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Würzburg
WVV zweifelt an Knauf-Gutachten: "Können der Aussage, dass kein Risiko fürs Trinkwasser besteht, nicht zustimmen"
Birgt Knaufs geplantes Gipsbergwerk bei Altertheim zu große Risiken für das Trinkwasser der halben Stadt Würzburg? Der Würzburger Wasserversorger äußert Bedenken.
Armin Lewetz, Geschäftsführer der Trinkwasserversorgung Würzburg, sagt: 'Wir können der Aussage der Firma Knauf, dass hier kein Risiko fürs Trinkwasser besteht, nicht zustimmen.'
Foto: Daniel Peter | Armin Lewetz, Geschäftsführer der Trinkwasserversorgung Würzburg, sagt: "Wir können der Aussage der Firma Knauf, dass hier kein Risiko fürs Trinkwasser besteht, nicht zustimmen."
Angelika Kleinhenz
 |  aktualisiert: 28.09.2024 02:35 Uhr

Die Ankündigung des Knauf-Konzerns, bereits 2025 - falls die Behörden zustimmen - Bayerns größtes Gipsbergwerk bei Altertheim (Lkr. Würzburg) zu errichten, sorgt beim Wasserversorger der Stadt Würzburg für Bestürzung.

"Wir können der Aussage der Firma Knauf, dass hier kein Risiko fürs Trinkwasser besteht, nicht zustimmen", sagt Armin Lewetz, Vorstand der Stadtwerke Würzburg und Geschäftsführer der Trinkwasserversorgung Würzburg. Von "besorgniserregenden Aspekten" spricht die Geschäftsführerin der Würzburger Versorgungs- und Verkehrs-GmbH (WVV), Dörte Schulte-Derne.

WVV bewertet Risiko fürs Trinkwasser ganz anders als Knauf-Gutachter

Vor einer Woche hatte der weltgrößte Gipshersteller aus Iphofen (Lkr. Kitzingen) öffentlich gemacht: Ein unabhängiges Gutachten der DMT, einer Tochterfirma des TÜV Nord, komme zu dem Ergebnis, das geplante Gipsbergwerk im Landkreis Würzburg sei "gut und sicher machbar", ohne das Trinkwasser der Stadt Würzburg zu gefährden.

Die Geschäftsführerin der WVV, Dörte Schulte-Derne, sagt: 'Wir müssen priorisieren. Trinkwasser ist schwieriger zu ersetzen als Baumaterialien.'
Foto: Daniel Peter | Die Geschäftsführerin der WVV, Dörte Schulte-Derne, sagt: "Wir müssen priorisieren. Trinkwasser ist schwieriger zu ersetzen als Baumaterialien."

Die WVV-Verantwortlichen widersprechen. Sie nennen drei Beispiele, die zeigen, wie unterschiedlich die Gutachter von Knauf und WVV das Risiko für das Trinkwasser bewerten.

WVV fürchtet um fast ein Viertel der Wassermenge der Zeller Quellstollen

Erstens: Lange hatte Knauf versichert, es werde kein Wasser ins Bergwerk sickern, so Lewetz. In Fachgesprächen mit Knaufs Bergwerks-Experten sei es zuletzt aber nicht mehr um die Frage gegangen, ob, sondern nur noch darum, wie viel Wasser in die Stollen eindringe und welchen Rückgang der Wassermenge in den Zeller Quellstollen die WVV bereit sei zu akzeptieren.

Die WVV-Gutachter haben errechnet: Schon bei einem kleinen Spalt von 0,5 Millimeter könnten 25 Liter pro Sekunde ins Bergwerk eindringen. Die Wassermenge, die dann pro Tag abgepumpt werden müsste, entspräche der täglichen Trinkwassermenge von 18.000 Menschen. Im schlimmsten Fall könnten bis zu 21 Prozent der Quellschüttung in Zell verloren gehen. Das sei "nicht tolerierbar", sagt Lewetz.

Seit 125 Jahren versorgen die Zeller Quellen die halbe Stadt Würzburg mit Trinkwasser. Schulte-Derne sagt: "Wir müssen priorisieren. Trinkwasser ist schwieriger zu ersetzen als Baumaterialien." Die Versorgungssicherheit der Würzburger sei in Gefahr.

Das Knauf-Gutachten wird derzeit vom Wasserwirtschaftsamt Aschaffenburg bewertet

Zweitens: Die Knauf-Gutachter gehen von einem "homogenen" Untergrund aus und von einer mindestens neun Meter mächtigen Tonschicht, die das Grundwasser vom darunter liegenden Bergwerk abdichte, so die WVV. "Mögliche Verwerfungen" seien in der aktuellen Risiko-Analyse nicht berücksichtigt. Dabei hatten Erkundungsbohrungen von Knauf in den 90er-Jahren etwa versetzte Gesteinsschichten gezeigt.

WVV zweifelt an Knauf-Gutachten: 'Können der Aussage, dass kein Risiko fürs Trinkwasser besteht, nicht zustimmen'

Drittens: In Unterfranken bilden sich jedes Jahr laut dem Landesamt für Umwelt 100 bis 130 Millimeter neues Grundwasser. Das Knauf-Modell gehe laut WVV aber nur von 20 bis 63 Millimeter Zuspeisung aus.

"Die fehlerhafte Annahme zwingt uns zur Frage, ob dieses Modell überhaupt zu einer realistischen Risikobewertung gelangt", sagt Schulte-Derne. Sie warnt, ein "offensichtlich fehlerhaftes Modell" dürfe den genehmigenden Behörden nicht als Entscheidungsgrundlage dienen.

Knaufs Gutachten wird derzeit vom Wasserwirtschaftsamt Aschaffenburg "fachlich bewertet", so die Regierung von Unterfranken. Zu welcher Einschätzung die Behörden am Ende kommen, ist offen. 

 
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  • Horst Blatz
    Ich lese Gutachten vom TüV und danke, da kann man seine Milliarden sicher gut anlegen. Seien es Brustimplantate oder die Sicherheit von Dämmen, solange der Auftraggeber solvent ist, kein Problem.
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  • Hans-Martin Hoffmann
    Was mir hier bei der Diskussion so ziemlich fehlt

    sind Angaben darüber, welche Schadstoffe in welchen Mengen im Trinkwasser zu besorgen sein könnten. Auch das ggf. aus dem Bergwerk abgepumpte Wasser muss schließlich irgendwo bleiben - mit welcher Belastung ist zu rechnen? Bedeutet das den Ausschluss der Eignung als Trinkwasser? Völlig reines (destilliertes) Wasser bekommt man nur durch entsprechende Aufbereitung - jedes natürlich vorkommende Wasser enthält gelöste Feststoffe.

    Bei aller Wichtigkeit sauberen Trinkwassers: kann man das nicht auch sachlich(er) diskutieren statt unspezifische Ängste zu schüren?

    Und selbstverständlich muss die Wiederverwertung gebrauchter Rohstoffe (w.z.B. auch Gips!) energisch vorangetrieben werden, denn irgendwann ist definitiv "Schicht im Schacht" (und sei es "nur" aus Kostengründen). Tatsächlich befürchte ich manchmal, es ist schlicht zu einfach, statt Recycling zu betreiben endliche Ressourcen auszubeuten...
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  • Armin Genser
    Trinkwasserschutzgebiete machen in Bayern nur ca. 5% der Landesfläche aus.
    In Nordrhein-Westf. sind es rund 12, Niedersachsen rund 11, Mecklenburg-Vorpom. rund 15. In Baden-Württemberg mehr als 26 u. in Hessen knapp 30 %
    Aha, deshalb sind in diesen Bundesländern jegliche Weiterentwicklung u. die Arbeitsplätze bedroht.
    Die derzeitige massenhafte Verwendung von Gips geht auf den billigen "Abfallgips" aus den Kraftwerken zurück. Hier wurde ein Rohstoff für möglichst viele Anwendungen gehypt. Wäre er nicht zu Verfügung gestanden, hätten sich andere Produkte auf dem Markt etabliert.
    So spielt Gipsrecycling gerade in Deutschland keine Rolle. Es gibt inzwischen viele andere Produkte mit denen sich Gips ersetzen lässt. Sie werden aber noch in geringem Maße eingesetzt.
    Knauff setzt mit dem Bergwerk die Trinkwasserversorg. aufs Spiel. Die Versorgungssituation wird sich in Zukunft sowieso weiter zuspitzen. Da ist es unverständlich, dass man dieses Risiko für kurzfristige Gewinne akzeptiert.
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  • thomas bieber
    Ich stimme Herrn Genser zu. Endlich, so konnte man hoffen, haben wir kapiert, dass die rücksichtslose Ausbeutung unserer Umwelt letztlich unseren eigenen Lebensraum bedroht. Recycling und Wiederverwertung, alternative und/ oder nachwachsende Rohstoffe und cradle-to-cradle, das sind Anforderung der Gegenwart - nicht die restlose Ausbeutung der Natur. Welches Gutachten ist wirklich verlässlich? Und Wasser ist mit das kostbarste Gut was uns die Natur zur Verfügung stellt. Muss diese Resource wegen privaten Interessen aufs Spiel gesetzt werden …?
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  • Georg Ries
    Wer prüft eigentlich das Gutachten der WVV, ob die Abgrenzung des Schutzgebietes in diesem Umfang notwendig ist? Oder ist WVV glaubhafter als Andere 😂??
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  • Hermann Spitznagel
    Stimmt.
    In Zell und zur Stadt Würzburg hin fallen Flächen aus dem bestehenden Schutzgebiet raus, dafür geht das neue 10 km in den Landkreis
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  • Emilie Krenner
    Eine Risikoanalyse besteht immer aus Eintrittswahrscheinlichkeit und Schadenshöhe. Geben wir dem TÜV mal recht und sehen wir die Wahrscheinlichkeit für eine Trinkwassergefährdung als sehr gering an. Aber der Schaden wäre durch kein Geld der Welt zu ersetzten. Wenn das Wasser weg ist ist es weg. Dann sitzen wir alle auf dem Trockenen.
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  • Andreas Gerner
    Im Stadtgebiet wurde über Jahrhunderte gebaut(bestimmt auch mit haufenweise Gips...), versiegelt, kontaminiert und der Wasserverbrauch such wegen Gewerbe und Industrie nach oben geschraubt.

    Da holt man sich "sein" Trinkwasser kurzerhand im Landkreis, lässt das Schutzgebiet immer größer ausweisen und verhindert auf zig Quatratkilometern beinahe jegliche Weiterentwicklung vom Radweg bis zur Schaffung von regionalen Arbeitsplätzen.

    Klar zweifelt man ein TÜV Gutachten an.
    Und sei die Annahme noch so unsinnig (denn wo die dichtende Schicht nicht sehr sehr sehr zuverlässig ist und über die Jahrtausende entstandene Risse nicht immer wieder von selbst verschlossen hat, kann eine Gioslaherstätte nicht erhalten bleiben).

    Wer weiß, ob die Stadt irgendwann noch erzwingt, dass die Siedlungen im Schutzgebiet entvölkert werden müssen ?
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  • Ingrid Regenstein
    Arbeiten sie für den Tüv?
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  • Ist denn eine Weiterentwicklung auf Flächen noch möglich unter denen ein zig Qudratmkilometer langer Hohlraum liegt?
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  • Jürgen Huller
    Das Gutachten schützt nur die Firma Knauf vor möglichen Schadensersatzforderungen, sofern sie sich an die Vorgaben hält. Es schützt nicht vor möglichen Folgen des Abbaus oder Folgen eines möglichen Unglücks. Kann es nicht. Es ist unmöglich, alle Konstellationen eines solchen Szenarios zu berücksichtigen.

    Ja, die Lehmschicht ist wohl dicht, Stand heute. Gestützt vom Gestein und Gips darunter, welches über Jahrmillionen verdichtet wurde. Wird es das auch noch sein, wenn der Gips darunter abgebaut werden wird und ein Hohlraum entsteht?

    In allen Bergbauregionen gibt es Bewegungen, Absenkungen und Verwerfungen. Warum soll das ausgerechnet hier nicht passieren?

    Dann ist es egal, was irgendein Gutachten berichtet hat oder ob irgendein Gericht einen Schuldigen ausmacht oder nicht.

    Das bringt das Wasser auch nicht mehr zurück.

    Es für mich eine Gewissensfrage, ob man das Trinkwasser der nächsten Generationen riskieren will, oder nicht.
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  • Johannes Metzger
    Die Sicherheit der Wasserversorgung muss immer vor die Interessen der geldgierigen Konzerne gehen.
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  • Peter Koch
    Es stimmt schon, dass der Gips längst unbrauchbar wäre wenn die Tonschicht Risse hätte. Wie homogen und wie dick die Tonschicht ist kann aber kein Mensch wirklich sagen. Und was passiert wenn man der Tonschicht ihren Untergrund weggräbt ist auch nicht vorhersagbar. Sicher ist aber, dass das Grundwasser weg wäre wenn beim Gipsabbau ein Fehler passiert.
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  • Hiltrud Erhard
    Das sind Brot ich esse, dessen Lied ich Singe.

    Gutachten oder Gutachten her, wenn es Risse gibt, wo ist denn das grundwasserall die Jahre hin?
    Es ist halt typisch in unsere Gesellschaft, dass alles zer Pradeep wird und negativ gesehen wird.
    Warum kann man sich nicht mit Vertrauen begegnen?
    Warum muss man immer Geschütze auffahren und alles mögliche zu stoppen?
    Warum kann man nicht aufeinander zugehen, um gemeinsam ohne großes Bimbo, rium und Presse und Presse her, sich wichtig zu machen?

    Die Situation ist doch ganz einfach. Wenn das nicht funktioniert und Knauf Scheiße baut, dann ist das Ding zu.
    Worüber diskutiert man nun?
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  • Jürgen Huller
    Falls Knauf Scheiße bauen würde, braucht man auch nicht mehr schließen. Dann war's das sowieso mit dem Grundwasser. Dann können die auch weiter ihren Gips anbauen.

    Eine zweite Chance auf sauberes Trinkwasser wird es nicht geben.
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  • Hermann Spitznagel
    Schon Jahrhunderte hätte duch kleine Spalten Wasser in das Vorkommen eindringen können und das Material wäre unbrauchbar für Knauf.
    Ist es aber anscheinend nicht.
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  • Lars Hoffmann
    Gut , dass die Vorstände der WVV nicht nur Sachkenntnis sondern auch das Rückgrat haben , das hohe Gut Trinkwasser konsequent zu schützen - im Zweifel auch gegen unternehmerische Interessen .
    Bei diesem Kernthema für die Gesundheit der Menschen geht es auch nicht um Würzburg und Umland sondern schlicht um Grundsätzlicheres .

    Hans Sartoris
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  • Gerlinde Conrad
    Einer amtlichen Bewertung vom WW Amt kann ich zustimmen, aber ob die immer "fachlich" ist? Das gilt auch für die TÜV Gutachten! Deshalb sollte dieses Gutachten einer unabhängigen Prüfung unterzogen werden, denn es geht hier um Trinkwasser und da haben wir einen Umweltminister der darauf bestehen muss! Außerdem wäre bei so einem Objekt ein Bahngleisanschluss nötig denn die A3 ist voll und der Main ist leider zu weit weg! K.-H. Conrad
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  • Walter Stöckl-Manger
    Die Würzburger sollen sich nicht so anstellen: Was ist die Daseinsvorsorge irgendeiner Stadt schon gegen die Profitinteressen eines privatwirtschaftlichen Unternehmens? Bestümmt geht's auch gleich wieder um gaaanz viele Arbeitsplätze und so.
    (Wer Ironie findet, darf sie gern behalten.)
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  • Peter Koch
    Die Würzburger haben doch Wein, wozu brauchen sie dann Trinkwasser?
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