Wann die Rübenkampagne in der Ochsenfurter Zuckerfabrik zu Ende gehen wird, steht noch nicht sicher fest. Eines jedoch schon: Es war ein äußerst schwieriger Herbst, für Zuckerrübenbauern ebenso wie für die Mitarbeitenden des Südzucker-Werks. Eine neuartige Rübenkrankheit, ein regenreicher Oktober und nicht zuletzt ein Brand in der Fabrik sind verantwortlich für die Mischung aus Pech und Pannen. "Ein extrem turbulentes Jahr", sagt Klaus Ziegler, Geschäftsführer beim Verband der Fränkischen Zuckerrübenbauer VFZ.
Die Stolbur-Krankheit war es, die den Landwirten schon im Spätsommer Kopfzerbrechen bereitet hat. Die eigentlich von Kartoffeln bekannte Bakterieninfektion lässt die Rübe schrumpeln. Sogenannte Gummirüben sind die Folge, die bei der Rodung leicht beschädigt werden und anschließend innerhalb weniger Tage zu faulen beginnen.
Dauerregen machte die Rübenäcker unbefahrbar
"Just in Time" sollten die befallenen Äcker deshalb abgeerntet werden, also passgenau zum Bedarf der Fabrik, um eine Zwischenlagerung auf den Feldern zu vermeiden. Das ging so lange gut, bis im Oktober der Regen einsetzte und die Äcker unbefahrbar machte, sagt Klaus Ziegler. Im durchnässten Boden hätten die schweren Erntemaschinen bleibenden Schaden hinterlassen.
Zu dem Zeitpunkt war man in der Zuckerfabrik längst damit beschäftigt, einen Brandschaden zu beheben, der bereits in den ersten Betriebsstunden entstanden war. In einem der gasbeheizten Drehrohröfen, in dem die ausgelaugten Rübenschnitzel getrocknet werden, war Feuer ausgebrochen, das sich über Förderanlagen bis in das Nachbargebäude ausgebreitet hatte. Großer Schaden entstand dabei vor allem an der Elektroinstallation der Anlagen, sagt Werkleiter Stefan Mondel.
Eine Brand legte die Schnitzeltrocknung fünf Wochen lang lahm
Dass die Reparatur und der Austausch der verschmorten Kabel nach fünf Wochen abgeschlossen werden konnte - früher als erwartet - schreibt der Werkleiter der Einsatzbereitschaft seiner Mitarbeiter und der schnellen Unterstützung der Fremdfirmen zu. "Das war begeisternd zu sehen, wie alle zusammengearbeitet haben", sagt Mondel, "aber ohne die intensive externe Hilfe und das Engagement unserer Mitarbeiter hätten wir das nie in Rekordzeit geschafft."
Die Leistung der Fabrik musste während dieser Zeit auf 85 Prozent gedrosselt werden, sagt Betriebsleiter Matthias Schüttenhelm, also von rund 15.000 Tonnen Rüben täglich auf knapp 13.000 Tonnen. Unter anderem deshalb, weil nun täglich rund 1500 Tonnen feuchte Rübenschnitzel an Landwirte in der Region abgegeben werden mussten. Ein Teil davon wurde als Silagefutter eingelagert, ein anderer Teil in Biogasanlagen verarbeitet.
Ein geborstenes Rohr im Heizkessel bremste die Fabrik erneut aus
Die nächste Havarie ließ nicht lange auf sich warten. In einem der beiden Kohlekessel, in denen der Prozessdampf für die Fabrik erzeugt wird, war ein Rohr geplatzt. "Das passiert natürlich ausgerechnet am Samstagabend", sagt Matthias Schüttenhelm. Auch diesmal sei es gelungen, den Schaden in kurzer Zeit zu reparieren. Trotzdem konnte die Fabrik für zwei Tage nur mit halber Kraft arbeiten.
Auf den Feldern bahnte sich inzwischen, bedingt durch den Dauerregen, das nächste Problem an. Auf rund 4000 Hektar, knapp ein Fünftel der fränkischen Anbaufläche, steckten die Rüben Ende November noch im Boden, sagt VFZ-Geschäftsführer Klaus Ziegler. In normalen Jahren ist die Rodung spätestens Mitte November abgeschlossen. Diesmal wurde die letzte Rübe erst wenige Tage vor Weihnachten geerntet.
Erlösung brachten die Frosttage Anfang Dezember. Wenn der Boden gefroren ist, können die schweren Rübenroder auch die durchnässten Äcker befahren, ohne Schaden anzurichten, erläutert Ziegler. Allerdings müssen die gefrorenen Rüben danach schnell verarbeitet werden, weil sie im aufgetauten Zustand schnell faulen würden. "Also musste die ganze Lieferlogistik komplett umgekrempelt werden, um erst die Frostrüben verarbeiten zu können", so Ziegler weiter.
Zeitweise bis zu 15 Prozent Erdanhang an den Zuckerrüben.
Eine weitere Folge ist der hohe Erdanteil, der mit den Rüben in die Fabrik gefahren wird. An einzelnen Tagen habe der bis zu 15 Prozent des Gewichts ausgemacht - im Durchschnitt. "Manche Fuhren sahen aus wie Ackerboden mit ein paar Rüben drin", erinnert sich Betriebsleiter Matthias Schüttenhelm. Die Erde wird mit Wasser abgewaschen, das anschließend in große Absetzbecken gepumpt wird. Dort setzt sich der Schlamm ab, der danach in großen Filterpressen entwässert wird.
Das Wasser wird zum größten Teil erneut in den Kreislauf gepumpt. Die Erde, die zurückbleibt, wird zurück auf die Felder gebracht. Plötzlich wurden die Absetzbecken und die Erdpressen zum Flaschenhals in der Produktionskette, erklärt Schüttenhelm. Und die bis zu 2000 Tonnen Boden, die täglich aus der Fabrik transportiert werden mussten.
Auf das Ende der Kampagne will sich der Betriebsleiter nicht festlegen
"Wir mussten also schon wieder auf Schleichfahrt gehen", sagt Werkleiter Stefan Mondel. Insgesamt sei die Fabrik während der gesamten Kampagne bisher gerade einmal drei Wochen mit ihrer Nennleistung von 15.000 Tonnen täglich gelaufen. Das ursprünglich geplante Ende der Zuckerrübenkampagne musste deshalb mehrfach verschoben werden. Statt von der Zeit um Dreikönig geht man gegenwärtig davon aus, dass am 22. Januar die letzte Rübe verarbeitet wird.
Nach den Erfahrungen der vergangenen Wochen will sich Betriebsleiter Matthias Schüttenhelm nicht festlegen. "Die Story ist noch nicht zu Ende", sagt er.