Es war eines der großen Themen während des Wahlkampfes vor der OB-Wahl am 15. März: Kann man es sich noch leisten, in Schweinfurt zu wohnen? Das Bürgerbegehren "Bezahlbar wohnen in Schweinfurt" hatte kurz vor Beginn der Corona-Pandemie bereits gut 2500 Unterschriften gesammelt, wollte einen Bürgerentscheid erwirken.
Dazu kommt es nun nicht, weil sich nach der Kommunalwahl im Stadtrat die Verhältnisse stark veränderten und die Christsozialen nach dem Verlust von fünf Mandaten einen Koalitionspartner brauchten und in den Grünen fanden. Die Grünen-Stadträtin Barbara Mantel war neben Frank Firsching, Sinan Öztürk, Jochen Keßler-Rosa, Elke Tober-Vogt und Karl-Heinz Körblein eine der Initiatorin des Bürgerbegehrens. Die Grünen waren auch im Wahlkampf öffentliche Unterstützer.
Also gab es relativ schnell Gespräche – innerhalb der neuen schwarz-grünen Koalition mit der SWG und dem OB, im Sommer dann mit den Initiatoren des Bürgerbegehrens. Nun wurde das Ergebnis präsentiert, das Frank Firsching als "guten Tag für Schweinfurt und seine Bürger bezeichnet". Warum? Weil es gelungen ist, den Bestand der Sozialwohnungen der SWG innerhalb der nächsten sechs Jahre nicht sinken zu lassen, sondern von jetzt 1033 auf dann 1538 zu steigern.
Firsching erklärte, man verfolge das Thema Bürgerentscheid nicht mehr, werde aber natürlich ein "waches Auge" haben, dass die Vereinbarung auch umgesetzt werde. "Diesen Tag hätte es nicht gegeben, hätte es das Bürgerbegehren nicht gegeben", so Firsching, der wie der OB und alle anderen Beteiligten vor allem die konstruktiven Gespräche der vergangenen Monate lobte, getragen davon, einen Kompromiss zu finden, den sich vor allem die Wohnungsbaugesellschaft SWG als städtische Tochter finanziell leisten kann.
Oberbürgermeister Sebastian Remelé (CSU) machte keinen Hehl daraus, dass er im Wahlkampf die Forderungen des Bürgerbegehrens nach 600 neuen Sozialwohnungen als "Bedrohung" für die Verwaltung und vor allem die Leistungsfähigkeit der SWG empfunden habe. Gleichwohl: "Natürlich ist die Möglichkeit für die Bürger, bezahlbaren Wohnraum in Schweinfurt zu haben, immer auch ein großes Thema für die Verwaltung."
Für die SWG stellte Geschäftsführer Alexander Förster die Pläne vor, die ein Mix sind aus der freiwilligen Verlängerung der auslaufenden Bindefrist von bestehenden Sozialwohnungen, der Modernisierung und des Neubaus, wie er zum Beispiel in Bellevue schon vonstatten geht. Außerdem wird die SWG das in den 1950er-Jahren gebaute Areal Am Herroth im Stadtteil Bergl sanieren. Hier sollen in den nächsten Jahren 184 neue Sozialwohnungen entstehen. Die Sanierung der teils maroden Häuser – 99 von 157 Wohnungen stehen leer – habe man im Blick gehabt, aber erst ab 2026. Nun werde man die Planung vorziehen, so Förster. Insgesamt investiert die SWG 78 Millionen Euro im Bereich Sozialwohnungen.
Der OB freute sich hörbar über den Kompromiss, den er als Musterbeispiel für gute Zusammenarbeit auf kommunaler Ebene sieht: "Es ist das Produkt bester politischer Kultur, denn aus einem Streit wurden die Fronten versöhnt und ein Kompromiss zum Wohl der Bürger gefunden." Und natürlich, so der OB, sei ihm bewusst, "dass wir den Ankündigungen auch Taten folgen lassen müssen".
Die gute Gesprächskultur lobten auch Jochen Keßler-Rosa für das Bürgerbegehren sowie der stellvertretende CSU-Fraktionsvorsitzende Klaus Rehberger und Grünen-Fraktionssprecher Holger Laschka. Keßler-Rosa, Leiter der Diakonie in Schweinfurt, berichtete, dass das Thema bezahlbarer Wohnraum sich in seiner Arbeit in vielen Bereichen widerspiegele und immer wieder von den Menschen als Problem angesprochen werde.
Klaus Rehberger betonte, die CSU habe die Forderungen ernst genommen, nicht nur in den Koalitionsverhandlungen, und sprach "von einem Sieg der Schweinfurter Bürgergesellschaft". Holger Laschka freute sich ebenso, "die Baustelle ist eingerichtet", erklärte er in Bezug auf die Pläne der SWG. Es sei eine intelligente Lösung, die "die Ziele der Bürgerinitiative im Wesentlichen abbildet". Seine Stadtratskollegin Barbara Mantel sei auch im SWG-Aufsichtsrat und könne dort einwirken, dass die Pläne wie beschlossen auch umgesetzt werden.