
Man möchte ja meinen, die Corona-Pandemie seit März und ihre Auswirkungen haben das stadtpolitische Geschehen über die Maßen geprägt im Jahr 2020. Ein Blick ins Archiv beweist, dass es durchaus eine ganze Menge anderer interessanter Themen gab, bei denen nicht nur gestritten, sondern auch neue, zukunftsweisende Lösungen gefunden wurden.
Das Frühjahr war geprägt vom Wahlkampf: Am 15. März wurde Oberbürgermeister Sebastian Remelé (CSU) klar wiedergewählt, seine Widersacher Marietta Eder (SPD) und Holger Laschka (Grüne) hatten letztlich keine Chance. Größere Umwälzungen gab es im Stadtrat: Die CSU verlor fünf Mandate, die SPD zwei. Die Grünen und die AfD gewannen je drei Sitze. Auf Anhieb in den Stadtrat gewählt wurde Ulrike Schneiders neue Liste "Zukunft./ödp". Der mit neun Parteien und Wählergemeinschaften bunt gemischte Stadtrat hat auch eine neue Koalition: Schwarze und Grüne taten sich zusammen, um dem OB eine sichere Mehrheit zu verschaffen.

Was nicht bedeutete, dass sich der OB und seine Verwaltung nicht gerade von CSU und Grünen kritische Worte anhören mussten. Das war so Ende April bei der Stadtratssitzung zum Thema Steigerwaldbahn oder Ende Mai zu den damaligen Plänen für die Landesgartenschau 2026, als Grünen-Fraktionssprecher Holger Laschka den schönen Satz prägte, "für den Geranien-Appell auf dem Kessler Field" stehe er nicht zur Verfügung.

Diese Streitgespräche im Stadtrat wirkten, denn nach der Sommerpause kam die Verwaltung insbesondere bei der Landesgartenschau mit neuen Plänen, die vor allem die Anliegen der Grünen berücksichtigten: Verkleinerung der Ausstellungsfläche auf das Ledward-Areal, Festschreiben der Korrespondenzprojekte Schelmsrasen, Spitalseeplatz und Gutermann-Promenade sowie Aufwertung des Vorplatzes am Hauptbahnhof.
Die Kritik an der Landesgartenschau 2026 ist aber groß: Sechs von neuen Gruppen im Stadtrat sind dagegen, außerdem gründete sich eine Bürgerinitiative im September. Nichtsdestotrotz wurden die Pläne im Oktober genehmigt, inklusive Ausstiegsszenarien.

Weitere Themen gab es zu Hauf: Das Friederike-Schäfer-Heim wird doch nicht am Martin-Luther-Platz neu gebaut, die Hospitalstiftung kann es sich schlicht nicht leisten. Das eröffnet ganz neue Perspektiven für das Kulturforum und den Rückertbau, war aber vor allem im Wahlkampf ein Streitthema.
Dass die Stadt im Frühjahr als Gesellschafter beim Flugplatz Haßfurt ausstieg, ist schon fast wieder vergessen. Noch länger ein Thema könnte aber die Schließung von Filialen der Sparkasse und der VR-Bank sein, die sich nicht nur in der Stadt, sondern auch in den Gemeinden in der Region zurückziehen.

Der Herbst war geprägt von erfreulich kurzen und harmonischen Haushaltsberatungen, da den Stadträten angesichts der wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Stadtfinanzen der Ernst der Lage durchaus bewusst ist.

Der Herbst war aber auch geprägt von zwei Aufreger-Themen: Es laufen Ermittlungen gegen einen Amtsleiter der Verwaltung wegen des Verdachts nicht korrekter Spesenabrechnungen. Der Antrag der Stadträte Julia Stürmer-Hawlitschek und Adi Schön, dem Industriellen Willy Sachs wegen seiner Rolle im Nationalsozialismus posthum die Ehrenbürgerwürde zu entziehen und das Stadion umzubenennen, sorgte bei den Bürgern für Diskussionen. Entschieden wird erst nächstes Jahr.
Erfreulich die Einigung zwischen Stadt, SWG und dem Bürgerbegehren "Bezahlbar wohnen in Schweinfurt", die im Dezember öffentlich wurde: Bis 2026 soll es 500 neue Sozialwohnungen in der Stadt geben.
Drei Tote, die sich um die Stadt verdient gemacht haben, gab es zu betrauern: Pfarrer Roland Breitenbach starb im Juli, der frühere dritte Bürgermeister Karl-Heinz Kauczok im Oktober und der Ehrenbürger und frühere Oberbürgermeister Kurt Petzold im Dezember.
