Seit Wochen hatte es sich angedeutet und trotz des 33:24-Auswärtssieg beim TSV Roßtal herrscht seit Samstagabend auch rechnerisch Gewissheit: Der HSC Bad Neustadt ist aus der Handball-Bayernliga der Männer abgestiegen. Für den Klub ist das eine Zäsur mit historischem Ausmaß. In der kommenden Saison wird er zum ersten Mal seit 38 Jahren unterhalb der vierten Liga spielen. Die neue Heimat des HSC Bad Neustadt heißt dann Landesliga.
Es ist der vorläufige sportliche Tiefpunkt einer Entwicklung, die schon vor einigen Jahren eingesetzt hat. Während der Corona-Pandemie hatte der HSC zweimal davon profitiert, dass Saisons abgebrochen wurden. Schließlich stieg er im vergangenen Jahr doch sang- und klanglos aus der Dritten Liga ab.
Dasselbe Schicksal ereilt den HSC nun in der Bayernliga. Wir zeichnen anhand von sieben Spielen den Verlauf der Abstiegssaison des HSC Bad Neustadt nach.
1. Der Auftakt gelingt: 26:25-Auswärtssieg beim TSV Lohr
15 Sekunden vor Schluss sorgte Neuzugang Daniel Kyvala – der Tscheche sollte nur wenige Monate bleiben – für einen gelungenen Saisonauftakt des HSC Bad Neustadt. Er traf in der Spessarttorhalle zum 26:25 für die Gäste, was die ersten zwei Punkte der Saison einbrachte und die Erfolgsserie des Klubs gegen den TSV Lohr verlängerte. Im 15. Duell war es der 15. Sieg für den HSC Bad Neustadt gegen das Team aus Main-Spessart. Ein weiterer sollte wenige Wochen später folgen.
In Lohr setzte Trainer Frank Ihl nur sieben Feldspieler ein: Es wurde schon im ersten Spiel deutlich, woran es beim HSC Bad Neustadt krankt. Der Kader war zu dünn und in der zweiten Reihe nicht auf dem gleichen Niveau wie in der ersten besetzt. Ein Umstand, den sich die Konkurrenz bald zu nutzen machen wusste.
2. Frust und Ärger: 31:35-Auswärtsniederlage beim HSC Coburg II
Die anfängliche Euphorie ob des guten Starts mit drei Siegen aus den ersten vier Partien war dahin. Nach der 31:35-Niederlage beim HSC Coburg II war der HSC Bad Neustadt mit 6:6 Punkten im Mittelfeld der Tabelle angekommen. In der Woche davor waren die Rotmilane bereits der SG DJK Rimpar II (20:21) unterlegen. Am Ausgang des Spiels in Coburg mochten die Schiedsrichter ihren Anteil haben, die mit ihren Entscheidungen in der Schlussphase Frust und Ärger beim HSC Bad Neustadt hervorriefen – letztlich hatten die Rotmilane neun Zeitstrafen kassiert, Kapitän Adrian Wöhler und Filip Susnjara wurden disqualifiziert.
Was sich allerdings Woche für Woche mehr zeigte: Der HSC war nicht in der Lage einen Gegner zu dominieren, schon gar nicht über die gesamte Spielzeit. Mit dieser Erkenntnis im Hinterkopf traten in den folgenden Wochen auch die vermeintlich Kleinen gegen den längst nicht mehr übermächtigen Ex-Zweitligisten HSC Bad Neustadt an.
3. Ein Hoffnungsschimmer: 29:24-Auswärtssieg bei der SG DJK Rimpar II
Dem zweiten Erfolg gegen den TSV Lohr (26:25) zu Beginn der Rückrunde folgten drei Niederlagen und der HSC Bad Neustadt schmierte auf den sechsten Platz seiner Vorrundengruppe Nord ab. Die Hoffnungen auf den Einzug in die Aufstiegsrunde – gleichbedeutend mit dem sicheren Klassenerhalt – wurden immer geringer. Umso wichtiger war der 29:24-Erfolg der Rotmilane bei der SG DJK Rimpar II, mit dem der HSC sein Punktekonto mit 12:12 ausglich und sich den vierten Platz zurückholte.
"Ich bin einfach nur erleichtert", beteuerte HSC-Trainer Frank Ihl, der mit seiner Mannschaft nun wieder alles in der eigenen Hand hatte. Die Ausgangslage vor den letzten beiden Spieltagen: Mit zwei Siegen wäre dem HSC Bad Neustadt ein Platz unter den besten vier im Norden und in der Aufstiegsrunde nicht mehr zu nehmen.
4. Enttäuschung auf ganzer Linie: 27:35-Heimniederlage gegen den HSC Coburg II
Tristesse und Entsetzen herrschten beim HSC Bad Neustadt nach dem 27:35 im Heimspiel gegen den HSC Coburg II, einem Gegner, mit dem man sich auf Augenhöhe gewähnt hatte. "Wir haben keine Lösungen gefunden", haderte Trainer Frank Ihl, für den es das letzte Heimspiel als Trainer der Rotmilane sein sollte. Technische Fehler und Fehlwürfe hätten ihr Übriges getan an der empfindlichen Schlappe.
Die doppelt weh tat, weil der HSC Bad Neustadt damit am letzten Spieltag auf fremde Hilfe angewiesen war, um in die Aufstiegsrunde einzuziehen. Sie blieb nicht nur aus, der HSC verlor obendrein selbst beim TSV Roßtal mit 30:32. Futsch war der Einzug in die Aufstiegsrunde, futsch der vorzeitige Klassenerhalt im Dezember. Nach den schwachen Vorstellungen der vergangenen Wochen war der HSC Bad Neustadt verdient in der Abstiegsrunde gelandet.
5. Ein historisches Resultat: 22:30-Heimniederlage gegen den TSV Lohr
Vor Beginn der Abstiegsrunde hatte Geschäftsführer Dieter Schulz reagiert und Florian Hauck (38) als neuen Trainer installiert. Sein Debüt verlief verheißungsvoll, der HSC Bad Neustadt gewann beim TSV Haunstetten 28:26. Eine Woche später setzte die Ernüchterung ein. Zum ersten Mal seit seiner Gründung im Jahr 1977 verlor der HSC gegen den TSV Lohr.
Und wie: Das 22:30 vor etwa 500 Zuschauerinnen und Zuschauern glich einer Demütigung – in der Schlussphase brach Bad Neustadt regelrecht auseinander. "Vorne haben wir leichtfertig die Bälle verloren und dann viele Gegentreffer in der ersten und zweiten Welle kassiert", kritisierte Hauck. Der sich mit denselben Problemen wie sein Vorgänger herumschlagen musste. Verletzungen und Krankheiten dünnten den Kader des Viertligisten regelmäßig aus, teilweise stand Hauck mit nur drei Spielern beim Training in der Halle.
6. Der letzte Strohhalm: 29:28-Heimsieg gegen den TSV Haunstetten
Nach weiteren drei Niederlagen bäumte sich der HSC Bad Neustadt noch einmal auf, feierte knappe Siege beim TSV Ismaning, gegen den TSV Friedberg sowie den TSV Haunstetten und hielt sich am letzten Strohhalm fest. Gegen Haunstetten zeigte die Mannschaft, dass sie lebt. 20 Sekunden vor Schluss lag der HSC Bad Neustadt noch 27:28 zurück, Diogo Alves wendete das Blatt noch und traf mit der Schluss-Sirene zum Sieg. "Wir haben großes Glück gehabt", räumte Trainer Florian Hauck ein, "wir haben gewonnen, obwohl wir unser schlechtestes Spiel seit meinem Amtsantritt gezeigt haben".
Die kurze Siegesserie endete anschließend im vierten Aufeinandertreffen mit dem TSV Lohr und aus dem letzten Strohhalm wurde das Prinzip Hoffnung. "Im Sport passieren manchmal die unglaublichsten Dinge. Wir kämpfen bis zum Schluss", mochte Hauck den Kampf um den Klassenerhalt nach der 23:28-Niederlage in Lohr noch nicht aufgeben.
7. Kollektives Versagen: 33:36-Auswärtsniederlage beim TSV Friedberg
Mittlerweile war klar, dass selbst der – schon sechs Punkte entfernte – dritte Platz in der Abstiegsrunde höchstwahrscheinlich nicht zum Klassenerhalt reichen würde. Nur eine ganze Reihe höchst wunderlicher Ergebnisse würde den HSC Bad Neustadt noch retten können. Eine Voraussetzung: fünf eigene Siege.
Doch bei der 33:36-Niederlage beim TSV Friedberg schien es, als habe sich die Mannschaft vom Gedanken an den Klassenerhalt schon verabschiedet. "Nach diesem Auftritt muss sich jeder Spieler hinterfragen. Keiner erreichte das übliche und zu erwartende Leistungsniveau, was letztendlich als kollektives Versagen bezeichnet werden muss", konstatierte Florian Hauck.