
Mit dem pulsierenden Rhein-Main-Gebiet oder ähnlichen Ballungszentren kann es der Wirtschaftsstandort Mainfranken nicht aufnehmen. Trotzdem gilt für die Region: klein, aber fein. Das zeigt eine Auswahl an Fakten, die mainfränkische Unternehmen und Wirtschaftsbereiche in ein besonderes Licht stellen. 10 Beispiele:
1. Belectric in Kolitzheim: Energie wie 3,7 Atomkraftwerke

Solarparks bauen und betreuen, das ist das Hauptgeschäft der Belectric GmbH in Kolitzheim (Lkr. Schweinfurt) – und das in mehreren Staaten. Im September hat das Unternehmen nach eigener Darstellung eine symbolische Marke erreicht: Alle bislang in Deutschland installierten Belectric-Solaranlagen haben zusammen eine Leistung von 1 Gigawatt. Das ist fast so viel wie das 2015 stillgelegte Atomkraftwerk in Grafenrheinfeld bei Schweinfurt einmal hatte: das brachte es auf 1,35 Gigawatt.
Die 520 Solarparks im Ausland kommen laut Belectric auf insgesamt fünf Gigawatt Leistung. Das ist 3,7-mal so viel wie einst in Grafenrheinfeld. Belectric gehört seit Ende 2021 der Elevion-Firmengruppe in Jena, die wiederum mit dem tschechischen Energiekonzern CEZ zusammenhängt.
2. Industrie-Riesen in Schweinfurt: So groß wie zwei Städte

Schweinfurt wird seit Generationen von der Industrie geprägt. Die größten Arbeitgeber sind ZF, Schaeffler, SKF und Bosch Rexroth. Sie haben in der Summe etwa 19.000 Beschäftigte.
Das hat die Dimension einer Stadt, denn zum Beispiel Bad Neustadt bringt es auf 15.700 Einwohnerinnen und Einwohner, Bad Kissingen auf 23.200. In Schweinfurt wohnen im Übrigen 55.000 Menschen.
Allerdings ist zu befürchten, dass sich die Dimension der Industrieriesen in Schweinfurt mittelfristig deutlich verändert: Alle genannten Unternehmen haben in den vergangenen Monaten einen zum Teil massiven Stellenabbau angekündigt.
3. Zuckerfabrik in Ochsenfurt: Zuckerberge so schwer wie der Kölner Dom

Die Zuckerfabrik in Ochsenfurt kann gleich mehrere Superlative bieten. Zum einen läuft das Werk der Südzucker AG von Mitte September bis weit in den Januar hinein jeden Tag und das rund um die Uhr. Für den Rest des Jahres steht es scheinbar still. Dann ruht zwar die Zuckerproduktion, aber Wartungsarbeiten und die Weiterverarbeitung von Zuckerprodukten laufen.
Die Anlage ist seit 1952 in Betrieb und gehört zu den größten ihrer Art in Deutschland. 2500 Landwirte liefern laut Südzucker Jahr für Jahr ungefähr zwei Millionen Tonnen Zuckerrüben an, aus denen dann jeweils bis zu 320.000 Tonnen Zucker hergestellt wird. So viel wiegt zum Beispiel der Dom in Köln, wie der "Kölner Stadtanzeiger" einmal herausgefunden hat.
4. Nicht nur Wein: Auch die Braukunst ist in Mainfranken schon Jahrhunderte alt

Mainfranken ist das Weinanbaugebiet Bayerns: 98 Prozent der Rebflächen im Freistaat liegen zwischen Main, Tauber und Saale. Der Geschichtsschreibung zufolge begann der fränkische Weinbau im 8. Jahrhundert in Hammelburg.
Da kann das Brauwesen mithalten: Motten im Kreis Bad Kissingen zum Beispiel ist seit dem 9. Jahrhundert als Braustätte bekannt. Heute kennt man sie als Hochstiftliches Brauhaus, das 1987 die Will-Bräu in Motten übernahm.
Die Brauereien in Mainfranken können trotz der Dominanz des Weins und dem wuchtigen Brauwesen im benachbarten Oberfranken eine große Tradition vorweisen. Zwar mussten in jüngster Vergangenheit einige Brauereien schließen, doch sind die noch bestehenden zum Teil schon seit vielen Generationen in Familienhand.
Das trifft beispielsweise auf die Adler Bräu in Stettfeld und die Brauerei Bayer in Theinheim (beide Lkr. Haßberge) zu. Beide befinden sich seit dem frühen 18. Jahrhundert in Familienbesitz.
5. XXXLutz: Von Würzburg aus nach (fast) ganz oben

Der schwedische Ikea-Konzern ist mit Abstand der größte Möbelhändler in Deutschland. Doch auf Platz zwei folgt ein Unternehmen, das seinen nationalen Sitz in Würzburg hat: XXXLutz. Die Österreicher machten 2023 hierzulande einen Umsatz von nahezu vier Milliarden Euro, Ikea kommt laut dem Statistikportal Statista auf 6,4 Milliarden.
XXXLutz hat in einem anderen Bereich die Nase vorn: Mit der Giga International GmbH & Co. KG betreiben die Würzburger nach eigenen Angaben den größten Einkaufsverband Europas für Möbel und Wohnaccessoire. An Giga angeschlossen sind neben den XXXLutz-Häusern (unter anderem in Würzburg, Schweinfurt und Haßfurt) Marken wie Mömax, Poco und Roller. Der Verbund ist in 17 Ländern vertreten.
6. Knauf-Gipskonzern in Iphofen: Das größte Bergwerk Bayerns

Der auf Baustoffe wie Gips spezialisierte Knauf-Konzern in Iphofen bei Kitzingen steht für ein bayerisches Superlativ: Im Nachbarort Hüttenheim betreibt das Unternehmen seit den 1950er Jahren das größte Bergwerk im Freistaat.
Knauf holt dort das mit dem Gips verwandte Anhydrit aus dem Untergrund. Die etwa vier Meter hohen Schächte sind miteinander verbunden und insgesamt 180 Kilometer lang. Das Anhydrit wird hauptsächlich für Fließestrich verwendet.
Wenn entsprechende Pläne genehmigt werden, könnte Knauf sein Bergwerk in Hüttenheim auf Platz zwei herabstufen. Denn der Konzern will bei Altertheim im Westen von Würzburg ein noch größeres Gipsbergwerk verwirklichen. In der Spitze sollen einmal bis zu einer Million Tonnen Gips pro Jahr gefördert werden. Weil bei Altertheim ein großes Trinkwasserschutzgebiet geplant ist, ist das Vorhaben aber noch in der Schwebe.
7. Warema-Chefin aus Marktheidenfeld: An der Spitze der bayerischen Metallbranche

Mit gut 90.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in Mainfranken hat die Metall- und Elektroindustrie eine Schlüsselrolle in der regionalen Wirtschaft – insbesondere im Raum Schweinfurt. Seit Mitte September laufen in Bayern die Metall-Tarifverhandlungen.
Wie viel Lohn oder Gehalt die 800.000 Beschäftigten danach bekommen werden, hängt stark von einer Frau aus Marktheidenfeld ab: Angelique Renkhoff-Mücke ist Verhandlungsführerin der Unternehmen. Die Chefin des auf Sonnenschutztechnik ausgerichteten Warema-Konzerns hat diese Rolle schon seit einigen Jahren. Wenngleich sie dabei eher im Hintergrund wirkt, ist sie eines der prägenden Gesichter der Metallbranche in Bayern.
8. Coca-Cola in Knetzgau: Erfrischung für halb Süddeutschland

Das Coca-Cola-Werk in Knetzgau (Lkr. Haßberge) zählt der US-Getränkekonzern zu den größten seiner Art in Deutschland. 2021 zum Beispiel gingen dort 600 Millionen Flaschen raus. Rechnerisch waren das 7,3 Flaschen pro Einwohnerin oder Einwohner im Land.
Das 1978 eröffnete Werk hat nach Unternehmensangaben ungefähr 500 Beschäftigte und zählt damit zu den großen Arbeitgebern im Kreis Haßberge. Von dort gehen die süßen Erfrischungsgetränke in Geschäfte in Unter- und Oberfranken sowie weiteren Teilen Süddeutschlands.
9. Bundeswehr in Hammelburg: Hunderte gehen von dort in den Zivilberuf

Die Bundeswehr ist grundsätzlich ein wichtiger Wirtschaftsfaktor eines jeden Standorts. Doch die Armee spielt zum Beispiel im Kreis Bad Kissingen auch in anderer Hinsicht eine große Rolle: 650 Zivilbeschäftigte stehen am Infanteriestandort Hammelburg in Lohn und Brot. Das entspricht zum Beispiel der Mitarbeiterzahl des Autozulieferers Jopp in Bad Neustadt.
Mehr noch: Die Infanterieschule ist weit und breit einer der größten Ausbildungsbetriebe in zivilen Berufen. Über alle Lehrjahre hinweg werden dort laut Bundeswehr 120 Lehrlinge pro Jahr im Bereich Kfz-Mechatronik und Industriemechanik ausgebildet. Den jungen Menschen steht in Hammelburg zudem ein eigenes Wohnheim zur Verfügung.
10. Mittelsinn: 30 Christbaum-Betriebe im 800-Einwohner-Ort

Nicht mehr lange bis Weihnachten – und da kommt das kleine Mittelsinn (Lkr. Main-Spessart) ins Spiel. Denn der Ort mit seinen gerade mal 800 Einwohnerinnen und Einwohnern hat gleich 30 Betriebe, die mit Christbäumen handeln. Die Plantagen rund um den Ort prägen die Landschaft des Sinngrundes.
Die Gegend um Mittelsinn zählt zu den größten Anbaugebieten für Christbäume in Süddeutschland. Die Bäume werden deutschlandweit verkauft.