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Grafenrheinfeld
333.000.000.000 Kilowattstunden und zwei Kühltürme: Die Geschichte des AKW Grafenrheinfeld in Bildern
Symbolträchtig: Die Kühltürme, das sichtbarste Zeichen des Atomkraftwerks Grafenrheinfeld im Landkreis Schweinfurt, werden gesprengt. Eine Zeitreise durch die Historie.
Diesen Anblick gibt es nur noch bis zum Abend des 16. August 2024: Dann werden die beiden Kühltürme des ehemaligen Atomkraftwerks Grafenrheinfeld gesprengt.
Foto: Hendrik Holnäck | Diesen Anblick gibt es nur noch bis zum Abend des 16. August 2024: Dann werden die beiden Kühltürme des ehemaligen Atomkraftwerks Grafenrheinfeld gesprengt.
Josef Schäfer
 |  aktualisiert: 13.08.2024 17:16 Uhr

Für fast ein halbes Jahrhundert lang haben die Kühltürme des AKW Grafenrheinfeld den Blick über das Maintal bei Schweinfurt geprägt. Am Abend des 16. August 2024 wird sich dieser Blick wieder verändern: Dann werden die 143 Meter hohen Bauwerke nach zwei Detonationen in einer riesigen Staubwolke zu Boden sinken.

Zurück ins Jahr 1969. In einem eher unscheinbaren Bericht informiert das Schweinfurter Tagblatt am 12. August, dass der Gemeinderat Grafenrheinfeld dem Bau des Werks zugestimmt hat und darin große Vorteile für die Kommune sieht. Sie treffen später in hohe Gewerbesteuereinnahmen ein, die das 3000-Einwohner-Dorf zu einer prosperierenden Gemeinde machen.

Das Atomkraftwerk Grafenrheinfeld war einst die größte Baustelle der Region. Auf der Aufnahme von Juli 1975 sind links die Fundamente der Kühltürme zu sehen.
Foto: www.luftbild-bertram.de | Das Atomkraftwerk Grafenrheinfeld war einst die größte Baustelle der Region. Auf der Aufnahme von Juli 1975 sind links die Fundamente der Kühltürme zu sehen.
Über sechs Jahre hat der Bau gedauert, bis das Atomkraftwerk Grafenrheinfeld 1982 ans Netz ging. Der Rückbau dauert etwa 17 Jahre und soll 2035 abgeschlossen sein.
Foto: Preussen-Elektra GmbH | Über sechs Jahre hat der Bau gedauert, bis das Atomkraftwerk Grafenrheinfeld 1982 ans Netz ging. Der Rückbau dauert etwa 17 Jahre und soll 2035 abgeschlossen sein.
Hoher Besuch: 1981, kurz vor der Fertigstellung des AKW, kam der damalige Bundespräsident Karl Carstens (Mitte) nach Grafenrheinfeld.
Foto: Preussen-Elektra GmbH | Hoher Besuch: 1981, kurz vor der Fertigstellung des AKW, kam der damalige Bundespräsident Karl Carstens (Mitte) nach Grafenrheinfeld.

Aus breiten Schichten der Bevölkerung gibt es aber auch massiven Protest gegen das AKW. Gewalttätige Züge allerdings, wie später etwa in Brokdorf an der Elbe, nimmt er nie an. Während der gesamten Laufzeit schläft der Widerstand nicht ein.

Demonstrationen und Gerichtsverfahren können das Projekt indes nicht aufhalten: 1975 geht es auf der größten Baustelle der Region los.

Zahlreiche Menschen in und um Schweinfurt wehrten sich, wie hier bei einer Demonstration 1975, gegen den Bau des Kraftwerks.
Foto: Hans Rost | Zahlreiche Menschen in und um Schweinfurt wehrten sich, wie hier bei einer Demonstration 1975, gegen den Bau des Kraftwerks.
Proteste begleiteten den Betrieb des AKW Grafenrheinfeld fast durchgehend. 2001 blockierten Greenpeace-Aktivisten einen Atommülltransport bei Gochsheim und Sennfeld.
Foto: Karin Ludwig | Proteste begleiteten den Betrieb des AKW Grafenrheinfeld fast durchgehend. 2001 blockierten Greenpeace-Aktivisten einen Atommülltransport bei Gochsheim und Sennfeld.

Im Dezember 1981 ist das damalige Bayernwerk am Ziel: Der Reaktor wird hochgefahren, die Stromproduktion startet.

Bayernwerk ist stolz auf "Weltmeister" der Stromproduktion

Stolz ist man beim Betreiber, dass die Anlage vor den Toren Schweinfurts zweimal "Weltmeister" aller bestehenden AKW wird: Sie erzeugt den meisten Strom eines Jahres. Insgesamt wird das Werk bis zur Abschaltung 333 Milliarden Kilowattstunden produzieren.

Ebenfalls mit Zufriedenheit weist man im Bayernwerk und später bei Eon darauf hin, dass man zu den sichersten Anlagen zähle. 242 meldepflichtigen Ereignisse sind für das AKW beim Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung gelistet, alle in den untersten Kategorien der internationalen Stufenliste.

Ein Ereignis ragt allerdings heraus: Im Juni 2010 wird ein Riss an einem Rohr des Primärkreislaufes bekannt. Bundesweite Schlagzeilen löst er auch deswegen aus, weil Eon die Anlage nicht sofort abschaltet, sondern das betroffene Teil erst bei der nächsten Revision austauscht.

Atommülltransporte der besonderen Art

Wie fast überall an AKW-Standorten stehen die Atommülltransporte im Fokus. Die Besonderheit in Grafenrheinfeld: Die Behälter werden am Bahnhof im benachbarten Gochsheim von Lkw auf die Schiene verladen. In der Nähe von Wohngebäuden. Der Bau des Zwischenlagers BZR beendet diese Praxis 2006. 

Über Jahrzehnte war dies ein gewohntes Bild für die Menschen in und um Schweinfurt: Dampfschwaden aus den Kühltürmen zeigen an, dass das AKW in Betrieb ist.
Foto: Daniel Karmann/dpa | Über Jahrzehnte war dies ein gewohntes Bild für die Menschen in und um Schweinfurt: Dampfschwaden aus den Kühltürmen zeigen an, dass das AKW in Betrieb ist.
Das frühere Herzstück der Anlage: der Reaktordruckbehälter, in dem hier gerade die Brennelemente ausgetauscht werden.
Foto: Preussen-Elektra GmbH | Das frühere Herzstück der Anlage: der Reaktordruckbehälter, in dem hier gerade die Brennelemente ausgetauscht werden.
Seit 2018 wird die Anlage portionsgerecht zerstückelt. Jedes Teil muss gereinigt und durch ein Strahlenmessgerät geschoben werden.
Foto: Anand Anders | Seit 2018 wird die Anlage portionsgerecht zerstückelt. Jedes Teil muss gereinigt und durch ein Strahlenmessgerät geschoben werden.

Das Hin und Her der deutschen Atompolitik zwischen Abschaltung und Stilllegung trifft dann auch Grafenrheinfeld: Am 27. Juni 2015 wird der Reaktor endgültig vom Netz genommen, vor Ort feiern seine Gegner.

Die Zwischenlager werden bleiben

Stück für Stück wird das Kraftwerk seit 2018 zurückgebaut. Bis 2035 soll das dauern. Die Geschichte der Atomkraft rund um Schweinfurt wird dann nicht beendet sein: Die beiden Zwischenlager bleiben.

 
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  • Gerhard Duczek
    Herr Habeck soll mal ausrechnen wieviel Solarfelder oder Windkraftanlagen nötig gewesen wären, um diese Leistung zu bringen.
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  • Ilse Ludwig
    Ich hoffe sie übernehmen die Endlagerung des Atommülls bei solch schlauen Sprüchen...
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  • Gerhard Duczek
    Das sind keine schlauen Sprüche, das ist zu jeder Zeit mit Zahlen belegbar.
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  • Ruth Pietsch
    Vielleicht wäre es sich sinnvoll gewesen die Technik weiter zu entwickeln und sich nicht abhängig von anderen zu machen. Dann würde das mit dem e Autos eventuell funktionieren. So ist das eine Technik mit einer sehr geringen Halbwertszeit. Wer so blauäugig ist und glaubt das der Strom für Industrie, Wärmepumpen und Autos aus regenerative Quellen kommt der hat leider von Energieerzeugung keine Ahnung.
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  • Matthias Braun
    Nein da sind sie auf den Holzweg, Kernspaltung ist und bleibt nicht 100% beherrschbar, das hat Fukushima deutlich aufgezeigt . Es macht mehr Sinn an Kernfusion zu forschen, diese Technologie kann nicht so einfach ausser Kontrolle geraten als Kernspaltung. Deutschland hat aktuell ca. 55% regenerativen Strom . Ein Ausbau auf 70% in den nächsten Jahren ist technisch möglich. Speichertechnologien wie Power to Gas sind hier der gamechanger bei den Erneuerbaren
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  • Matthias Braun
    Über 50 Jahre Endlagersuche des hoch gefährlichen Abfalls und mehrere tausend Jahre + x Endlagerung sind weitere imposante Zahlen.
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  • Michael Heuser-Müller
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