Wechsel dorthin die richtige Entscheidung. Ich hatte eine gute Vorbereitung und meine Einsatzzeiten in den ersten Regionalliga-Spielen.
Stahl: Im ersten Spiel habe ich die Rote Karte gesehen. Es war im Pokal und eine hitzige Stimmung. Ich wurde mehrere Sekunden am Trikot festgehalten und habe darauf mit einer Tätlichkeit reagiert. Das war mir eine große Lehre und wird nicht mehr passieren. Weil die Strafe von vier Spielen Sperre nicht für die Landesliga galt, war ich eine Woche später am ersten Spieltag einsatzberechtigt. Ich habe eine Ecke ausgeführt und versucht, sie so nah wie möglich ans Tor zu bringen. Der Wind stand gut und so ist der Ball mit etwas Glück direkt hinten ins Tor gefallen.
Stahl: Dass sich der Verein für mich interessiert hat, fand ich schon ein bisschen überraschend. Julian Grell hatte sich letztes Jahr schon einmal gemeldet und wollte mich in der Winterpause für die zweite Mannschaft in der Kreisliga verpflichten – mit der Perspektive Regionalliga. Das Angebot habe ich ausgeschlagen. Als er im Frühjahr Cheftrainer wurde, hat er wieder Kontakt aufgenommen. Diesmal ging es um die erste Mannschaft.
Stahl: Julian Grell setzt auf junge Spieler, das hat er in den Gesprächen mit mir deutlich gemacht. Die sportliche Perspektive war verlockend, durch den Wechsel zwei Ligen aufzusteigen. Daher waren die Anfragen aus der Bayernliga und Landesliga keine Option für mich. In Aubstadt gefallen mir die dörfliche Atmosphäre und das familiäre Umfeld. Im Sportheim gibt es Scherze und lockere Sprüche, das finde ich wichtig. Als bei der Mannschaftsvorstellung das traditionelle Singen der Neuzugänge anstand, haben wir in der Gruppe das Lied "Hulapalu" von Andreas Gabalier angestimmt. Zusammen mit Martin Thomann habe ich dabei am meisten Gas gegeben.
Stahl: Im Training muss ich immer an meine Grenzen gehen. In der Saisonvorbereitung hatte ich in den ersten beiden Wochen Muskelkater und nach den Spielen schwere Beine. Man gewöhnt sich aber daran, dass in der Regionalliga alles wesentlich energischer und intensiver ist, vor allem das Tempo und das Körperliche. Ich denke, ich schlage mich ganz gut. Der Trainer ist mit mir zufrieden. Sonst hätte ich nicht gleich meine Einsätze bekommen.
Stahl: Nein, weil ich als Linksverteidiger auf einer neuen Position spiele. Ich wurde im defensiven Mittelfeld ausgebildet und kann auch offensiv zentral agieren. In Aubstadt sind das Positionen, die mit Ben Müller und Jens Trunk stark besetzt sind. Wie sollte ich als Neuling an den etablierten Leuten vorbeikommen? Ich bin mit Demut hierher gekommen und wollte mich erst mal einfinden. Durch Leon Heinzes Verletzung bin ich unverhofft in die Abwehr gerutscht. Für dieses Vertrauen bin ich dem Trainer unheimlich dankbar. Die Atmosphäre in Stadien wie Fürth und Burghausen ist unbeschreiblich. Auch wenn Traditionsvereine ihre Fans nach Aubstadt mitbringen, steigt bei mir das Adrenalin im Körper. Das ist ein Hauch von großem Fußball.
Stahl: Das ist schade, weil ich einen guten Lauf hatte. Ich laboriere seit Mitte August an einem Muskelbündelriss. Gegen Türkgücü München kläre ich in einem Sprintduell den Ball, da sticht es plötzlich im linken Oberschenkel. Ich musste mich sofort auswechseln lassen. Vielleicht war die Belastung zu hoch, nachdem ich zuvor noch nie so viel wie in Aubstadt trainiert hatte. Als nach einigen Tagen die Schmerzen abgeklungen waren, bin ich für eine Woche in den Erholungsurlaub nach Ägypten geflogen. Für die Reha war es noch zu früh. Mit dem individuellen Training zur Stabilisation des Oberschenkels habe ich inzwischen begonnen. Ich bin nicht der Muskulöseste, daher will ich in nächster Zeit körperlich robuster werden, um solche Verletzungen zu vermeiden. Ich hoffe, dass ich vor dem Ende der Hinrunde im Oktober wieder einsatzfähig bin. Ich mache mir aber keinen Kopf, dass ich den Anschluss nicht schaffe.
Stahl: Ich studiere Wirtschaftsingenieurwesen in Schweinfurt und komme ins fünfte Semester. Eventuell verlängert sich die Studiendauer durch den Aufwand in der Regionalliga. Das geplante Auslandssemester habe ich für diesen Winter abgesagt, aber den Abschluss werde ich nicht aus den Augen verlieren.
Stahl: Dieses Jahr habe ich beim Männerballett mitgemacht. Als Kind und Jugendlicher bin ich mit der Showtanzgruppe aufgetreten und habe Büttenreden gehalten, die von meinem Vater in gereimten Versen geschrieben wurden und das Dorfgeschehen aufs Korn genommen haben. Ich bin auch mal als Fußballer in die Bütt gestiegen. Es ging darum, die Leute in Kronungen zu bespaßen. Einen Auftritt bei "Fastnacht in Franken" hatte ich nicht im Sinn.
Stahl: Meinen Aubstädter Mitspieler Christian Köttler, der in der Mannschaft zu den Erfahrenen gehört und in der Abwehr Sicherheit ausstrahlt. Er redet viel und hilft den jungen Spielern enorm weiter. Mit seinen Anweisungen auf dem Rasen hat er mir in der Saisonvorbereitung gleich ein gutes Gefühl gegeben. Kötti ist extrem wichtig für die Teamchemie.
Das Interview-Format "Steilpass"
Hier finden Sie weiter Steilpass-Interviews:
- Nico Stephan: Für Nico Stephan bedeutete ein schwerer Unfall den Wendepunkt im Leben: "Ich war froh, nicht tot zu sein"
- Cedric Anton: Aus Schweinfurt ins Mutterland des American Footballs: Schafft es Cedric Anton in die Profiliga NFL?
- Gerald Zettner: Wie zu Schweinfurts besten Eishockey-Zeiten: Der Sportchef will mit den Mighty Dogs bald in Liga 3
- Vladimir Slintchenko: Vom Fanblock aufs Feld: Vladimir Slintchenko über seine Karriere beim FC 05 Schweinfurt, die Ukraine und die Kickers
- Lukas Zahaczewski: "Im Tor werde ich zum Psychopathen" – Lucas Zahaczewski will nicht länger Ersatzmann sein
- Jan Reichert: Werden Sie die Nummer 1 beim 1. FC Nürnberg?